Protokoll der Sitzung vom 09.11.2011

weil er - im Gegenteil - nichts zu verlieren und nichts zu befürchten hat, erst recht nicht, nachdem heute hier der Änderungsantrag vorgelegt wurde.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Herr Wichmann, das, was Sie eben erwähnt haben, setzt weder die Datenschutzverordnung noch die Geschäftsordnung des Landtages außer Kraft.

Sehr geehrter Herr Präsident, ich denke, man kann über eine Petition hier im Plenum nicht sprechen, zumal nicht über diese Petition, ohne den Namen des Petenten zu erwähnen. Wenn Sie meinen, wir müssen jetzt hier eine anonymisierte Debatte führen, dann können wir das gerne tun. Ich denke, alle wissen, worum es geht. Es geht um eine Petition, und es geht um sehr viel Geld, und es geht um einen Staatshaftungsprozess, den es in dieser Höhe in Deutschland noch nicht gegeben hat. Der Staatshaftungsantrag des Petenten - ich spreche jetzt nur noch vom Petenten, Herrn Doktor..., wenn Sie es so haben wollen -

(Zurufe von der SPD)

bezog sich immerhin auf 180 Millionen Euro. Es gab Fehlverhalten der Finanzverwaltung. Ich denke, die sind unbestritten, auch durch die Urteile,

(Bischoff [SPD]: Das ist falsch!)

die hierzu ergangen sind. Auch durch die Aufhebung der Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung im Fall des Petenten ist mittlerweile nachgewiesen, dass es Fehlverhalten gab. Indem man dem Petenten nach der Wende Anfang der 90er-Jahre die Unternehmereigenschaft aberkannt hat und damit auch die Vorsteuererstattung nicht mehr möglich war, ist man sozusagen in der Finanzverwaltung mitverantwortlich dafür, dass es zur Gesamtvollstreckung beim Petenten gekommen ist.

(Holzschuher [SPD]: Woher wissen Sie das?)

Über all das brauchen wir heute nicht zu debattieren, Herr Holzschuher. Denn heute geht es um etwas ganz anderes. Heute geht es darum, ob nach 15 Jahren - endlich! - in diesem Rechtsstreit eine Einigung erzielt wird. Dieser Rechtsstreit hat

übrigens sehr viele Gerichte beschäftigt. Erst kürzlich, in diesem Jahr, hat der Bundesgerichtshof ein Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg aufgehoben und den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Genau der Präsident dieses Oberlandesgerichts, Herr Holzschuher, der Ihnen als ehemaliger rechtspolitischer Sprecher sehr gut bekannt ist, Herr Kahl, hat den streitbeteiligten Parteien, dem Land Brandenburg und dem Petenten, nahegelegt, in diesem Verfahren ein Mediationsverfahren durchzuführen. Ich möchte Ihnen einen Satz aus diesem Schreiben des immerhin obersten ordentlichen Richters unseres Landes vorlesen:

„Dem Senat erscheint der vorliegende Fall geeignet für eine Mediation, auch weil ein wesentlicher Teil der Rechtsfragen bereits geklärt erscheint.“

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Der Präsident eines Oberlandesgerichts wird einem Land als streitbeteiligter Partei, quasi seinem Dienstherrn, kein Mediationsverfahren empfehlen, wenn man der Meinung ist, dass diese Klage völlig unbegründet sei und überhaupt keine Aussicht auf Erfolg habe. Das ist das Erste, was ich in diesem Fall zunächst einmal festhalten möchte.

(Beifall CDU und FDP)

Die Petition hat einen weiten Vorlauf, nicht nur vor den Gerichten, sondern auch in unserem Ausschuss. Sie beschäftigt uns schon sehr lange. Wir hatten insgesamt immerhin drei Sitzungen, in denen wir uns mit dieser Petition beschäftigt haben. Uns lag eine Stellungnahme des Finanzministers, vertreten durch seine Staatssekretärin, vor, in der die Mediation mit dem Hinweis darauf abgelehnt wurde, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Mediation in diesem Fall nicht vorlägen. Ganz im Gegenteil übrigens zu dem, was der Präsident des Oberlandesgerichtes uns mitgeteilt hat. Wir haben daraufhin im Petitionsausschuss entschieden, dass wir uns damit nicht zufriedengeben,

(Holzschuher [SPD]: Sie haben keine Ahnung von dem Verfahren!)

sondern, Herr Holzschuher, dass wir den Referatsleiter des Justizministeriums dieses Landes, der genau für gerichtliche Mediationsverfahren in diesem Ministerium arbeitet, ein abgeordneter Richter, anhören. Er hat uns im Ausschuss in einer Anhörung, die wir durchgeführt haben, lang und breit erklärt, dass eine Mediation in diesem Fall eigentlich nur Vorteile mit sich bringt. Sie ist schnell, sie ist kostengünstig, sie führt zu einem Ergebnis, mit dem alle das Gesicht wahren können - beide Parteien -, weil diese Mediation nicht öffentlich stattfindet, und wenn sie nicht erfolgreich ist, kann man jederzeit zurück in das gerichtliche Ausgangsverfahren und da wieder einsteigen, wo man vorher ausgestiegen ist. Ich habe dann mehrfach an den Referatsleiter des MdJ die Frage gestellt: Welche rechtlichen Voraussetzungen gibt es, die in diesem Fall dazu führen, dass eine Mediation nicht infrage kommt? Herr Markov - man höre und staune -, es gibt keine rechtlichen Voraussetzungen, die gegen eine Mediation sprechen, außer, man will sie nicht.

