Protokoll der Sitzung vom 10.11.2011

Debatte richtig einzuordnen; denn, Herr Jungclaus, beim Thema Flughafen sind Emotionen im Spiel. Wir wären gut beraten, wenigstens an der einen oder anderen Stelle auch einmal der Versuchung zu widerstehen, auf der Welle von Emotionen politische Erfolge einfahren zu wollen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Ihr Antrag soll weismachen, dass sich beim Gesundheitsmonitoring im Land Brandenburg nichts tut, die Landespolitik wertvolle Zeit verstreichen lässt und einzig die Grünen in ihrem Antrag deutlich benennen, was wo und wann geschehen muss. Das ist mitnichten so, Herr Jungclaus, und Sie als Vorsitzender des zuständigen Fachausschusses wissen das auch besser.

Nun kann es sein, dass Sie sich mit dem Vorgehen der Landesregierung, das in Ihrem Ausschuss mehrmals beschrieben und diskutiert wurde, nicht aufgehoben fühlen, dass Sie dieses nicht teilen und deshalb etwas ganz anderes fordern und wollen. Das ist Ihr gutes Recht. Nur, Ihr vorliegender Antrag ist ob der Widersprüchlichkeit in sich selbst keine geeignete Grundlage für eine fachliche Diskussion.

Sie wollen im Rahmen eines weiteren Moduls Daten der Krankenkassen - mindestens der letzten zehn Jahre - von lärmbelasteten Anwohnergebieten des Flughafens Schönefeld einfließen lassen. Auf der anderen Seite soll mit aller Kraft noch eine IstAnalyse vor Inbetriebnahme des BER gemacht werden. Das ergibt keinen Sinn und hat keine Logik - von praktischen Überlegungen einmal ganz abgesehen.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir frühestens Anfang 2012 die Flugrouten kennen, dann reicht schlichtweg die Zeit nicht aus, um mit der nötigen Sorgfalt, Herr Jungclaus, Bevölkerungsgruppen auszuwählen und das ganze Prozedere der Einbeziehung - Sie wissen, dass das freiwillig geschehen muss - zu klären.

Mit der Frankfurter Lärmwirkungsstudie werden Sekundärdaten von 1,5 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen analysiert. Eine Fallkontrollstudie wird erstellt, und zwar mit Befragungen von 24 000 Versicherten, und über jeweils drei Jahre wird es ein Blutdruckmonitoring und eine Schlafstudie für größere Untersuchungskollektive geben. All das soll wissenschaftlich begleitet, analysiert und ausgewertet werden. Krankenkassendaten vorher zu erlangen und eine Belastung durch Lärm nachher zu messen sind bei gleichen Ausgangskoordinaten vergleichbar. Lärm ist Lärm. Es ist egal, ob man diesen nun in Raunheim oder in Blankenfelde-Mahlow spürt und fühlt.

(Beifall DIE LINKE)

Was ist Ihr Problem? Warum weigern Sie sich, anzuerkennen, dass das Gesundheitsmonitoring von der Landespolitik in Brandenburg aktiv unterstützt wird? Warum negieren Sie, dass die Landesregierung engagiert die Frankfurter Lärmwirkungsstudie begleitet und der Flughafen Berlin-Brandenburg als einer von drei Vergleichsflughäfen am Modul Lärmbelästigung und Lebensqualität teilnimmt?

Warum geringschätzen Sie die Herangehensweise der Landesregierung, das Modul 2 - Erkenntnisse aufgrund von Erkran

kungsdaten der Bevölkerung aus der Studie Frankfurt am Main für den Flughafen Berlin-Brandenburg nutzbar zu machen? Warum tun Sie so, als ob die Durchführung des Moduls 3 Auswirkungen chronischer Fluglärmbelastung auf kognitive Leistungen und die Lebensqualität bei Grundschulkindern -, das ja im Umfeld des Flughafens BER entstehen bzw. umgesetzt werden soll, Peanuts seien? Ich habe den Eindruck, Sie möchten hier die Schlachten aus dem Hessischen Landtag noch einmal schlagen.

Meine Damen und Herren, für beide Oppositionsanträge gilt: Die Fragen und Begehren sind im Ausschuss umfänglich erörtert worden. Sie von der CDU verlangen mindestens zum 197. Mal einen Bericht, um der Öffentlichkeit zu suggerieren, Sie würden von der Regierung nicht ordentlich informiert. Ich frage mich: Wozu sind eigentlich Fachausschüsse da?

