Protokoll der Sitzung vom 06.06.2012

Deshalb will ich das jetzt nur ganz kurz machen. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, auf alle einzelnen Anträge einzugehen.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

- Ja, ganz sachte, ganz ruhig. Blutdruck herunterschrauben. Durchatmen. Ganz ruhig bleiben, Kollege.

(Frau Lehmann [SPD]: Richtig! Genau!)

Ich fokussiere das bewusst auf den Antrag des Kollegen Schulze. Ich sage das ganz deutlich: Ich habe mich sehr intensiv mit diesem Antrag beschäftigt. Ich habe ihn mehrfach gelesen, mehr als dreimal. Die Intention, die dahinter steht, ist berechtigt. Kein Mensch kann dagegen reden. Das ist eine interessante Idee. Ich sage das übrigens als jemand, der sich viele Jahre

lang in einem anderen Themenbereich - im Naturschutz - sehr intensiv mit Mediationsverfahren beschäftigt hat. Mediationsverfahren können Probleme gegebenenfalls lösen.

(Schulze [fraktionslos]: Sie zu minimieren reicht auch schon!)

- Ja, vielleicht sogar lösen. Dafür gibt es aber eine wichtige Grundvoraussetzung. Die ist hier in diesem Hohen Haus und bei einer ganzen Reihe von Kolleginnen und Kollegen nicht gegeben. Damit fangen die Probleme an.

(Schulze [fraktionslos]: Genau!)

Man muss bereit sein, all diese Differenzen zurückzustellen, sich selbst zurückzunehmen und ganz einfach zu sagen: Lasst uns einmal versuchen, von vorn anzufangen.

(Schulze [fraktionslos]: Super!)

Das sehe ich nicht. Lieber Kollege Schulze, das sehe ich auch in dem Antrag nicht. Der Ansatz ist zwar richtig, ich lese aber wieder das Problem Berlin-Brandenburg heraus. Das wird als Erstes thematisiert. Die bösen Berliner! - So kriegen wir die Kuh nicht vom Eis. Und wir kriegen die Kuh auch nicht vom Eis - so funktioniert ein Mediationsverfahren nicht -, wenn dann aus Gesprächen öffentlich zitiert wird. Das funktioniert nicht! So muss jedes Mediationsverfahren scheitern, weil die Voraussetzungen nicht da sind!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage es ganz deutlich, weil es eben auch angesprochen worden ist: Ich verspreche mir einiges von dem neuen Format, das wir gemeinsam angehen wollen. Es kann funktionieren, wenn wir bereit sind, hier in gewisser Weise einen Neuanfang zu wagen, und wenn - da fängt aber leider Gottes auch schon das erste Problem an - alle Kolleginnen und Kollegen sich einfach einmal auf dieses Format einlassen.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie GRÜNE/B90)

Es kann ja sein, dass wir nach den ersten Gesprächen feststellen: Es funktioniert nicht. - Die Möglichkeit besteht, die Möglichkeit des Scheiterns besteht immer im Leben, die gehört zum Leben, aber es ist einfach einmal die Mühe wert, sich darauf einzulassen und zu prüfen: Gibt es noch eine Chance, dass wir diese Kuh irgendwie gemeinsam vom Eis kriegen? - Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Aufgabe, die wir haben. Heute, in dieser Debatte sind wir dieser Aufgabe nicht gerecht geworden. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, SPD, DIE LINKE sowie GRÜNE/B90)

Die Abgeordnete Wehlan setzt für die Linksfraktion fort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute die erste Sitzung nach der Sondersitzung des Landtags und der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zur Verschiebung der Eröffnung des Flughafens, und es ist nur konsequent, wenn der Landtag erste konkrete Schlussfolgerungen zieht und Handlungsschwerpunkte benennt.

Unbestritten ist - darin sind sich Landesregierung und Landtag einig: Die Verschiebung der Eröffnung des Flughafens Berlin Brandenburg hat zu einem deutlichen Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit geführt. Um Vertrauen zurückzugewinnen und Glaubwürdigkeit zu beweisen, sind mehr als gute Worte nötig. Schließlich sind Fluggäste, Unternehmen, Baubetriebe und zukünftige Dienstleister am Flughafen durch das Missmanagement der Flughafengesellschaft verunsichert; Auswirkungen für Unternehmen und von den finanziellen Folgewirkungen her auch für die Gesellschaft und das Land Brandenburg sind zu verifizieren. Nicht zuletzt fühlen sich Anwohnerinnen und Anwohner des zukünftigen Flughafens Berlin Brandenburg in ihrer Annahme bestätigt, dass das Management der Flughafengesellschaft der baulichen Umsetzung des Flughafenareals ungenügend nachkommt. Die Diskussionen um die Abgeltungsklausel und das Hickhack zur Umsetzung des planfestgestellten Schallschutzprogramms dokumentieren das nachdrücklich.

