In meinem Wahlkreis gibt es eine ländliche Gemeinde, die in ihrem Hauptort eine Grundschule hat, und dann hat sie noch eine Zweigschule. Was passiert wie so oft in Brandenburg? Die Zweigschule hat sehr wenige Kinder. Also ist die Gemeinde frei, eine Entscheidung zu treffen: Entweder schließt sie die Zweigschule oder gestaltet den Schnitt des Schulbezirkes so, dass die Zweigschule zukünftig überleben kann. - Klug und vernünftig!
Gemeinden können aber auch sagen: Wir machen das nicht so, sondern richten deckungsgleiche Schulbezirke ein. Es wurde gesagt: Dann können wir die freie Anwahl im Gemeindegebiet ermöglichen. Aber auch hier müssen die Gemeinden für die Folgen der Entscheidung geradestehen.
Sie können darüber hinaus im Einvernehmen mit Nachbargemeinden grenzüberschreitende Schulbezirke festlegen. Wie ich am Dienstag der Zeitung entnommen habe, hat sich der Städteund Gemeindebund geäußert und gesagt: Das ist tägliche Praxis. Wir regeln das manchmal sogar, stand darin, per Telefonanruf. - Na, wenn es so einfach geht, wunderbar!
Vielen Dank, Herr Kollege Günther. Wir saßen über ein Jahr lang gemeinsam im Petitionsausschuss. Sie haben am Anfang Ihrer Rede gesagt, Sie könnten den Antrag nicht ganz verstehen, weil Sie den Eindruck hätten, es gebe eigentlich kein Problem.
Wir saßen im Petitionsausschuss fast nebeneinander. Ich bearbeite die Petitionen aus dem Bildungsbereich. Es gibt sehr viele Eltern, die sich in dieser Angelegenheit immer wieder an den Petitionsausschuss des Landtages wenden und um Hilfe suchen, damit ihre Kinder in die gewünschte Schule aufgenommen werden können. Zu sagen, wir hätten da kein Problem, ist irgendwie eine Fehlwahrnehmung.
Können Sie mir beantworten, wie Sie zu dieser Einschätzung gekommen sind? Haben wir da eine völlig andere Wahrnehmung?
Herr Wichmann, dass es „sehr viele Eltern“ geben soll, die sich in dieser Angelegenheit an den Petitionsausschuss gewandt haben sollen, ist in der Tat eine sehr subjektive Einschätzung. Wir können gern einmal nachzählen, wie viele Eltern sich in der Zeit, in der wir nebeneinander im Petitionsausschuss gesessen haben, über dieses Problem beschwert haben.
Ich hätte Ihnen das noch gesagt, denn es gehört zur Vollständigkeit dieses Bildes: Es gibt neben der Entscheidung des Schulträgers im begründeten Einzelfall auch die Möglichkeit, dass das Schulamt die Entscheidung trifft - wie gesagt, gut begründet -, dass ein Schüler - wir reden hier über Grundschüler, ich will das noch einmal deutlich sagen - in eine andere als die dem Wohnort nächstgelegene Schule gehen soll.
Das ist ein Verfahren, das erstens Freiheit ermöglicht und zweitens das Recht der Eltern garantiert, die Schule anzuwählen, die bei ihnen um die Ecke liegt. Genau das ist etwas Wertvolles, zu sagen: Mein Kind geht nicht irgendwo in eine Schule. Gerade ein kleines Kind soll möglichst wohnortnah beschult werden.
Was es allerdings im Grundschulbereich in Brandenburg nicht gibt - darüber bin ich sehr froh -, ist der Kampf um jeden Schüler. Das aber stört offensichtlich die FDP; deshalb hat sie einen Gesetzentwurf vorgelegt. Beim Anschauen dessen, was Sie
dort aufgeschrieben haben, beschlich mich der Gedanke, dass dieser Gesetzentwurf bei „Radio Eriwan“ entstanden ist.
