Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt liegt uns endlich auch in schriftlicher, in offizieller Form das vor, was Frau Münch bereits vor zehn Monaten zur Amtsübernahme, sozusagen als Amtsantrittsgeschenk, angekündigt hat, nämlich drastische Kürzungen im Bildungsbereich. Es ist bekannt - auch wenn Sie sagen, es steht mehr drin -, dass es sich hier um eine Größenordnung von 24,7 Millionen Euro handelt. Wer daran Zweifel hat, kann auch noch einmal ins Ausschussprotokoll gucken. Bei den Haushaltsverhandlungen wurde es vom Staatssekretär noch einmal ausdrücklich beschrieben. Sie wissen, dass 17,2 Millionen Euro davon auf die Rücklage Personalbudget entfallen.
Wenn Sie sagen, das kann man ruhig machen, das kann man ruhig nehmen, weil man das in der Vergangenheit nicht brauchte, dann sage ich: Jawohl, finde ich grundsätzlich richtig, dass man das Geld da einsetzt, wo es direkt den Schülerinnen und Schülern zugute kommt. Das ist immer noch besser, als wenn es im Keller liegt. Aber man muss natürlich auch einmal fragen die Frage muss sich an dieser Stelle vor allen Dingen die SPD gefallen lassen -, warum in den letzten Jahren mit den SPDBildungsministern nicht längst schon das gemacht wurde, was Sie jetzt hier machen. Weiterhin muss man sagen, dass es sich hier um einen Einmaleffekt handelt; denn die Rücklage wird ja nicht unerschöpflich sein. Es ist also keine geeignete Maßnahme, die strukturelle Verbesserung für den Einzelplan 05 herbeizuführen, weil sie sich jetzt natürlich auch schon fragen müssen, was Sie in den nächsten Jahren machen wollen.
Der nächste große Kürzungsposten sind die dramatischen Kürzungen bei den freien Schulen. Da wird es dann richtig haarig. Aus dem Entwurf ergeben sich noch Kürzungen für die freien Schulen in Höhe von 4,8 Millionen Euro. Dann kommen noch Kürzungen bei den Verwaltungsausgaben und beim Schulsozi
alfonds dazu. Bei den Verwaltungsausgaben begrüßen wir zumindest das Ansinnen. Beim Schulsozialfonds finde ich allerdings schade, dass man nicht mehr Anstrengungen unternommen hat, die Leute vor Ort so weit zu befähigen, dass sie die zur Verfügung stehenden Gelder auch tatsächlich abrufen und somit den Schülerinnen und Schülern zur Verfügung stellen, die diese Hilfe dringend bräuchten.
Alles in allem also 24,7 Millionen Euro. Wir gesagt, das können Sie den Aussagen des Staatssekretärs entnehmen. Nicht nur deshalb erleben wir im Land zurzeit unglaublich große Unzufriedenheit und die größten Proteste gegen die Bildungspolitik von Rot-Rot, die dieses Land jemals erlebt hat.
Natürlich müssen Sie dann auch mal ein bisschen reagieren. Sie haben mit einer Pressemitteilung reagiert - Herr Büttner hat es eben schon gesagt -, über die Sie groß schreiben, dass die Koalition 11 Millionen Euro mehr für Bildung ausgeben würde. Da feiern Sie sich dann als großer Retter in der Not, verschweigen aber großzügig, dass Sie diese Not erst herbeigeführt haben.
Jetzt müssen wir einmal gucken: Was hat es mit diesen 11 Millionen Euro mehr auf sich? 11 Millionen Euro mehr klingt ja erst einmal ganz gut. Wenn man allerdings die Kürzungen gegenrechnet, kommt man - Herr Büttner hat es gesagt - immer noch auf ein Minus von 13,7 Millionen Euro. Guckt man einmal genauer auf die 11 Millionen Euro, erhält man noch mal ein anderes Bild. Da haben wir zum Beispiel die Erhöhung der Hochschulzuweisungen um 5 Millionen Euro. Dass Sie damit den Hochschulen ohnehin nur das geben, was ihnen sowieso zusteht, was Bundesmittel sind, und dass Sie diese Mittel auch noch aus der Rücklage Hochschulbau nehmen, also das als Deckungsquelle nehmen, dass Sie es den Hochschulen an anderer Stelle wieder wegnehmen, das steht auf einem ganz anderen Blatt.
Aber man muss einmal sagen, dass das überhaupt nicht die Änderungen am Einzelplan 05 betrifft, genauso wenig wie die Ansätze für die Gedenkstätte Lindenstraße und das KZ-Außenlager Klinkerwerk.