Durch den Klarstellungsantrag - der ja eigentlich kein Klarstellungsantrag, sondern ein Antrag zur Veränderung des Planfeststellungsbeschlusses durch die Flughafengesellschaft zur Veränderung des Tagschutzniveaus im Planfeststellungsbeschluss ist - werden Bürgerinnen und Bürger erneut und wieder über einen langen Zeitraum im Unklaren gelassen. Gerichte werden bemüht, weil Teile der Politik nicht handeln. Schallschutz wird eingebaut, möglicherweise - und die Linke geht davon aus, und im Übrigen auch der Minister - werden Gerichtsentscheidungen dem Antrag nicht standhalten.

(Schulze [fraktionslos]: Wer bezahlt das?)

Der Landtag Brandenburg hat die Umsetzung des planfestgestellten Schutzniveaus von null Überschreitungen am Tag bekräftigt und der Landesregierung damit einen umfassenden Handlungsrahmen gesetzt. Und, Herr Genilke, der Minister hat die Umsetzung des planfestgestellten Schallschutzniveaus gegenüber der FBB angeordnet. Ihnen als Ausschussmitglied sind die beiden Briefe zur Kenntnis gegeben worden. Die sind im Übrigen Teil eines Protokolls des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft. Wir brauchen also keinen neuen Beschluss, Herr Dombrowski, den Sie ja in Ihrem Antrag einfordern. Was wir brauchen, sind nun endlich Beschlüsse dieser Art bei Ihren Kollegen Henkel und Merkel im Berliner Abgeordnetenhaus

(Zuruf von der CDU)

ja! - und im Bundestag.

(Bretz und weitere Abgeordnete der CDU: Jetzt ist aber Schluss!)

- Da haben Sie Recht: Jetzt ist wirklich einmal Schluss! Wir reden einmal Tacheles, Herr Bretz!

Sie betreten erneut und ohne Scham ständig und immer wieder die Bühne der Unschuld in Brandenburg

(Beifall SPD und DIE LINKE - Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

und hoffen, dass wir Ihnen das durchgehen lassen. Damit ist Schluss - genau! -, damit ist Schluss.

Reden wir Tacheles: Meinen Sie ernsthaft, dass wir Ihr Spiel

chen mit dem runden Tisch in Brandenburg nicht durchschauen? Wo ist Ihr runder Tisch, CDU, mit 63 % Regierungsgesellschafteranteilen an der Flughafengesellschaft? Wo war Ihr runder Tisch, CDU, als die Brandenburger Seite - wie eine bekannte Zeitung am 14. Februar 2012 bereits berichtete - mit 30 Millionen Euro zusätzlichen Schallschutzforderungen in die Beratung ging und im April dann 17 Millionen Euro das Ergebnis waren? Die technisch notwendigen Lüfter und die Härtefälle beispielsweise für Umsiedlungen sind dadurch nach wie vor vakant, und auch dazu gibt es Beschlüsse in Brandenburg, nicht aber in Berlin und im Bund. Und dann Ihre fadenscheinigen Worte von Öffentlichkeit und Transparenz und die Ablehnung eines Gesprächsangebots des Ministerpräsidenten unmittelbar nach der Aufsichtsratssitzung am 22. Juni 2012 mit den Fraktionsvorsitzenden - wohlgemerkt nicht als Ersatz, mit der Informationspflicht der Landesregierung gegenüber den Abgeordneten, Ausschüssen und dem Landtag anders umgehen zu wollen, sondern als zusätzliches Angebot - in der Sommerpause wohlgemerkt.

Meinen Sie wirklich, Herr Genilke, wir sind mit dem Klammerbeutel gepudert und wissen nicht, dass Sie Ihre Fragen unmittelbar nach der Aufsichtsratssitzung über Ihre Kanäle doch ganz schnell beantwortet bekommen?

(Genilke [CDU]: Sie wissen es doch besser, Frau Wehlan!)

Vielleicht haben Sie die Antworten von der Berliner oder Bundes-CDU sogar schon und speisen daraus Ihre Verschwörungstheorien nach Kapazitätserweiterungen, nach dritter und vierter Start- und Landebahn und einem exorbitant wachsenden Passagieraufkommen, wo der Staat bei Ihnen gar keinen Einfluss mehr nehmen soll.

Hier bin ich auch bei den Grünen und bei dem, was wirtschaftliche Entwicklung an diesem Standort bedeutet: Wir haben nun alle sehr öffentlich mitbekommen, wie der Stand bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin war. Da gab es überhaupt keine andere Auffassung zu den Äußerungen, die jetzt im Koalitionsvertrag enthalten sind, was den Flughafen betrifft. Das wissen Sie, das hatten wir Ihnen im Übrigen auch per Handreichung im Landtag vermittelt; der feststehende Text war ja bekannt. Ihr einziges Problem mit dem Koalitionsvertrag war die Stadtautobahn 100. Da braucht man heute nicht so zu tun, als wenn man hier auch schon alles gewusst habe.

