Protokoll der Sitzung vom 18.05.2011

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Wichmann hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem uns vorliegenden Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird ein völlig neuer Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geschlossen und der bisherige Rundfunkgebührenstaatsvertrag aufgehoben. Wir betreten also, was die Rundfunkfinanzierung in Deutschland und in Brandenburg betrifft, heute Neuland, und die Neuregelungen, die wir in der Rundfunkfinanzierung beschließen, werden für die Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg mit Wirkung zum 1. Januar 2013 eine fühlbare Verbesserung bedeuten. Was viele Menschen in der Vergangenheit noch als Belästigung durch die GEZ empfanden, wird endlich ein Ende haben. Das sehr bürokratische Kontrollsystem der GEZ mit den unzähligen Außendienstbeauftragten wird überflüssig werden. Insbesondere werden künftig die Kontrollen der einzelnen Geräte in den Wohnungen der Bürgerinnen und Bürger durch die Gebührenbeauftragten nicht mehr nötig sein und entfallen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch die Zahl der Petitionen zu diesem Rundfunkfinanzierungsrecht, die ich bei uns im Petitionsausschuss für unser Land bearbeiten darf es sind jedes Jahr eine ganze Menge, die da eingehen - sinken wird, wenn wir dieses neue Rundfunkbeitragsrecht haben.

Der Weg von der GEZ-Gebühr zu einem geräteunabhängigen Beitrag wird aber auch für die Wirtschaft Vorteile bringen. Das neue Beitragssystem wird insgesamt einfacher, gerechter und schlanker sein, als wir es bisher hatten.

Auf einige einzelne Änderungen und Aspekte möchte ich jetzt eingehen. Zunächst einmal das, was uns alle hier im Raum auch persönlich angeht, der private Bereich. Wir werden alle nur noch einen Beitrag für alle in unserer Wohnung lebenden Personen zu zahlen haben. Künftig werden also die Geräte von im Haushalt lebenden Kindern, die vielleicht ein Nebeneinkommen haben, nicht mehr extra berechnet, sondern jeder zahlt nur noch einen Beitrag, egal wie viele Geräte sich in der Wohnung befinden, eben nur einen Beitrag pro Haushalt..

Es wird, was die Befreiungstatbestände angeht - auch dazu gab es in den letzten Jahren viele Petitionen -, bei den Regelungen, die wir hatten, bleiben. Und es wird zusätzlich Regelungen für besondere Härtefälle geben. Die gab es bisher nicht, und daran sind viele Petitionen im Bereich Rundfunkgebührenrecht gescheitert. Der Petitionsausschuss konnte den Bürgern nicht so helfen, wie sie es vielleicht erwartet haben.

Was den kommerziellen, den nicht privaten Bereich wie wirtschaftliche Unternehmen angeht, so wird künftig ein Beitrag pro Betriebsstätte erhoben. Dieser wird sehr stark ausdifferenziert und nach der Anzahl der im Unternehmen tätigen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gestaffelt sein. Das neue Modell - das kann man, glaube ich, heute schon sagen - ist damit mittelstands- und wirtschaftsfreundlicher als das alte; denn 90 % der Unternehmen in unserem Land fallen in die beiden untersten Beitragsstufen und werden künftig einen sehr geringen Beitrag zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu leisten haben.

Ich möchte im Zusammenhang mit den Betriebsstätten auf einen Baustein besonders eingehen - er hat uns im Landtag schon beschäftigt und beschäftigt uns im Lande schon seit Langem -, und zwar auf die Frage, wie es mit den seitens der freiwilligen

