Protokoll der Sitzung vom 24.02.2011

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Woidke. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt.

Bevor wir in die Abstimmung gehen, begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des Rouanet-Gymnasiums der Stadt Beeskow. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst geht es um den von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg, Drucksache 5/2764, an den Hauptausschuss - federführend - und an den Ausschuss für Inneres. Wer diesem Überweisungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig überwiesen worden.

(Beifall GRÜNE/B90)

Wir kommen zum Zweiten zur Abstimmung über die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragte Überweisung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Volksabstimmungsgesetzes, Drucksache 5/2765, an den Hauptausschuss - federführend - und an den Ausschuss für Inneres. Wer diesem Überweisungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Auch diesem Überweisungsantrag ist einstimmig gefolgt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und eröffne Tagesordnungspunkt 6:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulge- setz - BbgSchulG)

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP

Drucksache 5/2784

1. Lesung

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion. Herr Abgeordneter Büttner, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir, die FDP-Fraktion, gehen davon aus, dass mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg, den wir Ihnen heute vorlegen, die Elternrechte gestärkt werden und dass es uns gelingt, mehr Qualität in die Grundschulen Brandenburgs zu bekommen.

In dem Gutachten, welches die FDP-Fraktion beim Parlamentarischen Beratungsdienst des Landtages Brandenburg in Auftrag gegeben hat und das vom 1. Dezember 2010 datiert, wird festgestellt, dass der Abschaffung der Schulbezirke, das heißt, der „Sprengelpflicht“, keine verfassungsrechtlich garantierten Grundsätze entgegenstehen.

Weiter ergibt sich aus diesem Gutachten, dass daraus kein Anspruch auf eine Erweiterung der Kapazitäten bei den Trägern folgt. Ebenso folgt kein Anspruch, dass Schüler unabhängig von Kapazitäten aufgenommen werden.

Derzeit gibt es nach § 106 Brandenburgisches Schulgesetz eine Sprengelpflicht für berufliche Schulen und für Grundschulen. Die Schulträger haben demnach Schulbezirke per Satzung zu bestimmen. Seit 2001 ist es dem Schulträger überlassen, auf Festlegungen von Schulbezirken zu verzichten, indem er für alle seine Schulen einen einzigen Schulbezirk festlegen kann. Was aber ist mit den Eltern und insbesondere mit den Kindern in den Gemeinden, Ämtern und in Kreisen, in denen das nicht der Fall ist? Ihnen wird am Ende die Wahlfreiheit verwehrt.

§ 106 Abs. 4 Brandenburgisches Schulgesetz besagt, dass der Besuch einer an sich nicht zuständigen Schule „aus wichtigem Grund“ gestattet werden kann. Das ist bereits ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, weil damit eine Regelung verändert wurde, derzufolge ein Härtefall begründet werden musste, warum man eine bestimmte Schule besuchen will, die nicht im zuständigen Schulbezirk liegt.

„Aus wichtigem Grund“ ist jedoch ein unbestimmter Rechtsbegriff und lässt eine Interpretation zu, die oftmals nicht nachvollzogen werden kann. Die Entscheidung, ob das Kind eine andere Schule besuchen darf, wird also vom staatlichen Schulamt im Benehmen mit den Trägern getroffen. Dies ist ein bürokratischer Akt. Letztlich ist die Entscheidung interpretationsabhängig und insbesondere abhängig vom staatlichen Schulamt und dem jeweiligen Träger.

Diese zwangsweise Zuteilung der Schüler widerspricht der freien Schulwahl. Darum wollen wir Eltern die Möglichkeit eröffnen, für ihre Kinder die Schule auszuwählen, die sie für das beste Angebot halten. Wir gehen von dem Prinzip aus, dass nicht der Staat die Entscheidungsinstanz sein soll, sondern dass die Eltern für ihre Kinder selbst entscheiden sollen. Sie treffen aus unserer Sicht die besseren Entscheidungen. Eltern sollen sich nicht rechtfertigen müssen, warum sie sich für die eine oder andere Schule entscheiden. Sie machen das, weil sie ihre Kinder kennen und weil sie sich die Grundschulen und die Profilbildung in den Grundschulen anschauen.

Ich möchte Ihnen dazu zwei Beispiele nennen. Es gibt eine freie Wahl der Kitas. Kinder schließen Freundschaften und sollten sie nach der Einschulung weiterführen können. Darum machen

Eltern die Wahl der Grundschule auch davon abhängig, wo die Freunde zur Schule gehen werden. Kinder müssen dann nicht auseinandergerissen werden, wie das sonst oftmals der Fall ist.

