Dass aber Intransparenz zum Gegenteil führen konnte, ist im Landtag gerade allzu gut zu erfahren. Bestes Beispiel zur
Werte Kollegen, die Interessenvertreter im Land sind bekannt. Es sind die Kammern, die Gewerkschaften, der Landkreistag, um nur einige zu nennen. Was wir aber bei den einzelnen Gesetzeskundgebungen nicht kennen: die Verbände und vor allen Dingen die Kanzleien und Unternehmen, die ihre oder die Interessen ihrer Mandanten gegenüber der Landesregierung vertreten.
Da die Vielschichtigkeit der teilweise hochkomplexen Themen immer wieder nach externem Sachverstand verlangt, haben wir im Landtag das Mittel der Anhörung. Dort wird klar, wer welche Interessen vertritt. Schwieriger wird es dann in den Ministerien. Dort fehlt systembedingt die öffentliche Debatte, aber genau dort werden die meisten Gesetzentwürfe verfasst, und dort ist die Hauptanlaufstelle der Lobbyisten. Genau aus diesem Grund fordern wir ein Lobbyregister für Brandenburg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Arbeit von Interessengruppen - oder nennen wir sie Lobbyisten - ist und bleibt wichtig. Sie ist ein Kernelement der Demokratie. Sie muss aber transparent und öffentlich einsehbar sein. Damit schaffen wir eine Offenheit gegenüber den Bürgern unseres Landes und Vertrauen in die Politik. Meine Damen und Herren, deshalb bitte ich Sie um Ihre Stimme für diesen Antrag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Bommert, wichtig ist zunächst einmal zu sagen, was Lobbyismus konkret ist. Ich stelle eine kurze Definition von Wikipedia voran:
„Lobbyismus ist eine Methode der Einwirkung auf Entscheidungsträger und Entscheidungsprozesse... im Rahmen einer festgelegten Strategie.“
Wir alle, auch hier im Parlament Brandenburg, werden täglich mit Lobby konfrontiert. Wir erhalten Briefe in den Abgeordnetenbüros, wir werden wie gestern zu Parlamentarischen Abenden und zu Führungen eingeladen, man knüpft persönliche Kontakte mit uns, und durch Lobbyverbände wird auch gezielt Meinung gemacht. Aber das Thema selbst ist relativ vielfältig.
Ich schütte ein wenig Wasser in Ihren Wein: Wenn das Stichwort fällt, hat man ja typische Interessenvertretungsverbände, Lobbyvereine vor Augen. Ich nenne ein paar, die Sie nicht genannt haben: die Atomlobby, die Bankenlobby, die Pharmalobby.
Atomlobby - will mehr Geld verdienen. Pharmalobby - will mehr Geld verdienen. Bankenlobby - will mehr Geld verdienen. Ich will allerdings auch sagen: Das sind „gefühlte“ Lobbys. Es gibt eben gefühlt bessere und schlechtere - ich will das jetzt gar nicht durch den Kakao ziehen -, aber es gibt eben genauso auch den Städte- und Gemeindebund, den Landkreistag, Gewerkschaften. Das sind auch Verbände, die sich für Interessengruppen einsetzen. Dazwischen, meine Damen und Herren, das will ich sehr deutlich machen, gibt es eine Grauzone. Mit der müssen wir uns - ehrlich gesagt - auch beschäftigen. Deswegen haben wir einen Entschließungsantrag vorbereitet.
Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass die Atomlobby wahrscheinlich einen besseren Zugang zu FDP und CDU hat als zu SPD, Linke oder den Grünen. In Brandenburg ist die Lobby natürlich überschaubar. Man kennt die Ansprechpartner in diesem Land ja fast persönlich. Aber ich finde, wir sollten uns Zeit nehmen, dieses Thema sehr sorgfältig zu diskutieren und uns an ein paar wenigen Fakten zu orientieren.
Der Deutsche Bundestag selbst hat ein Lobbyregister, und zwar schon seit 1972. Es ist ein freiwilliges Register, in dem zurzeit 2 157 Verbände eingetragen sind, unter anderem die Liste Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände - wohl eher der CDU und der FDP nicht unbekannt - und der Zweiradindustrieverband - wohl eher bei den Grünen gut und oft vorstellig.
Herr Kollege Bischoff, Sie sagten gerade, die Atomlobby habe einen besseren Zugang zu FDP und CDU. Vor dem Hintergrund dieser Aussage frage ich Sie: Ist Ihnen bekannt, dass der Energiekonzern Vattenfall auch Betreiber von Atomkraftwerken ist? Ist Ihnen bekannt, dass der Konzern Vattenfall beste Kontakte zur Brandenburger Landesregierung hat? Und ist Ihnen bekannt, dass die Firma Vattenfall in einem sehr engen Abstimmungsprozess mit der Landesregierung Brandenburg tätig ist? Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, ob Sie Ihre Bemerkungen noch aufrechterhalten können. - Danke.