Feuerwehren zu entrichtenden GEZ-Gebühren weitergeht. Im Ausschuss haben wir dazu eine sehr umfangreiche Petition behandelt. Bisher war es so, dass die freiwilligen Feuerwehren für jedes Autoradio in den Fahrzeugen sowie für die Fernsehgeräte, die für Weiterbildung und Seminare genutzt werden, GEZ-Gebühren zu zahlen hatten. Viele kleine Gemeinden, zum Beispiel in der Uckermark, die nicht so finanzkräftig sind, haben darin ein Einsparpotenzial gesehen. Es ist dazu gekommen, dass Feuerwehrautos ohne Autoradio unterwegs waren, um GEZGebühren zu sparen. Ich denke, man kann heute sagen: Mit dem neuen Rundfunkfinanzierungsrecht wird dies in Zukunft nicht mehr nötig sein. In § 5 Abs. 3 Nr. 6 gibt es dazu eine gesonderte Regelung. Bei der freiwilligen Feuerwehr in unserem Land wird künftig nur noch eine einfache Gebühr für die Feuerwehrwache und alle dazugehörigen Fahrzeuge erhoben, und diese wird bei fast allen Feuerwehren in unserem Land auf ein Drittel reduziert werden. Dies ist der Fall, wenn weniger als 8 Personen hauptamtlich bei der Feuerwehr tätig sind, und ich glaube, das trifft auf über 90 % unserer Feuerwehren zu. Insofern muss in Zukunft hoffentlich kein Feuerwehrmann mehr auf sein Autoradio im Feuerwehrauto verzichten. In Katastrophen- und Einsatzfällen kann es, zum Beispiel wenn kein Handynetz verfügbar ist, durchaus schwierig sein, wenn nicht einmal mehr Radiohören möglich ist.

Ich glaube, auch an der Stelle haben wir mit dem neuen Rundfunkfinanzierungsrecht bzw. dem neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag etwas erreicht, was schon lange nötig war und womit wir den Bürgern etwas Gutes tun können. Alles in allem ist es also ein sehr gelungener neuer Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. Herzlichen Dank auch an Herrn Staatssekretär Gerber, der ihn für unser Land mit verhandelt hat. Es waren sehr intensive Verhandlungen und Gespräche. Unsere Fraktion - das kann ich abschließend sagen - wird dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zustimmen. - Herzlichen Dank.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wichmann. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Ness hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich für den Beitrag des Kollegen Wichmann bedanken; er ermöglicht es mir, meine Redezeit nicht ausschöpfen zu müssen. Ich glaube, es gibt im Hause eine relativ breite Mehrheit - die FDP wird wahrscheinlich nicht zustimmen - für diesen Staatsvertrag. Es ist ja - kurz zur Erläuterung - ein Staatsvertrag, der erst in Kraft tritt, wenn er von allen Landesparlamenten verabschiedet worden ist. Medienpolitik ist in gewisser Hinsicht ein Spezialistenthema, aber es geht in diesem Fall um eine relativ hohe Summe, nämlich um ein Gebührenaufkommen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro, das an die ARD-Anstalten, das ZDF, Deutschlandradio und Deutschlandfunk verteilt wird und das mit dazu beiträgt, dass wir Arte sowie die Zusatzkanäle im digitalen Fernsehen empfangen können.

Warum ist ein neuer Staatsvertrag notwendig? Er ist notwendig, weil die alte Regelung aus einer Zeit stammt, in der es noch keine i-Phones und kein Internet gab. Fernsehen und Ra

dio haben wir früher über unser Röhrengerät empfangen; das ist heute nicht mehr so. Ich komme oftmals nachts nach Hause und habe „Brandenburg aktuell“ verpasst. Dann schaue ich mir über meinen Laptop im Internet die Berichte über die Landespolitik in „Brandenburg aktuell“ an. Viele Menschen, insbesondere die jüngeren, werden solche Empfangsgeräte, mit denen wir und ältere Generationen groß geworden sind, nicht mehr haben. Um die Logik nicht aufzubrechen, dass Gebühren auch notwendig sind, um den Empfang über neue Empfangsgeräte zu realisieren, ist es sinnvoll, dem Staatsvertrag zuzustimmen. Er baut auf der Logik auf, dass jeder Haushalt potenziell in der Lage ist, öffentlich-rechtliche Medien zu empfangen.

