Protokoll der Sitzung vom 01.09.2011

Und es ist nicht einzusehen und nicht erklärbar, warum uns nicht gelingen sollte, was anderen Flughafenanrainern schon, denen es genauso ergangen ist, gelungen ist. Nehmen wir Wien. Wien - ein großer Flughafen, nicht ganz so groß, wie wir es mittlerweile gewöhnt sind, hat eine dritte Landebahn gebaut. Da reden wir - sie haben keine Fluglärmkommission, sondern ein Dialogforum - von 2 Millionen Menschen, die in diesem Gebiet wohnen, die in dieses Dialogforum mit eingebunden sind.

(Zurufe von der SPD)

2 Millionen! Ein Viertel Österreichs kann darüber mitentscheiden, ein Viertel Österreichs ist eingebunden. Was tun wir in der Fluglärmkommission? Im 11-er Haushalt geben wir 5 000 Eu

ro aus. Den Menschen ist nicht damit geholfen, dass wir ihnen eine Cola und ein paar Häppchen geben. Sie brauchen eine Arbeitsgrundlage, damit sie vernünftige Vorschläge unterbreiten können.

(Beifall CDU)

Ich werde Ihnen auch begründen, warum wir dort aufstocken müssen.

Die Landesregierung hat wie wir - wie eigentlich alle Fraktionen in diesem Hause - das Ergebnis, das die Fluglärmkommission mit großem fachlichen Hintergrund erzielt hat, wovon die Deutsche Flugsicherung auch vieles übernommen hat, ausdrücklich gelobt. Nur sind diese Dinge, die dort entstanden sind, die vielen Vorschläge, die Varianten doch nicht aus dem Nichts entstanden, sondern sie sind entstanden, weil die Menschen auch sehr viel Geld in die Hand genommen haben, um Studien zu erarbeiten, um Expertisen vorlegen zu können.

Was ich mir vorstelle, ist ein Stück weit, dass wir die Fluglärmkommission bei dieser Gelegenheit auch entsprechend ausstatten, sodass sie dies auch in Zukunft konstruktiv bei allem begleiten kann, was uns unter Umständen noch an Fluglinien vorgelegt werden muss. Das können wir nicht prinzipiell ändern.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Die Fluglinien können wir nicht ändern, aber die Akzeptanz; es geht darum, die Menschen mitzunehmen. Diesen Flughafen werden sie nicht lieben, aber sie müssen die Chance haben, diesen Flughafen auch als ihren Flughafen zu begreifen und zu wissen, dass sie bei diesem großen Infrastrukturprojekt ein Mitspracherecht haben. Ich denke, das haben die Menschen verdient. Sie haben damit auch ein Stück weit ein Mitspracherecht bezüglich dessen, was wir in Zukunft erreichen wollen, nämlich dass er ein wirklich erfolgreicher Flughafen wird. Er wird nur erfolgreich, wenn wir die Menschen mitnehmen. Dafür, denke ich, ist unser Antrag genau der richtige. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Die Abgeordnete Kircheis spricht für die SPD-Fraktion.

Meine Damen und Herren, jede Fraktion hat hier die Möglichkeit, zu sprechen. Bringen Sie bitte all Ihre Ideen in Ihren Reden unter. Die vielen Zwischenrufe bringen uns überhaupt nichts.

(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Na, dann müssen Sie dazwi- schen mal was sagen, Herr Präsident!)

- Gestatten Sie, dass ich selbst entscheide, wann ich etwas sage. Danke sehr.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es scheint, als glaubten nicht wenige Menschen in Brandenburg,

das Thema Fluglärm interessiere die Landespolitik nicht. Hier und heute treten wir wieder einmal an und beweisen somit am Ende zweier anstrengender, langer Sitzungstage: Wenn es draußen schon dunkel ist, nehmen wir uns noch einmal Zeit. Schließlich geht es nicht um irgendetwas. Es geht um die Lebensqualität und die Gesundheit zahlreicher Bürger.

Auch wir werden deshalb am Ende des Tages noch einmal grundsätzlich. Die SPD Brandenburg - das wurde heute bereits betont - steht zum neuen Flughafen in Schönefeld als einem der wichtigsten Infrastrukturprojekte in der Region Brandenburg und Berlin. Wir stehen dazu, obwohl wir vor 15 Jahren einen anderen Standort gewünscht haben. Wir stehen auch dazu, weil Politik verlässlich sein muss.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Die SPD in Brandenburg steht zu den Bürgern dieses Landes. Wir nehmen die Anliegen der heute und zukünftig vom Fluglärm Betroffenen ernst. Ernst nehmen, das heißt für uns: zuhören, abwägen und entscheiden. Jeder, der unsere Politik unvoreingenommen beobachtet und fair bewertet, wird das bestätigt finden, auch und gerade beim Thema Fluglärmkommission.

