Protokoll der Sitzung vom 24.03.2011

(Beifall GRÜNE/B90)

Minister Woidke spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es fällt mir nicht ganz leicht, aber in einem Punkt muss ich Herrn Petke Recht geben: Die Brandenburger Polizei ist motiviert. Dieser Eindruck ist durchaus richtig und bestätigt sich auch in der Arbeit an jedem einzelnen Tag.

Trotzdem, Herr Petke, darf ich Sie an Ausführungen von Herrn Bretz zur gestrigen Aktuellen Stunde erinnern. Es ist nicht Aufgabe der Politik, Ängste zu schüren. Wenn Sie hier über die Arbeit der Aufbaustäbe, die Sie schon in einen anderen Wortzusammenhang bringen, urteilen, dann sollten Sie das auch sachund fachgerecht tun. Die Aufbaustäbe gehen sehr verantwortungsbewusst seit Anfang dieses Jahres der Aufgabe nach, eine Struktur für die Polizei der Zukunft zu entwickeln, und sie werden diese Aufgabe zeitnah erfüllen.

Sie sollten aber nach außen hin nicht den Eindruck vermitteln, dass Sie schon alles wüssten. Mit Ihren Pressemitteilungen der letzten Tage - 15 24-Stunden-Standorte bleiben usw. -, erwecken Sie den Eindruck, Sie wüssten schon alles. Das haben Sie mir dann in diesem Punkt voraus. Sie sollten es unterlassen, Ängste zu schüren. Tun Sie dies weder innerhalb noch außerhalb der Polizei! Das hilft in diesem Prozess mit Sicherheit nicht weiter.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Einige Vorredner haben es schon gesagt: Es ist in der Tat so, dass dieser Antrag eigentlich, Herr Goetz, ein einziges Argument, und zwar ein großes und wichtiges Argument, für eine umfassende Polizeistrukturreform ist. Die Polizeistrukturreform

wird diese Dinge bezüglich der Funktionszumessung der Polizisten und der gerechten Besoldung grundlegend ändern. Es sind auch und vor allem die Führungsebenen der Landespolizei, die davon berührt sein werden. Es wird künftig weniger Führungsfunktionen geben als bisher, und gleichzeitig wird natürlich die Zuordnung der Funktionen zu den einzelnen Besoldungsgruppen im Zuge der Reform überprüft.

Die von den Kollegen der FDP dargestellte Problematik wird sich also schon zum Ende dieses Jahres deutlich entschärfen. Wir gehen derzeit davon aus, dass wir mit einer deutlich geringeren Anzahl von Führungsfunktionen die Funktionsinhaber künftig deutlich besser entsprechend ihrer Aufgabe besolden können. So sehen wir nicht die Notwendigkeit, Funktionszuschläge für einzelne Gruppen der Brandenburger Polizei einzuführen.

Was die Frage der Beförderung betrifft, noch einen Satz: Herr Petke, hier hat mir etwas in Ihrer Rede gefehlt. Wir können nicht die Versäumnisse von zehn Jahren in zwei Jahren aufholen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Dazu sind wir nicht in der Lage, das gebe ich hier ehrlich zu. Im letzten Jahr sind unter Rainer Speer rund 600 Kolleginnen und Kollegen befördert worden. Dies wird im gleichen Umfang in diesem Jahr passieren, und so sehen wir es auch für die kommenden Jahre vor, um den Stau aus zehn vorangegangenen Jahren abzubauen. Wir werden dieses Ziel weiterverfolgen.

Ich sage noch einen Satz zu den Prüfaufträgen. Sie, Herr Petke, haben mit dem Prüfauftrag angefangen und mit dem Prüfauftrag wieder aufgehört, aber dazwischen haben Sie leider nichts dazu gesagt. Prüfaufträgen sehen wir sehr gern da entgegen, wo sie sinnvoll sind. Das ist aufgrund der dargestellten Situation im Moment nicht sinnvoll und damit überflüssig. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Das Wort erhält noch einmal die antragstellende Fraktion. Bitte, Herr Abgeordneter Goetz.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank für die Wortbeiträge, die geleistet worden sind. Ich möchte versuchen, zu einzelnen davon Stellung zu nehmen.

Sehr geehrte Frau Kollegin Stark, das Personalentwicklungskonzept, das vorgelegt werden soll, löst die angesprochenen Probleme gerade nicht. Es geht nicht darum, möglichst viele Beamte in den gehobenen Dienst zu bekommen. Dort sind sie schon. Wer Wachdienstführer oder Dienstgruppenleiter ist, der ist bereits im gehobenen Dienst. Es geht darum, dass er im gehobenen Dienst angekommen ist, Polizeikommissar, Oberkommissar ist und dann nicht mehr befördert wird. Das sind diejenigen, die dort schon sind - um bei diesem Beispiel zu bleiben, das ich vorhin angeführt habe. Das heißt, genau damit lösen wir das Problem nicht. Wenn Sie sagen, dass Sie nichts von

Funktionszulagen halten, dann ist das möglicherweise der eigentliche Grund für die Argumentation, die hier gebracht worden ist.

