Es gibt große Bereiche im Wissenschaftsbereich, in denen wir konstant finanzieren und zum Teil sogar draufsatteln. Das ist eine Leistung innerhalb dieses Haushalts, wenn man sich den Gesamthaushalt vor Augen führt.
Es gibt natürlich auch Probleme. Die haben wir heute nicht nur von den Studierenden, die hier protestiert haben, sondern auch
von den Hochschulrektoren, die sich mit uns auseinandersetzen, gehört. Da geht es zum Beispiel darum, dass die Grundmittel pro Studierendem in den letzten zehn Jahren um 30 % gesunken sind. Da geht es darum, dass die Betreuungsrelation verschlechtert worden ist, und zwar von 12 Studierenden pro Lehrkraft auf 16,5 Studierende. Da geht es darum, dass wir mit 11,5 % der Hochschulausgaben an den Bildungsausgaben des Landes insgesamt den letzten Platz im bundesweiten Vergleich einnehmen.
Es gibt also massive Probleme an den Hochschulen. Das ist angesichts des Einzelplans 06 eine problematische Situation. Der wirklich schmerzhafte Einschnitt der globalen Minderausgabe im nächsten Jahr ist aus meiner Sicht nur ganz schwer zu kompensieren. Es wird eine große Aufgabe für die Hochschulen und das Wissenschaftsministerium, hier mit Augenmaß zu handeln, um nicht unnötig Strukturen kaputt machen zu müssen. Diese 12 Millionen Euro globale Minderausgabe im nächsten Jahr sind vor allem deshalb ärgerlich - das sage ich hier ganz ehrlich -, weil wir die Debatte in Bezug auf die Strukturänderungen 2012 erst führen wollen und müssen.
Die Empfehlungen der Kommissionen, die eingesetzt worden sind, liegen ebenfalls erst im nächsten Jahr vor. Erst dann können wir entscheiden, wo strukturell wirklich eingespart werden soll. Insofern ist das wirklich ärgerlich. Auf die zusätzlichen Belastungen wegen der doppelten Abiturjahrgänge ist meine Kollegin Melior eingegangen. Der Haushalt insgesamt ist ein Gesamtkunstwerk.
- Das können Sie vor einem finanzpolitischen, aber auch vor einem künstlerischen Aspekt so sehen. Es war insgesamt wirklich schwierig, diesen Haushalt so auf die Beine zu stellen, wie wir das gemacht haben. Da waren viele Abwägungen nötig. Ich glaube aber, dass auch in diesem Haushalt die Priorität „Bildung und Wissenschaft“ zu erkennen ist.
Meine Kollegin Große hat vorhin gesagt, dass der gesellschaftliche Konsens, trotz weniger Mitteln mehr in die Bildung zu stecken, noch nicht optimal ausgereizt sei und wir hier noch viel zu tun hätten. Das sehe ich sowohl für den Bildungs- als auch für den Wissenschaftsbereich. Ich hoffe jedoch, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahren noch viel gemeinsam schaffen. Das gilt nicht nur für die rot-rote Koalition. Das betrifft alle Menschen hier im Land Brandenburg. Wir sollten viel tun, damit wir in künftigen Jahren nicht wieder so stark bei der Wissenschaft, wie wir dies in diesem Jahr tun müssen, zu kürzen haben. In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jürgens. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete von Halem hat das Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal: Bei der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses wurde uns, wenn auch
ohne vorherige Ankündigung, erneut die ganze Palette außeruniversitärer Forschungseinrichtungen präsentiert - Fraunhofer, Leibniz, Planck, Helmholtz -, und zwar als Dachgesellschaften mit einer jeweils beeindruckenden Vielzahl in Brandenburg angesiedelter Forschungsinstitute.
Das, was wir in unserem Bundesland haben, ist ein großer Schatz. Dass dieser Schatz für jeden investierten Euro eine mehrfache Rendite abwirft, wurde uns vorgetragen - genauso wie die Wunschliste dieser Forschungsinstitute: anständige Infrastruktur, Hilfe bei Ausgründungen und eine verlässliche und ausfinanzierte Hochschullandschaft.