Wenn es nach den Vorgaben - Herr Genilke, Sie haben es erwähnt - der Bundesebene ginge, müssten in einer solchen Kommission lediglich 15 Mitglieder sitzen. Unser Verkehrsminister hat dafür gesorgt, dass sich weitaus mehr betroffene Gemeinden direkt einbringen können. Als es darum ging, der Deutschen Flugsicherung Vorschläge für die Flugrouten zu unterbreiten, wurde die Zahl der Mitglieder auf 40 erhöht. Ausschlaggebend war dabei, wo eine große Anzahl von Anwohnern künftig vom Lärm betroffen sein wird, und zwar vom Lärm der landenden, vor allem aber vom Lärm der startenden Flugzeuge.

Schon jetzt gibt es deshalb einige, die meinen, die Fluglärmkommission sei zu groß, um wirklich arbeitsfähig zu sein. Es dürften nicht noch mehr Mitglieder aufgenommen werden. Wenn die Flugrouten festgelegt werden, könnten und sollten auch die Belange anderer Gemeinden, die nicht Mitglied sind, berücksichtigt werden. Das ist richtig. Dennoch kann man natürlich das eine tun, ohne das andere zu lassen. In dieser Woche hat unser Minister zwei weitere Mitglieder in die Kommission berufen. Neuenhagen und der Landkreis Märkisch-Oderland wurden Mitglied, als klar wurde, dass sie stärker betroffen sein werden, als bisher vermutet.

Insofern stellt sich die Frage der Mitarbeit in der Fluglärmkommission, um die sich der Antrag der CDU-Fraktion dreht, so nicht. Viel wichtiger ist aus unserer Sicht, dass die Landesregierung jetzt und in Zukunft darauf achtet, dass bei allen Entscheidungen zum Flugverkehr eine besonders niedrige Lärmbelastung im Vordergrund steht - seien es Festlegungen oder Änderungen von Flugrouten oder andere lärmsensible Entscheidungen wie das Bahnmanagement am Flughafen oder der Einsatz einer optimalen Zahl von Fluglotsen.

Ebenso wichtig ist, dass auch Einwendungen von Gemeinden, die nicht in der Fluglärmkommission sitzen, Gehör finden. Hier greift Ihr Antrag, meine Damen und Herren und Kollegen von der CDU-Fraktion, zu kurz. Das heilen wir mit unserem Entschließungsantrag.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Beyer spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist spät geworden im Plenum dieses Landtags. Aber ganz egal, wie Ende dieses Monats das Verwaltungsgericht entscheiden wird, und ganz egal - Kollege Jungclaus ist schon ganz ungeduldig -, wie wir uns zum Thema des Nachtflugverbots in diesem Hohen Haus positionieren werden, fest steht: Wir befinden uns auf jeden Fall noch in dem Zeitkorridor, in dem die Flugzeuge starten und landen werden. Das verdeutlicht, wie wichtig und berechtigt es ist, dass wir uns vor allem auch mit dem Thema auseinandersetzen: Wie kommen wir zu den Flugrouten, von denen viele Menschen betroffen sein werden?

(Görke [DIE LINKE]: Im Blindflug unterwegs!)

- Blindflug, na ja, ich weiß es nicht. Das Licht ist hell. Ich habe in meinem Leben auch schon mehrmals einen Blindflug gemacht. Bisher ist alles gut gegangen.

Heute Vormittag haben wir uns intensiv und fachlich über die verschiedenen Aspekte des gesamten Themenkomplexes ausgetauscht. Insofern möchte ich das nicht wiederholen und auch nicht auf diese Details eingehen.

Wichtig ist aber auf jeden Fall, dass wir uns darüber klar werden, wie wir die Bürger bei den anstehenden Fragen beteiligen wollen. Dazu liegt uns ein Antrag der Kollegen der CDU-Fraktion vor, der es wert ist, ernst genommen und debattiert zu werden. Er stellt eine Grundsatzfrage und unterbreitet einen Vorschlag. Unsere Erfahrung aus vielen Gesprächen mit Betroffenen und auch mit Personen, die Mitglied der Fluglärmkommission sind, ist, dass man oft Kritik dahin gehend hört: Na ja, wir reden dort, aber letzten Endes sind die Mitbestimmungsmöglichkeiten gering, und es kommt wenig dabei heraus.

Das ist auch der Anlass für unseren Entschließungsantrag, weil wir gern wissen möchten, wie die Fluglärmkommission bisher gearbeitet hat, wie das Ministerium dies einschätzt und wie wir das gegebenenfalls in Zukunft optimieren können. Der Hintergrund - es ist wichtig, das an dieser Stelle ehrlich zu sagen - ist einfach folgender: Nicht nur, dass es gegenwärtig keine Flugrouten gibt, es wird auch - wenn dann Flugrouten festgelegt sind - keine für alle Zeiten festgeschriebenen Flugrouten geben. Es wird durchaus aber immer wieder Veränderungen geben und unterschiedlich betroffene regionale Gegebenheiten.