Aber zu den Anträgen - und da bin ich auch da, wohin Herr Beyer sozusagen eine parlamentarische Debatte führen möchte -: Die vorliegenden Anträge behandeln in unterschiedlicher Art und Weise sowie Vollständigkeit erstens die kritische Analyse und Auseinandersetzung mit der Verschiebung des Eröffnungstermins des Flughafens Berlin Brandenburg, zweitens Schlussfolgerungen für ein fachlich geeignetes Management der Flughafengesellschaft und des Aufsichtsrates, drittens die transparente und umfassende Information der Abgeordneten und der Fachausschüsse zu den Auswirkungen - insbesondere den finanziellen und wirtschaftlichen - und viertens die konsequente Umsetzung des planfestgestellten Schallschutzprogramms sowie eine umfassende Kontrolle und natürlich - ja, Herr Schulze eine erneute Qualität des Mediationsverfahrens, was du über das Dialogforum selbst einmal mitbefördert hast und gegenwärtig nicht mehr erfüllt siehst.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [fraktionslos])

- Nein, ich sage es nicht als Vorwurf, ich stelle es einfach nur fest.

Da sage ich an dieser Stelle: Das, was Brandenburg tun kann, haben wir dazu getan, denn ein Mediationsverfahren unter Ausschluss der anderen Träger eines solchen Verfahrens ist einfach nicht denkbar.

(Schulze [fraktionslos]: Entschuldigung, wir sind in Bran- denburg und nicht in Berlin!)

Nimm doch einmal zur Kenntnis, welch bessere Mediation Brandenburg vor Ort auf den Weg gebracht hat. Das ist erstens eine unabhängige Schlichtungsstelle und noch dazu im Rahmen eines Erlasses von zwei Ministerien, um hier auch Rahmen für die Arbeit einer Schlichtungsstelle zu setzen. Und ich erinnere an den Beschluss des Landtags zur Einrichtung eines Ombudsmanns.

Hier sind Beschlüsse gefasst worden, und ich weiß nicht, ob die immer an dir vorbeirauschen oder ob du die einfach nicht zur Kenntnis nehmen möchtest. Insofern haben natürlich die Intentionen der verschiedenen Anträge von Ihnen hier im Raum - also von allen Fraktionen, die sich daran beteiligt haben - dazu geführt, dass diese Intentionen in den Antrag der Regierungskoalition aufgenommen wurden - mit Unterstützung und dem Beitrag - hier auch die Unternehmen nicht zu vergessen - der FDP-Fraktion, und man hat versucht, Ihren Intentionen Rechnung zu tragen.

Deshalb gibt es - erstens - eine Aussage des Landtages, dass eine zeitnahe Berichterstattung der Landesregierung über den Baufortschritt, die Kostenentwicklung, den Lärmschutz und mögliche Kapazitätserweiterung erfolgt.

Zweitens: dass zur Unterstützung der Geschäftsführung der Flughafengesellschaft eine anlassbezogene Hinzuziehung von externem Sachverstand erfolgt. Damit sollen auch die Gremien der Flughafengesellschaft noch besser in die Lage versetzt werden, die Gesellschaft zu kontrollieren. Ich weiß, Herr Vogel, dass dies an dieser Stelle etwas anderes ist als das, was Sie mit Ihrem Antrag wollen. Aber nehmen Sie doch einfach einmal zur Kenntnis, dass uns die fachliche Qualifizierung möglicherweise miteinander wichtig war.

Drittens: eine frühzeitige Einbindung bei notwendigen haushaltsrelevanten Zuschüssen der Gesellschafter der Flughafengesellschaft für das Investitionsprojekt.

Viertens: eine themenorientierte und anlassbezogene Sitzungsfolge der Gremien der Flughafengesellschaft.

Fünftens: eine schnellstmögliche Unterrichtung über die Ergebnisse der Aufsichtsratssitzung am 22. Juni 2012. Die Hauptausschussmitglieder haben ihre Einladung zur Sondersitzung schon erhalten.

Sechstens: zeitnah darüber zu informieren, auf welche Weise Gewerbetreibende und mittelständische Unternehmen, die aufgrund des verschobenen Eröffnungstermins unverschuldet wirtschaftliche Nachteile erleiden, unterstützt und gegebenenfalls entschädigt werden können - eine Initiative der FDP, das sei an dieser Stelle der Vollständigkeit halber gesagt.

Und siebentens: bis zur verschobenen Inbetriebnahme des Flughafens Berlin Brandenburg eine schnelle und großzügige Umsetzung des planfestgestellten Schallschutzprogramms. Die Landesregierung wird aufgefordert, die Umsetzung des Lärmschutzprogramms in den Gremien umfassend zu kontrollieren und unabhängige regionale Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen.

Lieber Christoph, da bin ich wieder bei dem Punkt, den wir in dem Zusammenhang beeinflussen können, und werbe einfach um deine Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall DIE LINKE und SPD)