(Holzschuher [SPD]: Genau! - Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Nun muss ich Ihnen ehrlich sagen: Wir haben nach über zweieinhalb Stunden Debatte im Petitionsausschuss immerhin er

reicht - darauf war ich auch ein bisschen stolz, muss ich ehrlich sagen; ich möchte mich auch vor allem bei der Kollegin Ursula Nonnemacher von den Grünen bedanken, die sich in die Debatte sehr aktiv eingebracht hat -, dass wir als Ausschuss eine einstimmige Beschlussempfehlung erarbeitet haben, die Ihnen vorliegt und in der wir Ihnen empfehlen: Der Landtag möge beschließen, der Landesregierung zu empfehlen, in dem vorliegenden Rechtsstreit zwischen dem Petenten und dem Land Brandenburg ein Mediationsverfahren erneut zu überprüfen. Bis heute Mittag bin ich auch davon ausgegangen, dass wir genau diesen Beschluss heute hier im Plenum fassen, was übrigens den Finanzminister in die etwas angenehmere und komfortablere Situation gebracht hätte, in ein Mediationsverfahren einzusteigen und gegebenenfalls, wovon ich ausgehe, dann auch entsprechende Zahlungen anzuweisen, ohne sozusagen...

Darf ich das bitte zu Ende bringen?

Herr Abgeordneter, Sie haben jetzt schon über eine Minute Ihre Redezeit überzogen.

Herr Präsident, das ist ein so wichtiges Thema, welches ich in fünf Minuten nur schwer darstellen kann. Dieser schwierige Sachverhalt füllt sechs Leitz-Ordner.

(Beifall CDU)

Ich habe mir jedoch die Mühe gemacht, mir das anzusehen.

(Holzschuher [SPD]: Wir kennen alle nicht den Akten- stand!)

- Sie haben heute einen Änderungsantrag vorgelegt, in dem die Mediation vom Tisch ist. Damit wird dieser Rechtsstreit weiter die Gerichte zu beschäftigen haben. Dieser Rechtsstreit wird das Land sehr teuer zu stehen kommen. Dafür sind Sie verantwortlich.

(Beifall CDU und FDP - Holzschuher [SPD]: Mischen Sie sich nicht in Verfahren ein, an denen Sie nicht betei- ligt sind! Das ist eine alte juristische Weisheit!)

Ich erwarte, dass die Debatte jetzt etwas disziplinierter fortgesetzt wird.

(Zuruf von der CDU: Unverschämtheit!)

Der Abgeordnete Bischoff hat das Wort für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein sonst sehr geschätzter Kollege Wichmann, Ihnen will ich an der Stelle sagen: Wer schreit, hat, wie auch in diesem Fall, Unrecht.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich finde Ihre Aufregung zu einem relativ einfachen und sach

lichen Vortrag des Petitionsausschusses reichlich gekünstelt und übertrieben. Das muss ich Ihnen ehrlich sagen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich will kurz auf den Sachverhalt eingehen. Ich bin gerade von Mitgliedern des Petitionsausschusses informiert worden. Mitnichten hat dort jemand behauptet oder protokolliert, er sei nicht zufrieden etc. bzw. habe sich mit der Stellungnahme der Landesregierung nicht zufrieden gegeben. Sie müssen mir jetzt aber bitte auch zuhören, verehrter Herr Kollege Wichmann.

(Wichmann [CDU]: Ich höre!)

- Ich will Ihnen zur Klarstellung eines sagen: Ich bin nicht prozessbeteiligt. Ich bin weder der Anwalt, noch stehe ich auf einer Seite. Ich habe eine ganz einfache Frage hier und heute im Parlament für die SPD-Fraktion zu klären, nämlich ob ein Mediationsverfahren sinnvoll ist oder nicht. Ich bin aber nicht verfahrensbeteiligt. Das ist die Regierung.

Sie erwecken hier ähnlich wie im Fall Krampnitz den Eindruck, mein lieber Kollege Wichmann, als ob dem Land Brandenburg schon jetzt absehbar, ganz sicher und felsenfest ein Riesenschaden entstanden sei. Ich will das ausdrücklich zurückweisen.

(Widerspruch bei der CDU)

Der Punkt ist, dass nach drei Instanzen jetzt geklärt wird: Ist der Anspruch verjährt - ja oder nein? - Noch geht es weder um einen Schaden noch um die Schadenshöhe.

(Erneuter Widerspruch bei der CDU)

Meine Damen und Herren, deshalb möchte ich ganz deutlich sagen: Es gibt auf Bitten des Petitionsausschusses eine Stellungnahme der Prozessbeteiligten der beklagten Partei, nämlich des Landes Brandenburg, und zwar für das Ministerium der Finanzen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Senftleben?

Ich würde gerne zitieren und die Debatte fortführen. Wir können uns danach selbstverständlich noch unterhalten.

(Zuruf von der CDU: Feigling!)

Das sollte, mein lieber Kollege, aber im Anschluss geschehen.

„Die Einleitung einer Mediation nach drei streitig durchgeführten Instanzen ist an sich schon ungewöhnlich. Im Hinblick auf die zahlreichen noch offenen Sachverhaltsfragen und die völlig konträren rechtlichen Standpunkte sowie die Aggressivität des Vortrages der Gegenseite fehlt für jede einvernehmliche Einigung im Rahmen einer Mediation jegliche Grundlage.“

Ich will eindeutig für die SPD-Fraktion und die Regierungs

koalition deutlich sagen: Niemand von uns hat ein Problem damit, wenn vom Oberlandesgericht eine wie auch immer geartete Verständigung erfolgt. Damit meine ich einen Vergleich.