Das Zweite ist, dass der Strafgesetzgeber auch genau ausführen muss, dass und wie die angestrebte Maßnahme auch die Situation verändert. Da sind eben gravierende Zweifel angebracht sie sind schon benannt worden -: Erstens: Haben wir ein ausreichendes strafrechtliches Instrumentarium? Ich will nicht wiederholen, was der Abgeordnete Scharfenberg hier rekapituliert hat, ich will nur ergänzend sagen, dass es ja einen solchen Gesetzesantrag schon im Bundesrat gab, und zwar im April dieses Jahres, eingebracht vom Bundesland Sachsen.
Dann hat mein Haus, noch unter der Federführung meiner Vorgängerin Frau Blechinger, eine Umfrage unter der Justiz des Landes gestartet. Derzufolge war die überwiegende Meinung unserer Justiz, dass das strafrechtliche Instrumentarium ausreicht, eben weil der § 113 StGB ergänzt wird; diese Taten werden meist in Tateinheit mit den Tatbeständen der gefährlichen Körperverletzung, der einfachen Körperverletzung durch Bedrohung und der Beleidigung begangen. Damit kann, wenn die Delikte gravierender sind, eine höhere Strafe als die Höchststrafe des § 113, also zwei Jahre, durch die Gerichte ausgeworfen werden. Der Bundesrat hat ja nicht ohne Grund die entsprechende Gesetzesinitiative mit einer Mehrheit von 15 Stimmen gegen eine Enthaltung, nämlich die des Bundeslandes Sachsen, zurückgestellt.
Auch der Blick in die Kriminalstatistik lässt an der Notwendigkeit dieses Antrags zweifeln, weil zwar bundesweit die Zahl der Delikte um etwa 30 % gestiegen ist, aber in unserem Land - ich möchte die genauen Zahlen nicht noch einmal nennen - in den letzten Jahren die Angriffe auf Polizeibeamte um über 19 % zurückgegangen sind. Außerdem - das ist eine ganz interessante Ergänzung - weist die Strafverfolgungsstatistik aus, dass wir mehr Fälle aufgeklärt haben. Das heißt also: Auch hier wird belegt, dass das vorherrschende oder von uns zu nutzende Instrumentarium völlig ausreicht.
Ich möchte noch ein drittes Argument vorbringen. Bei der Geeignetheit steht die Forderung zu prüfen, ob dieses Mittel die Situation wirklich verändern kann. Wenn man sich die moderne Sanktionsforschung ansieht, dann stellt man fest, dass die subjektive Erwartung einer hohen Strafe kaum verhaltenssteuernd wirkt. Was verhaltenssteuernd wirkt, ist eine hohe Aufklärungsrate und dass die Strafe der Tat auf dem Fuße folgt.
Insofern liegt unser Problem - und deswegen spreche ich hier von einer symbolischen Gesetzgebung, wenn denn dieser Antrag durchkommen würde - auf dem Feld der Angriffe auf Polizeibeamte, auf Rettungskräfte nicht darin, dass wir nicht genügend strafrechtliches Instrumentarium haben. Unser Problem liegt darin, dass wir nicht schnell genug reagieren, dass wir zum Teil nicht aufklären können, weil - und deswegen hat Sachsen diese Initiative in den Bundesrat gebracht - bei der Hooligan-Kriminalität oder bei Demonstrationsdelikten die Taten aus der Masse heraus begangen werden und die Täter danach kaum gefasst werden können. Also muss man die Aufklärungsmethoden verändern.
Wir müssen dafür sorgen, dass die Verfahrensdauer verkürzt wird. Es kann nicht sein, dass wir gegenwärtig - da spreche ich
aus meiner Praxis, insofern war der Zwischenruf völlig berechtigt - zwischen dem Delikt und einer ersten Beschuldigtenvernehmung manchmal einen Abstand von sechs Monaten haben und dass dann mitunter der Staatsanwalt selbst die Beschuldigtenvernehmung durchführen muss, weil die Polizei überlastet ist. Das sind die Probleme, die wir haben. Ich will sie nur anreißen. Es ist nicht so, dass wir ein nicht ausreichendes Instrumentarium an Strafrecht zur Verfügung haben. An diesen Problemen müssen wir in Zukunft arbeiten.
Es kommt ein weiterer Effekt hinzu, der mit diesem Antrag einhergeht. Deswegen nenne ich dies auch eine symbolische Gesetzgebung. Dieses symbolische Strafrecht bewirkt eigentlich gar nichts Positives, aber es bewirkt - hoffentlich nicht, die Diskussion hat gezeigt, dass das Haus sensibilisiert ist -, dass das eigentliche Problem beiseitegeschoben wird. Wir müssen uns überlegen, warum ein so hohes Gewaltpotenzial in den Stadien vorherrscht. Wir müssen uns überlegen, warum ein so hohes Gewaltpotenzial bei den Demonstrationen vorhanden ist, warum Jugendliche so schnell zur Gewalt schreiten und warum sich das Problem in den letzten Jahren verschärft hat. Wir lösen es nicht strafrechtlich.