Insofern ist die Zustimmung zu diesem Staatsvertrag auch ein Bekenntnis zu dem dualen System, das wir im Rundfunkbereich geschaffen haben. Wir haben auf der einen Seite Privatfernsehen, wir wollen aber auch ganz bewusst - darüber besteht deutschlandweit, glaube ich, weitgehend Konsens - weiterhin öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Gerade wir in den Landesparlamenten wissen, dass wir auf öffentlich-rechtliche Medien angewiesen sind, wenn die Themen, die wir auf landespolitischer Ebene diskutieren, überhaupt eine Wahrnehmung finden sollen. Auf VOX wird man sicherlich gute Kochshows finden, aber selten eine Berichterstattung über brandenburgische Landespolitik. Das leistet der öffentlich-rechtliche Rundfunk, hier in Brandenburg der rbb über seine Hörfunkwellen Inforadio, Radio Eins, Antenne Brandenburg und radioBerlin 88,8. Wir erhalten ein umfangreiches Angebot und haben darüber hinaus diverse andere Angebote von Privaten, die spezielle Interessen berücksichtigen. Umfangreiche Berichterstattung über das Leben und die politischen Debatten in unserem Land finden wir nur in den öffentlich-rechtlichen Medien. Ich glaube deshalb, dass es richtig ist, dies mit dem Rundfunkstaatsvertrag auch in Zukunft dauerhaft zu gewährleisten.

Ich möchte auf einen weiteren Punkt eingehen, denn die Hausaufgaben sind mit dem Staatsvertrag noch nicht erledigt. Ich glaube, es ist richtig, wenn der Landtag darauf drängt, dass wir innerhalb der ARD einen Finanzausgleich schaffen. Wir haben zurzeit das Problem, dass das Rundfunkaufkommen in hohem Maße vom Anteil der Befreiungsquoten abhängig ist. In reicheren westdeutschen Bundesländern ist die Befreiungsquote aufgrund des geringeren Anteils der Hartz-IV-Empfänger an der Gesamtbevölkerung niedriger. Bei uns liegt die Befreiungsquote bei 15 %, in westdeutschen Bundesländern bei 5 oder 6 %. Dementsprechend haben sie bzw. die Rundfunksender aufgrund der besseren sozialen Lage höhere Gebührenanteile. Ich denke, wir sollten darauf drängen, dass es in dieser Frage zu einem Finanzausgleich kommt, wie es die Ministerpräsidenten schon einmal beschlossen haben, damit die soziale Gesamtsituation nicht dazu führt, dass wir hier ein qualitativ schlechteres öffentlich-rechtliches Fernsehprogramm haben als die Bürger in Bayern oder Nordrhein-Westfalen. Das ist ein Thema, mit dem wir uns in Zukunft beschäftigen sollten. Ich freue mich auf Ihre Zustimmung. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ness. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Die Abgeordnete Teuteberg hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir heute Gelegenheit haben, noch einmal über die wichtige Frage der Rundfunkfinanzierung zu sprechen. Über das Verfahren zur Verabschiedung des Staatsvertrages, wogegen auch schon in der 1. Lesung Bedenken geäußert wurden, können wir morgen ausführlicher sprechen, wenn es um unseren Antrag auf stärkere Beteiligung der Parlamente geht. Die heutige Debatte gibt Gelegenheit, noch einmal grundsätzliche Bedenken zu äußern, die gegen die geplante Haushaltsabgabe bestehen. Es ist bedauerlich, dass es zu keiner Anhörung im Hauptausschuss, wie wir sie gefordert haben, gekommen ist. Der Ratifizierungsprozess in anderen Bundesländern hat gezeigt, dass dort, wo Anhörungen stattfanden, erhebliche Bedenken gegen den von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossenen Entwurf bzw. die Haushaltsabgabe geäußert wurden. Ich zitiere gern unsere Brandenburger Datenschutzbeauftragte zu den datenschutzrechtlichen Bedenken:

„Die Datenverarbeitungsbefugnisse des Staatsvertrages durch zu umfangreiche Ermächtigungen der Rundfunkanstalten und ihrer Hilfsorgane widersprechen den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Datensparsamkeit sowie den Grundsätzen der Normenklarheit und Transparenz.“

