Vergessen ist die Gemeinschaftsschule, vergessen der Einsatz gegen die Leistungs- und Begabungsklassen. Ist das SchülerBAföG die Antwort auf Defizite in der sozialen Gerechtigkeit?
Wie definiert die Linke Gerechtigkeit, Solidarität und Verantwortung für die Zukunft im Hinblick auf die strukturellen Re
formen, die der demografische Wandel erfordert? Liegt die Zukunftsdebatte der Linken im Beharrungsvermögen? Und wie zukunftsweisend ist das Verhältnis zu Berlin? Die Länderfusion in den Dornröschenschlaf zu schicken entspringt unserer Meinung nach anachronistischen und regionalverliebten Eitelkeiten.
Die SPD möchte für die Schuldentilgung die nächsten 100 Jahre ansetzen, hat aber für eine Fusion mit Berlin überhaupt keine Option.
Wie erklären Sie uns, dass sich nach der Mittagspause ein linker Justizminister für die Errichtung einer Berliner Justizvollzugsanstalt auf Brandenburger Boden aussprechen wird - bei gleichzeitigem teurem Leerstand in Brandenburger Haftanstalten?
Ist das Ihre Form der Profilierung in der Zukunftsdebatte oder eher ein neuzeitlicher Schildbürgerstreich?
(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE - Görke [DIE LINKE]: Den Staatsvertrag mit Berlin am besten gleich kündigen! - Weitere Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE)
Bemisst sich die postulierte Aktualität des Themas an den aktuellen Wahlergebnissen der antragstellenden Partei, der Partei, deren Mitglieder zu 71 % als Beruf „Rentner“ angeben und deren Umfrageergebnisse auch in Brandenburg ein wenig bröckeln? Bekommt sie vielleicht Angst vor der eigenen demografischen Entwicklung?
Eine Zukunftsdebatte braucht auch mehr als das einmalige Beantragen einer Aktuellen Stunde. Es geht um gute Politik. Vielleicht gibt es ja tatsächlich dazu demnächst auch einmal eine Regierungserklärung. Dann hätte die Opposition mehr Redezeit als nur ein knappes Drittel.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fangen wir einmal mit einer guten Nachricht an: Uns erreicht soeben die Nachricht, dass Brandenburgs Arbeitslosenquote wieder einstellig ist - noch besser als im letzten Jahr, meine Damen und Herren!
Ich glaube, das sind die für die Menschen im Land wirklich wichtigen Nachrichten. Damit kann sich Brandenburg nochmals verbessern gegenüber den schon erfolgreichen Herbstmonaten des Vorjahres. Ich sehe darin einen kleinen, aber immerhin einen Schritt in die Richtung, für die wir hier arbeiten, für die wir uns einsetzen: dass möglichst jeder Mann und jede Frau in diesem Land, die arbeiten wollen, auch arbeiten können. Wir kommen diesem Ziel Stück für Stück näher. Und das sollte Gegenstand unserer Bemühungen sein - auch in der Zukunft. Wir haben heute eine Zukunftsdebatte, meine Damen und Herren.
Ich freue mich besonders, dass die Jugendarbeitslosigkeit deutlich zurückgegangen ist. Aber die Zahlen, soweit man sie auf die Schnelle sehen kann, machen deutlich, dass es auch für Ältere mehr Arbeitsplätze gibt. Das heißt, es gibt Chancen für Jung und Alt. Aber auf diesen Erfolgen, meine Damen und Herren, dürfen wir uns nicht ausruhen. Ich sage hier auch gerade mit Blick auf die nähere Zukunft: Die Aufwärtsentwicklung bei Wirtschaft und Arbeit darf nicht durch verschlechterte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne erkauft werden. Dafür müssen wir uns weiterhin mit aller Kraft einsetzen.
Eines der zentralen Zukunftsthemen für unser Land muss sein, dass in Brandenburg gutes Geld für gute Arbeit gezahlt wird. Das wird die Schlüsselfrage bei der Befriedigung des Fachkräftebedarfs sein, und darum wird sich in Zukunft sehr viel drehen.
Meine Damen und Herren, damit bin ich schon beim Thema: Wie wollen wir künftig leben? - Das wurde heute von der Linkspartei als Thema der Aktuellen Stunde aufgerufen. Frau Dr. Ludwig war der Meinung, in den Zeitungen stünden heute Dinge, die aktueller sind und die man insofern hätte aufrufen sollen, statt über die Zukunft des Landes zu diskutieren. Ich nehme an, sie meint - wegen der Aktualität - einen elf Jahre zurückliegenden Immobilienverkauf, weil dieser viel aktueller ist. Ich frage mich, Frau Dr. Ludwig: Wo sind Sie inzwischen gelandet?
Bei diesem Zeitungsartikel macht ein Journalist eine Konstruktion über einen Verkauf auf, der vor zehn Jahren intensiv debattiert wurde. In Archiven finden Sie etliche Zeitungsartikel auch aus der öffentlichen Debatte. Dies hat der Oberbürgermeister der Stadt Potsdam gestern noch einmal aufgelistet und alles gesagt, was dazu gesagt werden kann.
