Gesicherte Ergebnisse gibt es diesmal hinsichtlich der Schulvisitation. Immerhin fühlen sich 80 % der Schüler an unseren Schulen wohl. Atmosphärisch ist das alles in Ordnung, jedoch noch nicht so sehr hinsichtlich des Unterrichts. Dort gibt es Probleme bei aktivierenden Arbeitsformen, beim Erklärverhalten der Lehrerinnen und Lehrer usw. Wir sind zumindest hinsichtlich der Evaluation an dem Problem richtig dran.
Wir dürfen auch, was Ganztag und FLEX betrifft, Herr Hoffmann, eine Stagnation nicht zulassen. Da bin ich ganz bei Ihnen. Ich freue mich - willkommen im Club! -, dass auch die CDU endlich begriffen hat, dass Ganztag etwas Schönes ist.
Die Anzahl der Wiederholer ist stark zurückgegangen. Bei VERA 3, den Vergleichsarbeiten in der 3. Klasse, verwundern uns die regionalen Unterschiede, die dieser Bericht ausweist. Es ist stadtscharf analysiert worden, und mir erschließt sich nicht, warum die Kinder in Oranienburg und Cottbus sehr viel besser lesen als die in Frankfurt und Luckenwalde.
Ebenso große regionale Unterschiede gibt es bei den Vergleichsarbeiten im Rahmen von VERA 8. Woran liegt es wohl, dass in Bad Freienwalde 50 % aller Kinder beim Lesen nur die unterste Kompetenzstufe erreichen? Hier müssten die Schulämter genau hingucken. Jedoch wollen Sie, Herr Büttner, die gerade ab
Damit bin ich beim Thema Finanzierung. Brandenburgs Bildung ist seit Jahren unterfinanziert. Auch in einer rot-schwarzen Regierung ist es nicht gelungen, den Anteil am Bruttoinlandsprodukt, der bei 4,3 % liegt - das ist weniger als der Bundesdurchschnitt -, zu heben. Auch der Anteil an den Gesamthaushaltskosten, der bei 19,1 % liegt, ist bedauerlicherweise weit unter dem der Flächenländer Ost; mit denen können wir uns am ehesten vergleichen. Das betrifft auch die Pro-KopfAusgaben für Schülerinnen und Schüler und hier wiederum besonders die Grundschüler. Hier werden die jetzt von uns ergriffenen Maßnahmen - bezogen auf die schlechten Ergebnisse, zum Beispiel beim Leseverständnis usw. - nur aus dem Bereich Grundschule selbst umgeschichtet. Möglicherweise reicht das nicht. Das scheint mir ebenso der falsche Weg zu sein, wie ehrgeizige Einsparpotenziale im Bereich Bildung zu erschließen. Auch das halte ich für den falschen Weg.
Einer in den vergangenen Jahren verfehlten Personalpolitik ist auch die im Bericht analysierte Situation bezüglich des Lehrkräftenachwuchses geschuldet. Die Hälfte aller Lehrkräfte ist über 50 Jahre alt; das ist deutlich mehr als der Bundesdurchschnitt. Es gibt bei uns die wenigsten jungen Lehrer - das hat Kollege Hoffmann richtigerweise gesagt -; der Einstellungskorridor muss jedoch kontinuierlich gehalten werden. Die 900 Referendare, die es in diesem Land derzeit in der „Schleife“ gibt, müssen hier eine Chance bekommen, damit sie nicht woandershin gehen. Nur, Herr Hoffmann, eines haben Sie verschwiegen: Sie wissen, dass wir infolge der tariflichen Dinge die Lehrerinnen und Lehrer, die in Teilzeit angestellt sind, im kommenden Schuljahr aufstocken können und dass sich deswegen der Einstellungsbedarf, um die Lehrer-Schüler-Relation zu halten, einmalig - nämlich nur im nächsten Schuljahr - ein kleines Stück verringert.
Interessantes weist der Bericht im Übrigen zur beruflichen Bildung aus: Es ist leider mitnichten so, dass der Bedarf an Ausbildungsplätzen gedeckt werden könnte. Es hat einen Abbau in der betrieblichen Ausbildung - noch dazu in der vollschulischen Ausbildung - gegeben. Darüber hinaus ist der Anteil der Azubis, die über die allgemeine Hochschulreife verfügen, inzwischen auf 26 % gestiegen. Es gibt also massive Verdrängungsmechanismen in diesem Bereich, und die Wirtschaft hat offensichtlich noch nicht ausreichend zur Kenntnis genommen, dass der künftige Fachkräftemangel eben auch etwas mit ihr zu tun hat. Herr Büttner, es wäre eine schöne Aufgabe für Sie in der FDP, da etwas zu tun.