Es wäre schön, wenn, wie Kollege Wichmann hier die Hoffnung geäußert hat, weniger Datensammelwut Platz griffe. Allein, die Realität sieht anders aus. Die GEZ hat schon angekündigt, weiteres Personal für ihre umfangreichen Datenerhebungen einzustellen. Wir Liberale hätten uns gewünscht, dass man sich mit dem Modell einer personenbezogenen Medienabgabe genauer und vor allem vorurteilsfrei auseinandersetzt. Die Debatte gibt Gelegenheit, um mit verwirrenden Aussagen dazu noch einmal aufzuräumen. Fakt ist: Die Medienabgabe ist keine Steuer; denn ihre Verwendung ist streng zweckgebunden. Das widerspricht der Definition der Steuer. Der Einzug über die Finanzämter würde treuhänderisch und damit staatsfern erfolgen, und es gäbe keine Notwendigkeit mehr für eine bürokratisch aufwändige Gebühreneinzugszentrale - GEZ. Bei der Haushaltsabgabe bestünde - bzw. besteht in naher Zukunft - die Notwendigkeit einer Überprüfung der Haushaltsmitglieder fort.

Es gab in der letzten Debatte den Vorwurf, das Modell der Medienabgabe sei nicht solidarisch. Die Abgabe wäre pro einkommenssteuerpflichtiger Person mit einem Einkommen über dem Existenzminimum zu zahlen. Der Beitrag wäre dann deutlich niedriger als die jetzige Rundfunkgebühr. Wer Einnahmen ab einer bestimmten Grenze hat, beteiligt sich dann auch an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das ist solidarisch.

Frau Kollegin Meier hat in der Plenardebatte am 13. April 2011 gesagt, die Zahlung müsse nach einem Solidarprinzip und nicht nach einem Leistungsfähigkeitsprinzip erfolgen. Ein Solidarprinzip beinhalte, dass sich zwar alle beteiligen, aber nach ihren Möglichkeiten. So ist es. Das heißt dann aber auch, dass, wer zahlen kann, auch beitragen soll. Sie haben auf meine Nachfrage gesagt, dass es eine Staffelung nach Einkommen geben solle. Die ist nicht zu finden in diesem Rundfunkstaatsvertrag. Insofern ist das Modell der Medienabgabe sehr wohl solidarisch. Da greife ich das Argument von Herrn Ness auf: Wenn ich die Klassenkampfrhetorik, dass in Zehlendorf die höchste

Schwarzseherquote zu verzeichnen sei, einmal als gegeben annehme, würde die Abschöpfungsquote potenzieller Zahler aber gerade durch die Medienabgabe steigen, denn wenn in einer Zehlendorfer Villa beispielsweise vier Erwachsene mit Einkommen über dem Existenzminimum lebten, würden sie eben auch viermal Beitrag zahlen und nicht, wie nach diesem vorgeschlagenen Modell, nur einen Beitrag, und zwar den gleichen, wie ihn der geringverdienende Single zahlt.

Im Übrigen - da kann ich Herrn Ness nur zustimmen: Der rbb muss vernünftig ausfinanziert sein. Was allerdings die Sozialstruktur und ihre Unterschiede in den einzelnen Bundesländern angeht, ist das eine Frage der Solidarität innerhalb der ARD und keine der Gebührenerhebung.

Fazit für uns Liberale: Die Chance auf einen echten Systemwechsel in der Gebührenerhebung wurde verpasst. Die Bedenken wurden nicht ernst genommen. Wir können dem so nicht zustimmen und hoffen, dass es in Zukunft bessere Debatten und Anhörungen - auch für eine Stärkung der parlamentarischen Demokratie - statt vorurteilsbezogener Parteidebatten gibt. Danke.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Teuteberg. - Für die Fraktion DIE LINKE wird die Abgeordnete Meier die Aussprache fortsetzen.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vorab vielen Dank auch an die Herren Wichmann und Ness - es war eine wunderbare Einführung in das eigentliche Problem. Ich möchte anknüpfend an die 1. Lesung nur in Erinnerung rufen, dass dieser Staatsvertrag aus linker medienpolitischer Sicht nur ein erster Schritt sein kann, den wir begrüßen, weil er zu mehr Beitragsstabilität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks führt. An dieser Stelle, Frau Teuteberg: Sie haben Recht, im Eifer des Gefechts habe ich mich da - hören Sie mir zu? - beim ersten Mal etwas verrannt, aber das bezieht sich nur auf die Staffelung. Bei den anderen Einschätzungen bleibe ich nach wie vor. Bei einem steuerähnlichen Modell - ich sage bewusst nicht „Steuermodell“, wie es die FDP-Fraktion favorisiert - gehe ich nach wie vor davon aus, dass es eben nicht dazu beitragen würde, die Beitragsstabilität zu sichern, weil meines Erachtens die Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dann der Konjunkturlage unterläge.