Wenn man das alles zusammenrechnet, dann ergibt sich für den Einzelplan 05 immer noch ein Kürzungsvolumen von 19,2 Millionen Euro. Damit wird jetzt schon deutlich, dass mit einer Verbesserung der Bildungsqualität in Brandenburg auf Grundlage dieses Haushaltes nicht zu rechnen sein kann.
Das verwundert relativ wenig, weil Sie die großen Probleme in der Bildung immer noch nicht anfassen. Sie tun nichts, um den Unterrichtsausfall zu minimieren. Die Opposition kritisiert das schon die ganze Zeit. Mittlerweile hat aber auch der Landesrechnungshof Herrn Platzeck ins Stammbuch geschrieben, dass es hier ein Problem gibt. Es wurde ausführlich durchgerechnet, wurde ausführlich begründet, allerdings für das Schuljahr 2008/2009. Die aktuelle Statistik zeigt, dass der Unterrichtsausfall noch einmal deutlich gestiegen ist. Er war seit 1998 nie so hoch wie jetzt. Er liegt bei 10 %. Und das sind immerhin die Statistiken des Bildungsministeriums. Man kann hieran ganz deutlich ablesen, dass Sie nichts tun, um den Unterrichtsausfall zu verhindern.
Die Vertretungsreserve von 3 % ist komplett durch die langzeiterkrankten Lehrer aufgebraucht; das hat die Ministerin selbst bestätigt. Es gibt also gar keine freien Ressourcen mehr für kurzfristige Vertretungen. Also wird immer mehr Unterricht ausfallen. Um das zu kompensieren, werden Sie auch weiterhin auf Förderstunden und Teilungsstunden zurückgreifen müssen, sodass individuelle Förderung von Kindern immer weniger stattfindet.
Dann muss man sagen: Das von Ihnen eingeführte Personalkostenbudget ist ja wohl ein absoluter Witz. Es ist eigentlich ein schlechter Witz; denn grundsätzlich wäre das Personalkostenbudget durchaus eine vernünftige Lösung.
- Genau, wir haben es gefordert. Wir haben aber nicht gefordert, dass Sie das, was Sie den Schulen zur Verfügung stellen, ihnen an anderer Stelle wegnehmen, sondern wir haben gefordert, dass Sie tatsächlich zusätzliche Mittel in die Hand nehmen müssen. An dieser Stelle muss man sagen: Es ist schon fast beruhigend, dass die Schulen darauf nicht zurückgreifen;
denn wenn sie das in Anspruch nehmen würden, wären sie schön dämlich. Also müssen wir eigentlich froh sein, dass sie das tatsächlich nicht nehmen.
Darüber hinaus zeigt sich die Landesregierung auch noch uneinig, wenn es darum geht, den Generationswechsel in der Lehrerschaft entschlossen einzuleiten. Wir haben noch in guter Erinnerung, dass das Bildungsministerium erst nach fast tumultartigen Szenen hinter den Kulissen überhaupt überzeugt werden konnte, dass es die Zahl der neu einzustellenden Lehrer nach oben korrigieren muss. Es ist ja, wie gesagt, bundesweit eigentlich ein einmaliger Vorgang, dass ausgerechnet der Finanzminister dem Fachressort vorrechnet, dass es deutlich mehr Leute einstellen müsste, wo doch normalerweise der Finanzminister die Taschen zuhält. Das lässt auf die Kompetenz in diesem Hause schon tief blicken. Dennoch sollte man auch an dieser Stelle nicht verschweigen, dass bis zum Ende der Legislatur immer noch etwa 300 Lehrerstellen abgebaut werden. An dieser Stelle wird noch einmal deutlich, dass diese Landesregierung nichts, aber wirklich gar nichts so richtig beherzt anpackt. Das will ich auch am Thema Inklusion deutlich machen.
Wenn die Landesregierung Inklusion in diesem Land tatsächlich voranbringen wollte, dann müsste sie die Sache natürlich anders anpacken. Sie müssen sich einmal vorstellen, dass unter den Lehrern und den betroffenen Eltern mittlerweile in Brandenburg Inklusion als mögliches Unwort des Jahres gehandelt wird, und das in erster Linie nicht, weil die Leute dem Ansinnen gegenüber grundsätzlich negativ eingestellt sind, sondern weil diese Landesregierung alles Erdenkliche dazu falsch gemacht hat, was man auch nur hätte falsch machen können.
