Protokoll der Sitzung vom 31.08.2011

Fehlanzeige auch bei der Unterlegung der Ziele mit haushalterischem Bezug; von der Einrichtung eigener Titel ist jedenfalls nicht die Rede. Im Ergebnis ist ein alle Moorböden in Brandenburg umfassendes Moorschutzprogramm überfällig. Dem Moorschutz muss ein herausgehobener Stellenwert in der Nachhaltigkeitsstrategie eingeräumt werden. Das Moorschutzprogramm gehört finanziell angemessen ausgestattet - so, dass es seinen Namen auch verdient.

Wir werden den von Rot-Rot vorgelegten Antrag wie auch den der FDP unterstützen. Die angesprochenen Kriterien sehen wir darin aber noch nicht hinreichend erfüllt und bitten daher auch um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [GRÜNE/B90])

Die von der CDU geforderte Bestandsaufnahme und die Analysen sind unschädlich, verzögern aber den Prozess noch mehr. Insofern werden wir uns bei diesem Antrag enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Wir setzen mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Frau Ministerin Tack hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin begeistert. Ein herzliches Dankeschön an all diejenigen, die schon gesprochen und sich als Moorschutzexperten ausgewiesen haben. Insbesondere bedanke ich mich bei Kollegen Dr. Luthardt, der ja auch in der Vergangenheit hier schon Initiative ergriffen und ein Stück dazu beigetragen hat, dass es gute Beispiele zum Moorschutz im Land Brandenburg gibt.

(Beifall DIE LINKE)

Der Antrag der Koalitionsfraktionen findet bei uns und auch das haben wir gehört - fraktionsübergreifend ausdrücklich Zustimmung, er bekräftigt die im Koalitionsvertrag erklärte Absicht. Da hier schon fachliche Aussagen zu Bedeutung und Rolle des Moorschutzes bzw. des Moorschutzprogramms gemacht worden sind, will ich meine Rede etwas kürzen; es würde nur Wiederholung bedeuten.

Ich will aber unterstreichen, dass Brandenburg neben Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zu den moorreichsten Bundesländern gehört, und unter dem Gesichtspunkt werden wir auch beobachtet, wie weit wir hier unsere Verantwortung wahrnehmen. Ich will den Hinweis gern aufnehmen - wir wissen davon -, dass das Moorschutzprogramm in Mecklenburg-Vorpommern vorbildhaft erarbeitet und umgesetzt wird. Ich will daran erinnern: Es ist unter dem damaligen PDS-Minister Herrn Prof. Methling erarbeitet worden. Wir stehen selbstverständlich in engem Kontakt, damit wir auch voneinander lernen.

Wir als Landesregierung sind uns der mit dem Moorschutzprogramm verbundenen Verantwortung bewusst, und ich nehme sehr wohl zur Kenntnis - das freut mich außerordentlich -, dass es große fraktionsübergreifende Zustimmung im Landtag gibt.

Meine Damen und Herren! Von den Leistungen der Moore und ihrer Funktion als Ökosystemdienstleister - also als Wasserspeicher, Stoffspeicher und Filter - für den Naturhaushalt kann das Land profitieren; da sind wir uns einig. Das haben alle Vorredner zum Ausdruck gebracht. Wir können dann davon profitieren, wenn es gelingt - und da liegt die besondere Verantwortung -, die letzten naturnahen Flächen zu erhalten, bereits geschädigte zu renaturieren und die landschaftlich genutzten Moore nachhaltig, moorschonend oder alternativ zu bewirtschaften.

Herr Dombrowski, ich habe sehr wohl zugehört, was Sie uns an Empfehlungen mitgegeben haben. Aber so weit kennen wir uns schon, dass wir keine dogmatischen Verwaltungsprozesse - das können Sie glauben; die Erfahrung gibt es doch - vollziehen, sondern natürlich nur mit den Akteuren gemeinsam dieses Programm erarbeiten und dann auch umsetzen können.

Ich will unterstreichen, dass dieses Moorschutzprogramm zahlreiche Synergien bringen kann, wenn wir es denn gut machen und wenn auch die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Ressorts in der Landesregierung ausgestaltet werden kann. So profitieren wir insbesondere im Gewässerschutz, im Klimaschutz, im Bodenschutz, im Naturschutz und auch in der Landwirtschaft; ich fasse das jetzt etwas zusammen, weil Sie alle schon dazu gesprochen haben.

Die Fristen, die im Antrag für dieses Programm formuliert sind, sind sehr ambitioniert; das sehe ich auch. Aber ich will noch einmal betonen, was ich eingangs sagte: Wir fangen ja nicht bei null an, sondern es laufen bereits Moorschutzprojekte im Land Brandenburg. Darüber hinaus wurde von unserem Landesamt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, in deren Rahmen Projektvorschläge und deren Machbarkeit geprüft werden.