Hier liegen, meine Damen und Herren, auch die Probleme. Es gibt ein Lobbyregister beim Deutschen Bundestag, ein freiwilliges Register, in das man sich einträgt oder eben nicht. Es gibt ein freiwilliges Register beim Europäischen Parlament, in dem derzeit 460 Einträge von geschätzten 2 600 Lobbyverbänden allein in Brüssel mit dortigen Büros registriert sind. Warum sage ich das so dezidiert und zugespitzt? - Der ehemalige Europaabgeordnete nickt ganz leicht. - Genau hier liegen die Probleme Ihres Antrags. Dass gerade Sie auf die Idee kommen, ein
verbindliches Lobbyregister einzuführen, ehrt Sie. Aber Sie müssten genauso gut wissen, dass, wenn man eines einführen möchte, man ehrlich und klaren Herzens die Frage beantworten muss - ich schaue zum Justizminister -: Kann man dies verpflichtend tun? Wenn man das verpflichtend tun kann: Wer kontrolliert es, und wie bestraft man eigentlich Leute, die sich nicht in das Lobbyregister eintragen?
Ich glaube, meine Damen und Herren, da sollten wir uns als Parlament auch selbst ein Stück weit an die eigene Nase fassen und uns an unsere Verantwortung erinnern und auch daran, dass wir hier im Parlament Tag für Tag eine freie Entscheidung zu treffen haben, zu der wir auch mit einer eigenen Meinung kommen müssen.
Mein Fazit also für die SPD-Fraktion: Wir sollten uns Zeit nehmen und uns mit diesem Thema beschäftigen. Ja, wir begrüßen es, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen, es ist ein guter Ansatz. Wir sollten allerdings nicht den Antrag stellen, die Regierung zu beauftragen, ein Gesetz zu schaffen, von dem wir bereits heute wissen, dass es in keiner freien Demokratie funktioniert und auch rechtlich nicht durchsetzbar ist. Wir sollten uns über die Weiterentwicklung der vorhandenen und bekannten Formen der Lobbykontrolle intensiv unterhalten und den Hauptausschuss beauftragen, dem Parlament hierzu einen Vorschlag vorzulegen. Hierzu haben wir - die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Linksfraktion und die SPD-Fraktion - einen Entschließungsantrag vorbereitet.
Das, was ich persönlich als Politiker tun muss, nämlich erstens die mir vorgebrachten Argumente und Fakten zu bewerten, sie zweitens in einen Zusammenhang zu stellen und drittens diesen auch mit anderen abzuwägen, kann und darf mir nicht von einem Lobbyverband abgenommen werden. Das ist richtig. Aber dieser Verantwortung müssen wir uns täglich selbst neu stellen, und wir können und müssen da auf unsere eigene freie, unabhängige Meinungsbildung vertrauen. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, die Lobbyismus genannte Interessenvertretung von gesellschaftlichen Gruppen in Parlamenten, in Fraktionen, in der Landesregierung ist ein notwendiger und vor allem auch wichtiger Bestandteil der politischen Arbeit auf allen Ebenen. Kollege Bischoff, wer den besseren Zugang zu welchen Lobbyverbänden hat, mag man einfach mal dahinstellen - die SPD wahrscheinlich ein bisschen mehr zu Gazprom oder auch zur Autoindustrie vor Einführung der Abwrackprämie.
Herr Bischoff, das, was Sie können, kann ich auch. Genauso platt wie Sie kann ich das auch. Da muss man Ihnen manchmal den Spiegel vorhalten.
Leider ist der Begriff aber auch allzu negativ besetzt, dabei unterhalten wir uns natürlich alle mit Lobbyisten. Gerade gestern - Sie haben es gesagt - hatten wir den Parlamentarischen Abend des Ostdeutschen Sparkassenverbandes im Landtag. Parlamentarische Abende von Interessengruppen haben wir regelmäßig. Wir alle unterhalten uns mit Vertretern von Gewerkschaften, der Kirchen, der Wohlfahrtsverbände, der Naturschutzverbände, von unterschiedlichen Unternehmen und Unternehmensverbänden. Wir reden also tagtäglich mit allen möglichen Interessenvertretern, also mit Lobbyisten.
Natürlich ist das auch notwendig; denn nur wenn ich als Vertreter der Politik möglichst viel mit unterschiedlichen Interessengruppierungen rede, habe ich auch die Möglichkeit, alle Argumente auf mich wirken zu lassen und mir schließlich eine Gesamtmeinung zu bilden. Dabei übernehme ich nicht alle Meinungen von Interessengruppierungen, sondern behalte mein politisches Grundgerüst und bewerte die Meinungen vor dem Hintergrund meiner eigenen politischen Überzeugung. Das alles gehört für mich zu einem vernünftigen Meinungsbildungsprozess dazu. Selbstverständlich sind dabei auch die notwendigen Regeln der Transparenz und Öffentlichkeit zu beachten. Meinetwegen kann jeder wissen, mit wem ich mich treffe und warum. Deshalb sind diese Termine bei mir auch alle auf meiner Homepage in einem öffentlichen Kalender eingetragen.
