che anerkennen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass in Deutschland etwa 285 000 Menschen - die Zahlen variieren leben, die Interesse an einer Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen haben.
In Brandenburg ist der Bedarf an Fachkräften schon heute sehr hoch. Sie alle kennen die Zahlen: 170 000 - Tendenz steigend. Das Anerkennungsgesetz ist auch ein Beitrag zur Willkommenskultur. Das Gesetz schafft für rund 350 nicht reglementierte Berufe - das sind Ausbildungsberufe im dualen System nach dem Bildungsgesetz und dem Handwerk - einen allgemeinen Anspruch auf ein Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit.
Die Frage, ob die im Ausland erworbene Qualifikation gleichwertig ist, wird künftig nach einheitlichen Kriterien beurteilt. Die Dauer des Verfahrens soll drei Monate nicht überschreiten. Das halte ich für Deutschland für eine ausgesprochen kurze Frist. Aufgabe des Landes ist es nun, landesrechtlich geregelte Berufe, wie Lehrer und Erzieher, analog des Bundesgesetzes, also mit gleichen Verfahren und, wie ich hoffe, auch in der gleichen Frist zu beurteilen. Wie wir gestern von Ministerin Kunst hörten, wird es bis Mitte 2012 eine landesübergreifende Regelung geben.
Die Menschen müssen aber erst einmal erfahren, dass es die Möglichkeit der Anerkennung gibt. Deshalb ist es wichtig, schnell die nötigen Schritte einzuleiten. Ich denke an eine Telefonhotline. Ich denke an Internet. Ich denke an Beratungsstellen vor Ort durch die BA oder durch Job-Center, wie auch immer.
Wir unterstützen ausdrücklich die Forderung im FDP-Antrag, dass man den Antragstellern - wenn eine Berufsqualifikation nicht anerkannt wird - sagt, wo sie eine Zusatzqualifikation erlangen können, um in das Arbeitsleben integriert zu werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Anerkennungsgesetz eröffnet nicht nur die Chance, unseren Fachkräftemangel zu minimieren. Für viele Menschen ist es endlich die Chance auf Anerkennung, Wertschätzung, Arbeit und damit auch ein wesentlicher Bestandteil des sozialen Friedens.
Da der Antrag nicht von der SPD-Fraktion ist, wird er abgelehnt. Ich frage mich manchmal, wie Sie das den Menschen im Land erklären wollen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schier. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Die Abgeordnete Fortunato erhält das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kollegen Abgeordnete! Werte Gäste! Berufsabschlüsse von Migrantinnen und Migranten werden in Deutschland bislang nur selten anerkannt. Dass es so kompliziert und so unübersichtlich zwischen Arbeitserlaubnis und Berufsanerkennung sein würde, haben viele von ihnen nicht gedacht - auch nicht, dass jedes Bundesland seine eigene Verfahrensweise hat.
Viele Migrantinnen und Migranten kennen Sie selbst, liebe Abgeordnete, als jahrelange Kunden der Job-Center. Dort gibt es mal einen Sprachkurs, mal ein Praktikum, mal ein Bewerbungstraining, aber niemals einen Weg zurück in den ehemals erlernten Beruf.
Ja, ich gebe zu, meine Damen und Herren von der FDP und von der CDU, Sie werden in diesem Landtag selten gelobt. Auch ich werde mich mit dem Lob zurückhalten. Ich begrüße die Gesetzesinitiative, mit der die Regierung die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse beschleunigen und zu einem Rechtsanspruch machen will. Es ist auch höchste Zeit dazu. Aber es kann nur ein erster Schritt sein. Schauen wir mal.
Tausende in Deutschland lebende qualifizierte Personen aus Nicht-EU-Ländern, viele von ihnen mit akademischen Abschlüssen, müssen bislang in Deutschland schlecht bezahlten Hilfstätigkeiten in prekären Beschäftigungsverhältnissen nachgehen. Nicht selten wirkt sich strukturelle Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt auch negativ auf den Aufenthaltsstatus aus. Wichtig ist nun, dass das Land Brandenburg schnellstmöglich sachgerechte Kriterien für die Anerkennung der jeweiligen Abschlüsse entwickelt und gesetzlich umsetzt.
