Interkommunale Zusammenarbeit und Kooperation ist ebenso ein Schwerpunkt für Kommunen, die ihre Chancen verbessern und erweitern wollen. Diese Prozesse zu unterstützen und den Kommunen Hilfeleistungen zu geben wird eine Richtung unseres Handelns sein. Hilfe zur Selbstveränderung unter Wahrung kommunaler Selbstverwaltung - das ist uns ein grundlegendes Anliegen.
Die südbrandenburgischen Landkreise - das ist der letzte Gedanke, Herr Präsident - gehen mit einem Beispiel voran, welches Sie heute in der Presse nachlesen können: Sie wollen die Arbeit gemeinsam organisieren. Wir fühlen uns in unserer Position auch dadurch bestärkt.
Letztlich muss Ergebnis jeglicher Reform aus unserer Sicht die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung sein. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auf der heutigen Tagesordnung steht die Evaluierung der Gemeindegebietsreform. Der vorliegende Bericht der Landesregierung hat im Vorfeld Erwartungen geweckt, die er so nicht halten kann. In den Vorbemerkungen gibt man sich denn auch bescheiden: Der Bericht enthalte lediglich Fakten und stelle Probleme dar. Vor der Enquetekommission 2020 sprach der Vertreter des Innenministeriums gar nur von einem „ersten Aufschlag“. Der Städte- und Gemeindebund mahnte an, dass zunächst einmal Untersuchungskriterien und Prüfmaßstäbe für eine Evaluierung zu entwickeln seien.
Es lohnt sich, in der Rückschau auf die Gemeindegebietsreform noch einmal die Leitlinien des Jahres 2000 in den Blick zu nehmen. Mit der Reform wurden viele hehre Ziele verfolgt: Die Verwaltungs- und Leistungskraft der Städte, Gemeinden und Ämter sollte dauerhaft gestärkt werden. Die Weiterentwicklung zu einheitlichen Lebens- und Wirtschaftsräumen sollte ermöglicht werden. Die Gemeindestrukturen sollten zur Stärkung der bürgerschaftlichen Beteiligung beitragen.
In Erinnerung sind uns aber auch die zahlreichen Konflikte geblieben, die mit Zwangsfusionen von Gemeinden verbunden waren und zu 255 Klagen von Gemeinden führten. Auch wenn fast alle diese Klagen zurückgewiesen wurden, wirkt die Reform in vielen Gemeinden bis heute nach. Sie ist noch nicht überall grundsätzlich akzeptiert.
In Großgemeinden sank zum Beispiel die Zahl der Gemeinderäte um bis zu 84 %. Damit sind zahlreiche Orte gar nicht mehr im jeweiligen Gemeinderat vertreten. Welche Auswirkungen dies auf die lokalen Gemeinschaften hat - auch dazu besteht noch dringender Evaluationsbedarf.
Ähnliches gilt für die Zukunft der Ämter. Welches Ausmaß hat die Übertragung von Selbstverwaltungsaufgaben von den Gemeinden auf die Ämter? Ist diese Übertragung schon so umfänglich, dass das Amt zum Gemeindeverband geworden ist und somit einer unmittelbar gewählten Volksvertretung bedarf?
Schon 2003 war abzusehen, dass künftig zahlreiche neugebildete Ämter und Gemeinden die vorgesehene Mindestgröße von 5 000 Einwohnerinnen und Einwohnern nicht würden halten können. Auf der Basis der aktuellen Bevölkerungsprognose können wir davon ausgehen, dass im Jahr 2030 63 von 201 amtsfreien Gemeinden und Ämtern, also 30 %, unter diese Grenze fallen werden.
Die demografischen Daten von damals haben sich als zu optimistisch erwiesen, sowohl was den Bevölkerungszuwachs im berlinnahen Raum als auch, was den Bevölkerungsrückgang im äußeren Entwicklungsraum angeht. Insbesondere wurde aber der sich zum Teil dramatisch verändernden Altersstruktur nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet. Vor allem standen die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen und die Verwaltungskosten nicht so im Fokus des Interesses wie heute.