Zur Deckungsquelle, sehr geehrte Frau Kollegin Stark: Wir haben einen Prüfauftrag eingebracht. Wir möchten, dass die Landesregierung prüft, wie man so etwas macht. Zu einer Prüfung gehört die Frage, was es kostet, wenn man so etwas macht. Wenn man diese Frage beantwortet, kann man auch sagen, wie es bezahlt werden soll, oder wir lernen, dass sich die Regierung nicht in der Lage sieht, zu sagen, wie es bezahlt werden soll, und dann von der Opposition verlangt, zu sagen, wie das bezahlt werden soll. Im Zweifelsfall kriegen wir das ohnehin auch besser hin. Das wäre die Variante, wie man dann beim Prüfauftrag vorgehen sollte.

Richtig ist, dass es keine flächendeckende Demotivation unserer Beamten gibt, aber es gibt Demotivation in vielen Einzelfällen, wenn es darum geht, dass jemand über viele Jahre eine gehobene Funktion ausgeübt hat, zum Beispiel als Dienstgruppenleiter viele Einsätze inzwischen allein in seinem Fahrzeug fährt, weil es an Beamten fehlt, die ihn begleiten könnten, und die Fahrzeuge schlecht besetzt sind, nach Hause kommt und sich fragt: „Warum mache ich das eigentlich alles, warum handle ich mir den Ärger ein, warum schreibe ich all die Protokolle? Ich kann es viel einfacher und leichter haben.“ Diesen Teil der Demotivation habe ich bei 50 Wachenbesuchen immer und immer wieder feststellen können, und genau darum geht es in diesem Punkt.

Kollege Scharfenberg, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie die Zahlen aus meiner Kleinen Anfrage wiederholt haben, wie viele Leute es sind und wo sie stehen. Das ist ja bekannt, das ist keine Frage. Aber das macht das Problem nicht besser und löst es nicht.

Sehr geehrte Frau Kollegin Nonnemacher, eindeutiger geht es nicht: Wenn gesagt wird, Dienstgruppenleiter erhalten 100 Euro mehr im Monat, dann ist keine Willkür dabei. Dann weiß man genau: Wenn sich jemand bereit erklärt, die Verantwortung zu übernehmen, diese Aufgabe zu erfüllen, dann hat er diesen Zuschlag - eine völlig eindeutige Lösung. Wer aus irgendeinem Grund den Dienstgruppenleiterposten abgibt, verliert den Zuschlag wieder. Das ist am Ende flexibler und muss auch nicht mehr kosten, als es gegenwärtig der Fall ist.

Sehr geehrter Herr Minister, wenn Sie sagen, die Polizeistrukturreform werde das ändern, dann ist das teilweise richtig, weil viele Ältere, die in ihrem Amt inzwischen weiter gekommen sind, durch Beförderung diese Führungsaufgaben übernehmen können. Damit lösen Sie das Problem zwar für den Moment, aber auf Dauer, wenn es so weitergeht wie bisher, haben wir dann wieder das Problem des Ausscheidens dieser Beamten, durch das wiederum die Rückstände entstehen. Wenn aber ein sicherer Beförderungskorridor vorgegeben würde, wäre das anders. Aber auch das ist hier nicht der Fall. Es gibt keine Regelbeförderung. Ich habe von Ihnen nicht gehört, dass beabsichtigt sei, diese einzuführen, sodass also solche Führungsaufgaben automatisch zu zusätzlichen Punkten führen und damit Beförderungen beschleunigen würden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Präsident, ich bin mir nicht ganz sicher: Ich wäre möglicherweise sogar geneigt, einen Prüfauftrag so zu stellen, dass gesagt wird, man

möge ihn in den Ausschuss überweisen, um den Kollegen noch einmal den Prüfauftrag zu erklären, da ein Prüfauftrag hier nicht behandelt werden kann. Vielleicht können Sie mir weiterhelfen, indem Sie sagen, ob das möglich ist. Dann würde ich es ändern. Ansonsten müssten wir halt zur Abstimmung kommen. Ich hätte es beantragen müssen, aber ich habe auch nicht erwartet, muss ich dazusagen, dass ein Prüfauftrag in dieser Situation nicht angenommen werden könnte. Insofern hat Kollege Petke wirklich Recht: Das ist sehr schade, was den Umgang angeht.

Ich bitte trotzdem um Ihre Zustimmung. Die Beamten des Landes Brandenburg würden es Ihnen danken. - Danke.