Notwendige Anpassungsqualifizierungen sollten den betroffenen Personen ermöglicht werden. Viele Menschen werden - da sie im Ergebnis der bisherigen Regelung unverschuldet längere Zeit nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten konnten - Nachqualifizierungen brauchen.
Die Abstimmung der bundes- und landesrechtlichen Regelungen ist in Arbeit. Die gestrige Antwort von Frau Prof. Dr. Kunst dazu haben Sie vernehmen können. Das ist auch der Grund, warum wir dem Antrag der FDP-Fraktion nicht zustimmen können.
Erstens: Das Gesetz ist, wie meine Vorrednerin von der SPDFraktion schon sagte, bisher weder durch den Bundestag noch durch den Bundesrat gegangen.
Seien Sie zudem versichert - ich glaube, das darf ich sagen -: Alle Bundesländer stehen, wie Frau Prof. Weiss so schön sagte, in den Startlöchern und sind vorbereitet. Brandenburg hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die das entsprechende Mantelgesetz unter Federführung des MWFK erarbeiten soll.
Was die erwähnten Anpassungsqualifizierungen betrifft, so werden diese bereits in verstärkter Form durchgeführt, initiiert auch von Frau Prof. Weiss. Zugewanderten mit hohen Qualifizierungen wird es ermöglicht, den Wiedereinstieg schneller zu erreichen. Sehr erfolgreich war das Ärzteprojekt 2008 in Brandenburg; da waren wir Vorreiter. Zehn Monate lang lernten 21 zugewanderte Mediziner alles, was sie für den Job hier brauchen. Dazu zählten über 500 Deutsch-Unterrichtsstunden mit individueller Förderung. Es folgten viermonatige Praktika in verschiedenen Krankenhäusern. Dann wurde vor der Ärztekammer eine Gleichwertigkeitsprüfung abgelegt. 17 der zugewanderten Ärzte schafften diese Prüfung beim ersten Mal.
Zurzeit wird eine Infodatenbank zu ausländischen Abschlüssen im Land Brandenburg angelegt. Jetzt müssen die Handwerkskammern und die IHK mit ins Boot, um die praktikable Seite dieser gesetzlichen Regelung vorzubereiten.
Eines gebe ich aber zu bedenken: Es ist für mich sehr fragwürdig, nun offensiv in einen „Wettbewerb um die besten Köpfe“ einzutreten. Schon heute findet ein darwinistischer Bildungswettstreit statt, bei dem reiche Länder gut ausgebildete Fachkräfte, auch Ingenieure, aus armen Ländern abwerben, was dort mitunter zu Unterversorgung oder eigenem Fachkräftemangel führt. Die Ungleichheit wird jedenfalls verschärft.
Die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen, schulischen und beruflichen Qualifikationen ist ein wichtiger Beitrag zur Integration bzw. zur Verbesserung der persönlichen Lebenssituation unserer ausländischen Mitbürger. Erst an zweiter Stelle sollte sie als Maßnahme zur Sicherung von Fachkräften für unsere einheimische Wirtschaft betrachtet werden. Fakt ist: Wir brauchen alle Menschen zur Entwicklung Brandenburgs, und das auf allen Ebenen. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Fortunato. - Bevor wir die Aussprache fortsetzen, begrüße ich ganz herzlich die nunmehr vierte Schülergruppe am heutigen Tag in unserem Haus. Sie kommt vom Elsterschloss-Gymnasium Elsterwerda. Herzlich willkommen!
Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Die Abgeordnete Nonnemacher hat das Wort.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Schüler aus Elsterwerda! In Dänemark besteht für Migrantinnen und Migranten mit ausländischen Qualifikationen bereits seit fast zehn Jahren ein Rechtsanspruch auf ein Gutachten, in dem ihre Berufsabschlüsse bewertet werden. Dieser Rechtsanspruch steht in Verbindung mit einem individuellen Kompetenzfeststellungsverfahren und einem individuellen Integrationsplan.
In Deutschland hat die Bundesregierung den Anspruch auf ein Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse schon zu Beginn der Legislaturperiode in Aussicht gestellt. Entsprechende Eckpunkte liegen seit Dezember 2009 vor. Nun, am 23. März, hat das Bundeskabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf von Ministerin Schavan für das lange überfällige Anerkennungsgesetz gebilligt.
