Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

Wir sind der Auffassung, dass zur Prüfung dieses komplexen Sachverhalts eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe unter Beteiligung der für Finanzen und Landwirtschaft zuständigen Fachausschüsse geeignet und sinnvoll ist.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion ist nicht dafür, die Privatisierung der BVVG-Flächen immer wieder durch ein Moratorium zu stoppen. Im Gegenteil, wir müssen die Privatisierung der BVVG-Flächen auf jeden Fall weiter fortführen. Bereits 2007 haben mein Kollege Dieter Helm und ich mehrfach auch mit dem damaligen Koalitionspartner dazu Gespräche geführt. Wären wir bereits damals als Land Brandenburg aktiv geworden, würde sich die Situation heute vielleicht anders, vielleicht sogar positiver darstellen. Allerdings hat der damalige Finanzminister Speer nicht begriffen, dass land- und forstwirtschaftliche Flächen hoch werthaltige Flächen sind, deren Übernahme kein Risiko dargestellt hätte und auch heute kein Risiko darstellen würde; denn ansonsten würden sich nicht andere private Fondsgesellschaften, außerlandwirtschaftliche Kapitalgeber, um diese Flächen reißen. Unsere Landwirte haben nur einen begrenzten Nutzen.

Meine Damen und Herren, es kann auch nicht sein, dass auf der einen Seite politisch beklagt wird, hier in Brandenburg auch von der Regierung: Der Bund müsse mal machen, was die bei der BVVG da alles machen, die armen Landwirte. Andersrum hört man dann von der BVVG, dass sich das Land Brandenburg in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe fortlaufend, immer wiederkehrend, sehr mit der Verwertungspraxis einverstanden erklärt. Die Realität im Lande ist eine andere. Von daher, meine Damen und Herren, ist die Prüfung - ich wiederhole: die Prüfung -, ob dies auch für Brandenburg ein Weg sein könnte, das Mindeste, was die Betroffenen von uns erwarten können.

Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben, eine ergebnisoffene Prüfung und Diskussion darüber zu führen und das Versprechen, das der Kollege Folgart den Landwirten gegeben hat, Brandenburg für diese Initiative zu öffnen, einzulösen. - Vielen Dank. Ich melde mich nachher noch einmal zu Wort.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dombrowski. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Folgart hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie sich sicherlich alle in diesem Hohen Hause erinnern, haben wir uns vor gar nicht allzu langer Zeit mit den Grundsätzen der BVVG-Flächenprivatisierung befasst.

Zur Erinnerung: Es wurde mehrheitlich ein Antrag der Koalition angenommen, der im Unterschied zu den seit Februar 2010 gültigen Grundsätzen der Privatisierung den Direkterwerbsanspruch auf 650 ha statt der vorgesehenen 450 ha je erwerbsberechtigtem bisherigem Pächter anheben soll.

Meine Damen und Herren, dieses Anliegen ist bisher durch den Bund nicht realisiert worden, hätte aber positiv zur Folge, dass die meisten Fälle in Brandenburg im Sinne von mehr Sicherheit vor größerem Flächenverlust nach Ablauf der Pachtzeit gelöst werden könnten, und das wäre vor allem auch für die Betriebe in der Uckermark eine gute Nachricht. Da diese Änderung noch nicht erfolgt ist, gelten weiterhin die oben genannten Privatisierungsregeln des letzten Jahres. Demnach können bestehende Pachtverträge auf Wunsch um bis zu vier Jahre verlängert werden - mit der Verpflichtung, danach bis zur möglichen Obergrenze von 450 ha zu erwerben, bzw. bei Verzicht auf den Direkterwerbsanspruch ist in gleichem Umfang eine Verlängerung der Pacht um neun Jahre möglich.