(Beifall FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Rednerliste zum Tagesordnungspunkt 5 angelangt. Ich stelle den Antrag in der Drucksache 5/2903, gestellt von der FDP-Fraktion, „Prüfung einer gerechteren Besoldung von Polizeibeamten“, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist bei einer Enthaltung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Wir schließen Tagesordnungspunkt 5, und ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Transparenz bei Lobbyarbeit - Ein öffentlich einsehbares Lobbyregister für Brandenburg!

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/2936

Des Weiteren liegt in Drucksache 5/2983 ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor.

Der Abgeordnete Bommert beginnt die Debatte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute zum Antrag der CDU „Transparenz bei Lobbyarbeit - Ein öffentlich einsehbares Lobbyregister für Brandenburg!“.

Lassen Sie mich mit einer kurzen Geschichte beginnen. Vor drei Jahren war ich zu Besuch in Brüssel. Ein junger Mann holte uns vom Flugplatz ab. Auf meine Frage, was er denn beruflich mache, sagte er, er sei Lobbyist. Ich war im ersten Moment überrascht, denn in Deutschland ist dieser Beruf doch etwas negativ belegt. Aber in Brüssel ist das etwas anders. Am Nachmittag hatte ich ein Gespräch mit einem Vertreter der Deutschen IHK in Brüssel, der mir das genau so bestätigte und mir und den anderen Gästen die Wichtigkeit seiner Arbeit in Brüssel erläuterte.

Meine Damen und Herren, ich halte diese Arbeit für wichtig, damit wir nicht wieder mit Gesetzen überfrachtet werden, die den Krümmungsgrad einer Banane oder einer Gurke festlegen, womit wir dann jahrelang zu kämpfen haben.

(Beifall CDU)

Und, meine Damen und Herren, ich sage Ihnen auch ganz klar: Auch ich bin ein Lobbyist. Ich bin ein Lobbyist für meinen Heimatort Sommerfeld, für den Landkreis Oberhavel, ich bin Lobbyist für Oranienburg mit seinen Bombenaltlasten, und ich bin natürlich ein Lobbyist des Handwerks und des Mittelstandes

(Görke [DIE LINKE]: Dafür brauchen wir keinen Lobby- isten!)

und für alle anderen in Brandenburg.

(Weitere Zurufe von SPD und DIE LINKE)

- Sie müssen nicht gleich unterbrechen, meine Damen und Herren. In Brandenburg, natürlich. Ich bin auch Lobbyist für jeden, der in Brandenburg Arbeitsplätze schafft, sichert und erhält.

(Beifall CDU)

Ich sage aber auch, dass ich kein Lobbyist für Unternehmen wie Francotyp-Postalia bin, mit dem wir es gerade in Birkenwerder zu tun haben; für Unternehmen, die den Rahm der Förderung an ihren jetzigen Plätzen abschöpfen und weiterziehen, wenn die Töpfe leer sind, und ihre Mitarbeiter ohne Rahm und ohne Arbeit zurücklassen.

(Görke [DIE LINKE]: Wer hat die Rahmen gesetzt?)

Wenn ich mich hier unter den Abgeordneten umschaue, so stelle ich fest, dass wir hier auch andere Lobbyisten haben. Kollege Schierack ist Lobbyist für das Gesundheitswesen in Brandenburg, Kollege Dombrowski und Kollege Folgart sind Lobbyisten der Landwirte, und Minister Baaske - als Präsident von Turbine Potsdam - ist, denke ich, sicher ein Lobbyist für den Frauenfußball. Er nimmt sogar Urlaub, um mit den Mädels zur Champions League nach Paris zu fliegen. Ich denke mal, und ich sehe hier einige, die gern als Lobbyisten dabeiwären.

(Zurufe von SPD und DIE LINKE)

Aber, meine Damen und Herren, zurück zum Thema. Da ein Parlament nie den Schnitt durch seine Bevölkerung und seine Unternehmen in sich vereint, halte ich persönlich es für wichtig, dass politische Entscheidungen von außen beeinflusst werden. Nehmen wir beispielsweise an, dass wir im Landtag über eine Gesetzesvorlage sprechen, die in das Geschehen bei den Handwerksbetrieben eingreift. Wie sollte da ein junger Abgeordneter, der vielleicht Politik studiert, aber keine Ahnung von dem Geschehen in einem Handwerksbetrieb hat, geschweige denn die Sorgen und Nöte der Handwerker kennt, über diese Gesetzesvorlage entscheiden?

An dieser Stelle kommen die sogenannten Lobbyisten und Vertretungen ins Spiel - in diesem Fall die Handwerkskammer, um die Situation des Handwerks darzulegen und das Gesetz vielleicht in eine für alle verträgliche Fassung zu bringen. Und damit, meine Damen und Herren, kommen wir zum Antrag der CDU-Fraktion zurück. Es ist wichtig, dass Offenheit und Transparenz herrschen, denn nur mit Offenheit und Transparenz kann dem Vorwurf entgangen werden, Politik sei käuflich.

(Görke [DIE LINKE]: Das sagt der Richtige!)