Warum gehen Sie nicht zu Frau Merkel - abgesehen davon, dass sie mit „Einstieg“ und „Ausstieg“ auch schon ihr Vorbild hingelegt hat. Frau Ludwig hat ja bei den Wendungen noch eine gut.
In der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung - sie ist schwarz-gelb geführt - steht ganz klar: Wirtschaftlichkeit geht vor Lärmschutz. Sie wollen alle Gesetze so ändern, dass die internationalen Wettbewerbsbedingungen für Schönefeld maximal genutzt werden können. Es geht um die Wirtschaftlichkeit der Airlines, der Unternehmen. Und wir fragen am Ende: Wo bleibt die Wirtschaftlichkeit der öffentlich geführten Gesellschaft? Leider ist das in diesem Fall keine private; leider hat sich, wie Sie sich erinnern werden, niemand gefunden.
Das heißt, wenn einmal Fehler bei Entscheidungen gemacht wurden, haben wir jetzt widersprüchliche Realitäten. Das betrifft das Bildungssystem genauso wie den Flughafen in Schönefeld: Wir sind gehalten, mit diesen widersprüchlichen Realitäten umzugehen.
Jetzt sage ich Ihnen noch, an welchen Stellen wir Ergebnisse von Politik zur Kenntnis genommen haben und Veränderungen dennoch oder gewollt auf den Weg bringen.
Ja, die Konsolidierung des Haushalts wird zu einer niedrigeren Investitionsquote im Land führen, aber sie wird auch die Wirtschaftsförderung nachhaltiger gestalten. Wir setzen hier verstärkt auf revolvierende Fonds. Ich möchte das vor dem Hintergrund unserer Schwerpunkte noch einmal unterstreichen. Es hätte mich schon interessiert, wie die Wirtschaftsparteien - jedenfalls die selbsternannten hier im Saal, würde ich dann an dieser Stelle sagen - genau diese Dinge einschätzen.
Wichtig ist uns, dass die Fondserträge nach Ablauf der Investitionen erneut zur Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen in Brandenburg verwendet werden können. Diese Fonds sind mit rund 161 Millionen Euro ausgestattet. Neue Förderprogramme werden eingeführt, zum Beispiel der Brandenburg-Kredit, erneuerbare Energien gestärkt, und wir überlegen auch, wie revolvierende Fonds zum Beispiel für die Förderpolitik im Bereich Landwirtschaft eingesetzt werden können.
Die Entscheidungen über die Kofinanzierung von Bundes- und EU-Mitteln in dieser Wahlperiode sind an den wesentlichen Zielen der Koalition ausgerichtet, diese bleiben der Maßstab. Wir wollen nicht dort, wo viel ist, automatisch eine Kelle drauflegen, sondern dort, wo Schlüsselaufgaben für das Land gelöst werden, wollen wir sicher finanzieren und fördern. Wir müssen übrigens vor diesem Hintergrund bereits jetzt überlegen, wie sich die Förderbedingungen in der neuen EU-Förderperiode gestalten lassen werden bzw. wie wir dort rechtzeitig handeln können, um sie aus unserer Sicht positiv mitzugestalten. Es
geht dabei nicht nur um die Höhe der EU-Mittel, sondern auch um die Konditionen. Wir streben eine Übergangsfinanzierung für die Regionen an, die in der laufenden Förderperiode auf über 75 % des Bruttoinlandsprodukts gekommen sind. Wir bleiben also auch an dieser Stelle nachhaltig und erkennbar, was die Verzahnung von Wirtschafts- und EU-Politik betrifft.
Meine Damen und Herren, insofern ist auch belegbar: Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung durchzieht diesen Haushalt.
Wir haben eine Nachhaltigkeitsstrategie für das Land in Arbeit, über die wir in Kürze öffentlich miteinander debattieren werden. Sie ist ab 2012 Beschlussgrundlage für die Landespolitik auf verschiedenen Themenfeldern: Wirtschaft und Arbeit, Lebensqualität für zukunftsfähige Städte und Dörfer, Brandenburg als Vorreiter im Umgang mit Energie und Klimawandel, zukunftsfähige Finanzpolitik und nachhaltige Bildungslandschaft. Dafür stellt dieser Haushalt die Weichen.