Der Bericht der Landesregierung erfüllt also nicht die Aufgabe einer systematischen Evaluation. Dennoch ist er nicht schlecht. Im Gegenteil, er geht in seinen Analysen des Ist-Zustandes und seinen Problembeschreibungen über die damalige Reform hinaus und skizziert neue Rahmenbedingungen und mögliche Handlungsoptionen. Letzteres betrifft zum Beispiel die neuen Kommunikationstechnologien.
Wir Grünen fühlen uns durch diesen Bericht in unserer Haltung bestätigt, dass eine Diskussion, die sich nur mit der Verschiebung von Gebietsgrenzen beschäftigt, zu kurz greift.
In der letzten Sitzung der Enquetekommission wurden nach intensiven Diskussionen gleich konkrete Schritte eingeleitet, um die leeren Stellen dieses Berichts zu füllen. Wir müssen uns erst mit der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen beschäftigen; es geht nicht nur um eine Neuverteilung, sondern auch um eine Neuorganisation von Aufgaben. Wir müssen völlig neue Organisationsformen prüfen, damit die Kommunen handlungsfähig bleiben. Dabei müssen wir immer die Menschen und ihre Möglichkeiten, mitzugestalten, im Blick haben.
Insofern hat die Landesregierung mit ihrem „ersten Aufschlag“ durchaus produktiv gewirkt. Der Ball wurde gespielt, die Enquetekommission hat ihn aufgefangen und kreisen lassen. Die Sitzung am 26. August dieses Jahres war erfreulicherweise von dem allgemeinen Bemühen geprägt, frühzeitige Konfrontationen zu meiden und die umfangreichen Themenfelder konstruktiv abzuarbeiten.
Die Harmonie ist natürlich immer auch von der Tagesform abhängig; das haben wir heute wieder gesehen.
Der Arbeitsplan steht. Erst jetzt geht es richtig los. Der Bericht der Landesregierung war ein guter Einstieg. Aber wir alle wissen, dass wir nicht an einer Gemeindegebietsreform 2.0 arbeiten; wir müssen weit darüber hinausgehen.
Meine Damen und Herren! Wir beenden die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 9. Sie haben den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 5/3684 zur Kenntnis genommen.
Situationsanalyse zu Bedarfen für die Einführung akademischer Studienangebote für Pflege und Gesundheit (gemäß Beschluss des Landtages vom 23.02.2011 - Drucksache 5/2820-B - „Akademische Studienangebote für Pflege und Gesundheit“)
Ferner liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP in der Drucksache 5/3950 vor. Die ursprünglich vorgelegten Entschließungsanträge in den Drucksachen 5/3921 und 5/3928 wurden durch die Antragsteller zurückgezogen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das MWFK beschäftigt sich schon seit dem Frühsommer letzten Jahres intensiv mit dem Thema „Akademisierung von Gesundheitsfachberufen“. Gemeinsam mit dem Gesundheits- und dem Sozialressort haben wir daran gearbeitet, Schlussfolgerungen aus der bundesweiten Akademisierungsdiskussion für diese Berufsgruppen zu ziehen und die Bedarfe für das Land Brandenburg zu konkretisieren. Die zentralen Ergebnisse dieser Überlegungen haben Eingang in die jetzt vorliegende Situationsanalyse gefunden.
Der Landtagsbeschluss hat der Regierung aufgegeben, die Bedarfsanalyse auf drei Bereiche zu fokussieren, in denen im besonderen Maße Bedarfe angenommen werden.
Das wichtigste Ergebnis der Analyse besteht darin, dass die Landesregierung diese Annahme bestätigt sieht. Konkrete Bedarfe, ein eigenes akademisches Ausbildungsangebot zu schaffen, bestehen nach Überzeugung der Landesregierung in folgenden Bereichen:
Zum Ersten benötigen wir eine ausreichende Anzahl akademisch qualifizierter Lehrkräfte für die Schulen des Gesundheitswesens und die Altenpflegeschulen. Das spricht einen Studiengang für Medizin- und Pflegepädagogik an. Der Fachkräftenachwuchs für die Gesundheitsfachberufe muss qualitativ wie quantitativ hinreichend ausgebildet werden, um für die steigenden Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein. Mit den wachsenden qualitativen Anforderungen an die Berufsbilder ist auch die Ausbildung weiterzuentwickeln.