Das muss man wirklich sagen: Alles, was schiefgehen kann, geht schief. Das ist ein Umstand, der normalerweise als Murphys Gesetz bezeichnet wird. Nur ist in diesem Land nicht Murphy Bildungsminister, sondern Frau Münch. Sie müssen also aufpassen, dass diese Redewendung in Zukunft nicht noch ganz anders klingt.
Wenn man sich anguckt, wie dilettantisch Sie dabei insgesamt vorgegangen sind, dann graust es einem. Es geht los mit der überraschenden Ankündigung, Förderschulen bis 2019 zu schließen, abzuschaffen. Nachdem Sie uns drei Tage vorher an genau dieser Stelle erklärt haben, dass wir Panik machen und Ängste schüren würden, verkünden Sie dann, dass sie geschlossen werden sollen.
Dann die Regionalkonferenzen, womit Sie Beteiligung vorgegaukelt haben. Das waren Regionalkonferenzen, bei denen die Redner ihre Redebeiträge vorher beim Ministerium einreichen mussten, damit sie dort zensiert werden konnten.
Das muss man sich einmal vorstellen. Ich finde das wirklich erschreckend, weil ich dachte, dass diese Zeiten in unserem Land Gott sei Dank vorbei sind.
Dann erfahren wir aus der Presse, dass es Pilotschulen geben soll, die Inklusion ausprobieren. Diesen Feldversuch kann man schon jetzt getrost als gescheitert bezeichnen; denn an diesen Schulen gibt es teilweise Klassen mit 29 Schülern, wovon mehrere sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Das ist deutlich schlechter, als es die Sonderpädagogik-Verordnung geregelt hat. Und das, meine Damen und Herren, ist eine absolute Zumutung sowohl für Schülerinnen und Schüler als natürlich auch für die Lehrer. Spätestens dann, wenn die sowieso nur stundenweise eingesetzte zweite Lehrkraft ausfällt, müsste auch dem Ministerium auffallen, dass man bei Inklusion in der jetzt praktizierten Form bei den diesjährig laufenden Pilotschulen weit unter den Standards der bisherigen Regelungen zum gemeinsamen Unterricht bleibt.
Damit ist der Beweis erbracht, dass die Landesregierung Inklusion anders als Ihren Beteuerungen zufolge als Sparmodell fahren will. Ich sage ganz deutlich: Wer Inklusion als Sparmodell fährt, darf sich nicht wundern, wenn er am Ende am Baum landet. Daran ändert sich eben auch nichts, wenn die Bildungsministerin jetzt ein neues Pilotprojekt für das kommende Schuljahr auslobt, wonach die Klassenobergrenzen für einen gemeinsamen Unterricht immer noch höher liegen als bei der Sonderpädagogik-Verordnung, nämlich nicht bei 23 Schülern, sondern bei 26. Wir haben auch ganz unterschiedliche Aussagen gehört, wie viele Schulen an diesem neu konstruierten Modellversuch teilnehmen sollen. Im Bildungsausschuss hieß es noch 70, beim Runden Tisch waren es dann 80 bis 90, in der Zeitung steht heute auch 90. Wenn man diese 2 Millionen Euro durch die Zahl der teilnehmenden Schulen teilt, dann kommt heraus, dass das pro Jahr weniger als eine Stelle bedeutet.
Meine Damen und Herren, das ist wirklich Hohn, und ich bin mir sicher, dass das eben nicht zur Steigerung der Akzeptanz bei Eltern, Lehrern und Schülern führen soll. Letzten Endes, Frau Münch, müssen Sie das dann eben auf Ihre Kappe nehmen.
Ich möchte noch einmal auf das Paradebeispiel ideologisch geleiteter Bildungspolitik zu sprechen kommen, nämlich auf die Kürzungen bei den freien Schulen. Es ist zunächst einmal völliger Humbug, den Versorgungsauftrag des Staates gemäß Artikel 7 unseres Grundgesetzes so zu interpretieren, als sei das nur mit staatlichen Schulen zu machen. In Artikel 7 steht klar:
Das ist sowohl bei staatlichen als auch bei freien Schulen gegeben. Sie tun immer so, als würden die freien Schulen irgendwie im rechtsfreien Raum agieren. Das trifft natürlich überhaupt nicht zu. Das hat Gott sei Dank auch der Kollege Holzschuher erkannt. Kollege Holzschuher - ich sage: Bravo! - war entweder der Erste, der es begriffen hat, oder er war der Erste, der sich getraut hat, seiner Erkenntnis Ausdruck zu verleihen. Ich hoffe, dass sich das bei den anderen auch noch durchsetzt.