Der Fünfzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag löst dennoch keineswegs alle Probleme und gibt erst recht keine Antworten darauf, wie zum Beispiel der künftige Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aussehen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk aufgrund seiner Bestands- und Entwicklungsgarantie Anspruch auf eine funktionsgerechte Finanzausstattung. Dabei umfasst der klassische Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information auch seine kulturelle Verantwortung. Dabei soll er sich mit seinen vorhandenen Kompetenzen bei der Produktion qualitativ hochwertiger Inhalte am Wettbewerb um die Gunst des Rundfunkteilnehmers beteiligen.

Da, denke ich, stehe ich mit der Meinung, dass der Ankauf von Sportrechten um jeden Preis, wie für die UEFA-ChampionsLeague oder das Boxen, die Übertragung von Prinzenhochzeiten oder die Verpflichtung von hochdotierten Spitzenmoderatoren bei Talk-Formaten nicht unbedingt oder nur schwerlich dem Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsprechen und zu Defiziten in der Ausgewogenheit und Programmvielfalt führen, nicht allein.

Auch hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk im dualen System dafür zu sorgen, dass ein dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechendes Programm für die gesamte Bevölkerung angeboten wird. Auf die Verwirklichung von Programmen, die diese Funktion nicht erfüllen, hat er schon von Verfassungs wegen keinen Anspruch. Die Linke bekennt sich ausdrücklich zum dualen Rundfunksystem und bekräftigt die Bestands- und Entwicklungsgarantie dieses öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wir gehen davon aus, dass sich die Landesregierung an einer Neuausrichtung des gesetzlichen Programmauftrags bei einer gleichzeitigen Sicherung einer stabilen Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks aktiv beteiligt.

Zur Erhöhung seiner Akzeptanz gehören dabei unbedingt die Transparenz der Gebühren und eine offene Diskussion des Gestaltungsauftrags der öffentlich-rechtlichen Programme. Diese Diskussion kann und muss in enger Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung, dem Landtag und den Gremien des rbb stattfinden. Dazu gehört bekanntermaßen auch der Rundfunkrat, dem die Kollegin Richstein, der Kollege Ness und meine Person angehören, in dem diese Thematik derzeit oberste Priorität hat. Im Übrigen haben Sie dazu alle ein Papier der Intendantin des rbb bekommen, das ziemlich ausführlich auf die gesamte Thematik eingeht.

Das Ziel einer größtmöglichen Beitragsstabilität bei den Rundfunkgebühren ist im Rahmen der allgemeinen Rundfunkgesetzgebung eine zu verfolgende Zielsetzung, der keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Die Beitragsstabilität ist der wesentliche Garant für den Bestand und die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es gilt aber auch, durch eine Reform des gesetzlichen Programmauftrags den Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu stärken und neu auszurichten. Der sich abzeichnende Prozess seiner schleichenden Selbstkommerzialisierung stellt zunehmend sein Gebührenprivileg infrage. Nur wenn es gelingt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland im Vergleich zum privatfinanzierten Rundfunk einen messbaren publizistischen Mehrwert produziert, kann er seine Finanzierung in Zukunft sichern und seine Existenz in der Gesellschaft durch die öffentliche Abgabenleistung rechtfertigen.

Dritte Programme wie der rbb bieten nach wie vor Leitmedien und sichern regionale Berichterstattung. Tendenzjournalismus und polarisierende Sendungen sind in Ländern ohne einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehr viel verbreiteter als in Deutschland. Wenn er also zu Recht die Bürgerinnen und Bürger in die Bezahlpflicht nimmt, sollte er künftig dem Sog ins Seichte widerstehen. Darauf habe ich bereits in meiner Rede zur 1. Lesung abgestellt.