Ich will weiterhin erwähnen, dass unter Federführung des Landwirtschaftsministeriums regelmäßig eine Arbeitsgruppe tagt nicht wahr, Herr Vogelsänger? - Er konnte ja vor Jahren mit dem Moorschutzprogramm noch nicht so richtig umgehen, aber als Minister, Herr Dombrowski, ist er doch schon sehr gut aufgestellt.

(Beifall DIE LINKE - Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Unter Federführung des Landwirtschaftsministeriums tagt also eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des Umweltministeriums und des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe, die

sehr verantwortungsvoll zu den Themen Moorschutz und landund forstwirtschaftliche Moornutzung arbeitet

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Er hat nicht zuge- hört!)

- nein, er hört immer noch nicht zu

und von Experten beraten wird.

Herr Vogelsänger, als aktuelle Themen sind in der Bearbeitung: eine Moorkulisse für das Land, Grenzen und Möglichkeiten der Landnutzung sowie konkrete Projektvorhaben. All das macht Ihre Arbeitsgruppe mit unserer Unterstützung und den anderen Akteuren.

Unter Berücksichtigung der Relevanz des Moorschutzes - auch das wurde unterstrichen - für Klima, Boden und Naturschutz sowie für die Land- und Forstwirtschaft ist es nun einmal erforderlich, den Moorschutz über das gut angelaufene Wald-Moorschutz-Programm sowie über bereits mehrere initiierte Projekte hinaus in dem landesweiten Moorschutzprogramm zu verankern.

Ich will Sie alle in diesem Zusammenhang noch daran erinnern, dass wir uns sehr gefreut haben, dass das Teilgebiet Grumsin - alte Buchenwälder Deutschlands - zum Weltnaturerbe erklärt worden ist. Das ist ein wichtiges Beispiel, wie auch für den Moorschutz - und das hat dazu beigetragen - umfangreiche Maßnahmen unseres Landesamtes zur Stabilisierung des Wasserhaushaltes bereits realisiert worden sind und weiter realisiert werden. Darauf können wir sehr stolz sein. Wir werden am 18. September Akteure der Weltnaturerbestätte begrüßen und eine sehr gute Veranstaltung durchführen, bei der wir auch auf das Thema Moorschutz zurückkommen.

Also: Moorschutz ist kein Selbstläufer - genau so ist es -, sondern wir können ihn nur mit den Betroffenen gemeinsam in einem sehr transparenten Prozess betreiben. Und wir brauchen natürlich die finanzielle Ausstattung. Da gucke ich wieder Herrn Vogelsänger an, weil bald eine neue Förderperiode in der Europäischen Union beginnt, und da müssen wir uns rechtzeitig gemeinsam die Karten legen, damit wir auch zukünftig daran partizipieren können. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin Tack. - Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über die beiden Änderungsanträge ab. Erstens liegt der Änderungsantrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 5/3926 vor. Es geht um die Neufassung von Punkt 2. Wer diesem Änderungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? Bei einer deutlichen Anzahl von Enthaltungen ist diesem Antrag Folge geleistet worden.

Zweitens kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag auf Drucksache 5/3947, eingereicht von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: In Nummer 1 Ergänzung des Satzes 5 und Einfügung eines neuen Satzes 7; in Nummer 3 Änderungen von Wörtern; in Nummer 5 Ergänzung des Satzes 1,

Einfügung eines neuen Satzes 2 und Ergänzung des bisherigen Satzes 2; in Nummer 6 Änderungen von Wörtern; Einfügung einer neuen Nummer 7. - Ich hoffe, Sie blicken noch durch. Wer diesem Änderungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? Bei einigen Enthaltungen ist diesem Antrag nicht Folge geleistet worden. Die Abgeordneten waren offensichtlich überfordert, dem zu folgen.

Drittens: Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Es liegt der Antrag auf Drucksache 5/3836 - Neudruck -, eingereicht von der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE, Programm zum Schutz und zur Nutzung der Moore in Brandenburg, vor. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? Mit einer deutlichen Mehrheit ist dieser Antrag angenommen.

