Das ist insofern ein bisschen ungünstig, als die Entscheidung, die wir fällen mussten, schon durch die Presse gegangen ist, nämlich dass für das Jahr 2009 wegen der von Ihnen angesprochenen Steuermindereinnahmen nur der Grundbetrag gezahlt werden kann. Wir haben die Gewerkschaften darüber rechtzeitig in Kenntnis gesetzt. Ob es eine Anschlussregelung geben wird, wird im Zuge der kommenden Debatten entschieden werden.
Letztendlich haben wir ab dem Jahr 2010 bestimmte versorgungsrechtliche Dinge, die mit einem Anstieg zu tun haben, gesetzlich neu geregelt. Ich fand, dass die bisherige Regelung, die von 2007 bis 2009 galt, sozial gerecht war, weil es sich um Festbeträge handelte und daran insbesondere auch Menschen mit geringerem Einkommen partizipierten. Es ist aber - wie ich zugebe und auch Sie wissen - schwierig, da bezüglich 2008 noch einige Klagen anhängig sind, wie die Steuerentwicklung eingeschätzt werden soll.
Wenn es eine Anschlussregelung geben sollte, ist es unsere vordringliche Aufgabe, mit den Gewerkschaften darüber zu reden, ob das noch Sinn macht oder ob das in dem neuen Vertrag dadurch automatisch nicht mehr notwendig ist und, wenn ja, wie bei einer tatsächlichen Neueinführung mögliche Missinterpretationen, die vorhanden waren, ausgeräumt werden könnten. Es ist keine schöne Angelegenheit, wenn man ein neues Gesetz macht und sich bemüht, damit für stabile Verhältnisse und Zuverlässigkeit zu sorgen, und es dann trotzdem zu Klagen kommt. Wir werden uns gemeinsam noch darüber unterhalten müssen, ob es eine Anschlussregelung geben wird und wie sie aussehen kann.
Die Ergebnisse der Novembersteuerschätzung sind hinsichtlich ihrer finanzpolitischen Bedeutung für das Land unterschiedlich bewertet worden. Eine Einschätzung, die nur auf die bisherige Planung - Grundlage 2008 - abstellt, verrät wenig über die tatsächliche Einnahmesituation und darüber, wie die längerfristige Betrachtung sein sollte.
Insofern meine Frage: Wie bewertet die Landesregierung die aktuellen Schätzergebnisse, wenn als Vergleichsmaßstab die fortgeschriebenen Zahlen der Steuerschätzung im Mai 2005 herangezogen werden?
Frau Dr. Ludwig, ich nehme an, dass Sie Ihre Frage vor dem Hintergrund gestellt haben, dass in der Steuerschätzung vom Mai 2005 eine geringere Steuereinnahmequote vorgesehen war, als sie es im Jahr 2009 real war, und dass Sie deswegen davon ausgehen, dass die Landesregierung Probleme hätte zu argumentieren, dass wir 550 Millionen Euro weniger Steuereinnahmen haben und diese Summe kompensieren müssen. Sie nicken, also liege ich mit meiner Vermutung richtig.
Sie wissen selber, dass es sehr kompliziert ist, langfristige Steuerprognosen abzugeben. Das liegt einesteils daran, dass man natürlich immer - das ist ein gemeinsames Produkt - eine Vorausschau der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts vornehmen muss. Das ist sehr, sehr different. Im Übrigen liegen diese Zahlen nicht so gut im Rahmen dessen, was vorgesehen war. Zweitens wirken sich Steuerrechtsänderungen natürlich immer aus. Es stimmt - wir haben vorhin die Steuerdebatte geführt -: Die Steuereinnahmen des Landes haben sich größtenteils dadurch erhöht, dass die Mehrwertsteuer um 3 % erhöht worden ist.
Ich finde, die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist nicht das adäquate Mittel; denn sie trifft ja jeden und demzufolge die, die wenig verdienen, viel härter als die, die viel verdienen. Die Steuermehreinnahmen von 350 Millionen Euro wurden daraus zum größten Teil akquiriert.