Zum Zweiten erfordert die Leitung von Einrichtungen des Gesundheitswesens und Pflegeeinrichtungen zunehmend spezifische Managementqualitäten. Das spricht auch eine Ausbildung im Bereich der Gesundheits- und Pflegemanagementfunktionen an. Hierzu tragen nicht nur die demografische Entwicklung und der damit einhergehende steigende Schweregrad von Erkrankungen bei. Hinzu kommt auch, dass die in ihren Verbraucherrechten gestärkten Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen in wachsendem Maße pflegefachliche Beratung einfordern. Der Professionalisierungstrend wird durch die steigenden Qualifizierungsvorgaben in den Leistungs- und Ordnungsgesetzen weiter vorangetrieben. Die diesen Qualitätsansprüchen genügenden Leitungspersonen bedürfen einer akademischen Ausbildung.
Zum Dritten müssen wir die akademische Anbindung gerade der Gesundheits- und Pflegewissenschaften voranbringen, um den Anschluss an internationale Entwicklungen zu halten. Nur so wird es dauerhaft gelingen, den gestiegenen qualitativen Anforderungen an das Pflegepersonal in unmittelbarem Kontakt zu den Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu begegnen.
Um welche Größenordnungen geht es bei den Bedarfen konkret? In dem Bericht sind auch Bedarfsprognosen aufgelistet. Dabei rechnen wir sehr optimistisch damit - das möchte ich ganz deutlich sagen -, weil wir von theoretischen und damit idealisierten Werten ausgehen. Wenn der Bericht beispielsweise feststellt, dass zur Kompensation von Altersabgängen und für nötige Nachqualifizierungen innerhalb der kommenden zehn Jahre insgesamt mindestens 100 neue Lehrkräfte in Brandenburg benötigt werden, klingt dies vielleicht zunächst nicht allzu dramatisch. Die Rechnung geht allerdings davon aus, dass alle vorhandenen Lehrkräfte auch tatsächlich bis zum Erreichen des gesetzlichen Ruhestandsalters tätig sind. Jeder, der die Belastungen der Fachkräfte in den Pflegeberufen kennt, weiß, dass dem in praxi nicht so sein wird. Die Zahl geht auch davon aus, dass die bestehenden Ausbildungskapazitäten so bleiben werden, wie sie sind. Auch hier ist angesichts des demografischen Wandels das Gegenteil wahrscheinlicher.
Ähnlich ist es beim Leitungspersonal für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Die künftigen Einstellungskorridore der Einrichtungen können nicht abgefragt werden. Sicher ist aber, dass wir schon jetzt im Land 123 Pflegeeinrichtungen haben, in denen 80 und mehr Personen betreut werden. Die Leitung von Einrichtungen dieser Größe muss nach der Brandenburger Strukturqualitätsverordnung einen Hochschulabschluss haben. Auch in diesem Bereich sind künftige Kapazitätserweiterungen wahrscheinlich.
Meine Damen und Herren! Unser Auftrag war eine Bestandsanalyse, und Sie wollten auch wissen, was es kosten wird, die Bedarfe zu decken. Auch das ist in dem Bericht enthalten. Das Ergebnis der Analyse ist, dass die Kosten bei Einführung der drei Studienangebote bei rund 3,2 Millionen Euro pro Jahr liegen. Es wäre kein Zeichen seriöser Haushaltspolitik, wenn wir in diesen Größenordnungen tatsächlich Luft im Wissenschaftshaushalt hätten. Der Landtag wird also im nächsten Haushalt 2013/2014 eine Lösung finden müssen.
Wie Sie wissen, beschäftigen sich momentan zwei Hochschulstrukturkommissionen mit der Weiterentwicklung der Brandenburger Hochschullandschaft; eine davon mit dem besonderen Auftrag, ihren Fokus auf die Hochschulstandorte in der Lausitz zu legen. Beiden Kommissionen habe ich die Situationsanalyse zugeleitet und sie gebeten, die Inhalte in ihrem Herzen zu bewegen und in ihre Überlegungen einzubeziehen.
Im I. Quartal 2012 ist mit den Empfehlungen zu rechnen, auf deren Grundlage die Überlegungen für das weitere Verfahren erfolgen werden, und ich werde Sie selbstverständlich zeitnah informieren.