Wie anfangs erwähnt, behebt der Fünfzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag bei Weitem nicht alle Mängel des bisherigen Verfahrens, auch nicht die Probleme der Daten, die durch die Datenschützer angemahnt wurden, aber er kann ein guter An

fang für die kommenden notwendigen Debatten und Novellierungen sein, mit dem Ziel „Erhalt und Stärkung der Meinungsvielfalt“ und der diesbezüglichen Funktion und Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Meier. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt die Abgeordnete von Halem die Aussprache fort. Unterdessen begrüßen wir Gäste aus dem Unterspreewald ganz herzlich. Seien Sie willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Der Witz von dem Arzt, der dem Patienten erst sagt, dass er an Alzheimer erkrankt sei und dann, dass er es sehr schnell wieder vergessen werde, lehrt uns, dass die guten Nachrichten an den Schluss gehören. Also erst unsere Kritik, die sich gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen im Änderungsstaatsvertrag richtet.

Erstens: Wir wenden uns gegen die verankerte Auskunftspflicht von Vermieterinnen und Vermietern. Zweitens hätten wir uns gewünscht, dass der Datenaustausch zwischen Rundfunkanstalten unterbunden wird - sie können ja bereits auf die Daten der Meldeämter zugreifen. Drittens ist es schwer einsehbar, warum Daten, die nicht mehr benötigt werden, letztlich erst nach zwölf Monaten gelöscht werden müssen. Viertens hätten wir gewollt, dass die Registrierten informiert werden, wann und welche Daten über sie gespeichert bzw. weitergegeben werden. Aber für einen besseren Datenschutz hat es offensichtlich bei den Verhandlungen keine Mehrheiten gegeben - schade.

Trotzdem: Der Fünfzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag bedeutet einen Paradigmenwechsel, und auch wir Bündnisgrüne haben lange Zeit ein Ende der unsinnigen Gerätezählerei und der damit verbundenen Schnüffelpraxis der GEZ gefordert. Warum ein Beitrag pro Haushalt die bessere und einzig zeitgemäße Lösung ist, brauche ich jetzt nicht zu wiederholen. Bei der Verhandlung der Details, die auf Landesebene ansteht, ist uns wichtig, dass der Gebührenwechsel in etwa aufkommensneutral gestaltet wird. Weder dürfen ARD und ZDF plötzlich vor einem schwarzen Loch stehen, noch darf sich der Beitrag von Wirtschaft und Privathaushalten unangemessen verändern. Fazit: Wir stimmen zu, die Vorteile überwiegen.

Warum wir dieses Thema allerdings nach der Debatte im April heute noch einmal verhandeln müssen, hat sich mir nicht erschlossen.

(Beifall des Abgeordneten Goetz [FDP])

Ich denke, eine Grundsatzdebatte über den Auftrag öffentlichrechtlichen Rundfunks werden wir wahrscheinlich in absehbarer Zeit noch einmal an anderer Stelle führen, und die Grundsatzdebatte über das Verfahren bei Staatsverträgen führen wir morgen.

Vielleicht haben wir diese Debatte nur deshalb noch einmal ge

führt, damit wir es nicht - wie bei Alzheimer - so schnell vergessen. Aber dafür werden die Gebühren schon sorgen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Der Chef der Staatskanzlei, Herr Staatssekretär Gerber, hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden morgen beim Thema Staatsverträge noch einmal Gelegenheit haben, ausführlich darüber zu sprechen. Aber, Frau Teuteberg, weil Sie das eben angesprochen haben, möchte ich doch noch einige Worte dazu sagen. Ich finde es etwas merkwürdig, dass man, wenn sich inhaltliche Konzepte nicht durchgesetzt haben, hinterher das Verfahren diskreditiert und sagt: Das ist alles nicht mit rechten Dingen zugegangen.

Wir haben uns vor vielen Jahren, bevor wir uns entschieden haben, die Fortentwicklung des alten oder die Entwicklung eines neuen Modells näher in Augenschein zu nehmen, sehr wohl auch ausführlich mit dem von der FDP propagierten Modell auseinandergesetzt. Aber es fand nun einmal - so ist das manchmal im Leben - keine weitere Unterstützung, sodass es am Ende zu dem jetzigen Modell gekommen ist, das hoffentlich heute die Zustimmung des Landtages finden wird.