Nun zum eigentlichen Antrag der CDU-Fraktion: Herr Dombrowski, Sie haben es bei der Einbringung des Antrags angesprochen, aber im Antrag wird nicht der neue zwischenzeitlich zum Gesetz erhobene Aspekt erwähnt, nämlich, dass seit dem 30. März dieses Jahres - mit Inkrafttreten des sogenannten zweiten Flächenerwerbsänderungsgesetzes - vorrangig die Ansprüche von Alteigentümern, inklusive der Erweiterung des Anspruchs von Erben der dritten und vierten Ordnung, geregelt sind. Zurzeit liegen im LARoV, im Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, ca. 2 000 Anträge von Anspruchsberechtigten in Brandenburg vor. Diese sind noch nicht beschieden. Vorsichtige Schätzungen gehen in die Richtung einer Anspruchsberechtigung von maximal 30 ha pro Antrag, sodass wir hier im äußersten Falle schon von über 60 000 ha reden müssten. Das will ich jedoch nicht. Die Schätzungen gehen weit auseinander und liegen zwischen 30 000 und 60 000 ha. Die zu erwartenden Nachschläge für bisherige AlteigentümerKäufer, die zu verbesserten Konditionen erwerben können, kommen noch hinzu, und das stellt in der Tat eine weitere Unbekannte dar.

In unserem Land sind noch knapp 100 000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und ca. 26 000 ha Forstfläche an die Frau oder den Mann zu bringen.

Quantifizierbar ist der Direkterwerbsanspruch der Pächter unter Würdigung der einleitend von mir gemachten Ausführungen zu den neuen Privatisierungsgrundsätzen im Jahre 2010: Er liegt bei knapp 53 000 ha, und davon sind bereits über 30 000 ha beantragt.

Ich denke, dass sich unter Beachtung dieser Fakten die Frage aufdrängt, ob ein einzelnes Bundesland den strukturellen Gestaltungsauftrag unter Berücksichtigung des begünstigten Flächenerwerbsanspruchs der Alteigentümer überhaupt stemmen kann. Nach unserer Auffassung ist die weitere Flächenprivatisierung in den Händen der BVVG die für alle Beteiligten preis

werteste Lösung - auch wenn das ein bisschen widersprüchlich klingt -, und zwar schon deshalb, weil der Bund diese ehemals volkseigenen Flächen, um die es geht, kostenlos übernommen hat. Ein Bundesland, das Flächenübernahme beantragt, müsste aufgrund der Kassenlage - es sei an die gestrige Diskussion zu den Haushaltsrechnungen des Jahres 2008 erinnert, Herr Dombrowski - eine Kreditfinanzierung vornehmen, und das wiederum führte zwangsläufig zu einer Verteuerung im System. Abgesehen davon müssten sich beide beteiligten Seiten erst einmal auf einen Kaufpreis einigen. Unberücksichtigt lasse ich an dieser Stelle eine Diskussion um die Übernahme von Mitarbeitern, beispielsweise in die für Brandenburg zuständigen Niederlassungen der BVVG in Berlin und Cottbus.

Meine Damen und Herren! Nach meinen Kenntnissen liegt ein Kaufpreisangebot vom Bundesland Sachsen-Anhalt vor; das ist derzeit jedoch doppelt so weit von den Vorstellungen, die der Bund an dieser Stelle hat, entfernt. Die im Antrag angesprochenen „Preußenflächen“ - es handelt sich um ca. 7 000 ha werden weiterhin von der BVVG im Auftrag des Landes an ortsansässige Betriebe verkauft oder verpachtet. Vor diesem Hintergrund, Herr Dombrowski, würde ich Folgendes vorschlagen: Bevor wir eine ressortsübergreifende Arbeitsgruppe bilden, sollten wir uns dieser Aufgabe im Fachausschuss stellen.

Die neue Geschäftsführung...

Sehr verehrter Kollege, ich bitte Sie, dies im Fachausschuss zu tun. Sie sind weit über der Zeit.

Ich rege an - das ist mein letzter Satz -, dass uns der Geschäftsführer im Ausschuss einmal Rede und Antwort steht, und danach könnten wir den zweiten Schritt einer ressortübergreifenden Befassung gehen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Folgart. Die CDU hätte Ihnen gern noch weiter zugehört, aber wir wollen schön bei den Regeln bleiben.

(Görke [DIE LINKE]: Die Linke hört auch gern zu. Ich habe sogar die Zahlen mitgeschrieben!)

Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Beyer hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie Sie es handhaben, aber ich habe die Angewohnheit, nach einer Debatte die Erfahrungen und Themen in einen kleinen virtuellen Schubkasten einzusortieren. Den Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der CDU werde ich wahrscheinlich in den Kasten „eigentlich schade“ einsortieren. „Eigentlich schade“ deswegen, weil es eigentlich eine gute Idee ist; das muss man offen und

ehrlich sagen. Der Mechanismus dahinter ist: Wir sind für etwas nicht zuständig, weil die Zuständigkeit auf einer anderen Hierarchieebene liegt, also kaufen wir den Gegenstand und bestimmen dann kraft Eigentümer selbst die weitere Verfahrensweise. Hochinnovativ! Hochinnovativ - unter anderem auch deshalb, weil es keine originäre Idee ist. Ich sage jetzt nicht, es sei ein Plagiat - keine Angst! Aber es ist die Idee, die die deutschen Naturschutzverbände vor rund 15 Jahren hatten. Nach diesem Mechanismus gelang das, was wir heute als nationales Naturerbe bezeichnen. Sie waren Ihnen seinerzeit allerdings noch einen Schritt voraus: Sie haben sich beschenken lassen; das ist der große Unterschied, doch darauf will ich nicht weiter eingehen.

Also hochinnovativ, nur leider Gottes - das muss man sagen 20 Jahre zu spät. Die Entwicklung zu beobachten, wenn ein solcher Ansatz kurz nach der Wende gefunden worden wäre, wäre hochintessant gewesen. Ich habe mir interessehalber einmal die Mühe gemacht, zu ermitteln, wie viel Geld wir gebraucht hätten. Mit 2 000 Euro pro Hektar kalkuliert, wäre man auf die Summe von 1 Milliarde gekommen. In der Wendezeit hätte man das Geld vielleicht irgendwoher nehmen können. Heute ist das nicht mehr möglich. Heute geht es zugegebenermaßen aber auch nicht mehr um so viel Geld.

(Zuruf von Minister Dr. Markov)

- Na, schauen wir mal!

Wenn wir den gleichen Maßstab - gehen wir mal von 139 000 ha aus, wie Kollege Dombrowski es getan hat - und denselben Kalkulationsrahmen ansetzen, sind wir immerhin noch bei 280 Millionen Euro. Es geht also doch um eine ganz gewaltige Summe.

Unabhängig davon möchte ich den Antrag zum Anlass nehmen, um festzustellen: Eigentlich können wir, was die Privatisierung anbelangt, relativ zufrieden sein. Wenn ich mich der ungeklärten Fragen und Probleme, vor denen wir vor 20 Jahren gestanden haben, erinnere, kann man sagen: Unterm Strich ist es relativ gut gelungen. Dass das so ist, hängt nach meiner Einschätzung auch damit zusammen, dass mit Ausnahme der Kolleginnen und Kollegen der Linken alle im Hause vertretenen Parteien dieses Thema auf der Bundesebene in Regierungsverantwortung umgesetzt haben. Die ersten, die das Problem nach der Wende sozusagen im Grundsatz anzugehen hatten, waren Schwarz-Gelb. Unter Rot-Grün gab es das Vermögensrechtsergänzungsgesetz - ein wichtiger Schritt mit vielen positiven Aspekten -, und auch die Große Koalition hat sich dem Problem gewidmet; es sei die Flächenerwerbsverordnung erwähnt. Alles in allem kann man sagen: Es haben viele mitgearbeitet, und zwar trotz aller Probleme nicht schlecht.

Deswegen wäre mein Vorschlag: Lassen Sie uns das Nächstliegende tun. Die fünf Landwirtschaftspolitiker fahren nach Berlin - für uns ist das nicht weit -, der Bundesfinanzminister ist zuständig - mit ihm will ich schon seit langem Tacheles reden -, und unternehmen gemeinsam einen Vorstoß, wie wir die Privatisierungsgrundsätze im BVVG-Bereich ändern. Das wäre der richtige Weg, und dafür stehe ich gern zur Verfügung. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fortgesetzt. Der Abgeordnete Luthardt hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Gäste! Ich staune. Gestern haben wir in diesem Hohen Haus über den Grundstücksverkauf und Kauf durch das Land debattiert, und die Fraktion der CDU hat der Landesregierung das massive Misstrauen dargebracht, sie sei nicht fähig, Grundstücksverkäufe vorzunehmen. Jetzt, 24 Stunden später, sitzen wir wieder hier, und die CDU sagt, das Land solle auf die Schnelle 139 000 ha Fläche beim Bund kaufen. Da staune ich schon, wie schnell sich bei Ihnen ein Sinneswandel vollzieht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich bin vorige Woche im Rahmen einer Diskussion mit einem Vertreter des Bauernbundes Brandenburg bezichtigt worden, ich sei ein glühender Vertreter des sozialistischen Frühlings von 1946 in der SBZ. Ich muss allerdings sagen: Was uns hier offeriert wird, ist ein ganz merkwürdiger Frühling - leider nur etwas zu trocken, aber es regnet ja jetzt wieder.