Sie selbst haben, als Sie Regierungsverantwortung hatten, eine langfristige Finanzplanung aufgestellt. In dieser langfristigen Finanzplanung hatten Sie auch Konsolidierungszahlen vorgesehen. Wenn man wägt, dass die Steuereinnahmen höher gewesen sind als im Mai 2005 konzipiert, und wir trotzdem vor dieser Situation stehen, dann heißt die Schlussfolgerung eigentlich, dass die Konsolidierungsvorgaben wahrscheinlich nicht in dem Maße erreicht worden sind, wie man sie gesetzt hatte.
Im Übrigen hat das Land Brandenburg bzw. der Finanzminister die vorgesehene Nettokreditaufnahme 2007/2008 nicht in Anspruch genommen. Deshalb haben wir auch die Möglichkeit,
diese Ermächtigungen zur Deckung dieser Lücke jetzt in Anspruch zu nehmen. Sie haben - das sage ich neidlos - Vorsorge getroffen, indem Sie in erheblichem Maße Rückstellungen angespart haben, weil eben die Steuereinnahmen positiver waren als konzipiert. Diese Rücklagen sind jetzt vorhanden. Wir werden zur Kompensation der Mindereinnahmen natürlich auch auf einen bestimmten Anteil dieser Rücklagen zurückgreifen müssen.
Herr Finanzminister, ich freue mich sehr, dass Sie die Fragen immer so umfangreich, mit all den Botschaften, die Ihnen wichtig sind, beantworten. Darauf habe ich in diesem Zusammenhang nicht wirklich abgestellt.
Ich weiß, es ist vielleicht nicht ganz passend, wenn ich heute das zweite Mal den ehemaligen Finanzminster lobe. Ich glaube, er hatte im Mai 2005 die mittelfristige Finanzplanung aufgestellt; damals war es noch nicht abzusehen, völlig klar. Aber wir haben mit diesen Zahlen, die damals prognostiziert waren, fast eine Punktlandung für 2009 und 2010.
Die Frage, die sich daraus für mich ergibt, ist, wie Sie es künftig handhaben werden, ob Sie auch im Falle möglicher Mehreinnahmen aufgrund von Steueränderungen, ob Erleichterungen oder Senkungen, vorsichtig in die mittelfristige Finanzplanung gehen - mit dem Wissen, das man jetzt hat - oder die Zahlen höchstwahrscheinlich nach oben korrigieren werden, um sich Spielräume zu eröffnen. Denn eines zeigt sich aufgrund der mittelfristigen Finanzplanung - das sind ja die konjunkturellen Schwankungen in diesen Zeiträumen -, nämlich dass man gerade dann, wenn man Mehreinnahmen hat, sehr vorsichtig damit umgehen sollte.
Wenn ich jetzt eine sehr detaillierte Antwort gäbe, würden wir die Haushaltsdebatte vorziehen. Dazu wird sich die Landesregierung noch verständigen. Ich werde trotzdem versuchen, Ihnen sehr kurz die prinzipielle Herangehensweise zu schildern.
Ich halte es nicht für günstig, angesichts bereits vorhandener Verbindlichkeiten des Landes Brandenburg in Höhe von über 18 Milliarden Euro in den nächsten Jahren die Verbindlichkeiten weiter exorbitant nach oben zu treiben. Sie wissen sehr wohl, dass das Investitionsniveau des Brandenburger Haushalts in den letzten Jahren immer zwischen 16 bis 17 % lag. Damit ist vorgegeben, welche Spielräume wir theoretisch für eine Nettokreditaufnahme haben. Wir müssen sehr gut überlegen; denn die geringeren Steuereinnahmen führen dazu, dass wir eine Nettokreditaufnahme tätigen müssen. Sie können nicht von einem Jahr auf das andere 700 Millionen Euro einsparen. Das geht nicht. Insofern kann und darf man einen Haushalt nicht kaputtsparen. Man muss vielmehr die Balance zwischen der Notwendigkeit einer Nettokreditaufnahme und der Ankurbelung der Wirtschaft finden. Der Koalitionsvertrag gibt klar und deutlich die Richtung vor, in die es gehen soll: regenerative Energien, die Konzentration auf Entwicklungskomponenten, die für dieses Land wichtig sind. Zur Finanzierung der
Deckungslücke, die wir haben, werden wir natürlich eine Nettokreditaufnahme tätigen. Über die genaue Höhe werden Sie selbstverständlich dann im Rahmen der Haushaltsdebatte informiert.