Dort heißt es: Im Prinzip gibt es keine Schulbezirke, aber natürlich nur dann nicht, wenn nicht doch noch weitere freie Kapazitäten vorhanden sind. Wenn das so ist, dann kann man natürlich fragen, ob der Schulträger eine vernünftige Planung gemacht hat. Aber wenn das tatsächlich so ist, dann gibt es durch Sie so beschrieben - ein hochkomplexes Verfahren. Aus meiner Sicht schreit das förmlich nach diversen Durchführungsverordnungen. Transparenz sieht wirklich anders aus.
Wenn aber keine Kapazitäten frei sind, haben wir quasi wieder Schulbezirke. Ich halte nichts von Ihrem Antrag, und zwar aus drei Hauptgründen:
Zweitens: Ich halte nichts von einer Sonderung von Grundschülern nach sozialem Status. Dies sage ich hier, auch wenn Sie sicher gleich wieder aufschreien werden. Sie befördern das jedoch. Wenn ich mir anschaue, welche Anträge Sie sonst stellen, so stelle ich fest, dass eine solche Sonderung durchaus etwas ist, was Sie prinzipiell nicht ablehnen würden.
Drittens: Ich halte überhaupt nichts davon, bei Grundschülern einen Reisezirkus zu veranstalten. Das sollten wir uns nicht leisten.
Ich halte - um auch das an dieser Stelle klarzustellen - viel von der Profilierung von Grundschulen, aber nichts von Konkurrenzkampf. Beispiele liefert uns auch der weiterführende Schulbereich. Dort lässt sich die Entwicklung von Konkurrenzkampf ablesen. Das war in der Regel ein Kampf um jeden Schüler. Bei manchen Schulen war es sogar der Kampf um den letzten Schüler. Dieser Kampf wurde leider selten mit der Waffe des guten Inhalts geführt. Er wurde oft mit der Waffe von Fahrtkosten geführt. Das ist eine Konkurrenz um öffentliche Mittel und mit öffentlichen Mitteln. So etwas will ich im Grundschulbereich nicht haben.
Zwei Argumente haben Sie gebracht, die ich hier ganz kurz darlegen möchte. Es ging einmal um die Frage des Gutachtens des Parlamentarischen Beratungsdienstes. Es ging um die Frage, dass diese Schulbezirke im Widerspruch zur freien Schulwahl stünden. Letzteres ist meines Wissens nach noch durch kein Verfassungsgericht bestätigt worden. Das ist lediglich eine Behauptung von Ihnen. Des Weiteren geht es mir um die Frage: Kann man Schulbezirke abschaffen? - Natürlich kann man sie abschaffen. Die Frage ist aber, ob man sie abschaffen sollte. Ich sage: Nein, das sollten wir nicht tun, denn das ist nicht gut für die Brandenburger Schulwirklichkeit. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Günther. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Der Abgeordnete Hoffmann hat das Wort.
Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte von diesen ideologisch aufgeladenen Diskussionen wegkommen. Ich möchte, dass wir in Bildungsfragen in diesem Land endlich vorankommen. Ich glaube aber, das wird nichts, wenn wir immer nur zaghaft agieren und keinen Mut beweisen. Ich bin jedoch nicht bereit, die Zukunft unseres Landes einfach so verschenken zu lassen.
Wir werden gleich von der Ministerin hören - wir haben das soeben von Herrn Günther schon gehört -, warum das alles nicht geht.
Ich sage Ihnen, liebe Kollegen: Mittlerweile wird deutlich, dass Sie mit Ihren Scheuklappen vor den Augen mittlerweile so blind sind, dass Sie zukunftsträchtige Ideen gar nicht mehr erkennen wollen und nicht mehr erkennen können.
Ihre Bildungspolitik, meine Damen und Herren, ist auf Stillstand und auf das Verwalten von Schrumpfungsprozessen ausgerichtet. Gestalten können und wollen Sie offenbar nicht.
Aber das bräuchten wir dringend, um voranzukommen. Wir haben jetzt eine neue Ministerin in diesem Bereich. Ich bin gespannt, ob mit diesem personellen Neuanfang auch ein inhaltlicher Neuanfang, eine inhaltliche Öffnung, verbunden ist. Das werden wir noch sehen. Das müssen Sie, Frau Ministerin, erst noch unter Beweis stellen. Nach dem ersten Eindruck von gestern fehlt mir dafür aber ein bisschen der Glaube.
