Im Bundesrat hat Brandenburg einen Antrag eingebracht und die Bundesregierung aufgefordert, bei der Bedarfsplanung insbesondere die demografische Entwicklung, die Sozialstruktur und die Krankheitslasten zu berücksichtigen. Das korrespondiert mit der erforderlichen Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs, worauf letztlich auch das Gutachten hingewiesen hat.
Meine Damen und Herren! Die gerechte Weiterentwicklung das sage ich noch einmal mit Hinweis an den Fragesteller - des Mobi-RSA und der Bedarfsplanung, die letztendlich den Anforderungen gerecht wird, wollen wir unterstützen. Es ist unser politisches Ziel, dass diese Aufgabenstellung für das Land Brandenburg zum Tragen kommt.
Diese Auffassung vertreten wir zum einen im Bundesrat und zum anderen gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium. Das ist mittel- und langfristig der einzige Weg, hierbei gegenzusteuern und zu einer gerechten Vergütung der Ärztinnen und Ärzte im Land Brandenburg zu kommen.
Nun werden Sie sicherlich gleich nachfragen, wie unser Verhalten dazu im Bundesrat war. Ich erkläre es Ihnen: Wir haben den Antrag von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt nicht abgelehnt, sondern wir haben uns der Stimme enthalten, weil mit diesem Antrag die Gefahr bestand, dass hier zwischen den Ländern eine Entsolidarisierung stattfindet. Das wollten wir nicht mittragen. - Vielen Dank.
Es gibt Nachfragen. - Das hat sich erledigt. Wir kommen zur Frage 770 (Gewalt an Schulen), die die Abgeordnete Große stellt. Bitte schön.
Wir haben heute Nachmittag noch einmal ausführlich Gelegenheit, über dieses Thema zu sprechen. Als ich die Frage formulierte, wusste ich noch nicht, dass wir darüber noch sprechen werden.
Meine Frage lautet: Die Zahl der Gewaltvorfälle an Schulen in Brandenburg ist in den vergangenen Jahren gestiegen, und
zwar von 2008 bis 2010 von 666 auf 777 angezeigte Gewaltvorfälle. Auffallend ist, dass die Gewaltvorfälle regional sehr unterschiedlich verteilt sind. Während in der Prignitz im Jahr 2010 nur 19 Straftaten registriert wurden, lag der Landkreis Oberhavel mit 97 Straftaten an der Spitze.
Ich frage die Landesregierung: Worin sieht sie die Gründe für diese sehr unterschiedliche regionale Verteilung?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Große, die Frage ist, ob die Zahl der Gewaltvorfälle tatsächlich so stark gestiegen ist oder ob man statistisch gesehen nicht auf ungefähr gleichem Niveau bleibt. Sicher ist, dass im Jahr 2008 weniger Gewaltvorfälle als in den Jahren 2009 und 2010 registriert worden sind. Das suggeriert einen Anstieg. Damals erfolgten aber umfangreiche Umstellungen bei der Klassifizierung durch die Polizei. Insofern bewegen sich die Zahlen nach wie vor auf einem hohen Niveau, das aber keineswegs akzeptabel ist. Denn auch mit einer gleichbleibend hohen Zahl an Gewaltvorfällen an Schulen können wir uns nicht zufriedengeben. Unser Ziel ist es, an allen Brandenburger Schulen ein Schulklima zu entwickeln, das frei von Angst und Gewalt ist. Wir sprechen heute Nachmittag noch einmal darüber.
Deshalb werden wir unsere Maßnahmen, Programme und Unterstützungsangebote weiterentwickeln, die lokalen Netzwerke gegen Gewalt stärken und die Wirksamkeit unserer Maßnahmen überprüfen.
Die unterschiedliche Verteilung der Gewaltvorfälle in den Landkreisen Prignitz und Oberhavel ist auffallend. Die Kriminalstatistik allein reicht nicht aus, um die unterschiedliche Verteilung der Gewaltvorfälle zu erklären. Nicht zu übersehen ist aber, dass die Landkreise Prignitz und Oberhavel unterschiedliche Bevölkerungsstrukturen aufweisen und dass sich die Größe der Bezugsgruppen zwischen den beiden Landkreisen deutlich unterscheidet.