Bekanntermaßen ist Politik mehr als die Verteilung finanzieller Mittel, aber wo die finanziellen Mittel zurückgehen, muss die Politik sich ihrer weiteren Gestaltungsräume bewusst werden. Dazu gehören Mut und Kreativität. Wenn wir ökologischen Umbau und technologischen Wandel befördern wollen, müssen wir dabei die Haushaltslage und die demografische Entwicklung in Rechnung stellen.
An diesem Haushalt ist klar zu sehen: Es ist eine andere Politik nicht nur denkbar, sondern auch machbar, die sich von allein neoliberalen Grundsätzen verabschiedet. Mit sozialem Augenmaß und trotzdem mutig wird die Regierung mit dem Parlament in der Debatte diesen Haushalt diskutieren. Ich bin gespannt darauf. - Vielen Dank.
Der Abgeordnete Vogel spricht zum Abschluss der Haushaltsdebatte für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich pflichte unserem Finanzminister in seiner Analyse der Währungskrise ausdrücklich bei. Ich denke auch, die europäische Währungskrise ist kein Thema für Davos, sondern sie betrifft uns hier und unmittelbar; sie drückt sich übrigens auch in diesem Haushalt aus. Wer hätte denn bei der letzten Haushaltsberatung noch gedacht, dass es innerhalb des Euro-Währungsraumes möglich sei, dass Zinsdifferenzen von 40 Prozentpunkten auftreten? So muss der griechische Staat momentan für zweijährige Anleihen 46 % bezahlen und für zehnjährige 16 %, verglichen mit 2 %, die wir hier in Brandenburg für Staatsanleihen hinblättern müssen. Hier besteht ein Zusammenhang. Die institutionellen Anleger flüchten aus den risikobehafteten Anleihen der südeuropäischen Länder, und sie flüchten in den aktuell noch sicheren Hafen Deutschland. Von dieser Flucht in die deutschen Anleihen profitiert auch das Land Brandenburg im laufenden Haushalt. So werden wir dieses Jahr, 2011, die ursprünglich mit 742 Millionen Euro veranschlagten Zinsaus
gaben nach den Voraussagen des MdF um mindestens 92 Millionen Euro unterschreiten - also letztendlich eine reale Einsparung auf Kosten der Griechen.
Ein nicht geringer Anteil an dieser für uns günstigen Situation ist der gegen den Widerstand der Landesregierung im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse geschuldet. Das, denke ich, muss man auch mal sagen.
Eines ist sicher: Diese Niedrigzinsphase - Sie haben es angesprochen - wird für uns, Eurobonds hin oder her, vorbeigehen. Daher sind wir im Land Brandenburg gut beraten, jetzt schon Vorkehrungen für eine Absenkung unserer Staatsverschuldung von rund 18 Milliarden Euro zu treffen.
Als Glücksfall ist daher die noch vor zwei Jahren von der Brandenburger Linken vor dem Verfassungsgericht beklagte Schuldenbremse zu begreifen. Die damals von Herrn Görke vorgebrachte Klagebegründung gegen die Schuldenbremse lautete, man müsse sie verhindern, um - laut „PNN“ wörtlich - „die auf dem Spiel stehende Existenz des Landes Brandenburg zu erhalten“. Welch Fehleinschätzung!
