Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

Vielen Dank. - Der Abgeordnete Dellmann hat eine Nachfrage.

Sehr geehrte Frau Lieske, vielen herzlichen Dank für die klare Aussage, dass Sie und Ihre Behörde - ich übrigens auch - zu dem Planfeststellungsbeschluss stehen. Angesichts einiger Meinungsäußerungen, die wir in den vergangenen Wochen haben vernehmen müssen, stelle ich aber die Frage: Steht tatsächlich die gesamte Landesregierung hinter diesem Planfeststellungsbeschluss?

(Vereinzelt Beifall CDU)

Frage zwei: Sind Sie bzw. ist die Landesregierung der Auffassung, dass es sich um einen bedarfsgerechten Ausbau handelt und der Planergänzungsbeschluss auf dieser Basis festgesetzt worden ist?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dellmann, ich vertrete hier die Landesregierung, und zwar in Gänze.

(Beifall SPD)

Vielleicht sollte ich noch einmal einzelne Passagen dazu aus der Koalitionsvereinbarung verlesen. Zum BBI heißt es dort, dass vorgesehen ist, einen „effektiven aktiven und passiven Lärmschutz zu gewährleisten“. Wir sind der Auffassung, dass wir dieses Ziel mit dem Planfeststellungsbeschluss erreichen. Weiterhin ist koalitionsvertraglich konstatiert worden:

„Der Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI)“

- vor kurzem auf den Namen „Willi Brandt“ getauft

„bleibt wichtigstes Infrastrukturvorhaben der Region und soll 2011 in Betrieb gehen.“

Damit möchte ich enden. - Vielen Dank.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 29 (Wachstumsbe- schleunigungsgesetz), gestellt vom Abgeordneten Ludwig.

Am Freitag dieser Woche, dem 18. Dezember 2009, soll im Bundesrat über das von der Bundesregierung sogenannte „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ abgestimmt werden. Mit diesem sollen nicht nur Familien, sondern auch Übernachter in Hotels, Unternehmerinnen und Unternehmer und andere, vor allem Erben, entlastet werden.

Ich frage die Landesregierung: Wie wird sie im Bundesrat stimmen, und warum?

Diese spannende Frage beantwortet Minister Dr. Markov.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Ludwig, die Landesregierung wird im Bundesrat gegen das Wachstumsbeschleunigungsgesetz stimmen. Wir sind der Auffassung, dass das Gesetz aus Landessicht der falsche Weg ist; denn die für 2010 zu erwartenden Mindereinnahmen in Höhe von ungefähr 55 Millionen Euro - für 2011 sind etwa 80 Millionen Euro Mindereinnahmen zu erwarten - werden durch eine vermutete steigende Wirtschaftskraft überhaupt nicht kompensiert. Wir sind der Überzeugung - was nicht so häufig vorkommt -, dass in diesem Fall Wirtschaftsweise sowie Vorstände von Wirtschaftsunternehmen und Banken, die das Gleiche sagen, richtig liegen.

Im Übrigen würde ich gern den Bundesfinanzminister, Herrn Schäuble, kurz zitieren. Offensichtlich hat auch er mittlerweile sehr große Bedenken gegen sein Gesetz. Er führte aus - was ich nachvollziehen kann -, man wolle den Bundeshaushalt „auf Sicht fahren“, und man werde „sehen“, ob die beschlossenen Maßnahmen tatsächlich wirkten.

(Schulze [SPD]: Was machen sie, wenn nicht?)

Wenn sie nicht wirken, haben wir natürlich Mindereinnahmen

zu verzeichnen. Die Länder werden davon sehr stark betroffen sein. Insofern ist diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Diese Entscheidung ist nicht nur aus wirtschaftspolitischer Sicht unvernünftig, sondern das Gesetz ist auch im Sozialbereich nicht gerecht, weil zum Beispiel die Regelung über die Kindergelderhöhung nicht für alle gilt. Insofern ist eine Zustimmung weder unter dem einen noch unter dem anderen Aspekt möglich.