Im Landkreis Oberhavel gibt es in den Jahrgangsstufen 7 bis 13 mehr als doppelt so viele Jungen wie in der Prignitz. Wir wissen, dass Jungen an den Gewaltvorfällen sehr viel stärker beteiligt sind als Mädchen. Ob das als Erklärung ausreicht, weiß ich nicht, aber wir werden gemeinsam mit dem Landkreis Oberhavel die Ursachen für die hohe Zahl an Gewaltvorfällen in den Blick nehmen und genau prüfen, welche Unterstützungsmaßnahmen gebraucht werden, um möglichst zielgenau Gewaltprävention zu betreiben. - Danke.
Wir kommen zur letzten Frage dieser Fragestunde, der Frage 771 (Errichtung eines weiteren Solarparks in der Lieberoser Hei- de). Sie wird gestellt vom Abgeordneten Dombrowski.
In der Lieberoser Heide ist die Errichtung eines weiteren, dritten Solarparks auf einer Fläche von mehr als 650 ha beabsichtigt. Der Solarpark III im Gemeindegebiet Schenkendöbern be
findet sich derzeit in der Aufstellungsphase des Bebauungsplanes. Für den Bau und die Errichtung dieses Solarparks würden rund 650 ha Landeswaldfläche in Anspruch genommen. Die Folge wäre ein Kahlschlag. Als oberste Forstbehörde hat das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft in seiner Stellungnahme dem Bau der Solaranlage III zugestimmt und befürwortet damit eine temporäre Waldumwandlung für die Dauer von 25 Jahren.
Ich frage die Landesregierung: Wie begründen Sie die Ausnahme vor dem Hintergrund der Schutzfunktion des Waldes und der Walderhaltungspflicht nach dem Landes- und Bundeswaldgesetz?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Zustimmung zu einer Waldumwandlung ist in jedem Fall das Ergebnis einer umfangreichen Abwägung. Wenn die in den Waldgesetzen normierte Pflicht zum Walderhalt absolut wäre, würden in Brandenburg und in ganz Deutschland keine Bauvorhaben im Wald verwirklicht werden können. Dass dem nicht so ist, wissen wir alle.
Dem Grundsatz des Walderhalts stellt der Gesetzgeber die Möglichkeit der Waldumwandlung rechtlich zur Seite. Eine Genehmigung zur Umwandlung von Wald ist dann möglich, wenn andere Interessen das unbestritten große Interesse am Walderhalt überwiegen. Dem Ausbau der erneuerbaren Energien und insbesondere der Verwirklichung von Photovoltaikanlagen auf Konversionsflächen kommt, gestützt durch das EEG, großes Interesse zu. Auch diese Ziele haben - wie der Walderhalt im Bundeswaldgesetz - Bundesrang.
Damit hat der Gesetzgeber auch nach der EEG-Novelle mit schwarz-gelber Mehrheit für einen Interessenskonflikt gesorgt. Dieser Interessenskonflikt ist nicht immer auflösbar. Es muss der Einzelfall geprüft werden. Dabei bleibt es bei dem Grundsatz des Walderhalts: das heißt im Grundsatz: keine Solaranlagen auf Waldflächen.
Eine gut anliegende Energieinfrastruktur, beispielsweise ein in der Nähe befindliches Umspannwerk zur Einspeisung des erzeugten Stroms, spricht meines Erachtens für eine Einzelfallprüfung auf dem Gemeindegebiet Schenkendöbern mit der dann folgenden - temporären - Waldumwandlung mit der Maßgabe einer Wiederaufforstung.
Die Nutzung der erneuerbaren Energien erfordert in der Regel umfangreiche Trassenbaumaßnahmen. Diese stellen wiederum einen merklichen Eingriff in den Naturhaushalt dar. Auch dieser Fakt muss in eine Abwägung einfließen.
Von den 650 ha Planfläche befinden sich ca. 400 ha im Freiraumverbund des Landesentwicklungsplans Berlin-Brandenburg und in verschiedenen Schutzgebieten. Außerhalb von Freiraumverbund und Naturschutzkulisse liegen ca. 250 ha. Das ist ebenfalls bei der noch nicht abgeschlossenen Abwägung zu berücksichtigen.