Der Bereich Hochschule war im letzten Bericht heftig umstritten; Frau Prof. Wanka hatte ihn gänzlich von sich gewiesen. Diesmal sind die Befunde etwas erfreulicher; vielleicht wäre sie bezüglich des Berichts nun milder gestimmt. Die Zahl der
Studienberechtigten ist gestiegen, die der Studierenden hat sich positiv entwickelt. Erstaunlicherweise studieren auch mehr Studierende aus unserer Region an unseren Universitäten, und wenn sie nicht gerade die Uni wechseln, dann bleiben sie auch hier. Übrigens haben wir in unserem Land die meisten „Nesthocker“, junge Menschen, die noch über das 18. Lebensjahr hinaus in der „Pension Mama“ leben. Aber das ist nicht nur ein schlechtes Zeichen.
Fazit: Der Bericht zeigt, dass Brandenburg in vielen Bereichen auf dem richtigen Weg ist - allerdings wirklich erst am Anfang und dass das Schrittmaß deutlich angezogen werden muss. Dazu gibt es in der Gesellschaft einen Konsens. Das ist nicht auf allen Gebieten so, aber in der Bildung gibt es diesen gesellschaftlichen Konsens.
Erste kleine Erfolge dürfen wir nicht verspielen. Die Lehrerinnen und Lehrer sind die Erfolgsgaranten, also müssen wir sie pflegen und fordern. Auf den Anfang kommt es an. Auch bei den Kitas gibt es noch Reserven. Bildungschancen sind Lebenschancen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Große, Sie beklagen den ritualisierten Bericht bzw. dass immer wieder solche Berichte vorliegen und daraus nicht die Schlussfolgerungen gezogen werden. Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit, und wenn man Teile der Wahrheit verschweigt, ist das auch ein Stück Unwahrheit.
Sie wissen, dass Brandenburg 2008 der PISA-Aufsteiger des Jahres war. Ich habe noch vor Augen, wie der damalige Bildungsminister Rupprecht gesagt hat: Das ist kein guter Tag für die Linke!, weil uns in Brandenburg bestätigt wurde, dass wir erhebliche Fortschritte im Bildungsbereich gemacht hatten.
- Ich sage das darauf bezogen, dass die Linke damals ganz anders argumentiert hat, als sie jetzt argumentiert.
Zur vollständigen Wahrheit gehört natürlich auch - Sie haben die rot-schwarze Koalition angesprochen -, dass wir - ich sage: leider - in den letzten 20 Jahren nicht ein Mal den Bildungsminister gestellt haben.
Wenn Sie sagen, das habe damit nichts zu tun, dann gucken Sie sich einmal die Länder an, in denen die CDU seit mindestens 10 oder gar seit 20 Jahren den Bildungsminister stellt, und vergleichen, wo die stehen und wo Brandenburg steht.
Wenn jedoch falsche Schlussfolgerungen aus dem Bericht gezogen werden, kann man nichts machen. Wenn es heißt: „Wir haben mit der sechsjährigen Grundschule das Pfund, mit dem wir wuchern müssen“, obwohl die Länder, die eine vierjährige Grundschule haben, in Ländervergleichen vor uns liegen, nutzt der beste Bericht nichts, da man nicht die richtigen Schlussfolgerungen aus ihm zieht. Dass die Administration sogar Beschlüsse der Koalitionen unterlaufen kann, haben wir in der letzten Periode leider auch merken müssen, als man Beschlüsse der Koalition, die einem nicht ins Kontor passten, unterlief.
Dass wir Ganztag noch nie verteufelt haben, möchte ich ausdrücklich klarstellen, nur: Es darf nicht zulasten der anderen Schulen gehen. Aber das ist bei uns der Fall, denn die Lehrer an den Ganztagsschulen zählen in die Lehrer-Schüler-Relation hinein, obwohl sie eben nicht allen Schulen zugutekommen.
Frau Große, Sie haben noch zwei Minuten Redezeit für den zweiten Beitrag und jetzt zusätzlich drei Minuten Gelegenheit zu reagieren, wenn Sie es denn wünschen. - Sie wünschen es. Bitte!
Liebe Kollegin Blechinger, ich finde es schwierig, wenn man zehn Jahre regiert, sich dann vom Acker macht und sagt: Wir haben da keine Verantwortung, wir sind nur für die kleinen, marginalen Verbesserungen im Bereich PISA verantwortlich.
Sie haben die Sache mit der Flexiblen Eingangsphase eingebremst. Sie haben die Geschichte mit dem Ganztag eingebremst.
Sie haben letztendlich das, was uns die Berichte - auf die ich mich bezogen habe und zu denen ich meinte, hier gibt es, vor allem aus dem politischen Raum, ritualisiertes Gebaren - aufzeigen, nicht zur Kenntnis genommen, denn diese haben uns schon ins Stammbuch geschrieben: Wir haben eine überalterte Lehrerschaft. - Sie haben uns ebenfalls ins Stammbuch geschrieben: Wir haben einen schlechten Personalschlüssel im Bereich Kita. - Sie haben uns außerdem ins Stammbuch geschrieben, dass wir Risikolagen haben; soziale Herkunft und Bildungsbeteiligung und Erfolg in diesem Land beginnen nämlich auseinanderzudriften.