Dieses Gesetz stärkt auch nicht die Binnennachfrage. Ich bin sehr wohl dafür, über Steuerveränderungen nachzudenken - die Notwendigkeit ist unbestritten -, glaube aber, dass es viel günstiger wäre, über die Börsenumsatzsteuer und eine Anhebung des Spitzensteuersatzes nachzudenken, sich also das Geld zu holen, das ohnehin nicht in den wirtschaftlichen Kreislauf zurückfließt, sondern mehr oder weniger auf den Sparkonten landet und damit keinerlei Effekte nach sich zieht. Wir brauchen eine Stärkung der Binnennachfrage. Ich würde jedem Gesetz zustimmen, wenn ich davon überzeugt wäre, dass es die Binnennachfrage stärkt. Denn die Stärkung der Binnennachfrage ist, wie ich glaube, genau das, was in der Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig fehlt.

Vielen Dank. - Der Abgeordnete Bischoff hat eine Nachfrage. Bitte.

Herr Minister Dr. Markov, ich stimme Ihnen in der Einschätzung zu, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz - Spötter sagen: „Wachstumsverhinderungsgesetz“ - dazu führen wird, dass die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden sinken werden. Der Bundeshaushalt wird in diesem Jahr eine Rekordverschuldung, wie es sie noch nie gegeben hat - über 80 Milliarden Euro! - anpeilen. In diesen Zeiten Steuern zu senken ist ein Schritt der Klientelpolitik.

(Senftleben [CDU]: Genau - für Familien! Das ist Klien- telpolitik!)

Herr Minister Dr. Markov, meine Frage geht in folgende Richtung: Sie haben eben gerade eindrucksvoll die Zahlen genannt, wie der Landeshaushalt belastet wird. Ich frage Sie ganz konkret.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

- Herr Abgeordneter, Sie können gern zum Mikrofon gehen. Ich finde das ein bisschen unpassend. - Ich bitte Sie, dem Parlament ganz kurz darzulegen, mit welchen Mindereinnahmen die Kommunen in Brandenburg im nächsten und übernächsten Jahr rechnen müssen.

Erstens: Entsprechend der Steuerverbundquote sind die Kommunen automatisch mit 20 % Mindereinnahmen an die verminderten Einnahmen gekoppelt.

Zweitens: Ich glaube, dass diese Steuersenkungen genereller Natur nicht dazu beitragen werden, den 95 % kleinen und mittelständischen Unternehmen, die wir in Brandenburg vorrangig haben, zu helfen, tatsächlich mehr Aufträge zu akquirie

ren. Ich glaube sogar, dass sie dem Konjunkturpaket II entgegenstehen und es konterkarieren. Deswegen kann ich nur wiederholen: Die Kommunen werden mit 20 % Mindereinnahmen an der Steuerverbundquote negativ davon berührt. Ich hoffe, wir werden nicht das Problem haben, weil darüber auch diskutiert wurde, dass die Bundesregierung im nächsten Zuge unter Umständen auch noch die Gewerbesteuer verändern wird.

Herr Abgeordneter Goetz hat noch Nachfragen.

Der Ministerpräsident hat in der vorigen ordentlichen Landtagssitzung darauf hingewiesen, dass für das Land Brandenburg Steuermindereinnahmen in Höhe von 50 Millionen Euro zu erwarten seien. Sie sprachen eben von 55 Millionen Euro. Welche neuen Erkenntnisse liegen Ihnen vor, aus denen sich binnen weniger Tage eine Steigerung dieser Mindereinnahmen um 10 % ergibt?

Zweite Nachfrage: Sie sprachen davon, dass das Wachstumsund Beschleunigungsgesetz die Konjunktur nicht ankurbeln werde, dass nicht mehr Konsumtion das Ergebnis sei. Woher nehmen Sie die Erkenntnis, dass die Anhebung des Kindergeldes nicht auch zu mehr Konsum führen wird? - Danke.

Zur ersten Frage: Kein Mensch ist in der Lage, absolut exakt bis auf den letzten Cent vorherzusehen, welche Höhe die Steuermindereinnahmen haben werden. Das geht nicht; das wissen Sie genauso gut wie ich, die Frage ist jedoch okay. Es bewegt sich zwischen 50 und 55 Millionen Euro. Vielleicht sind es zum Schluss 53,2 oder 54,6 Millionen Euro. Die Größenordnung für Brandenburg ist erheblich.