Ein Glücksfall ist die Schuldenbremse für uns aber nicht nur deswegen, weil sie das Vertrauen der Anleger in deutsche Anleihen stärkt, sondern auch, weil sie ausnahmslos alle Parteien zwingt, sich über die Ausgabenseite Gedanken zu machen, genauso wie sie übrigens auch FDP und CDU auf Bundesebene zwingt, sich über die Einnahmesituation Gedanken zu machen. Die sich aus der Schuldenbremse ergebenden Zielvorgaben einer nachhaltigen Haushaltspolitik sind deutlich: Ausrichtung der Ausgaben an den Einnahmen, möglichst sofortige Absenkung der Nettokreditausgabe auf null
Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln alle für politisch sinnvoll erachteten Maßnahmen zu finanzieren entspricht dabei der Quadratur des Kreises. Das heißt, es geht schlichtweg nicht. Das aber heißt für uns alle, Prioritäten zu setzen. Für uns Bündnisgrüne liegen die Prioritäten dabei im Bildungsbereich und in der Daseinsvorsorge. Prioritäten setzen heißt zugleich und das ist schmerzhaft -, immer auch Abschied zu nehmen von eigenen Wünschen und Projekten. Prioritäten setzen heißt aber eben nicht „Rasenmähermethode“. Prioritäten setzen heißt, dass im Haushalt neben Schrumpfungsbereichen auch Wachstumsbereiche stehen können. Prioritäten setzen heißt, dass für jeden Wunsch nach Mehrausgaben auch Kürzungsvorschläge unterbreitet werden, eine Aufgabe, der sich meine Fraktion bislang in allen Haushaltsberatungen gestellt hat; wir werden sie auch in diese Ausschussberatungen wieder einbringen.
Die von Herrn Holzschuher begrüßte Seriosität und die von Frau Kaiser behauptete Solidität des Haushalts vermag ich allerdings nicht ganz zu teilen. Trotz der gegenüber der letzten mittelfristigen Finanzplanung um rund 400 Millionen Euro ge
stiegenen Steuereinnahmen und einer insgesamt um 447 Millionen Euro verbesserten Einnahmebasis gelingt es dem MdF nicht, den noch letztes Jahr geplanten Ausgabenrahmen für 2012 von 9,7 Milliarden Euro einzuhalten.
Stattdessen wächst der Haushalt gegenüber den vorjährigen Planungen um 450 Millionen Euro auf 10,15 Milliarden Euro an. Zugleich werden neue Schulden in Höhe von 270 Millionen Euro veranschlagt. Trotz der rund 450 Millionen Euro Mehreinnahmen wird die ursprünglich geplante Nettokreditaufnahme nur um 80 Millionen Euro gesenkt. Damit nimmt Brandenburg - darauf wurde hingewiesen - als einziges Bundesland in Ostdeutschland 2012 noch neue Schulden auf. Auch wenn ein Teil der Mehreinnahmen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs an die Kommunen weiterfließt;
der noch 2011 für 2012 konstatierte Konsolidierungsbedarf von 380,1 Millionen Euro - Ihre globale Minderausgabe - wird schlankerhand durch die Steuermehreinnahmen beseitigt. Das ist keine Haushaltskonsolidierung.
Dabei sind die ostdeutschen Bundesländer unverändert bis 2019 auf der Sonnenseite bundesdeutscher Finanzpolitik. Wenn bei uns schon die gleichen Bedingungen wie in Westdeutschland gelten würden, müssten wir 2012 mit weniger als 7,5 Milliarden Euro statt mit 10 Milliarden Euro auskommen. Zurzeit werden wir von den westdeutschen Bundesländern und dem Bund durch Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen und ähnliche Mittel unterstützt - Haushaltsmittel, die bis 2019 auslaufen werden, die wir aber entsprechend der Zwecksetzung des Solidarpakts für Investitionen im Land und in den Kommunen sinnstiftend einsetzen sollten.
Dabei kann es nunmehr nicht darum gehen, noch die letzte Dorfstraße mit Bürgersteigen und Straßenlaternen zu versehen. Wir müssen mit den Investitionen von heute - neben der Absicherung der Grundausstattung unseres Bildungssystems und der Sicherung unserer Lebensgrundlagen im zunehmend spürbarer werdenden Klimawandel - schwerpunktmäßig die Ressourcenund Energieeinsparungen für morgen initiieren.