Insofern sollten wir uns über einen Mechanismus klar werden: Wie wollen wir, wenn solche Veränderungen anstehen, Betroffene angemessen einbeziehen? - Dazu hätten wir gern eine Analyse dessen, was bisher getan wurde, und natürlich auch eine Aussage, wie das Ministerium sich das für die weitere Zeit gestalten soll. Ich gehe fest davon aus, dass dieser Flughafen lange betrieben werden wird. Aus diesem Grund ist es auch eine lohnenswerte Sache.

Des Weiteren liegt uns ein Entschließungsantrag der Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen vor. Dieser ist in der Tat Geschmackssache. Ich bin nah beim Kollegen Genilke, was die Aussage dessen anbelangt, was darin steht. Aber es ist

genauso richtig - an den Zwischenrufen hat man es schon gehört -, dass es Dinge sind, die richtig sind. Ich hoffe, dass wir uns in diesen Fragen einig sind, wie unter anderem, konsequent die weitere Optimierung der Flugrouten gegenüber der Deutschen Flugsicherung anzumahnen.

Ich möchte jetzt keine große Wertung abgeben, ob man einem Antrag nur deshalb nicht zustimmen sollte, weil er nicht weit genug geht. Auf jeden Fall ist das, was darin steht, von unserer Seite zustimmungsfähig, weil wir hoffen, dass es zumindest einen Grundkonsens darstellt. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Die Abgeordnete Wehlan spricht für die Linksfraktion.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin immer sehr dankbar dafür, dass Herr Beyer vor mir spricht; denn er lässt die Emotionen im Saal ein wenig abkühlen. Schließlich geht es um nicht mehr und nicht weniger - das ist schon schlimm genug als die Gesundheit von Menschen in Regionen, die auf Dauer mit einem Großflughafen konfrontiert sind. Diesen Großflughafen können wir heute nicht einfach „wegbeschließen“; denn er wurde politisch beschlossen.

Herr Genilke, ich habe nun wohl die Aufgabe übertragen bekommen, zu erklären, warum man Ihren Antrag nicht beschließen kann und die Koalitionsfraktionen einen Entschließungsantrag gestellt haben. Dies möchte ich gern an der Chronologie Ihrer doch sehr hin- und herhüpfenden Argumentation tun, bei der man den Eindruck gewann, dass Sie sich im Kreis drehen und nicht so richtig wussten, wie Sie aus diesem herauskommen.

Der vorliegende Sachverhalt beschäftigt sich damit, dass die Festlegung der Flugrouten nicht in der Hand des Landes bzw. der Landesregierung liegt. Vielmehr werden die Flugrouten per Rechtsverordnung durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung - also in Verantwortung der Bundesregierung - festgelegt.

Herr Genilke, des Weiteren ist in diesem Bundesverfahren keine förmliche Beteiligung - bitte, hören Sie zu - einzelner Gemeinden vorgesehen. Das kann man schlecht finden, wenn man jedoch etwas ändern will, muss man Gesetze ändern.

Wenn Sie mir heute Vormittag zugehört hätten, müssten Sie jetzt wissen, dass ich Ihnen beipflichte. Ich ärgere mich auch darüber, dass Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte, die Grundrechte sind, nicht gesetzlich geregelt sind. Das ist doch die Krux der Sache.

(Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Holzschuher [SPD]). Sie haben mich an Ihrer Seite, wenn es darum geht, das Luftverkehrsgesetz zu ändern. Nur liegt dies in Bundesverantwortung. Dort müssen wir ansetzen. Das, was in diesem Luftverkehrsgesetz des Bundes zu diesen Beteiligungsrechten steht, kann ich Ihnen gern vorlesen. (Dombrowski [CDU]: Das hätte Herr Stolpe machen sol- len!)

Gemäß § 32b sollen die Interessen der örtlich Betroffenen gebündelt, erfasst und berücksichtigt werden. Konkret heißt es dort:

„In die Kommission sollen nicht mehr als 15 Mitglieder berufen werden.“

Dies ist dort festgeschrieben, weil man alles bündeln will. Imaginäre große Zentren sollen diese kleinen Probleme vor Ort bündeln, erklären, vertreten und beschließen.

(Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU])

Sie wissen, dass die Landesregierung ihre Möglichkeiten zur Aufnahme von Gemeinden in die Fluglärmkommission mit mehr als 40 Mitgliedern ernsthaft prüft und ausschöpft - wie jüngst mit den Entscheidungen für Neuenhagen und MärkischOderland praktiziert. Die Kriterien sind bekannt und werden bei Antragstellung offen kommuniziert.

Wenn man andere Kriterien will, muss man das regeln. Wo soll es geregelt werden, wenn nicht in einem Gesetz? - Wenn Sie Regeln wollen, die unterhalb oder oberhalb dessen liegen, was gegenwärtig Kriterium ist, dann muss das geregelt werden. Das ist einfach so. Die Anfrage der Landesregierung an Ihren Verkehrsminister, welche Regeln zur Anwendung kommen sollen, wurde abschlägig beantwortet. Herr Ramsauer hat gesagt: Das müssen Sie selbst klären. Damit haben wir nichts zu tun.