Wir kommen zur Frage 8 (Brandenburgische Baumschutzver- ordnung), die der Abgeordnete Folgart von der Fraktion der SPD stellt.
Seit 29. Juni 2004 gilt die Verordnung über die Erhaltung, die Pflege und den Schutz von Bäumen im Land Brandenburg Brandenburgische Baumschutzverordnung, BbgBaumSchV -, die vielerorts erhebliche Erleichterungen und eine Bürokratieentlastung mit sich brachte und einen Schutz gewährte. Diese Regelung ist bis zum 31.12.2009 befristet. Mit dem Auslaufen der Regelung zum Jahresende würde das Bundesrecht gelten, sofern die Gemeinden keine eigenen Baumschutzsatzungen verabschieden.
Ich frage die Landesregierung: Ist die Verlängerung der seit 2004 geltenden Baumschutzverordnung geplant, um keine Lücke im Baumschutz zuzulassen und einen landesweit einheitlichen Rahmen zu gewährleisten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Folgart, das tue ich sehr gern. Es wird Sie nach der Charakterisierung der positiven Wirksamkeit der Baumschutzverordnung in Ihrer Fragestellung nicht überraschen, dass ich mich aufgrund der Notwendigkeit, dass auch Kommunen und Landkreise - die kreisfreien Städte haben bereits reagiert - eigene Satzungen, eigene Verordnungen erlassen können, um einen optimalen Schutz vor Ort zu realisieren, entschlossen habe, die Geltungsdauer der Landesbaumschutzverordnung für ein weiteres Jahr zu verlängern. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Die Frage 9 (Neuregelung der organisato- rischen Umsetzung des SGB II ab 2011) stellt Dr. Bernig.
Der Bundesgesetzgeber ist aufgefordert, bis Ende 2010 die organisatorische Umsetzung des SGB II neu zu regeln. Die bisherigen Arbeitsgemeinschaften verstoßen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen das Grundgesetz. Insbesondere kritisierten die Verfassungsrichter die Mischverwaltung in den ARGEn und die daraus resultierende doppelte Zuständigkeit, wofür keine Rechtsgrundlage existiert. Die neue Bundesregierung will - wie im Koalitionsvertrag festgelegt
die Arbeit der bisherigen ARGEn in getrennter Aufgabenträgerschaft durchführen. Damit ist die organisatorische Zerschlagung der ARGEn programmiert.
Ich frage die Landesregierung: Welche Position vertritt sie gegenüber dem Bund bezüglich der Neustrukturierung der organisatorischen Umsetzung des SGB II?
Gute Frage. Herr Kollege Bernig, ich habe zur Sicherheit die Formulierung des schwarz-gelben Koalitionsvertrages mitgebracht. Darin ist die Rede von einer „verfassungsfesten Lösung ohne Änderung des Grundgesetzes und ohne Änderung der Finanzbeziehungen“. Es gehe darum, „die Kompetenz und Erfahrung der Länder und der Kommunen vor Ort sowie der Bundesagentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung für die Betreuung und Vermittlung der Langzeitarbeitslosen zu nutzen“, obwohl ich mich durchaus frage, welche Erfahrungen diese in den letzten fünf Jahren mit einer getrennten Aufgabenwahrnehmung gemacht haben, weil sie zusammen tätig geworden sind.
