Protokoll der Sitzung vom 24.03.2011

(Einzelbeifall DIE LINKE)

Sie fordern für Brandenburg genau das, was Ihre eigenen Parteifreunde auf Bundesebene vor sechs Wochen zurückgewiesen haben. So viel zur politischen Glaubwürdigkeit.

Offensichtlich haben Sie verdrängt, Herr Bommert, dass es sogar ein Bundesminister der Union war, ein Herr auf und zu und

davon, der faktisch einen Gesetzgebungsprozess zur Nulltransparenzquote eingeführt hat. Es war Karl-Theodor zu Guttenberg. In seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister hat er ein Gesetz zur Ergänzung des Kreditwesens komplett, das heißt alle 28 Seiten, von der britischen Großkanzlei Linklaters ausarbeiten lassen.

Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch, eine Zwischenfrage zu stellen. Lassen Sie sie zu?

Schade. - Frau Ludwig, bitte.

Herr Görke, noch einmal zurück zum Thema Glaubwürdigkeitsproblem. Wir durften gestern lesen, dass Ihre Partei auf Bundesebene ganz klar gegen CCS und gegen die CO2-Verpressung generell ist.

(Zurufe)

Nun haben wir gestern eine Debatte dazu gehabt, in der deutlich wurde, dass die Braunkohle nun doch längerfristig hier im Land wichtig ist und Sie sich natürlich auch an den Koalitionsvertrag halten wollen. Was ich damit deutlich machen will, ist das Thema Glaubwürdigkeit. Sie können uns nicht Dinge von der Bundesebene vorhalten, die Ihnen hier nicht passen, und andersherum. Wir als CDU in Brandenburg sind seit Langem am Thema Transparenz dran, auch, was dieses Lobbyregister betrifft. Ich frage Sie: Können Sie das...

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zu Ihrer Frage!

Das hätte ich gerne getan. - Meine Frage ist: Herr Görke, können Sie das zur Kenntnis nehmen?

(Gelächter bei der Fraktion DIE LINKE und der SPD)

Sehr geehrte Kollegin, ich muss zur Kenntnis nehmen, dass Sie heute einen Antrag vorlegen, der zu kurz greift. Die Übernahme einer Praxis des Deutschen Bundestages, die unverbindlich ist, ist ein zahmer Tiger. Deshalb haben diese Koalition und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Entschließungsantrag vorgelegt. Darin sind die Forderungen von Transparency International aufgenommen worden. Wir und nicht die Landesregierung legen einen Gesetzentwurf vor. Wir als Parlament wollen diese Glaubwürdigkeit herstellen und ein solches verbindliches Lobbyregister - und nicht unverbindlich, wie Sie es wollen - über den Anhörungsweg entwerfen. Ich glaube, das ist ein verpflichtendes und auch sanktionsbewehrtes Register für

eine Landesebene. Ich hoffe, dass Sie als Fraktion - die FDP lehnt es ja ab - dann auch zu dieser Entscheidung stehen.

Wir halten Ihren Antrag, den Sie heute vorlegen, die Landesregierung damit zu beauftragen, nicht für sinnvoll. Wie gesagt, der Entschließungsantrag liegt vor. Die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen, dass dies dem Parlament vorbehalten bleibt, und wir werden uns als Hauptausschuss in Kürze damit befassen und über den Anhörungsweg ein praktikables Ergebnis vorlegen.

In diesem Sinne werbe ich um Unterstützung für unseren Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der Abgeordnete Senftleben hat das Bedürfnis, eine Kurzintervention anzubringen.

Herr Präsident, ich würde mich freuen, wenn Sie Wortmeldungen bzw. Interventionsrechte von Abgeordneten nicht durch Mimik und Gestik kommentierten,

(Beifall CDU)

sondern Ihre Aufgaben so wahrnähmen, wie es Ihrem Amt gebührt.