Wir kommen zur vierten Abstimmung. Es geht um den Entschließungsantrag in der Drucksache 5/3924, eingereicht durch die CDU-Fraktion. Wer diesem Entschließungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und eröffne Tagesordnungspunkt 12:

Landwirtschaftliche Sozialversicherung - Interessen der Brandenburger Landwirtschaft frühzeitig vertreten

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/3840

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Wir kommen demzufolge zur Abstimmung. Die Parlamentarischen Geschäftsführer empfehlen die Überweisung des Antrags „Landwirtschaftliche Sozialversicherung - Interessen der Brandenburger Landwirtschaft frühzeitig vertreten“, Drucksache 5/3840, eingereicht durch die CDU-Fraktion, an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie - federführend - sowie an den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Beides sehe ich nicht. Damit ist der Antrag einstimmig überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und eröffne Tagesordnungspunkt 13:

Volle Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit als Chance für die deutsch-polnische Grenzregion politisch gestalten!

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/3847

Ferner liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der FDP-Fraktion in Drucksache 5/3930 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Herr Abgeordneter Dr. Bernig hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme an, dass der eine oder andere hier im Saal sich die Frage gestellt hat: Warum sollen wir schon wieder über die Arbeitnehmerfreizügigkeit reden? - Mir zumindest sind solche Fragen in den vergangenen Wochen wiederholt begegnet, lassen doch Presseberichte vermuten, dass das, was zuweilen im Zusammenhang mit dem 1. Mai 2011 als Gespenst an die Wand gemalt wurde, nicht eingetreten ist.

Probleme gibt es dennoch. Wir als Landtagsabgeordnete sind zusammen mit der Landesregierung gehalten, diese Probleme im Blick zu behalten. In dem Ihnen vorliegenden Antrag finden Sie deshalb vieles von dem, was wir im März dieses Jahres hier diskutiert haben. In dem Antrag haben wir es auf den Punkt gebracht und als Arbeitsauftrag an die Landesregierung formuliert.

Welche Daten gibt es bisher zur Arbeitsmigration aus den acht Ländern, für deren Bürgerinnen und Bürger sich am 1. Mai 2011 der deutsche Arbeitsmarkt geöffnet hat? Es hat, wie erwartet, keine massenhafte Zuwanderung gegeben. Die Bundesagentur für Arbeit ging in den ersten veröffentlichten Zahlen, die sie selbst als vorläufig qualifizierte, von rund 24 000 Menschen aus, die nach Deutschland gekommen seien.

Ein erhebliches Hindernis bei der Suche nach Arbeit sind fehlende Deutschkenntnisse, zuweilen aber auch andere Begrenzungen, etwa bei der Anerkennung von im Heimatland erworbenen Berufsabschlüssen in Deutschland. Auch das wurde vorhergesagt. Auch die ungleichmäßige Verteilung der neu zugewanderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den EU-8 auf die alten Bundesländer einerseits - nach den vorläufigen Zahlen 20 000 - und die neuen Bundesländer andererseits - nach den vorläufigen Zahlen 4 000 - war von Arbeitswissenschaftlern erwartet worden.

Für Brandenburg enthält die Statistik der Bundesagentur zur Entwicklung der Zahl der Beschäftigten aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn Folgendes: Unter den 1 200 vorläufig ermittelten neuen Arbeitnehmern befinden sich nur rund 400, also nur rund ein Drittel, in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Hinzu kommen Erkenntnisse des DIW zur Zuwanderung aus Mittel- und Osteuropa seit der Osterweiterung 2004. In dem jüngst veröffentlichten DIW-Bericht heißt es unter anderem:

„Ein erheblicher Teil derjenigen, die eine Lehre oder eine Fachschule absolviert haben, ist mit einfachen Tätigkeiten beschäftigt. Für nicht wenige Personen, die über einen Hochschulabschluss verfügen, trifft das ebenfalls zu. Ganz anders sieht es dagegen bei den Zuwanderern aus der alten EU aus. Bei diesen entsprechen die ausgeübten Tätigkeiten sehr viel öfter dem Qualifikationsniveau.“

Diese Zahlen machen deutlich, dass das Fachkräfteproblem in Deutschland und speziell in Brandenburg nicht durch Zuwanderung aus den östlichen Nachbarländern zu lösen ist. Insbesondere in Polen, das seit längerem einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, werden gut ausgebildete Fachkräfte gebraucht.

Aufgrund der hohen Abwanderung nach England, Irland und in andere Staaten seit 2004 ist der Spielraum für die Arbeitsmigration nach Deutschland zudem von vornherein gering gewesen. Vor diesem Hintergrund erwecken auch Initiativen der Wirtschaftskammern zur Gewinnung von polnischen Lehrlingen für Brandenburger Unternehmen nicht nur Freude auf der anderen Seite von Oder und Neiße: Unsere Lehrlinge - das sagt man uns bei unseren Besuchen in den Nachbarwoiwodschaften werden dringend im eigenen Land gebraucht.