Im nächsten Jahr werden es voraussichtlich um die 80 Millionen Euro sein. Das ist sehr viel Geld, das uns fehlen wird. Denn Sie müssen überlegen, wie viel Geld uns wirklich frei zur Verfügung steht. Das ist schon richtig negativ.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

- Ja, wir haben eine Aktuelle Stunde gehabt und darüber gesprochen, wie wir den Landeshaushalt aufstellen werden. Wir werden am 22.12. die Regierungsklausur haben, in der wir uns über den Haushalt verständigen werden. Danach werden Sie informiert, wie wir das machen.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Diese zwei, drei, vier oder fünf Tage, bis Sie informiert werden, werden Sie doch noch Zeit haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie in den vorhergehenden Legislaturperioden Haushalte derart schnell abgestimmt und vorgelegt haben.

(Zuruf: Doch!)

Zur zweiten Frage: Natürlich trägt eine Erhöhung des Kindergeldes sehr wohl dazu bei, wenn sie denn in den wirtschaftlichen Kreislauf gespeist wird, dass mehr konsumiert wird. Das ist klar. Ich habe beim Thema Kindergeld gesagt, dass ich es

als sozial ungerecht erachte, weil es nicht alle betrifft und weil es vorrangig nicht die betrifft, die es brauchen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich - meine drei Kinder sind jetzt groß -: Wenn ich ein höheres Kindergeld bekommen würde, würde das keinen Sinn machen. Wenn aber die Hartz-IV-Empfänger, die Arbeitslosen, die Alleinerziehenden diese Erhöhung erhalten würden, machte das Sinn, denn sie würden es sofort in den wirtschaftlichen Kreislauf einspeisen.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Wir kommen zur Frage 30 (Beteiligung des Lan- des Brandenburg am EU-Schulobstprogramm), gestellt von der Abgeordneten Richstein.

Das EU-Schulobstprogramm beinhaltet, dass Kinder und Jugendliche im Schulalter wenigstens einmal am Tag in den Genuss von frischem Obst kommen. Die Bundesländer stellen nach dem Schulobstgesetz den Kofinanzierungsanteil sicher, um die von der EU gewährte Gemeinschaftsbeihilfe in Anspruch zu nehmen. Ich frage die Landesregierung: Ab wann und in welcher Form wird sich das Land Brandenburg an dem Schulobstprogramm der Europäischen Union beteiligen?

Die Antwort gibt Ministerin Lieske.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Richstein, es gibt die alte Regel, dass gut gemeint nicht immer gut gekonnt ist. Das gilt leider genau für das EUSchulobstprogramm.

Wir haben in unserem Haus sehr lange darüber nachgedacht, ob wir uns daran beteiligen, und haben in der Abstimmung mit dem MBJS die Teilnahme daran derzeit verneint. Dass Kinder schon früh für Themen der gesunden Ernährung sensibilisiert werden müssen, ist für mich - ich glaube, Sie können sich das aus meiner alten Funktion heraus hier im Landtag gut vorstellen - eine Herzensangelegenheit. Aus meiner früheren Tätigkeit weiß ich sehr gut, dass es heute leider Kinder gibt, die dieses Alltagswissen nicht von zu Hause mitbringen. Dann können bestenfalls, so stellen wir uns das vor, Kitas und Schulen einspringen, um Defizite im Ernährungsverhalten auszumerzen. Dennoch haben wir erhebliche Bauchschmerzen mit dem EUSchulobstprogramm.

Im Kern geht es um zwei Punkte. Zum einen wurde gerade mit diesem Programm wieder einmal ein echtes Bürokratiemonster geschaffen. Zum anderen reichen die Mittel nur für symbolische Gesten. Nach dem derzeitigen EU-Schulobstprogramm reicht das Geld gerade aus, einmal in der Woche - und nicht jeden Tag - Obst oder Gemüse bereitzustellen. Zielgruppe sind ohnehin nur die sechs- bis zehnjährigen Schüler. Die Umsetzung des Programms ist mit einem hohen Aufwand für Schulen, Lieferanten und die Verwaltung verbunden, sodass sich derzeit sieben Bundesländer nicht daran beteiligen. Auch Berlin,