Es geht dabei keinesfalls um ein Unter-Generalverdacht-Stellen unserer Landesbeamten und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Wir verhelfen vielmehr der großen Mehrheit der Bediensteten damit dazu, frei von jedem Verdacht arbeiten zu können. Wir schaffen die Voraussetzungen für Transparenz und Vertrauen in staatliche Institutionen.
Dazu sind einheitliche Kriterien notwendig, und leider sind Sie bei dieser Debatte bezeichnenderweise einen Weg gegangen, der uns nicht weit genug bringt. Herr Vogel hat schon richtig gesagt: Es ist kein guter Stil, dieses Thema mit einem Kabinettsbeschluss vor der Landtagsdebatte vorwegnehmen zu wollen. Darin reiht sich jetzt ein, dass in dieser Debatte nicht die politisch Verantwortlichen sprechen, sondern der erst kürzlich verbeamtete Staatssekretär.
Herr Kollege Ziel, Sie haben gerade angesprochen, dass es eigentlich naheliegt, dass bei diesem Thema der Organisationsminister, der Innenminister federführend ist. Es wäre schön, wenn es jetzt in Brandenburg so wäre. Wir wären sehr dafür.
Wir werden leider weiter mit Situationen leben, in denen eben noch Abgeordnete oder die Presse dafür sorgen müssen, dass Dinge aufgedeckt werden - das ist nicht gut für unser Land. Brandenburg bleibt damit leider Schlusslicht.
Die Neugier wird bleiben; sie ist berechtigt, sie ist fast schon zwingend, und wir würden uns freuen, wenn man die Spekulationen beendete. Wir wissen, welche Zumutung es für die von der Stasi drangsalierten Menschen ist; wir wissen, dass Brandenburg da im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht gut dasteht, und wir sehen die Gefahr, dass wieder eine Chance verspielt wird.
Wir Liberale sagen: Diese Halbherzigkeit, dieses Sowohl-alsauch, dieses „ein bisschen und lieber ganz wenig“ hat Brandenburg nicht verdient. Nur Klarheit schafft Vertrauen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Teuteberg. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Ludwig von der Fraktion DIE LINKE fort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die brandenburgische Landesregierung hat am vergangenen Dienstag ihre Kriterien zur Überprüfung der Landesbediensteten nach den Möglichkeiten des neuen Stasi-Unterlagen-Gesetzes beschlossen. Brandenburg hat so als erstes Bundesland, sehr geehrte Frau Kollegin Teuteberg, eine einheitliche
Anwendung der erweiterten Regelung des zum Jahresbeginn geänderten Stasi-Unterlagen-Gesetzes umgesetzt. Wenn Sie von der Opposition mit Ihren Anträgen auf eine Untätigkeit der Landesregierung abheben wollten, so ist Ihnen nunmehr das Thema abhanden gekommen. Sehr geehrter Herr Kollege Vogel, das aber hier zu nutzen, um den Inhalt des Landesregierungsbeschlusses zu diffamieren, halte ich gerade bei dieser Materie nicht für angemessen.
Nach der Regelung der Landesregierung werden alle Minister, Staatssekretäre und politischen Beamten vor der Übernahme auf eine mögliche Tätigkeit für die Staatssicherheit überprüft. Gleiches gilt für Beamte, Richter und andere Beschäftigte, die erstmalig die Leitung einer Behörde, eines Gerichts oder eines Landesbetriebs übernehmen wollen. Auch angehende Abteilungsleiter in Ministerien müssen sich einer entsprechenden Überprüfung unterziehen.
Weitere anlassbezogene Auskunftsersuchen an die Stasi-Unterlagenbehörde sind möglich zu Personen, die eine Funktion mit besonderer Vertrauensstellung oder besonderer öffentlicher Verantwortung oder Wahrnehmung ausüben. Eine Überprüfung von Beschäftigten, Beamten und Richtern soll auch dann möglich sein, wenn neue Tatsachen den Verdacht einer früheren Tätigkeit für das MfS nahelegen. Damit nutzt die Landesregierung das neu eingeführte Sonderauskunftsrecht des Stasi-Unterlagen-Gesetzes aus. Es war ja bisher immer schwierig, dass die Medien agierten und die Dienststellen keine Einsicht in die Unterlagen erhalten haben. Herr Kollege Vogel, das ist einer der wesentlichen neuen Punkte in dem Gesetz, das hat sich geändert. Es sind jetzt nicht mehr Medien und Wissenschaftler in der ersten Hand; wir können tatsächlich Einsicht nehmen.
Eine anlasslose Überprüfung aller Beschäftigten soll nicht stattfinden. Diese Regelung der Landesregierung ist aus Sicht meiner Fraktion angemessen und auch völlig ausreichend. Viele der Bediensteten sind seit vielen Jahren in der brandenburgischen Landesverwaltung tätig; sie sind entsprechend überprüft worden,
oder sie kommen aus Altersgründen oder aber aus Gründen der Herkunft nicht wirklich in den Verdacht, für den Staatssicherheitsdienst gearbeitet zu haben. Zudem haben die Bediensteten eine Einstellungsentscheidung des Landes. Sie haben, wenn sie denn bei der Einstellung nicht gelogen haben, einen Anspruch darauf, dass diese Entscheidung auch bestehen bleibt. Wenn Einzelne gelogen haben sollten, muss darüber befunden werden, wie damit umzugehen ist. Frau Kollegin Teuteberg, das ist einer der wesentlichen Punkte seit 1990. Wir wollten diese rechtsstaatlichen Prinzipien, und wir werden sie jetzt nicht, wenn der Zweck die Mittel heiligen soll, außer Acht lassen.