(Zuruf der Abgeordneten Wöllert [DIE LINKE])

- Frau Wöllert, bleiben Sie ruhig.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE - Beifall FDP)

Ein zweites Beispiel: Wir haben im Land Brandenburg 445 Grundschulen. Ich kenne ja Ihr Staatsverständnis, Frau Wöllert. Ich weiß, dass Sie den Eltern gern vorschreiben würden, wohin ihre Kinder gehen sollen.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Wöllert [DIE LINKE])

- So kann man Ihre Zwischenrufe hier verstehen, Frau Wöllert.

(Beifall CDU und FDP)

Ich komme auf das zweite Beispiel zurück. Wir haben im Land Brandenburg 445 Grundschulen. Davon sind 43,6 % Grundschulen mit einem Ganztagsangebot: 194. Wenn nun ein Kind auf eine Ganztagsschule gehen soll, die nächstgelegene Schule dies aber nicht anbietet, muss erst ein bürokratischer Akt eingeschlagen werden. Der Besuch des Kindes einer Ganztagsgrundschule hängt letztlich vom Gusto des staatlichen Schulamtes ab.

Mit unserer Regelung, die wir Ihnen hier vorlegen und die wir an den zuständigen Ausschuss überweisen wollen, kann das Kind die gewünschte Schule besuchen, sofern es freie Plätze gibt. Dies ist eine faire Regelung.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

- Ja, Herr Jürgens. Da ist Ihre Ministerin. Sagen Sie es ihr. Schulen sind unter anderem auch in der Pflicht, ihre Qualität ständig zu verbessern. Die Schulbezirksgrenzen müssen abgeschafft werden, damit die Grundschulen auch weiterhin ihre Qualität verbessern und ihre Profilbildung betreiben müssen.

(Zuruf der Abgeordneten Wöllert [DIE LINKE])

Denn mehr Freiheit in der Schulwahl steht letztlich für mehr Qualitätswettbewerb und damit auch für mehr Schul- und Bildungsqualität. Eine weitergehende Profilbildung wird angeregt.

Natürlich muss das verfassungsrechtlich verbürgte individuelle Recht auf Bildung nach Artikel 29 Abs. 1 Landesverfassung gewährleistet bleiben und darum ein ordentlicher Zugang zur Bildung - und das heißt auch bei den Einrichtungen - beibehalten werden. Das wird mit unserem Gesetzentwurf gewährleistet.

Erstens: Jedes Kind muss zum Schulanfang sicher einen Schulplatz erhalten. Kinder haben einen Anspruch auf die Aufnahme in die wohnortnächste Schule. Das heißt: Grundschüler aus anderen Stadtteilen können nur eine andere Schule auswählen, wenn dort noch Kapazitäten vorhanden sind.

Zweitens: Bei Anmeldeüberhang müssen transparente Aufnahmekriterien - neben den Härtefällen sind auch Kriterien wie

Schulwege, der Besuch der benachbarten Kita und anderes heranzuziehen - im Gesetz implementiert werden.

Wir gehen davon aus, dass es mit der Umsetzung dieses Gesetzentwurfs zu einer Qualitätsoffensive unter den Schulen selbst käme. Insbesondere ist es für uns ein Freiheitsthema, wenn die Elternrechte gestärkt werden und die Eltern die Freiheit haben, im vollumfänglichen Maße die Bildung für ihre Kinder auszuwählen, die sie für richtig halten. - Danke.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Günther erhält das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Brandenburger Bildungssystem ist ja nun wahrlich nicht frei von Problemen. Allerdings ist die Frage der Schulbezirke nun wirklich kein Problem - Gott sei Dank.

(Frau Alter [SPD]: So ist es! - Beifall SPD und DIE LIN- KE)

Insofern hätte ehrlicherweise auf der ersten Seite Ihres Gesetzentwurfs, auf der das Problem aufgeführt wird, eigentlich eine Lücke klaffen müssen.

Was wird hier in Brandenburg gegenwärtig geregelt? Die Schulträger regeln in eigener freier Verantwortung die Zuschnitte der Schulbezirke.

(Frau Alter [SPD]: Genau!)

Das ist auch gut so und eine sehr vernünftige Regelung, weil die Träger, die das festlegen, gleichzeitig die Folgen dieser Entscheidung zu tragen haben.

(Frau Alter [SPD]: Richtig!)

Bei der Entscheidung selbst haben sie dann - die FDP würde sagen - sehr viel Freiheit, indem sie mit diesen Schulbezirken und deren Zuschnitt die Kapazitäten der einzelnen Grundschulen steuern können.

In meinem Wahlkreis gibt es eine ländliche Gemeinde, die in ihrem Hauptort eine Grundschule hat, und dann hat sie noch eine Zweigschule. Was passiert wie so oft in Brandenburg? Die Zweigschule hat sehr wenige Kinder. Also ist die Gemeinde frei, eine Entscheidung zu treffen: Entweder schließt sie die Zweigschule oder gestaltet den Schnitt des Schulbezirkes so, dass die Zweigschule zukünftig überleben kann. - Klug und vernünftig!