Meine Damen und Herren! Es ist ebenfalls völliger Humbug, wenn die Regierungskoalition behauptet, die Kürzung bei den freien Schulen sei eine geeignete Maßnahme, zur Sanierung des Landeshaushalts beizutragen. Ihre Argumentation ist deshalb Quatsch, weil Sie mit Absicht verschweigen, dass Schulen in freier Trägerschaft nur zu 65 %, Schulen in staatlicher Trägerschaft jedoch zu 100 % durch die öffentliche Hand finanziert werden. Dass die freien Schulen die Pensionslasten des Landes verringern, ist klar, aber auch unsere Kommunen erfahren eine deutliche Entlastung. Allein in Potsdam wird durch das Engagement der freien Schulträger mit einer Entlastung um jährlich 1,6 Millionen Euro gerechnet. Vor dem Hintergrund kann man verstehen, dass sich Herr Jakobs an die Landesregierung wendet und um Unterstützung für die freien Schulen bittet. Auf der anderen Seite ist es natürlich ziemlich schizophren, wenn dieselben Leute, die auf kommunaler Ebene dafür gestimmt haben, hier dann plötzlich dagegen stimmen. Wenn Sie die Beschlüsse so fassen und die freien Schulen ihren Betrieb damit nicht mehr aufrechterhalten können und das Angebot reduziert wird, werden mittelfristig Mehrkosten im Landeshaushalt anfallen, weil das Vorhalten von staatlichen Schulen deutlich teurer ist. Wir, die CDU-Fraktion, lehnen dieses Vorgehen der Regierungskoalition ab, weil es kurzsichtig ist und die Zukunft unseres Landes gefährdet. Deshalb haben wir Änderungsanträge zum Haushalt und zum Haushaltsbegleitgesetz eingebracht und fordern, die Kürzung der Mittel für die freien Schulen zurückzunehmen.
Wir fordern Sie auch auf, endlich zu dem zu stehen, was Sie im Koalitionsvertrag vereinbart haben: Räumen Sie der Bildung tatsächlich Priorität ein! Kommen Sie Ihrem Auftrag als Abgeordnete nach und stellen Sie die richtigen Weichen! Degradieren Sie den Landtag bitte nicht zu einer Abnickbude für fragwürdige Vorschläge aus den Ministerien.
Herr Günther, wenn Sie sagen, gute Bildung soll man nicht nur machen, man soll auch darüber reden, dann sage ich Ihnen: Sie sollten erst einmal gute Bildung machen und dann darüber reden.
Als Abgeordnete sind wir für den Haushaltsplan verantwortlich. Wenn SPD und Linke in ihrem Koalitionsvertrag der Bildung Priorität einräumen, dann muss sich das auch im Haus
halt widerspiegeln. Das tut es allerdings nicht, und das - das müssen Sie sich sagen lassen - ist Ihr Versagen. Deshalb können wir Sie nur auffordern: Ändern Sie das! Wir werden diesem Entwurf so nicht zustimmen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hoffmann. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Frau Ministerin Münch erhält das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine beiden Vorredner der Oppositionsfraktionen: Was ich in der letzten halben Stunde an falsch verstandenen Behauptungen - ich unterstelle einmal, dass es bewusst falsch verstanden wurde, denn wenn Sie es wirklich nicht verstanden haben, müsste ich an der Bildung in diesem Land zweifeln -, Verdrehungen, Unterstellungen und Verleumdungen gehört habe, ist schon ein starkes Stück.
Wir haben heute eine Debatte über die Bildungspolitik. Es ist eine wichtige Debatte, und sie eignet sich im Grunde nicht dazu, die üblichen Steinwurfaktionen zu veranstalten und sich als Opposition wild zu gerieren. Es geht darum, uns im Sinne der Kinder und Jugendlichen in unserem Land ein Stück weit auf das, was uns allen wichtig ist, zu verständigen. Wenn ich Sie nicht aus der Ausschussarbeit kennen würde, würde ich glauben, Ihnen liege nichts daran. Aber Gott sei Dank reden Sie andernorts anders. Insofern, denke ich, werden wir auch zukünftig kooperieren können.
Der Einzelplan meines Hauses macht deutlich, dass die Koalition eine hohe Priorität auf Bildung legt. Um das zu verstehen, muss man ein bisschen dialektisch denken können.