Es wird vermutet, dass fast 300 000 in Deutschland lebende Migranten Interesse an der Anerkennung ihrer extern erworbenen Qualifikationen haben; der Großteil sind Menschen mit Lehrberufen. Es geht nicht darum, deutsche Ausbildungsstandards auszuhöhlen oder zu unterlaufen, sondern darum, gleichwertige Qualifikationen als solche anzuerkennen. Bei nicht parallel verlaufenden Ausbildungsgängen kann auch Berufserfahrung berücksichtigt werden.
Das Anerkennungsgesetz ist ein Artikelgesetz, welches aus dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz und rund 60 Berufsgesetzen und -verordnungen des Bundes besteht. Für rund 350 nicht reglementierte Ausbildungsberufe wird erst einmal der
Anspruch auf Anerkennung der Gleichwertigkeit innerhalb von drei Monaten geschaffen; diese Frist ist hier schon mehrmals genannt worden.
Grundsätzlich begrüßen wir Grünen den Bundesgesetzentwurf, weil er zur Integration der hier lebenden Menschen beiträgt und auch den Fachkräftemangel in vielen Berufen verringern hilft. Als besonders positiv an dem Gesetzentwurf ist hervorzuheben, dass künftig alle Personen mit ausländischen Berufsabschlüssen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft und ihrem Wohnsitz Zugang zu Anerkennungsverfahren erhalten werden. Diese Entkopplung des Berufsrechts von der Staatsbürgerschaft ist in unseren Augen ein wirklicher Fortschritt.
Jedoch gibt es im Bundesgesetzentwurf Regelungen, die erheblichen Nachbesserungsbedarf haben. So wird die Beratungsfrage nicht geklärt. Zwar soll unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Hotline geschaltet werden, die wohl für einen Erstkontakt nutzbar sein wird. Sie erfüllt aber sicher nicht, wie noch im vormaligen Eckpunktepapier geplant, die Aufgabe einer Anlaufstelle, wo Migrantinnen und Migranten Informationen zum Anerkennungsverfahren in einer optimierten Beratung erhalten können. Auf eine Beratung gibt es keinen Rechtsanspruch.
Für eine sinnvolle Integration in den Arbeitsmarkt müsste bei Teilanerkennung von Abschlüssen auch klar sein, zu welchen Anpassungsqualifikationen und zu welchen berufsbezogenen Sprachkursen sich Bund und Länder bereiterklären.
Weiterhin lässt der Gesetzentwurf offen, wer bei den landesrechtlich geregelten Berufsausbildungen zukünftig für Einheitlichkeit, Fairness und Rechtssicherheit der Anerkennungsverfahren und der Bewertungskriterien sorgen wird. Der Gesetzentwurf schließt nicht aus, dass die Länder von dem geregelten Verwaltungsverfahren abweichen können. Damit wären je nach Bundesland unterschiedliche Verfahrensstandards möglich, und die bundesweite Gültigkeit würde unwahrscheinlich.
Weiterhin erscheint es uns problematisch, dass Fragen wie der Verfahrenszugang für Asyl- und Schutzsuchende und die Gebühren für die einheitliche Anerkennung in den verschiedenen Bundesländern offenbleiben. Insoweit muss die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren für Klarheit sorgen.
Wir können den Jubel der FDP-Fraktion über das Anerkennungsgesetz nicht ganz teilen. Es ist in unseren Augen nicht der große Wurf. Wichtig ist aber, dass es in puncto Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen jetzt zügig und konstruktiv weitergeht. Die Intention, verehrter Herr Büttner, den Gesetzentwurf kritisch zu begleiten, zu qualifizieren und sich auf die notwendigen landesrechtlichen Bedingungen schnellstmöglich vorzubereiten, teilen wir.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Landesregierung. Frau Prof. Dr. Dr. Kunst hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich antworte Ihnen heute gerne noch einmal; gestern wurde im Rahmen der Fragestunde bereits eine entsprechende Frage gestellt. - Das MWFK ist zurzeit mit der Koordination der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe betraut. Im Vorfeld der Verabschiedung des Bundesgesetzes geht es tatsächlich darum, die Position der Landesregierung zunächst einmal ressortübergreifend abzustimmen, ehe Detailregelungen hier im Land weiter an Form gewinnen.