Anderenfalls verschenken wir dieses großartig Potenzial und können es nicht zum Gewinn für Brandenburg nutzbar machen. Die Hochschullandschaft ist glänzend, aber sie schwimmt in riskanten Gewässern. Sie ist bedroht von kleinen und von großen Fischen.
Die kleineren sind zum Beispiel erstens: Die Vorgabe, freiwerdende Professuren nicht neu besetzen zu dürfen, führt zu zunehmend untragbaren Studiensituationen.
Zweitens. Der von der Landesregierung kürzlich vorgelegte Bericht zur notwendigen Einführung akademischer Studienangebote für Pflege und Gesundheit errechnet hierfür einen Finanzbedarf von jährlich mindestens 3,2 Millionen Euro. Der Bedarf ist gegeben, aber für die Umsetzung gibt es keinen Plan.
Drittens. Der Bedarf an Sonder- und Inklusionspädagogen ist wirklich groß. Die Einführung entsprechender Studiengänge an der Uni Potsdam wurde nun vom Landtag ohne finanzielle Unterfütterung beschlossen. Die richtigen Konzepte für die Inhalte fehlen und wurden erst einmal auf die lange Bank geschoben. Das ist ein im wahren Wortsinne zukunftsweisender Zeitplan.
Viertens. Lehrerbildung: Da stehen wir vor der Herausforderung, mit weniger Geld mehr Lehrerinnen und Lehrer besser auszubilden.
Sechstens. Die beiden Hochschulstrukturkommissionen lähmen natürlich die Arbeit der Hochschulen. Keiner kennt das Ziel der Reise. Sicher ist nur die Ungewissheit. So wird ein Hochschulsystem beeinträchtigt, das heute schon gekennzeichnet ist durch überfüllte Hörsäle, Seminare mit über 100 Studierenden, mangelhafte Betreuungsangebote für Studierende, Missstände bei den Arbeitsbedingungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter, immer mehr Lehrbeauftragte in prekären Beschäftigungsverhältnissen und eine schlechte allgemeine finanzielle Ausstattung. Im Bundesvergleich ist Brandenburg nicht nur auf den schlechtesten Plätzen in Bezug auf die Pro- Kopf-Ausgaben für Wissenschaft, sondern auch in Bezug auf die Betreuungsrelation bei den Studierenden.
Jetzt droht uns, dass es noch schlimmer wird. Jetzt kommen die dicken und gefährlichen Fische: Die Zahl der Studierenden wird sich in den nächsten Jahren nicht reduzieren. Die vom HIS - Institut für Hochschulforschung - erstellte Studie aus dem Juni 2011 prognostiziert trotz des demografischen Wandels in etwa gleichbleibend hohe Studienanfängerzahlen bis 2025.
Dessen ungeachtet kürzt die Landesregierung bei den Hochschulen und belegt sie mit einer globalen Minderausgabe in Höhe von 12 Millionen Euro und reicht die Hochschulpaktmittel nicht vollständig weiter. Vor dem Hintergrund, dass mehr als 85 % der jetzigen Mittel für Personal ausgegeben werden, sind diese Kürzungen schwer verkraftbar.
Hochschulpakt: Aufgrund des erwartbaren Andrangs Studierender haben Bund und Länder den Hochschulpakt vereinbart. Brandenburg hat sich darin verpflichtet, die Studienanfängerzahlen aus dem Jahr 2005 konstant zu halten. Das ist passiert sogar mit erheblichen Steigerungen. Alle waren wir stolz darauf. Diese Studierenden sind nun im System Hochschule und haben ein Recht darauf, gute Bedingungen vorzufinden.
Jetzt hat der Bund 25 Millionen Euro im Rahmen des Hochschulpakts 2020 für Brandenburg angekündigt. Davon werden im Etat des Wissenschaftsministeriums aber lediglich 15 Millionen Euro als Einnahmen verbucht - zudem mit dem Hinweis: Mehreinnahmen dürften - nicht: müssten - weitergegeben werden. Die Antwort auf die Frage, wie sich diese Differenz errechnet, ist vonseiten des Ministeriums mehrfach nur angedeutet worden. Es hieß, man wolle auf Nummer sicher gehen und keine zu hohen Zahlen einstellen. Das seien nur Prognosen.