Wir können es nicht oft genug betonen: Verglichen mit finanzschwachen westdeutschen Ländern ist Brandenburg finanziell hervorragend ausgestattet. Alle Larmoyanz ist fehl am Platze.
So kann ich auch überhaupt nicht nachvollziehen, wenn unser Ministerpräsident vom Bund Kompensationszahlungen für bundesweit rückläufige Steuerzahlungen der Stromkonzerne aufgrund des Atomausstiegs fordert. Einmal abgesehen davon, dass die bundesweite Verrechnung der Verluste aus dem Atomgeschäft bei der Gewerbesteuer von Vattenfall erst vor zwei Jahren ohne jeglichen Widerstand der Landesregierung eingeführt wurde und sich der Atomausstieg hier auch nicht verschärfend auswirkt, so stellt sich doch die Frage: Was sollen denn die Bürgermeister der bisherigen Akw-Standorte, denen mit einem Schlag nicht nur sämtliche Gewerbesteuereinnah
men, sondern auch noch hunderte Arbeitsplätze entfallen, von diesem Klagelied unseres Ministerpräsidenten halten?
Es stellt sich aber auch die Frage, ob Brandenburg im Gegenzug Steuermehreinnahmen aufgrund des Wachstums der erneuerbaren Energien und der Konkurrenten von Vattenfall und E.ON edis an den Bund abführen will - wohl eher nicht.
Nach Jahren ist es gelungen, die Bundespolitik zur Verkleinerung der Bundeswehr und zur Aussetzung der Wehrpflicht zu bewegen. Aber unser Ministerpräsident fordert einen Ostbonus für Bundeswehrstandorte.
Die Bundespolitik macht ernst mit dem Verzicht auf unsinnige Investitionen, aber das Land verklagt den Bund auf den Bau einer Megaschleuse in Kleinmachnow.
Gerade weil wir Brandenburger immer noch vom Bund und von der Solidarität der anderen Bundesländer profitieren, kann ich nicht nachvollziehen, warum bei jeder Gelegenheit die Benachteiligung Ostdeutschlands beklagt wird oder neue Privilegien eingefordert werden. Herr Ministerpräsident, Sie müssen aufpassen, dass Sie nicht in denselben Ruf wie der Präsident unseres Landesbauernverbandes kommen, von dem es heißt, dass für ihn die besten Jahre die Schaltjahre sind, weil er dann einen Tag mehr zum Jammern hat.
Will die Landesregierung nun jeden politischen Fortschritt in Deutschland mit dem Hinweis auf drohende Einnahmenverluste verhindern? Das wäre in der Tat provinziell.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, die Ziele der Haushaltskonsolidierung sind klar benannt. Genauso einfach lassen sich auch die haushaltspolitischen Handlungsmöglichkeiten benennen. So wie die drei großen „E“ für die Wende in der Energiepolitik Einsparung, Effizienzgewinn und Erneuerbare Energien heißen, so müssen diese in der zukünftigen Haushaltspolitik Einsparung, Effizienzgewinn und Einnahmenverbesserungen lauten. Selbst wenn wir mitten in der Nacht geweckt werden, sollte jeder Politiker, egal, welcher Couleur, zukünftig diese drei „E“ herunterbeten können: Einsparungen, Effizienzgewinne und Einnahmeverbesserungen.
Beginnen wir mit dem Einfachsten: Einnahmeverbesserungen. Die Linke, meist in Gestalt von Herrn Görke, huldigt immer noch der Auffassung, dass Haushalte nur auf der Einnahmenseite, nicht aber durch Ausgabenkürzungen saniert werden könnten. Betrachten wir dazu die Fakten: Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz für alle Gemeinschafts- sowie Ländersteuern außer der Grunderwerbsteuer. Wenn wir einmal davon ausgehen, dass nach der nächsten Bundestagswahl eine rot-grüne oder grün-rote Bundesregierung die Steuern erhöhen wird,