Ich komme zu dem Ergebnis, dass es aus Sicht der Landesregierung keinen Grund gibt, im Sinne des Antrags initiativ zu werden. - Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ablehnung unseres Antrags ist natürlich ein fatales Signal, ein fatales Signal für diejenigen, die täglich ihren Kopf hinhalten, um die Gesetze, die hier im Landtag oder im Deutschen Bundestag beschlossen worden sind, durchzusetzen; für diejenigen, die bei Demonstrationen mit irgendwelchen linken Chaoten kämpfen müssen,
die sich beleidigen lassen müssen und ein politisches Signal von der Mehrheit dieses Hauses bekommen, die noch nicht ein
Kollege Dr. Scharfenberg, es ist ja überhaupt nicht so, dass sich das Gesetz auf die Feuerwehrleute, auf die anderen Rettungsdienste bezieht. Die Strafandrohung bezieht sich noch nicht einmal auf alle Handlungen gegen Polizeibeamte, sondern nur auf einen kleinen Teil dieser Handlungen. Wir wollen lediglich, dass sich dieser gesetzliche Strafanspruch nicht nur auf einen Teil der Handlungen im Dienst bezieht, sondern auf alle Handlungen und dass er natürlich auch die Handlungen von anderen Rettungskräften, also auch Feuerwehrleuten umfasst.
Ich finde, es ist auch ein fatales Signal gegenüber den Polizeigewerkschaften, die seit längerem darauf hinweisen, dass hier ein ganz klarer Handlungsbedarf besteht. Sie können in Brandenburg keinem Menschen erklären, wieso die Strafandrohung, wenn man eine Sache kaputtmacht, höher ist, als wenn man einen Polizisten angreift. Das ist doch nicht logisch!
Wenn der Justizminister dieses Landes sagt, die Verfahrenszeiten sollten verkürzt werden, dann sage ich: Sehr geehrter Herr Minister, wir werden das nicht gleich morgen überprüfen, aber vielleicht in fünf oder sechs Monaten werden wir einmal hinschauen und fragen, was Sie denn in den vergangenen Monaten bewirkt haben, wie sich denn die Verfahrenszeiten in Brandenburg verkürzt haben.
Herr Petke, können Sie mir erklären, warum in der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Werner-Siegwart Schippel, die wohlgemerkt im August gegeben worden ist, von der Landesregierung in keiner Weise zu diesem Thema darauf abgestellt worden ist, dass eine Strafverschärfung erforderlich ist? Wie gesagt: im August dieses Jahres. Vermutlich wurde die Frage vom Minister des damals CDU-geführten Innenministeriums beantwortet.
Herr Dr. Scharfenberg, dafür wird es vermutlich die einfache Erklärung geben, dass Kollege Schippel nicht danach gefragt hat. Daher erhält er dazu keine Antwort.
Ich möchte gern weiter zum Justizminister ausführen. Wir unterstützen ausdrücklich den eben geäußerten Ansatz - es war ja beinahe eine Feststellung -, die Verfahren zu verkürzen. Da nicht nur das Justizministerium, sondern auch das Finanzministerium von der Linken geführt wird - jeder weiß, dass es da einen inneren Zusammenhang gibt -, werden wir darauf achten, wie es da vorwärts geht.
Dass wir in der letzten Legislaturperiode diesbezüglich gut vorangekommen seien - Schritt für Schritt und nicht mit einem großen Wurf -, hören wir natürlich gern. Dennoch bin ich enttäuscht darüber, wie man hier mit einem - wie ich finde - sinnvollen und dringend gebotenen Antrag umgeht. Die Menschen im Land sehen fast täglich im Fernsehen - einige sind selbst betroffen -, wie Chaoten in unserem Land Polizeibeamte im Dienst angreifen, Polizeiwachen oder -autos anzünden und damit nicht nur Straftaten begehen, sondern ganz bewusst unseren Rechtsstaat und unsere Rechtsordnung infrage stellen.
Von Politikern - übrigens auch aus der SPD - ist zu hören, dass es auf einen solchen Angriff eine deutliche Antwort geben müsse. Die deutliche Antwort der SPD in diesem Parlament ist: Kopf in den Sand, weil der Antrag von der CDU kommt und das Ganze keinen Sinn hat. - Das ist die Antwort der SPD!
Es hätte mich gefreut, wenn es dazu eine Meinungsäußerung vonseiten des Innenministers des Landes gegeben hätte. Aber vielleicht fühlt er sich nicht zuständig, wenn es darum geht, sich vor die Polizeibeamten zu stellen. Stattdessen sitzt er auf der Regierungsbank vor seinem Notebook. Wenn es um das Bekenntnis geht, dass wir klar gegen Übergriffe auf Polizeibeamte sind, hat er anderes zu tun und lässt den Justizminister sprechen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden an diesem wichtigen Thema dranbleiben. Es geht nicht allein um die Polizeibeamten, sondern um viel mehr, es geht um die Verteidigung der Rechtsordnung. Deswegen, glaube ich, ist es wichtig, dass gehandelt und nicht nur geredet wird. - Vielen Dank.
Besteht aufseiten der Fraktionen Bedarf, die zur Verfügung stehende Redezeit von jeweils zwei Minuten auszuschöpfen? Das ist nicht der Fall.
Damit sind wir am Ende der Debatte. Ich stelle den Antrag in der Drucksache 5/115 zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Konsequenzen aus dem Bildungsstreik ziehen - für eine qualifizierte Weiterentwicklung der Bologna-Reform