Ich sagte bereits: Ich will weg von ideologisch aufgeladenen Diskussionen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir alle Vorschläge auf ihre Wirkungsweise überprüfen müssen, wenn es darum geht, in unserer Bildungslandschaft etwas positiv zu entwickeln. Dazu gehört aus unserer Sicht auch die Stärkung des Elternwahlrechts beim Schulbesuch.
Die Schulbezirke, um die es in dem Antrag der FDP geht, behindern dies in einigem Umfang. Sie zwingen nämlich die Eltern, ihre Kinder in dem Schulbezirk einzuschulen, in dem sie leben. Es ist tatsächlich in der Praxis ziemlich schwierig, Ausnahmeregelungen von dieser Vorgabe zu erhalten.
Meine Damen und Herren, natürlich wissen auch wir, dass es durchaus einige Bürgermeister im Land gibt, denen die Steuerungsmöglichkeiten durch die Schulbezirke sehr willkommen sind. Wir kennen auch die Befürchtung, es könne sich ein sogenannter Schultourismus entwickeln.
Auf der anderen Seite muss man auch sagen, dass das dann eine Abstimmung mit den Füßen ist. Eine solche Abstimmung kann man nicht dauerhaft gegen den Willen der Menschen aushebeln. Das haben wir in unserem Land bereits erlebt; das kennen wir also. Deshalb brauchen wir Anreizsysteme, die bewirken, dass unsere Schulen verstärkt die Arbeit an der Qualität ihres Bildungserfolgs in den Mittelpunkt stellen.
Die Aufhebung der Schulbezirke und die Stärkung des Elternwahlrechts auch für Grundschulen könnten durchaus geeignete
Mittel sein. Ich glaube, zumindest beim Nachdenken darüber darf es keine Tabus geben. Deshalb sind wir für die Überweisung an den Bildungsausschuss, weil wir es für eine gute Gelegenheit halten, uns über den Feldversuch zur Aufhebung der Schulbezirke für Grundschulen in Nordrhein-Westfalen zu informieren.
- Frau Wöllert, hören Sie mir zu, und sülzen Sie nicht immer so dazwischen. Hören Sie erst einmal zu.
Ich habe gesagt, wir halten es für eine gute Idee, uns über den Feldversuch zur Aufhebung der Schulbezirke für Grundschulen in NRW zu unterhalten.
(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE: Was? Sie wollen Kinder für einen Feldversuch benutzen? - Weitere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)
- Nein, es gab einen Feldversuch in Nordrhein-Westfalen zur Aufhebung der Schulbezirke, und wir würden uns gerne über die Ergebnisse unterhalten. Das habe ich gesagt. Dabei bleibe ich auch, weil ich der Meinung bin, dass wir das Wissen, das NRW in diesem Prozess gewonnen hat, nicht einfach unter den Tisch kehren sollten. Ich glaube, dieser Vorschlag ist durchaus eine Bereicherung für die Entwicklung von Schulqualität. Diese Chance sollten wir nicht einfach verstreichen lassen. Deshalb unterstützen wir auch das Ansinnen und den Antrag der FDP und werden ihm zustimmen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Kollege Büttner, ich danke Ihnen für den Antrag. Der macht es noch einmal möglich, das, was gestern so schien, als seien wir uns im Großen und Ganzen in allem einig, als Bild zu korrigieren. Wir sind uns hier nämlich ganz klar nicht einig. Das betrifft die Frage der Schulbezirke. Das ist ganz klar: Da sind wir uns nicht einig. Ich sage auch ganz deutlich, dass wir da keine Luft heranlassen werden - außer der, die schon dran ist. Wir halten an Schulbezirken fest.
Es ist jetzt schon möglich, mit Überschneidungsgebieten innerhalb der Kommunen regulierend einzugreifen. Es ist möglich, dass sich sogar unterschiedliche Kommunen zusammentun und Überschneidungsgebiete bilden, sodass für Kinder kürzere Wege entstehen. All das ist möglich.
Nun komme ich zu Ihrem eigentlichen Antrag: Wir haben aus gutem Grund die Schulbezirke im Bereich der Grundschulen