In den letzten Jahren sind diese Prognosen zwar immer um ein paar Tausend Euro höher oder niedriger gewesen, nie jedoch um 10 Millionen Euro niedriger. Von diesen 15 Millionen Euro wurden vorerst nur 10 Millionen Euro an die Hochschulen weitergereicht. Jetzt ist das offensichtlich aufgefallen, und es werden 15 Millionen Euro weitergereicht, auch wenn die zusätzlichen 5 Millionen Euro den Rücklagen für den Hochschulbau entnommen werden. Das ist ein eher fauler Trick.
Wo bleibt die 10-Millionen-Euro-Differenz zwischen den vom Bund angekündigten 25 Millionen Euro und den eingestellten 15 Millionen Euro? Was macht die Landesregierung mit dem Geld, das für zusätzliche Stellen an den Hochschulen und für ein qualitativ hochwertiges Studium zweckgebunden ausgegeben werden muss?
- Ja, das haben Sie mir des Öfteren schon erzählt, aber eine plausible Antwort ist das noch nicht. Es fehlen 10 Millionen Euro zweckgebundener Mittel, die zwingend weitergereicht werden müssen. Was passiert damit? - Aus meiner Sicht sind die Erklärungen so wenig befriedigend, dass ich tatsächlich weiterhin auch die Vermutung aufrechterhalte, das möge vielleicht etwas mit Haushaltssanierung zu tun haben.
Wir haben hier keinen Änderungsantrag gestellt. Das liegt schlichtweg daran, dass diese Gelder einerseits überhaupt nicht im Haushalt auftauchen und sie andererseits zwingend weitergereicht werden müssen. Aber wir werden genau hinsehen. Was wir allerdings ändern wollen, ist die globale Minderausgabe. Im Paket wollen wir diese 12 Millionen Euro als globale Minderausgabe in den Landesbetrieb Straßenwesen verschieben. Dort ist nach unserer Einschätzung durchaus noch Beton lockerzumachen, der besser in Bildung investiert wäre.
Im Finanzausschuss fiel ein interessantes Argument gegen diesen Deckungsvorschlag. Es hieß, das ginge nicht; denn man
Klar, an den Hochschulen ist es wegen der Vielzahl prekärer und befristeter Beschäftigungsverhältnisse leichter, und das scheint auch so in Ordnung zu sein. Auch so kann Prioritätensetzung aussehen. Den Hochschulen wird durch die globale Minderausgabe der Freiraum genommen, eigene Prioritäten zu setzen. Sie kürzen nämlich gerade dort die Hälfte der Mittel, die nicht durch Personalausgaben gebunden sind. Wo hier noch Freiräume sein sollen, um Forschungsanträge zum Exzellenzwettbewerb, zusätzliche Tutorien, Maßnahmen zur Frauenförderung oder für Anreizmechanismen für eine bessere Profilierung aufzubauen, sehen wir nicht. Es wird interessant zu beobachten sein, wie sich die Drittmitteleinwerbung in den nächsten Jahren entwickeln wird. Bleiben wir stehen? Wird der Anstieg verlangsamt? Oder geraten wir gar unter das Niveau von diesem Jahr?
Angesichts der Kürzungen entsteht natürlich noch eine weitere Frage. Es sieht so aus, als ob mit diesen Sparbeschlüssen den Strukturkommissionen das Leben schwer gemacht werden soll. Welchen Empfehlungsspielraum haben sie überhaupt noch? Oder ist es eine kluge Taktik, vorher Fakten zu schaffen? Wird hier einfach gekürzt ohne Strategie, ohne Ziel, ohne Plan, ohne dass wir uns geeinigt hätten, wie viele Studierende in welchen Fächern wir eigentlich haben wollen, ohne zu überlegen, wie wir die akademischen Studienangebote für die Pflege umsetzen, wie wir mit der Inklusionspädagogik umgehen?