Die Landesregierung begrüßt das Anliegen des Bundesgesetzgebers, die wirtschaftliche Einbindung von Fachkräften mit Auslandsqualifikationen zu verbessern und die Integration von im Land lebenden Migrantinnen und Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt zu fördern. Ich denke, das ist Konsens. Wenn man die verschiedenen Redebeiträge, die in den vergangenen Minuten gehalten wurden, in Ruhe überdenkt, wird deutlich, dass wir uns in diesem Punkt absolut einig sind.
Ich habe bereits in der gestrigen Fragestunde dargelegt, wie sich Brandenburg gemeinsam mit den anderen Bundesländern und dem Bund dafür einsetzt, in Deutschland ein homogen und bürgerfreundliches Anerkennungssystem zu schaffen. Es ist eine besondere Herausforderung, in dem vorhandenen föderalen System Bürgerfreundlichkeit und Homogenität herzustellen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit aber auch erwähnen, dass sich Brandenburg bereits seit Langem mit der Frage einer verbesserten Anerkennung ausländischer Abschlüsse befasst. Frau Schier, als Ergänzung oder Information zu Ihrem Beitrag: Im vergangenen Jahr wurde seitens der Integrationsbeauftragten des Landes ein internetgestützter Wegweiser erstellt. Dieser ist bereits freigeschaltet und sehr benutzerfreundlich angelegt. Er stellt wesentliche Informationen sowohl für Zugewanderte als auch für Beratungsstellen zur Verfügung und wird, was nicht überall selbstverständlich ist, regelmäßig aktualisiert.
Im Jahr 2008 wurde im Zuge der Neufassung des Brandenburgischen Sozialberufsgesetzes bereits eine ausdrückliche Regelung zur Anerkennung von Berufsqualifikationen von Drittstaatlern in das Gesetz aufgenommen. Die schon erwähnte ressortübergreifende Arbeitsgruppe zur Beratung des geplanten Bundesgesetzes und zur Untersuchung der Implikationen für das Land Brandenburg ist seit dem vergangenen Jahr tätig. Man beschäftigt sich in dieser interministeriellen Arbeitsgruppe auch mit der Frage, wie die konkreten Regelungen für Brandenburg aussehen könnten. Damit war Brandenburg neben Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen eines der ersten Länder, das die Anerkennungsproblematik systematisch angegangen ist.
Meine Damen und Herren von der FDP, Sie sehen also, dass die Landesregierung schon vor Ihrem Antrag aktiv war. Ich denke, auch ohne einen Landtagsbeschluss zur Aufmunterung wird die Aufgabenerfüllung mit dem bereits aufgenommenen Tempo schwungvoll fortgesetzt werden. Eine quasi BlankoUnterstützung des Gesetzentwurfes im Bundesrat - es gab in den Redebeiträgen verschiedene Hinweise, an welchen Stellen
intern weiterer Beratungsbedarf besteht - wird es bei aller Wertschätzung des Anliegens nicht geben.
Wir müssen natürlich darauf dringen, dass der Bundesentwurf in unserem Sinne ausfällt. Ich denke zum Beispiel daran, dass man die nach dem Gesetz vorgesehenen statistischen Berichtspflichten durchaus etwas zurücknehmen könnte. Auch müssen wir zusehen, dass der Kreis der Antragsteller wirklich klar definiert ist. Wir haben diese Punkte gegenüber dem Bund schon angesprochen. Wir werden weiter darauf achten und dafür Sorge tragen, unsere Vorstellungen auch einzubringen.
Wie ich bereits in der Fragestunde sagte, bin ich zuversichtlich, dass es uns gelingt, das System der Anerkennung von Berufsqualifikationen in Deutschland deutlich bürgerfreundlicher und homogener zu gestalten. Ich freue mich, wenn wir dafür die Unterstützung des Landtages haben. Den vorgelegten Entschließungsantrag benötigen wir dezidiert nicht.