Ein Satz noch zu den beiden Entschließungsanträgen. Die CDU-Fraktion möchte, dass wir zügig Maßnahmen ergreifen. Dies werden wir tun, und wir brauchen deshalb nicht dazu aufgefordert zu werden. Der FDP-Fraktion danke ich, dass sie in ihrem Antrag gleich zweimal den Bericht des MWFK begrüßt.
Die Forderung in Ihrem Antrag halte ich für nicht zustimmungsfähig, denn die Implementierung neuer Studienangebote läuft nicht über Prüfberichte und leider auch nicht innerhalb
Finanzierungskonzepte für einzelne Studiengänge sind in der von Ihnen geforderten Form nicht sinnvoll. Die Berücksichtigung erfolgt bei der Aufstellung des Landeshaushalts. Eine „Single“-Auskopplung für einzelne, gerade aktuelle Bereiche würde Stückwerk ohne praktischen Nutzen sein. Ihre beiden letzten Forderungen, Einsatz für eine bundesweit einheitliche Setzung von Standards und Vernetzung von Hochschulen und Praxis, sind, glauben Sie es mir, selbstverständlich, sodass Sie sie nicht beschließen müssen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Ministerin! Ich danke der Landesregierung für die vorliegende Analyse. Sie ist ein Beitrag zur ständigen Diskussion um die gesundheitliche, aber auch die pflegerische Versorgung in unserem Land. Sie zeigt aber auch - das haben Sie nicht genannt -, wie schwierig es ist, mit Berlin zu kooperieren, denn die Situationsanalyse besagt auch, welche Probleme es dabei beispielsweise gibt.
Es stellt sich die Frage: Wie sichern wir qualitativ und quantitativ den pflegerischen und den medizinischen Bereich in den kommenden Jahren? Wie sind die Bedarfe? Diese Fragestellung ist absolut nicht neu. Diese Frage wird jedenfalls jedes Mal, wenn wir sie stellen, bedeutsamer. Das hat eine Eigendynamik, denn jedes Jahr und jeden Monat werden wir stärker mit dieser Problematik konfrontiert. Das hat damit zu tun, dass die Anforderungen in der Medizin und der Pflege in den letzten Jahren quantitativ sehr gestiegen sind und die wissenschaftliche Durchdringung gerade dieser medizinischen Fachberufe an Dynamik zugenommen hat, sowie damit, dass ein gewaltiger Innovationsschub, den wir so bisher nicht gekannt haben, die gesamte Branche erreicht hat. Dies geht nicht spurlos an der Pflege vorbei. Das, was wir in der Humanmedizin seit Jahrhunderten kennen - eine wissenschaftliche Begleitung durch Forschung und Analyse, aber auch durch Empirie -, greift nun auch in die Pflegeberufe sowie in die anderen gesundheitlichen Berufe hinein, und damit brauchen wir eine Antwort auf die Frage: Wie gehen wir damit um?
Zudem hat sich die Wissenschaftslandschaft in Brandenburg, aber auch in Deutschland geändert und damit auch die Anforderungen an unsere Wissenschaftslandschaft. Die Bologna-Reform haben wir hier schon mehrfach diskutiert. Sie wissen, es ist möglich - das ist das Gute an dieser Reform -, Master- und Bachelor-Abschlüsse zu gewährleisten, und es entsteht eine Internationalisierung auf diesem Gebiet, der wir uns nicht verschließen können. Hier möchte ich die Frage nach hochschulischen Qualifikationen für bisher reine Ausbildungsberufe in der Medizin wie Krankenschwester, Pfleger, Altenpfleger oder Rettungsassistent stellen - alle diese Dinge stehen auf der Tagesordnung -, und die Frage bezieht sich auch auf diejenigen, die sie ausbilden: die Pädagogen und Wissenschaftler, die für diesen Teil verantwortlich sind.
Bologna, die komplexeren Anforderungen in der Medizin, aber auch die wissenschaftliche Durchdringung und der demografische Wandel sind die Herausforderungen, aber gleichzeitig auch fantastische Möglichkeiten zur Erweiterung des Berufsbildes von Krankenschwestern, Pflegern usw. Damit zeigt Bologna - das will ich als Wissenschaftspolitiker gern sagen - ein positives Bild, einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss. Dieser macht es möglich, auch für die berufsqualifizierenden Ausbildungsberufe einen Bachelor-Abschluss zu erreichen.