Im Landesdienst wären bei einer generellen Überprüfung aller Bediensteten herunter bis zur Entgeltgruppe 9 - ich kann gern vortragen, wer das alles ist - wahrscheinlich alle Bediensteten
in den Ministerien von einer solchen Überprüfung betroffen. Das kann man wollen - wir wollen das nicht, das halten wir für unangemessen. In der Entgeltgruppe E9 arbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „mit schwierigen und vielseitigen Tätigkeiten, die umfassende Fachkenntnisse und überwiegend selbstständige Leistungen erfordern, mit besonders verantwortlichen Tätigkeiten“. Das ist in einem Ministerium der weit überwiegende Teil der Beschäftigten; wir hätten also durch die Hintertür eine Regelanfrage.
Was wir in den letzten Monaten hier im Land sehen, ist kein angemessener Umgang mit solchen Fällen - weder vonseiten einiger Medien noch vonseiten einiger Vertreter der Opposition. Was Sie wollen, deckt sich nicht mit dem, was der Landtag in den ersten beiden Legislaturperioden zu diesem Thema beschlossen hat - Kollege Ziel hat schon darauf hingewiesen. Es deckt sich eben nicht mit dem, was wir in der Koalition wollen.
Dass heute unter Umständen eine neue Aktenlage vorhanden ist, ist richtig. Das wirft aber das Problem auf, dass die Antragsteller von der Opposition jeden Tag eine neue Aktenlage unter die Lupe nehmen müssten. Jeden Tag wird bei der Stasi-Unterlagenbehörde die Erschließung neuer Unterlagen gemeldet. Wir würden also so Gefahr laufen, immer wieder einer neuen Aktenlage hinterherzulaufen; irgendwann müssen wir uns aber entscheiden - die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst haben einen Anspruch.
Das hat nichts damit zu tun, dass hier die alten Kader noch die Macht hätten. Das wäre ein Armutszeugnis, das Sie sich selbst ausstellen würden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Sie haben 10 Jahre MdI und MdJ geleitet - reden Sie doch Ihre Verantwortung hier nicht klein!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ludwig. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Der Chef der Staatskanzlei Staatssekretär Gerber hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Hauptbestandteil meiner Rede sollte natürlich sein, die von der Landesregierung am vergangenen Dienstag beschlossenen Kriterien hier noch einmal im Einzelnen vorzutragen - das ist jetzt schon mehrfach zitiert worden, deswegen werde ich das jetzt nicht wiederholen, sondern folgenden Grundsatz deutlich machen: Wir sind und bleiben dabei, dass wir keinen Generalverdacht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes haben,
dass wir deswegen keine Regelüberprüfung auf den Weg bringen werden. Diese Position ist bekannt, und dabei werden wir bleiben.
Wir sind der Auffassung, dass 22 Jahre nach Vollendung der deutschen Einheit etwas anderes weder sachgerecht noch verhältnismäßig wäre, gerade auch mit Blick auf die vergangenen
Zum Abgeordneten Vogel: Sie haben gesagt, die Landesregierung müsse mit Ihrem Antrag aufgefordert werden, jetzt zu handeln. Im März haben wir angekündigt, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die bis Ende April Kriterien entwickeln wird - das haben wir getan. Daher bedurfte es Ihres Antrags an dieser Stelle nicht.
Zweite Bemerkung zum Abgeordneten Vogel: Sie haben der Landesregierung entweder Unbedarftheit oder bewusste Täuschung vorgeworfen,
und an anderer Stelle ist das Wort „lügen“ gefallen - ein Mitglied der Landesregierung habe gelogen.
Wir täuschen nicht bewusst, und es hat keine Lüge gegeben. Wir haben die an uns gerichteten Fragen jeweils nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet.
Dritter Punkt zum Abgeordneten Vogel: Sie haben auch gesagt, es würde an Hinweisen oder Bemerkungen fehlen, wie denn dann mit Erkenntnissen, die gegebenenfalls durch Überprüfungen gewonnen werden, umzugehen sei. Da fehle es an einer Handlungsanleitung. Ich sage Ihnen: Da das immer Einzelfälle mit einer ganz spezifischen Situation sind und sein werden, kann man nicht einen festen Wenn-Dann-Katalog fertigen, sondern muss - wie das im Rechtsstaat üblich ist - Einzelheiten und Einzelfälle betrachten.
Als Letztes eine Anregung: Welche Fraktionen auch immer in den ostdeutschen Landtagen vertreten sind, stellen Sie doch einmal Anfragen an die dortigen Landesregierungen, wie die mit dem geänderten Stasi-Unterlagengesetz umgehen, ob es dort überhaupt Kriterien, ob es dort überhaupt Überprüfungen gibt.
- Da gibt es keine Stasivergangenheit? Da erkundigen Sie sich einmal bei Ihren Kolleginnen und Kollegen. Die werden Ihnen, wenn die Mikrofone ausgeschaltet sind, etwas anderes sagen das verspreche ich Ihnen.
Eine solche Nachfrage in anderen Landtagen würde sich lohnen, und, wenn Sie die Antworten haben, werden Sie herausfinden, dass diese Landesregierung erstens schnell gehandelt hat schneller als die anderen -, und zweitens werden Sie feststellen, dass bei den anderen das Thema überhaupt keine Rolle mehr spielt. - Danke.