Wir als Liberale setzen grundsätzlich auf freiwillige Lösungen. Ich gebe Ihnen ja selten genug Recht, aber jetzt muss ich es einmal tun, Herr Kollege Bischoff. Ich glaube nicht, dass man verpflichtend alle in ein Lobbyregister eintragen kann. Gerade vor dem Hintergrund von Rechtsanwälten habe ich ein juristisches Problem damit, weil die ihre Mandanten natürlich nicht einfach offenlegen können. Das wird nicht funktionieren.
Gefährlich wird Lobbyismus dann, wenn auf Abgeordnete oder Mitglieder der Landesregierung politischer Druck ausgeübt wird, wenn sich der Lobbyismus, oftmals auch nur angeblich, als feststehender Begriff wieder durchgesetzt hat.
Nur: Welche Zielrichtung hat denn eigentlich ein Lobbyregister auf Landesebene? Ich kann ein Lobbyregister auf EU- und auch noch auf Bundesebene nachvollziehen. Natürlich, Kollege Bommert, gibt es in der EU eine Unzahl von Interessengruppierungen und Interessenvertretungen, und oftmals weiß man auch nicht, mit wem man es da zu tun hat, und man kann wahrscheinlich auch nicht immer einschätzen, für welche Gruppe, insbesondere für welchen Anteil in einer Gruppe diejenigen sprechen. Deshalb ist es am Ende auch für Parlamentarier der EU-Ebene einfacher, wenn sie in dieses Lobbyregister hineinschauen können, um zu wissen, mit welchem Interessenverband sie es zu tun haben. Auf Landesebene, zumal in einem bevölkerungsmäßig relativ kleinen Bundesland, erscheint mir das eher als eine mögliche Bürokratiemaschine, auf die wir auch verzichten können; denn wir kennen im Wesentlichen die in Brandenburg agierenden Interessengruppierungen. Wenn nicht, dann schaut man sich einmal die entsprechende Webseite des Verbandes an. Alle NGOs sind dazu verpflichtet, den Vorsitzenden, die Mitgliederzahl und das Spendenaufkommen zu veröffentlichen. Daraus kann man auch einen entsprechenden Rückschluss ziehen.
Ein Lobbyregister verhindert auch nicht, sich mit anderen Interessenverbänden zu treffen, die möglicherweise nicht in ein Lobbyregister eingetragen sind. Dies gilt dann gerade auch für Rechtsanwälte, die möglicherweise Unternehmen vertreten. Ein Lobbyregister verhindert auch nicht die Möglichkeit der ungewünschten Beeinflussung. Ungewünschte Beeinflussung kann im Übrigen auch nur geschehen, wenn beide Seiten es zulassen.
Einen Mehrwert für die Öffentlichkeit kann ich auch nicht erkennen. Wenn das Ziel der Anträge ist, unerwünschten Lobbyismus zu verhindern und politische Einflussnahme auf Parlament, Fraktionen und Landesregierung „aufzudecken“, halte ich es nicht für zielführend. Deshalb wird die FDP-Fraktion beide hier eingebrachten Anträge ablehnen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU hat die Transparenz entdeckt. Die Tatsache an sich wäre erfreulich, wenn dahinter nicht ein bisschen taktisches Kalkül stehen würde. Transparenz, meine Damen und Herren, fordern Sie erst, seitdem Sie in der Opposition sind. Das war bei der Herstellung der Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen so und zieht sich durch bis zu Forderungen nach einem öffentlichen Lobbyregister für Brandenburg. Sie haben, meine Damen und Herren, Herr Bommert, ein Glaubwürdigkeitsproblem; denn Sie singen das Hohe Lied der Transparenz, und wenn es dann in die Regierungsverantwortung geht, sieht es anders aus.
Bevor Sie das vehement bestreiten, fragen Sie Ihre Bundestagskollegen. Wir gehen nur sechs Wochen zurück. Da lehnte die Mehrheit von Union und FDP im Petitionsausschuss des Bundestages ab, dass sich das Parlament mit einem Register für Lobbyisten befasst. Über 10 000 Bürgerinnen und Bürger haben eine entsprechende Internetpetition vorgelegt. Mit den Stimmen von Schwarz und Gelb wurde ein verbindliches Register für Lobbyisten zurückgewiesen.
Und zwar gibt es - das haben Sie ja zu Recht gesagt, der Kollege Bischoff hat es bestärkt - seit 1972 eine öffentliche Liste von registrierten Verbänden und Vereinen, aber der Antrag auf Eintrag ist freiwillig. Mit Verlaub, meine Damen und Herren und Herr Bommert, das ist aus unserer Sicht pure Scheinheiligkeit.