Herr Görke, ich bin außerordentlich überrascht, dass Sie in Ihrer Rede die ganze Zeit den Eindruck vermittelt haben, es sei Ihre Idee, eine rot-rot-grüne Idee, gewesen, ein solches Register einzuführen. Sehr erstaunlich, dass Sie erst auf die Idee gekommen sind, nachdem die CDU-Fraktion einen entsprechenden Antrag eingebracht hat. Das ist die Realität.

(Beifall CDU - Jürgens [DIE LINKE]: Weil er so schlecht war!)

Herr Görke, Sie sind ein großer Künstler, wenn es um das Ankündigen von Dingen geht. Sie haben angekündigt, die Parteienspendenpraxis von Unternehmen im Untersuchungsausschuss kontrollieren zu lassen.

(Frau Alter [SPD]: Reden Sie doch bitte nicht so laut!)

Nun frage ich Sie: Wo bleibt denn die Kontrolle? Wo ist denn ein entsprechender Antrag, um der Frage nachzugehen, von welchen Unternehmen Parteien in Brandenburg wofür Geld erhalten haben? Wo bleibt denn der Antrag infolge Ihrer großen Ankündigung?

(Beifall CDU)

Wenn Sie hier als Vize-Regierungssprecher agieren wollen, tun Sie das. Wir haben gesagt: Unser Antrag gilt, jetzt ein solches Register einzuführen - und nicht, uns im Jahr 2012 etwas vorlegen zu lassen, was zu einem Ergebnis führen könnte. Kündigen Sie an, was Sie wollen. Fakt ist aber: Die Brandenburger haben ein Recht darauf, wieder Vertrauen in die Politik zu finden. Sie

haben das Vertrauen durch Maßnahmen Ihrerseits mehr als beschädigt. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU - Zuruf: Das fällt Ihnen früh ein! - Bischoff [SPD]: Wer hat denn hier seit 20 Jahren die meisten Par- teispenden bekommen? So was Heuchlerisches!)

Herr Görke, die Geschäftsordnung gibt Ihnen die Möglichkeit zu reagieren.

Sehr geehrter Kollege Senftleben, wie Sie wissen, gibt es im Einsetzungsbeschluss zum Untersuchungsausschuss einen Abschnitt zur Spendentätigkeit und zu Vorwürfen gegen eine Regierungsfraktion. Da wir im Untersuchungsausschuss die Koalitionszeit von 2004 untersuchen, können Sie sich sicher vorstellen, dass wir nicht nur eine Seite, sondern auch die des Koalitionspartners beleuchten werden. Dazu werden in Kürze eine Reihe interessanter Zeugen erwartet. Dann werden diese Fragen gestellt.

Zweitens: Ich würde mich freuen, wenn Sie den vorliegenden Entschließungsantrag noch einmal zur Hand nähmen und schauten, welches Prozedere wir vorschlagen. Ich freue mich auf substanzielle Diskussionen im Hauptausschuss. Wir sollten die Arbeit leisten und diese Verantwortung nicht der Landesregierung übertragen. Ich glaube, das ist der richtige Weg. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Die Abgeordnete von Halem setzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die CDU hat sich über mangelnde Würdigung beschwert. Ich werde einen Satz aus dem Antrag vorlesen:

„In dieses Register sollen sich alle Verbände, Vereinigungen und sonstige Interessenvertreter eintragen, die ihre Interessen an den Landtag oder die Landesregierung herantragen.“

Dieser Satz offenbart aus meiner Sicht, wie sehr wir bei diesem Thema am Anfang der Debatte stehen. Wenn mich der Leiter des kleinen Theaters bei mir um die Ecke in Potsdam in seinem eigenen Interesse fragt, nach welchem Konzept kulturelle Bildung im Land Brandenburg gefördert werde - Antwort: nach gar keinem Konzept -, darf er das dann künftig erst tun, wenn er sich vorher in das offizielle Lobbyregister eingetragen hat?

(Görke [DIE LINKE]: Ja! - Heiterkeit)

Oder greift diese Regelung erst, wenn jemand den ganzen Landtag mit Weihnachtskarten beglückt?