Die Darstellung im Antrag finde ich durchaus richtig, da können wir mitgehen. Dieses Problem haben wir in diesem Haus mehrfach diskutiert, haben uns darüber ausgetauscht; da stimme ich Ihnen zu. Wenn es aber um die Ausführung geht, wird es abenteuerlich, denn Sie fordern nichts anderes, als dass die öffentliche Hand, das Land, bei der anderen öffentlichen Hand, dem Bund, 139 000 ha mal schnell kaufen soll.

(Minister Dr. Markov: Wir haben es kostenlos gekriegt!)

Da wundere ich mich schon. Ich bin auf die Haushaltsdiskussion mit dem Finanzminister sehr gespannt, wenn wir sagen, wir wollten mal eine Summe von 1 Milliarde Euro. Geht man von einem durchschnittlichen Verkaufswert von 7 842 Euro pro Hektar im letzten Jahr aus, sind wir bei etwa 1 Milliarde Euro. Wenn wir die dann mal schnell so einfordern würden, dann frage auch ich mich, wie wir das dann machen sollten. Wir könnten natürlich auch ein Darlehen aufnehmen, wir könnten auch Strukturen schaffen, um diese Flächen weiterzugeben, zu verwerten, oder wir beauftragten einen Dritten, diese Flächen zu verwerten. Aber das würde das Land zusätzliches Geld kosten und in die Sackgasse führen.

Natürlich wäre es möglich, mit dem Bund über einen Preisnachlass zu verhandeln. Das wäre möglich, so machen es ja die beiden anderen Bundesländer im Augenblick. Wir könnten sogar so weit gehen und sagen: Wir nehmen die Flächen zu einem symbolischen Preis. Das wäre auch möglich. Nur, soweit ich die BVVG aus den letzten Jahren kenne, weiß ich, dass sie Maximalpreise für die Flächen haben will. Das ist der Auftrag, den sie vom Bund hat, und davon wird sie nicht so schnell abrücken.

Ich bin auch sehr skeptisch, ob die Vorstöße aus Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern in die richtige Richtung gehen werden. Ich will mich nicht einmischen, denke aber, auch dort wird es nicht machbar sein.

Die Fraktion DIE LINKE hat sich in der vorigen Legislaturperiode in diesem Haus schon mehrfach mit diesem Thema beschäftigt und Anträge dazu gestellt. Damals kam seitens der CDU immer nur die Antwort: Die BVVG wird es schon richten. - Darauf warten wir immer noch. Ich bin durchaus bereit, auch mit der Geschäftsführung darüber zu sprechen. Doch, meine ich, hätte erst einmal die CDU den besten Draht zu Herrn Schäuble, über die Privatisierungspraxis der BVVG zu reden. Nichtsdestotrotz würde ich mich gern einer Reisegruppe nach Berlin anschließen. Auch bin ich gern bereit, darüber im Ausschuss zu reden,

(Beifall DIE LINKE)

nicht aber auf diese Art und Weise und nicht mit diesem Vorschlag. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Luthardt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Die Abgeordnete Niels hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich fasse es ganz kurz: Ich nehme den Vorschlag von Herrn Folgart entgegen, dass wir im Ausschuss weiter diskutieren; denn es geht beim Antrag der CDU vor allem darum, dass ortsansässige Landwirte teilhaben sollen, Flächen der BVVG zu kaufen.

Die Problemlage wurde genannt. Es gibt sehr viele Anträge von Alteigentümern, die Flächen erwerben wollen. Es gibt noch nicht einmal eine Übersicht der BVVG. Das Ganze verwaltungstechnisch zu verlagern klingt erst einmal schwierig. Einfacher klingt es doch, Einfluss auf den Bund auszuüben, sodass die Privatisierungspraxis im Sinne der Brandenburger Landwirte und Landwirtinnen verändert wird.

(Beifall GRÜNE/B90)

Insofern danke ich für den konstruktiven Vorschlag. Ich hoffe, Herr Folgart, Sie sagen jetzt nicht wieder, ich solle mir nicht allzu viele Hoffnungen machen.

(Zuruf des Abgeordneten Folgart [SPD])

- Diesmal darf ich. Okay.