Zum Schluss noch einige grundsätzliche Bemerkungen: Das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft wird einen besonderen Beitrag im Bereich erneuerbarer Energien leisten. Ich werde das Thema „Wind im Wald“ mit besonderer Priorität voranbringen. Brandenburg ist Vorreiter bei Photovoltaik und Lärmschutz; ich nenne nur das Projekt an der A10 zwischen Dreieck Nuthetal und Dreieck Potsdam bei Michendorf.
Ich unterstütze die Deutsche Bahn in ihrem Ziel der Einspeisung erneuerbarer Energien aus den unter Vertrag genommenen Windparks. Brandenburg ist und bleibt Energieland. Das sichert einige zehntausend Arbeitsplätze. - Vielen Dank.
Herr Minister, ich habe drei Nachfragen. Erstens: Es haben sich alle Umweltverbände im Land Brandenburg, alle Fraktionen dieses Landtags in der letzten Sitzung des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft und auch das Umweltministerium gegen diese großflächige Abholzung zum Zwecke der Errichtung eines Solarparks ausgesprochen. Wie gehen Sie mit diesen, wie ich finde, geballten und sehr schwerwiegenden Bedenken - die übrigens auch aus Ihrer Forstverwaltung kommen, wie Sie wissen - um?
Frage Nummer zwei: Hat die Landesregierung oder haben Sie die Klimaauswirkungen der großflächigen Abholzung von mehreren hundert Hektar Wald geprüft? Wenn ja, wie ist das Ergebnis der Prüfung in Ihre Entscheidung eingegangen?
Drittens möchte ich Sie bitten, die Kosten der Konversion zu benennen, die zur Mitbegründung dienen, einen solchen Energiedeal dort vorzunehmen. Wie hoch sind die Kosten der Konversion, die Ihr Haus oder die Landesregierung dem Investor konkret „abverhandelt“ hat? Das steht ja wohl im Raum. Die konkrete Summe bitte!
Herr Dombrowski, ich will zunächst einmal den Sachverhalt richtig darstellen: Zum einen habe ich sehr deutlich gemacht, dass noch keine Entscheidung getroffen worden ist. Zum anderen kenne ich keine Abstimmung im Ausschuss. - Ich schaue zu Frau Wehlan.
Es gab Meinungsäußerungen, aber keine Abstimmung. Eine abschließende Meinungsbildung hat im Ausschuss noch nicht stattgefunden.
Gestern haben wir eine sehr emotionale Debatte über die Energiefrage geführt. Der Landtag war sich in dem Fakt „Ausstieg
aus der Kernenergie“ einig. Die Grünen wollen möglichst schnell aus der Kohleverstromung aussteigen.
Ich sage deutlich: Allein mit Dachflächenprogrammen können wir diese beiden Ausstiegsszenarien nicht verwirklichen. Dem müssen wir uns stellen.
Wir haben noch einige Tausend Hektar Konversionsflächen. Die Konversion kann das Land Brandenburg nicht allein leisten. Das muss uns allen völlig klar sein.
Herr Dombrowski, damit bin ich bei der kommunalen Selbstverwaltung. Der Antrag wurde von der Gemeinde Schenkendöbern gestellt. Die Gemeindevertretung ist demokratisch legitimiert; der Bürgermeister, Herr Jeschke von den Christdemokraten, ist mit 57,99 % frisch wiedergewählt worden.
Ich will die Abgeordneten auch auf den Pressespiegel verweisen. Die „Berliner Morgenpost“ titelt: „Energie wird knapp und teuer“. Auch dieser Herausforderung müssen wir uns stellen; denn es geht um die Zukunftsfähigkeit des Landes Brandenburg.
(Dombrowski [CDU]: Sie sollen meine Frage beantwor- ten, Herr Minister, und nicht aus der Zeitung vorlesen!)
- Ich lese überhaupt nicht aus der Zeitung vor. Ich habe den Sachverhalt sehr konkret dargestellt und auch den Interessenkonflikt verdeutlicht.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde angelangt. Da wir die Aktuelle Stunde wegen des wichtigen Themas heute sehr ausführlich gehandhabt haben, entlasse ich Sie bis 13.15 Uhr in die Mittagspause. Die Zeit, die wir verlieren, können Sie bei den Redebeiträgen am Nachmittag wieder einsparen.