„Die Bundesagentur für Arbeit erhält die Aufgabe, den Kommunen attraktive Angebote zur freiwilligen Zuammenarbeit zu unterbreiten. Dazu wird das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung einen 'Mustervertrag' ausarbeiten, der die Zusammenarbeit regelt und die kommunale Selbstverwaltung achtet.“
Ich bin von diesem Vorhaben der schwarz-gelben Regierung enttäuscht und darüber verwundert. Ich darf dies als jemand sagen, der die Verhandlungen zum SGB II in den Jahren 2003 und 2004 mit geführt hat. Ich kann mich nicht an eine einzige Veranstaltung in diesem Zeitraum erinnern, in der nicht permanent von der CDU und der FDP gesagt wurde: Wir brauchen an dieser Stelle die Agentur für Arbeit nicht mehr; wir kommunalisieren diesen Vorgang hundertprozentig. Das war auch im Wahlkampf von Schwarz-Gelb noch das Thema und die Antwort auf die Frage.
Im Koalitionsvertrag heißt es jetzt knallhart: Rolle rückwärts, zurück zum Status des Jahres 2003, obwohl wir mittlerweile eine
ganz klare Vereinbarung zwischen Bund und Ländern haben alle Ministerspräsidenten haben zugestimmt -, dass wir die Verfassung an dieser Stelle ändern wollen.
Es ist ja auch in der Tat etwas hanebüchen, dass unsere Verfassung es nicht zulässt, dass zum Beispiel eine so große und zergliederte Agentur wie die Bundesagentur für Arbeit, die wirklich in die kleinen Kommunen hineinwirkt, nicht mit den Kommunen zusammenarbeiten darf.
Das ist doch ein Zustand, der nicht in Ordnung ist. Dass man den durch einen kleinen Zusatz in der Verfassung ändert, ist doch nun wahrlich nicht so schlimm. Eine solche Änderung hätte dazu geführt, dass wir in der Lage gewesen wären, die guten Erfahrungen der letzten fünf Jahre mit der Mischverwaltung zu legalisieren und in einen Zustand zu versetzen, dass man die Leute dort in dem Maße beschäftigen kann, wie sie gute Erfahrungen gemacht haben. Die haben in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet. Es wäre vieles noch besser zu machen gewesen, das will ich gar nicht abstreiten. Das wirft man jetzt alles über den Haufen. Das ärgert mich, das muss ich ganz ehrlich sagen.
Jetzt fragen Sie mich, wie wir darauf reagieren werden. Natürlich werden wir darauf drängen, dass der Bund so schnell wie möglich ein Gesetz erlässt. Ich habe gehört, es solle noch in diesem Herbst Eckpunkte geben. Diese sollen mit den Ländern noch vor Weihnachten verabredet werden - da soll es auch eine bestimmte Zustimmung geben -, sodass man im nächsten Jahr eine gesetzliche Regelung hat. Danach erst soll der Mustervertrag an die Kommunen gehen. Das halte ich für ein bisschen schwierig. Ich habe schon unseren Landräten und den Leuten in den Eigenbetrieben gesagt, sie sollten versuchen, auch wenn es nicht mehr per Gesetz vorgesehen ist, mit den Agenturen aufgrund der guten Erfahrungen der letzten Jahre auf freiwilliger Basis zusammenzuarbeiten. Es ist ja nicht verboten zu kooperieren, sondern es war lediglich so, dass das Gesetz nicht verfassungskonform war. Man sollte aufgrund dieses Mustervertrages versuchen, im Interesse der Betroffenen, insbesondere der Langzeitarbeitslosen, eine gute Kooperation vor Ort hinzubekommen. Vielleicht ist es dann nicht mehr immer notwendig, dass die Leute zwei Behörden - auf der einen Seite die Agentur für Arbeit, um dort ihr Hartz-IV-Geld zu bekommen, auf der anderen Seite die Kommune, um die Kosten der Unterkunft erstattet zu bekommen - anlaufen müssen.
Ich werde darauf drängen, dass wir schnell eine Antwort bekommen, sowohl im Interesse der Beschäftigten in den Agenturen bzw. ARGEn als auch im Interesse derjenigen, die auf eine gute und kompetente Leistungsgewährung angewiesen sind. Wie gesagt, ich hoffe, dass wir das Anfang nächsten Jahres über die Bühne kriegen, trotz aller Einwände, die ich gegen den Vorgang an sich und im Großen und Ganzen habe. - Vielen Dank.