Aus dem Entschließungsantrag der CDU soll noch jemand schlau werden, aber zum Flughafen hat sich bei Ihnen sowieso eine merkwürdige Beziehung entwickelt. Da versteht Sie ja nunmehr niemand mehr; vielleicht verstehen Sie sich sogar selbst nicht mehr.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Sie kritisieren, dass wir für eine 7,5 Millionen Euro teure Studie als Land Brandenburg nur einen Anteil von 100 000 Euro tragen. Was wollen Sie? Wollen Sie mit aller Gewalt, dass wir mehr bezahlen, um uns dann hinterher gleich wieder fragen zu lassen, wie wir eigentlich mit dem Geld der Steuerzahler umgehen? - Auf der anderen Seite erklären Sie uns, wir sollten unsere knappen Mittel, also die 100 000 Euro, lieber für Lärmschutzmaßnahmen einsetzen, statt sie für Studien auszugeben. Wie soll das gehen? Sollen wir erst erklären: „Wir bezahlen für das Gesundheitsmonitoring statt 100 000 Euro lieber 3 Millionen Euro“, um dann sofort wieder erklären zu müssen, dass wir die 3 Millionen Euro für Schallschutzmaßnahmen verwenden? - Das ist eine wundersame Art der Geldvermehrung. Wir lehnen beide Anträge ab.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der Abgeordnete Beyer spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gelingt uns immer öfter in diesem Hohen Haus, bei verschiedenen Themen fraktionsübergreifend zu Kompromissen und gemeinsamen Linien zu kommen. Ich würde mir wünschen, dass das auch bei einem solch emotionalen Thema irgendwann einmal - heute ja offensichtlich nicht - möglich wird. Aber dazu müssen einige von uns gelegentlich bereit sein, den einen oder anderen Gang zurückzuschalten.

Ich will versuchen, ein klein wenig Licht in die Verwirrung hineinzutragen. Zumindest befürchte ich, dass die Kollegen, die nicht im Ausschuss vertreten sind und die sich vielleicht nicht so intensiv mit diesen Fragen beschäftigt haben, etwas verwirrt sind, und zwar von der maximal möglichen Fülle von Entschließungsanträgen, die wir heute hier zu diesem Thema

vorliegen haben. Das Positive: Einig sind sich offensichtlich alle Fraktionen - das ist wirklich gut -, dass wir ein Gesundheitsmonitoring in der Region des Flughafens brauchen. Das ist völlig unstrittig. Das geht auch aus allen Redebeiträgen meiner Vorredner hervor.

Wie ist die Lage? Momentan sieht es so aus, dass wir - durch die Landesregierung „begleitet“; ich will mich jetzt über den genauen Terminus gar nicht streiten - ein Gesundheitsmonitoring haben werden. So muss man es offensichtlich formulieren. Das soll im Wesentlichen in zwei Modulen stattfinden.

Einmal soll es ein Basismodul zur Untersuchung der Lärmbelastung und der Lebensqualität am Frankfurter Flughafen geben. Wir sind einer von drei Vergleichsstandorten. Die positive Nachricht: Alles dies ist weitestgehend kostenfrei. Ich glaube, das sollte man ruhig einmal sagen. Solche Synergieeffekte zu nutzen macht Sinn.

Dann haben wir ein zweites Modul: „Gesundheitsmonitoring von Grundschülern und deren kognitiven Fähigkeiten“. Hierfür werden die Kosten zwischen 100 000 und 120 000 Euro betragen. Das ist der Rahmen, über den wir reden.

Nun liegen verschiedene Anträge und Entschließungsanträge vor. Es gibt den Ursprungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich bin mit Sicherheit der Letzte, der im Verdacht stehen würde, nicht die Möglichkeit zu nutzen, Frau Ministerin Tack zu kritisieren. Aber ich finde es trotzdem nicht fair, dass in Ihrem Antrag versucht wird, den Eindruck zu erwecken, als wäre die Landesregierung völlig untätig. Das ist sie mit Sicherheit nicht. Auch in der Ausschussbefassung am 28. September 2011 hat die Ministerin eine umfangreiche Stellungnahme zu den beabsichtigten Vorhaben abgegeben.

Der zweite Punkt, auf den Sie in Ihrem Antrag abheben, betrifft die Erhebung der Krankenkassendaten der letzten zehn Jahre. Darüber können wir gern reden. Aber was ich daran als äußerst problematisch ansehe, ist die Finanzierung. Ich zitiere einmal frei nach dem Motto: Darum soll sich doch die Landesregierung kümmern. - Aber so einfach ist es nun auch wieder nicht.

(Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

Ich komme zum Entschließungsantrag der Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion. Darin - darüber wurde auch schon berichtet - wird ein Bericht darüber gefordert, was man denn mit den 100 000 Euro für das Modul 2, das ich eben geschildert habe, machen wolle. Auch darüber wurde in der Ausschusssitzung am 28. September Auskunft gegeben, weshalb ich hierfür ebenfalls keinen Bedarf sehe.

(Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

Es gibt einen weiteren Punkt, der mich sehr verwundert hat: Es werden Schallschutzmaßnahmen gefordert. - Klar, selbstverständlich werden Schallschutzmaßnahmen gefordert, aber in Abhängigkeit der Lärmbelastung durch die Flugrouten, die wir einmal haben werden.

(Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

Aber was, bitte schön, hat das mit dem Gesundheitsmonitoring zu tun? Das erschließt sich mir einfach nicht.

(Vereinzelt Beifall SPD - Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

Ich komme zum Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und DIE LINKE. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen es mir nach - das haben auch schon einige Vorredner angesprochen -, aber dieser Antrag ist in der Tat ein Meisterstück in der Technik: Wie schaffe ich es, auf knapp zwei DIN-A4-Seiten möglichst wenig zu sagen? - Das muss man ehrlicherweise erwähnen dürfen. Das einzig Konkrete ist: Die Landesregierung wird gebeten zu unterrichten. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen versichern: Wir werden sehr genau darauf achten, dass in den Ausschüssen berichtet wird. Dafür hätten wir den Antrag nicht gebraucht.

Damit komme ich abschließend zum Entschließungsantrag meiner Fraktion.

(Heiterkeit bei der Abgeordneten Lehmann [SPD] - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

- Keine Angst, den lasse ich nicht aus. - Ich glaube, wir sollten in einem Entschließungsantrag, wenn wir einen solchen in diesem Hohen Haus fassen wollen, auf die Punkte abheben, die relevant sind. Darin gibt es einen ersten Punkt - darin besteht sogar Einigkeit -, nämlich die Landesregierung aufzufordern, dass wir mit dem Gesundheitsmonitoring möglichst schnell, also noch vor der Eröffnung, beginnen, um einen Vorher-Nachher-Vergleich zu haben.

(Frau Lehmann [SPD]: Da geht es schon los!)

- Das ist nicht so ganz einfach, aber das sollte wirklich unser Bemühen sein.

Ein weiterer für uns relevanter Punkt, den keiner der Vorredner bisher angesprochen hat und der auch nicht in einem der Anträge auftaucht, ist: Wenn wir uns schon nicht darüber einig sind, was wir dort machen oder nicht machen, dann sollte das wenigstens von einem Beirat begleitet werden. Das halten wir für einen entscheidenden Punkt. In diesem Beirat sollten Vertreter der Bürgerinitiativen, der Fluggesellschaften, des Ministeriums, der Senatsverwaltung für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie der Krankenkassen vertreten sein. Ich habe die Vertreter der Bürgerinitiativen zuerst genannt, weil es uns wichtig ist, dass wir zu einer möglichst breiten Akzeptanz kommen.

Das ist unser Vorschlag. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir künftig, wenn alle in der Lage sind, einen Gang zurückzuschalten, vielleicht schon im Vorfeld zu gemeinsamen Anträgen kommen könnten. - Vielen Dank.

(Beifall FDP sowie vereinzelt bei der Fraktion der SPD)

Während Frau Ministerin Tack für die Landesregierung zum Mikrofon geht, begrüße ich als unsere Gäste künftige Justizvollzugsbeamtinnen und -beamte der JVA Cottbus. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die sehr lebhafte Debatte. Das gibt mir die Möglichkeit, noch einmal Folgendes zu sagen: Ein Gesundheitsmonitoring ist ein Gesundheitsmonitoring, das eine Begleitung der Entwicklungen am Flughafen Schönefeld demonstriert, widerspiegelt und aufnimmt. Es wird weder den Lärm reduzieren noch den Standort infrage stellen. Ich möchte dieses Thema somit wieder auf den Boden der Realität zurückholen.

Der Antrag verwundert mich insofern, als Herr Jungclaus im Ausschuss Fragen gestellt und diese auch alle gut beantwortet bekommen hat. Ich kann hier nicht erkennen, worin im Zusammenhang mit der Ausschussberatung die Defizite liegen könnten.

(Frau Lehmann [SPD]: Da gibt es auch keine!)

Der Antrag hat mich schon ein wenig überrascht, denn wir haben alles ausführlich dargestellt und die Fragen gut beantwortet.

(Frau Lehmann [SPD]: So ist es!)

Wir werden - das ist von einigen Rednern deutlich gesagt worden - an der Studie des Flughafens Frankfurt am Main als Vergleichsflughafen teilnehmen. Ich bin sehr froh darüber, dass es diese Möglichkeit gibt, weil es gewährleistet, ein sehr transparentes,

(Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)