Wir haben gedacht, Sie hätten einen gewichtigen Grund. Aber dann hatten die Fraktionsvorsitzende und der Parlamentarische Geschäftsführer während der Stellungnahme des Ministerpräsidenten nichts Besseres zu tun, als sich miteinander zu unterhalten. Mir fehlen die Worte!
Herr Beyer und Herr Bretz, Sie sind noch nicht sehr lange Mitglied des Parlaments, doch wir haben es auch in dieser Legisla
turperiode schon mehrfach gesagt: Die Energiestrategie 2020, die in der vorherigen Legislaturperiode erarbeitet, diskutiert und beschlossen wurde, gilt. Allerdings wird sie überarbeitet; das ist richtig. Wir werden dann darüber diskutieren.
Die Bundesregierung hat gestern einen Kabinettsbeschluss als eilbedürftigen Gesetzentwurf vorgelegt. Er war sogar „besonders eilbedürftig“ - das ist ein Vorgang, bei dem ein Entwurf dem Bundestag noch vor Eingang der erforderlichen Stellungnahme seitens des Bundesrates zugeleitet wird. Ich halte fest: „besonders eilbedürftig“ - fast pünktlich zum zweiten Jahrestag der Vorlage der EU-Richtlinie vom 23. April 2009. So viel zum richtigen Zeitpunkt für die Vorlage des Gesetzentwurfs!
Warum sollten wir über eine Vorlage diskutieren, wenn wir doch keine Zuständigkeit haben? Ein Blick auf die Tagesordnungen der heutigen und gestrigen Plenarsitzungen verrät, dass es nur einen einzigen Antrag seitens der CDU-Fraktion gibt. Anscheinend sind Ihnen die Themen und Ideen ausgegangen. Okay. Ich kann Sie auf einige Themen bringen, da bin ich solidarisch.
Sie fordern eine Stellungnahme der Landesregierung. Dabei ist das Verfahren völlig klar: Es gibt einen Kabinettsbeschluss und einen zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf. Das ist Ihnen bekannt, oder? Es ist auch ein Novum, eine Stellungnahme der Landesregierung zur aktuellen Berichterstattung vor dem Energiegipfel zu fordern. Ein bisschen genauer hätten Sie es nehmen dürfen. Aber Sie nehmen es eben locker, im Übrigen, Herr Senftleben, auch mit der Auslegung des Instruments Kurzintervention und der Geschäftsordnung; das finde ich schade.
Lassen wir die Kirche im Dorf in der Lausitz und widmen uns dem Inhalt. Die Stellungnahme der Landesregierung zum Referentenentwurf eines CCS-Gesetzes ist bekannt. Ich verweise auf die gemeinsamen Stellungnahmen des MWE und des MUGV im Rahmen der Länderanhörung vom 24. August 2010; die dürften Ihnen bekannt sein. Ausdrücklich verweise ich auf die seitens des Wirtschaftsministers vorgelegten Eckpunkte für ein CCS-Gesetz vom 26. April 2010.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es bedarf hier nicht der Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten, denn er ist in dieser Angelegenheit in völliger Einigkeit mit dem Kabinett und agiert im Sinne des Koalitionsvertrages, aus dem Sie mehrfach zitiert haben. Was Sie allerdings verschwiegen haben, ist
unsere Maßgabe, dass bei der Erforschung und Erprobung die Interessen und die Sicherheit der Menschen sowie Natur- und Umweltbelange zu berücksichtigen sind. Mensch und Natur dürfen keinem unkalkulierbaren Risiko ausgesetzt werden. Wir werden CCS nicht gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung durchsetzen! So etwas war von der CDU noch nie zu hören.
- Im Anschluss. Ich weiß schon, was er mir sagen will: dass die Kurzintervention von ihm richtig ausgelegt wird. Dazu sage ich: Der Bezug zu dem vorherigen Redebeitrag war für mich nicht erkennbar.
Die Bundesregierung stiehlt sich aus der Verantwortung und schiebt den Ländern den Schwarzen Peter bei der möglichen Umsetzung des CCS-Gesetzes zu. Deshalb lehnen wir als Fraktion, lehnt die Koalition den Gesetzentwurf der Bundesregierung ab. Er läuft auf eine Klausel hinaus, die besagt: Wenn das Land Brandenburg die Erprobung will, dann bitte sehr. - Mit dem Text des Koalitionsvertrages vor Augen sage ich Ihnen ich weiß nicht, ob Sie reden, Herr Jungclaus, oder ob Herr Vogel redet -: „CCS-Euphorie“, wie Sie sie der Landesregierung unterstellen, sieht wirklich anders aus! CCS-Euphorie habe ich da eher bei Katherina Reiche, der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, vernommen. Unsere Euphorie ist doch sehr verhalten. Wir wollen eine öffentliche und eine private Verantwortung für die Folgen der Ausbeutung der Natur. Das ist mit dem vorliegenden Gesetz nicht möglich.
Die Koalition und die Landesregierung stehen zum Koalitionsvertrag. Wir stehen zu unseren Ankündigungen, wir stehen zu den Eckpunkten und zu den Anforderungen an ein CCS-Gesetz. Deshalb kann man das vorliegende Gesetz nur ablehnen. Zur Gefährdung der Menschen und ihres Eigentums sowie von Natur und Umwelt darf es nicht kommen.