Neu ist lediglich, dass der Kollege der schreibenden Zunft daraus eine Konstruktion schafft. Die Konstruktion lautet verkürzt: Es wurden im Jahr 2000 Wohnungen an einen Investor verkauft. Der Platzeck wusste damals bereits, dass er einige Jahre später Ministerpräsident sein wird. Er hat geahnt, dass er wiederum einige Jahre später Herrn Rupprecht zum Bildungsminister ernennen wird, und hat irgendwie im Kopf gehabt, nochmals zwei Jahre später einen Handballklub zu fördern. Aus diesem Grund hat er die Wohnung acht Jahre vorher verkauft.
Wo sind Sie denn gelandet, dass Sie auf solche Konstruktionen eingehen? Was ist denn das für ein Niveau, dass das für Sie Gegenstand längerer Erörterung ist?
Heute habe ich einen Zeitungsartikel Ihres ehemaligen - eventuell ist er es noch, ich weiß es nicht - Parteimitglieds Dr. Markus Vette gelesen, bei dem ich kurzzeitig dachte, dass Sie meinen könnten, diesen sollten wir heranziehen. Diesen Artikel sollten Sie von der ersten bis zur letzten Zeile aufmerksam lesen; denn er schreibt Ihnen ins Stammbuch, was Ihre Misere, Ihre Maläse gegenwärtig ausmacht. Dabei will ich mich nicht auf sein Zahlenspiel einlassen, weil es Schall und Rauch ist, wenn er sagt: Adenauer hatte 50 %, Kohl 40 %, Frau Merkel 30 %, Sie 20 %, und in Potsdam bekommt die CDU noch 10 %.
Interessantes Zahlenspiel, aber darauf will ich nicht rekurrieren. Schließlich ist der Kern dieses Artikels etwas anderes, was mir Sorgen macht und worüber es sich zu debattieren lohnt. Ihre Oppositionsarbeit: Eben wurde gesagt, Sie bewegen sich ausschließlich in den Schatten der Vergangenheit. Ich befürchte vielmehr, Sie versinken langsam in den Schatten der Vergangenheit. Ihnen fällt partout nichts anderes mehr ein.
Ich sage Ihnen hier: Sie haben eine andere Pflicht als Opposition. Ich benutze ganz bewusst das Wort „Pflicht“. Sie haben die Regierung mit besseren Vorschlägen zu treiben. Sie haben sie mit besseren Vorschlägen zu kritisieren. Ja, Sie haben sich der Zukunftsdebatte nicht zu verweigern, sondern sie zu führen, Frau Ludwig. Das ist Ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit.
Dieser Verantwortung entziehen Sie sich jedoch komplett. Dr. Vette hat völlig Recht; Sie tun dabei noch etwas, was Sie nicht tun sollten. Sie entwerten komplett zehn Jahre ordentlicher Regierungsarbeit Ihrer eigenen Partei.
Sie negieren und entwerten sie. Das haben die Kollegen, die vorher Verantwortung trugen, nicht verdient, verehrte Frau Ludwig. Sie haben Sie nicht verdient.
Umfragen sind zwar auch Schall und Rauch, aber die Umfragen hinsichtlich Ihres Oppositionsgebarens sollten Ihnen ein Stück weit zu denken geben. Sie können sicherlich sagen, das alles seien lediglich Umfragen - ich kommentiere auch ganz bewusst nie Umfragen -, wenn es jedoch so gravierend ist, Frau Ludwig, sollten Sie ein klein wenig ins Grübeln kommen
Meine Damen und Herren, dies ist eine späte Bekräftigung der Koalitionsentscheidung aus dem Jahr 2009. Wenn Sie nicht einmal mehr Oppositionsarbeit leisten können, dann können Sie schon gar nicht regieren. Das sollte Sie beschäftigen. Ich bin mir absolut sicher, dass Sie das intensiv beschäftigen sollte.
Meine Damen und Herren, wir leben in sehr ernsten Zeiten. Parallel läuft in dieser Stunde eine namentliche Abstimmung zu einer Entscheidung, wie sie der Deutsche Bundestag so noch nie zu treffen hatte. Ich bin mir sicher, eine Entscheidung dieser Art wird nicht die letzte sein.
Wenn wir hier über unsere Zukunft diskutieren - dafür bin ich dankbar -, dann können wir diese Rahmenbedingungen nicht vernachlässigen. Sie sind für uns wichtig und wesentlich. Insofern werden wir uns bis in den letzten Landtag, bis in das letzte Gemeindeparlament, ja, bis in die letzte Familie hinein in den kommenden Monaten in harter Auseinandersetzung zu verständigen haben, wie wir es mit Europa halten. Das wird an niemandem vorbeigehen und den Rahmen für das setzen, was wir künftig noch tun können.