Wo waren hier Ihre erkennbaren Angebote? Die hätte die SPD gegen Sie durchsetzen müssen. Ich denke, sie hat es mit uns ein bisschen leichter; das haben Sie eben angemahnt. Dafür ist die Linke immer da gewesen. Wir haben immer gesagt: Wir brauchen individualisiertes Lernen,
also die Flexible Eingangsphase. Wir brauchen den Ganztag. Wir brauchen letztendlich Angebote in Schule, die individuelles Fördern ermöglichen. Natürlich sind Lehrerinnen und Lehrer, die im Ganztagsbetrieb arbeiten, Lehrerinnen und Lehrer, die
aus dem Stellenpool der Lehrerinnen und Lehrer kommen müssen, und diesen Stellenpool müssen wir zusammen erwirtschaften - wenn wir es denn wirklich wollen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie haben ja im Moment kein leichtes Leben, aber ich danke Ihnen für diese Aktuelle Stunde.
Ich sage vorneweg, dass ich den Bildungsbericht gar nicht so wahnsinnig aktuell finde. Er enthält eine Vielzahl von Angaben, die wir - jeweils für sich genommen - eigentlich schon kennen. Ja, wir wissen, dass wir zu wenig junge Lehrkräfte haben. Wir wissen, dass wir den Sprachförderbedarf bei Kita-Kindern nicht decken können. Wir wissen, dass wir zu viele Schulabgänger ohne Abschluss haben. Wir wissen auch, dass wir in Ländervergleichen immer wieder schlecht abschneiden und dass der Bildungserfolg von Kindern auf bedrohliche Weise mit den Risikolagen im Elternhaus zusammenhängt, wenn auch diese Begrifflichkeit im Bildungsbericht vielleicht neu ist.
Ich möchte jetzt hier nicht die einzelnen Seitenzahlen und Kapitel referieren. Denn ich finde, es ist ganz klar, dass sich bei einem so umfangreichen Bericht natürlich jeder seinen Schwerpunkt herauspickt. Frau Blechinger, insofern argumentieren wir selbstverständlich und notgedrungen in einer Aktuellen Stunde, die ja keine Promotion ist, mit Scheuklappen, weil wir nicht alles umfassend abhandeln können. Selbstverständlich werden wir auch nur die halben Wahrheiten präsentieren können. Nichtsdestotrotz - oder gerade deshalb - werde auch ich mir die Frage stellen: Was machen wir mit den Informationen, die der Bildungsbericht für uns bereithält? Was macht diese Landesregierung? Was passiert in diesem Land, wo zwei Parteien regieren, die sich in Sonntagsreden immer wieder ihrer Bildungspolitik rühmen?
Ich greife mir vier Bereiche heraus und beginne mit den Kindertagesstätten. Nach der Erhöhung des Kita-Betreuungsschlüssels weigert sich die Landesregierung standhaft, über weitere Verbesserungen in der Betreuungsqualität zu reden. Die KitaGruppen sind weiterhin mit die größten im Bundesvergleich. Für den Sprachförderbedarf reicht das Geld nicht. Stufenpläne für mehr Qualität sind abgelehnt worden.
Zweitens: Die Finanzierung für Schulen in freier Trägerschaft soll reduziert werden. Das pfeifen die Spatzen von allen Dächern. Seit Monaten gibt es Gerüchte, Vermutungen und jetzt auch ein abstraktes Rechenmodell - allerdings ohne Zahlen. Wenn ich irgendwo am längeren Hebel sitze und meine Untertanen maximal verunsichern will, dann mache ich es so: Ich male ein abstraktes Bedrohungsszenario an die Wand und verweigere mich der Diskussion.
Dass die Debatte um die Qualität der Schulen in freier Trägerschaft das Bedrohungspotenzial im Moment erhöht, ist teils zufällig zeitgleichen Ereignissen geschuldet. Vonseiten des Ministeriums wird aber wenig unternommen, um die Diskussionsstränge zu trennen.
Noch schlimmer ist aus unserer Sicht, dass im Zusammenhang mit den Kürzungen immer wieder der Satz vom Sättigungsgrad fällt: Die Quote der freien Schulen habe West-Niveau erreicht, der Aufbauprozess sei abgeschlossen. Hiermit wird noch etwas ganz anderes suggeriert. Prof. Henning Schluß, Vorsitzender des Evangelischen Bildungswerks Oranienburg und treibende Kraft der evangelischen Grundschule, deren Gründung jetzt der Verunsicherung zum Opfer gefallen ist, nennt das den „Schneewittchen-Effekt“: Wer schöner ist als ich, der wird aus dem Weg geräumt.