Frau Abgeordnete Kaiser, ich frage an dieser Stelle noch einmal: Lassen Sie die Fragen der Abgeordneten Bretz und Senftleben zu?
Frau Kaiser, Sie hatten mit Ihrer Vermutung Unrecht; meine Frage lautet anders. Sie haben gesagt, ich hätte das Instrument der Kurzintervention missbraucht. Ich möchte Sie bitten, ein konkretes Beispiel zu nennen, wann dies jemals der Fall gewesen sein soll.
Ihre Frage hat mit meinem Redebeitrag nichts zu tun. Zum Mittel der Kurzintervention stehen wir, stehe auch ich persönlich. Wir haben darüber diskutiert und dieses Instrument gemeinsam eingeführt. Dass Sie einen Bezug zum vorherigen Redebeitrag hergestellt haben, konnte ich nicht erkennen - heute zum wiederholten Male nicht.
Sehr geehrte Frau Kollegin Kaiser, nach den Verhaltensmaßregeln, die Sie uns haben zuteil werden lassen, habe ich eine konkrete Nachfrage -: sie ist ganz einfach: Gilt das, was Sie im Koalitionsvertrag unterschrieben haben, noch? Wird sich die Fraktion DIE LINKE dafür einsetzen, dass in Brandenburg CO2 unterirdisch verpresst wird, ja oder nein?
Deshalb habe ich eine Nachfrage. Sie sprachen davon, dass die Interessen und die Sicherheit der Menschen berücksichtigt werden müssten, wenn die CCS-Technologie zur Anwendung komme. Das sehe ich ganuso. Heißt das: Wenn das Verfahren auch in anderen Ländern angewandt wird, ist dies gegeben, doch wenn es nur in Brandenburg angewandt wird, ist die Sicherheit grundsätzlich nicht gewährleistet?
Herr Beyer, ich weiß nicht, ob Sie mit „anderen Länder“ andere Bundesländer meinen. In anderen Staaten wird CO2 ohne Probleme in Gesteinsschichten verpresst. Man kann dazu unterschiedliche Meinungen haben. Vielleicht schauen Sie sich das einmal an. Wichtig ist für uns eine gesetzliche Absicherung entsprechend der vorgelegten Eckpunkte und entsprechend der Kriterien, die der Wirtschaftsminister landauf, landab vorgestellt hat. Sie beziehen sich auf den Koalitionsvertrag. Das heißt, unkalkulierbare Risiken dürfen nicht eingegangen werden; darin ist sich die Landesregierung einig.
Ich bin mir ganz sicher: Wenn wir künftig über Energiepolitik diskutieren wollen, müssen wir dies auch in Bezug auf die
Energiestrategie und die Frage, was aus der Braunkohleverstromung wird, wenn CCS als Technologie ausscheidet - bestimmte Industriezweige haben sich davon etwas versprochen -, tun. Wir müssen über die Klimaziele und über die Frage, ob die Braunkohleverstromung anhand der europäischen Richtlinien zur Klimapolitik nicht doch auslaufen muss, diskutieren. Wir sind also vor eine Reihe von Fragen gestellt.
Lesen Sie einmal den frischgedruckten „Freitag“; es kommen verteilungspolitische Fragen auf uns zu. Wenn Sie demnächst wieder einmal nicht wissen sollten, welches Thema Sie auf die Tagesordnung setzen sollen, dann können wir uns zum Beispiel zu der Frage verständigen, wofür die Gewinne, die sich aus der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken ergeben, genutzt werden können - für den ökologischen Umbau beispielsweise. Wir können darüber reden, wie Strompreise bezahlbar bleiben. Erhöhte Strompreise müssen - ökologisch gesehen - nicht automatisch etwas Schlechtes sein, sie können auch lenken. Wir können uns darüber austauschen, wie die Belastungen aufgrund der geänderten Energiepolitik verteilt werden.
Wir können darüber diskutieren, wie umweltschädliche Subventionen abgebaut werden. Wir können uns gern über dezentrale Bürgerkraftwerke unterhalten. Und das alles, ohne dass die großen Strommonopolisten geschont werden.
Letzter Satz: Es geht in Bezug auf den Atomausstieg und die Energiestrategie nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kaiser. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90DIE GRÜNEN fort.
Während Herr Abgeordneter Jungclaus an das Pult tritt, erinnere ich daran - es gibt diesbezüglich immer Irritationen -, dass Fragen und darauffolgende Antworten nicht auf die Redezeit angerechnet werden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Holzschuher, ich hoffe, Sie sind jetzt nicht enttäuscht, dass hier nicht der Fraktionsvorsitzende steht, sondern der fachpolitische Sprecher. Nachdem ich die Redebeiträge der Koalition gehört habe, hätte ich mir
gewünscht, dass auch von Ihren Parteien die fachpolitischen Sprecher am Rednerpult gestanden hätten.
„Wenn Bundesländer mit Speicherkapazität sich der CCSVerpressung entziehen können, dann ist das Thema tot.“
Lieber Matthias Platzeck, wenn auch aus einer ganz anderen Motivation, so sind wir an dieser Stelle ganz bei Ihnen. Die Tatsache, dass die heftig umstrittene CCS-Technologie aufgrund der gestrigen Entwicklung nun auch für Brandenburg gestorben ist, erfüllt mich und vermutlich die meisten anderen Brandenburgerinnen und Brandenburger mit großer Freude.