All diese Unsicherheiten und unklaren Zukunftsperspektiven sind Gift für das Wissenschaftssystem. Planbarkeit und Verlässlichkeit wären der Humus, auf dem starke Hochschulen gedeihen und gute Köpfe für die brandenburgische Hochschullandschaft gewonnen werden. Wir wollen keine Kürzungen im Hochschulbereich und auch nicht im Bildungsbereich. Wir wollen ruhiges Fahrwasser mit zuverlässiger Brise statt gefährlicher Fische. Da mag man auf Podien, in der Zeitung oder auch hier, im Parlament, noch so sehr die Priorität für Wissenschaft und Bildung herbeireden. Davon wird es noch nicht besser. Hier sind andere Entscheidungen gefragt und keine warmen Worte.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Die Aussprache wird nunmehr mit dem Beitrag der Landesregierung fortgesetzt. Frau Ministerin Prof. Dr. Kunst hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dann kommen wir zu fortgeschrittener Stunde zum Einzelkunstwerk,
Diejenigen von Ihnen, die sich in den Einzelplan meines Ministeriums tiefer eingelesen haben, werden erfreut festgestellt haben, dass das Ausgabevolumen mit einem Zuwachs von 45 Millionen Euro in Anbetracht des Sparkurses der Landesregierung nicht unbeträchtlich ansteigt. Die Gründe für den Etatanstieg von rund 45 Millionen Euro sind aber leider fast nur optischer Natur, insbesondere verursacht durch zusätzlich veranschlagte Haushaltsmittel für die Umsetzung der drei landwirtschaftlichen Leibniz-Institute aus dem Einzelplan 11 in den Einzelplan 06 und die Veranschlagung von Baumitteln für die Stiftung Stift Neuzelle.
Es war schon mehrfach darauf eingegangen worden, dass die überregionalen außeruniversitären Forschungseinrichtungen tatsächlich Mehreinnahmen bekommen, nämlich in Höhe von 20 Millionen Euro, allerdings mit Mehrausgaben in Höhe von 5 %, um den Pakt für Forschung II auch landesseitig zu bedienen. Bezüglich dessen, dass das gut investiertes Geld ist, scheint mir großer Konsens zu bestehen, wenn ich die vorherigen Diskussionsbeiträge höre.
Es gilt unverändert: Die Landesregierung setzt zur Sicherung einer erfolgreichen Landesentwicklung auf eine leistungsstarke Forschungs- und Hochschullandschaft. Ganz eindeutig ist das durch die sehr gute Finanzierung der außeruniversitären, überregionalen Forschung belegt. Jedoch: Die Einsparungen im Einzelplan 06 werden im Hochschulbereich erbracht. Die 12 Millionen Euro globale Minderausgabe entsprechen einer 5%igen Kürzung der Grundfinanzierung bei den Hochschulen. Das will und kann niemand wegdiskutieren. Real werden die Hochschulen 2012 mehr Geld als 2011 zur Verfügung haben. Insgesamt stehen durch Personalverstärkungsmittel und die Mittel aus dem Hochschulpakt 2020 2,5 Millionen Euro mehr zur Verfügung - und das bei nahezu gleichbleibenden Studierendenzahlen. Es ist nicht das Chaos ausgebrochen. Es ist nicht so, dass in Brandenburg die Studierendenzahlen exorbitant gestiegen sind; das ist eine Mär. Und: Würde der Änderungsantrag zum HSP 2020 heute verabschiedet werden, wären es insgesamt 7,5 Millionen Euro mehr für die Hochschulen.
Es ist nicht mein Ding, schönzufärben, aber für Untergangsszenarien, wie sie in den vergangenen Monaten und auch gerade eben noch einmal gemalt worden sind, gibt es bei diesem Haushalt - vielleicht noch nicht bei diesem Haushalt - tatsächlich keinen Anlass.
Wenn im HSP 2020 25 Millionen Euro eingeworben werden sollten - ich komme mir da etwas vor wie in der Endlosschleife, ich hatte mehrfach begründet, warum die Ansätze so gewählt wurden, wie sie gewählt worden sind -, so kann ich die Behauptung, dass dieses Geld nicht den Hochschulen zur Verfügung gestellt werde, nur zurückweisen. Es ist in der Tat nur eine Vermutung. Ich freue mich auf das genaue Hinsehen, und Sie werden mitverfolgen können, dass im Falle des erlegten Bären selbiger Bär auch bei den Hochschulen landet.