Ich gebe zu, sehr viel konkreter als der CDU-Antrag ist der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, dem wir uns angeschlossen haben, nicht. Aber er lässt uns drei Quartale statt nur ein Quartal Zeit, er orientiert sich nicht an dem Freiwilligenregister des Deutschen Bundestags, und er legt die Debatte in die Federführung des Hauptausschusses statt in die der Landesregierung.

Herr Senftleben, an dieser Stelle einen ausdrücklichen Dank an die CDU für den Vorstoß; denn man sieht ja schon jetzt: Die Debatte verspricht spannend zu werden.

Wer sind denn eigentlich Lobbyisten? Sicher ist, sie sind immer dann ganz besonders anrüchig, wenn sie die politischen Konkurrenten beraten. Dabei sind wir alle darauf angewiesen, uns zu den jeweils aktuellen Themen die Meinungen der Interessenvertreterinnen und -vertreter anzuhören. Wir sollten schleunigst unsere Mandate abgeben, wenn wir uns für unterschiedliche und auch extreme Perspektiven nicht mehr interessierten.

Zur Demokratie gehört aber auch - das wurde schon gesagt -, Bürgerinnen und Bürgern das Verfahren transparent zu machen. Was wir heute beschließen, ist aber in jedem Fall nichts anderes als eine leere Hülle mit guter Absicht. Es liegt an uns, sie zu füllen. Ich tue das lieber auf der Basis unseres Entschließungsantrags.

Was ist uns dabei wichtig? Erstens wollen wir den Begriff „Lobbyist“ klären. Wer soll registriert werden? Wie definieren wir die Mindestgrenze zeitlichen und finanziellen Aufwands, der zur Einflussnahme auf Legislative und Exekutive betrieben wird? Einzelgespräche mit Abgeordneten sollten sicher nicht darunter fallen. Wie beziehen wir die Exekutive ein? Natürlich gehen wir grundsätzlich davon aus, dass in den Ministerien Brandenburgs genügend gesammelter Sach- und Fachverstand vorhanden ist, um einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Sollte es in Ausnahmefällen aber doch dazu kommen, dass Gesetzentwürfe oder Teile derselben gegen Honorar von externen Dritten erarbeitet werden, dann gebietet es das Gebot der Transparenz, diese Beratungsleistungen mitsamt den gegebenenfalls geflossenen Honoraren kenntlich zu machen. Nur so werden Interessenskonflikte und Einflussnahmen Dritter erkennbar und bewertbar.

Welche Informationen sollen wir aufnehmen - Einzelpersonen bzw. Entsendeorganisationen sowie Mitgliederstrukturen, Gesamtbudget und auch Hauptfinanzierungsquellen der Institutionen, die Einflussnahme betreiben? Wie gehen wir mit der Schweigepflicht von interessenvertretenden Rechtsanwälten um? Last, not least: Was soll ein Freiwilligenregister? Was soll ein registrierter Lobbyist im Landtag dürfen, was ein nichtregistrierter Lobbyist nicht darf? Oder wollen wir Sanktionen? Fragen über Fragen. Wir sehen - auch bei den vorangegangenen Redebeiträgen war das der Fall -, dass es bei all diesen Punkten um eine Gratwanderung geht, über die wir sehr genau zu diskutieren haben. Wir haben die Organisation LobbyControl für uns arbeiten lassen, ausgebeutet - ohne Honorar. Ergebnis: Mangels bundesweiter Erfahrungen lassen sich diese Fragen nicht zackig klären, schon gar nicht innerhalb eines Quartals. Es gibt noch kein Lobbyregister auf Landesebene. Wir wären die Ersten.

(Beifall GRÜNE/B90, SPD und DIE LINKE)

Minister Woidke spricht für die Landesregierung.

Sehr geehrter Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht wäre es möglich, in Zukunft darauf zu achten, dass die TA Lärm auch im Landtag Anwendung findet. Ich hatte vorhin den Eindruck, dass einige Abgeordnete unter der Lautstärke gelitten haben.

(Beifall SPD)