Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

Drucksache 5/5786

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Die Übersicht 10 ist damit zur Kenntnis genommen. Unser Dank geht an den Petitionsausschuss für seine fleißige Arbeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Sinnvollen Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Vereinen sowie ehrenamtlich Tätigen und Kulturschaffenden ermöglichen

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/5810

Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 5/5902, vor.

Die Abgeordnete Heinrich beginnt die Debatte für die CDUFraktion.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! „Wieder Proteste gegen die neuen GEMA-Tarife“, „Gaststättenverband lehnt GEMA-Vertrag weiter strikt ab“, „GEMA-Zoff geht weiter: Sterben die Klubs?“ das sind nur einige Schlagzeilen der letzten Wochen, die die Empörung zur geplanten GEMA-Strukturreform auf den Punkt bringen.

Als kulturpolitische Sprecherin habe ich ein ureigenes Interesse, die Existenz der Künstlerinnen und Künstler im Kontext der ihnen zur Verfügung stehenden Rahmenbedingungen zu betrachten. Sie sind Handwerker ihrer Berufung und müssen davon ihren Lebensunterhalt bestreiten. Eine Gratiskultur, wenn es um das Thema Musik geht, kann daher aus meiner Sicht nicht möglich sein. Wenn sich nun aber die GEMA bemüßigt sieht, in großem Stil die Gebühren willkürlich zu erhöhen, kann ich einen Bezug zur Realität nicht mehr erkennen.

(Beifall CDU)

Die hitzigen Diskussionen haben zudem noch etwas ganz Besonderes gezeigt. Um ein höheres Maß an Transparenz kommt die GEMA nicht mehr herum. Hier muss viel verloren gegangenes Vertrauen wieder neu aufgebaut werden.

(Beifall CDU)

Worüber reden wir hier und heute eigentlich? - Es geht um die Frage: Wer muss wie viel bezahlen? Ich will an dieser Stelle nur einige wenige Zahlen dazu klarstellen: Eine Diskothek mit

bis zu 100 m2 und mehr als 16 Veranstaltungstagen im Monat zahlt rund 4 500 Euro im Jahr. Bei Veranstaltungen mit LiveMusik richten sich die Gebühren, wie Sie wissen, nach Eintrittsgeld und Raumgröße. Ein Konzert mit 20 Euro Eintritt und 3 000 m2 Fläche würde etwa 1 500 Euro Gebühr kosten, so weit der Ist-Stand.

137 verschiedene Tarife hat die GEMA derzeit. Ganz klar, hier bestand Handlungsbedarf. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hat einige Berechnungen angestellt, die das Ausmaß der neuen Tarifstruktur sehr gut verdeutlichen. Ich möchte einmal das typische Beispiel für Veranstaltungen, die von ehrenamtlichen Vereinen durchgeführt werden, verdeutlichen: Für eine Abendveranstaltung von 20 Uhr bis 2 Uhr ohne Eintritt, auf der Songs vom Laptop abgespielt werden, und das Ganze auf einer Fläche von etwa 200 m2, erhöht sich die GEMA-Gebühr netto um etwa 60 %.

Die Professionellen trifft es noch härter. Sobald sie für diese Fläche und für diesen Zeitraum 15 Euro Eintritt nehmen, erhöht sich die Gebühr um 118 %. Bei durchschnittlich 10 Veranstaltungen pro Monat in einer mittelgroßen Diskothek mit zwei Tanzflächen mit zum Beispiel 410 und 310 m2, bei einem regulären Eintrittsgeld von 8 Euro erhöhen sich die GEMA-Gebühren inklusive aller Zuschläge von jetzt 21 553 Euro auf 147 916 Euro nach der Tarifreform.

(Zuruf von der SPD: Dann kann er die Bude dichtma- chen!)

Das ist eine unglaubliche Steigerung von 686 %.

Ganz hart trifft es die Musikkneipen, die sieben Tage in der Woche geöffnet haben und zwischen 21 Uhr und 0 Uhr etwas lautere Musik über den Laptop spielen. Dort erhöht sich die Gebühr um sage und schreibe 2 200 %, von knapp 2 000 Euro auf mehr als 46 000 Euro. Das sind Summen, verehrte Damen und Herren, die kaum ein Betreiber oder Verein noch tragen kann. Deshalb ist die Politik aufgerufen, ihren Einfluss geltend zu machen.

(Beifall CDU und DIE LINKE)

Danke schön. - Die neue Tarifstruktur wurde im Frühjahr vorgestellt. Bislang hat das Thema allerdings kaum Einzug in die politische Ebene gefunden. Deshalb sahen wir von der CDU es als notwendig an, dieses Problem näher zu betrachten, Konsequenzen daraus zu ziehen und vorzuschlagen.

Gerade Brandenburg mit seinen vielen Festen und Musikveranstaltungen in allen Teilen des Landes kann es sich nicht leisten, eine Pleitewelle bei den professionellen Veranstaltern zu riskieren, geschweige denn können die vielen Ehrenamtler, die - wie Sie wissen - wunderbare Feste auf die Beine stellen und bei denen schon jetzt die GEMA-Gebühren einen großen Teil der Einnahmen verschlingen, diese Summen aufbringen. Eine solche Verwerfung, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann weder im Sinne der Unternehmen noch der Gäste sein.

Mit unserem Antrag verfolgen wir vier Richtungen: Da ist zunächst die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt. Dort, wissen Sie, laufen grundsätzlich alle strittigen Probleme auf, die mit GEMA-Gebühren im Kontext stehen. Daher erachte ich diese Stelle als außerordentlich prädestiniert, in die

Diskussion einzugreifen, um in Bezug auf die neuen Tarife schlichtend zu moderieren. Die Landesregierung sollte aus meiner Sicht die Gespräche mit der Schiedsstelle suchen, um eine möglichst ausreichende Gewichtung aller berechtigten Interessen der Beteiligten zu erwirken.

Des Weiteren richten wir uns als CDU an die GEMA selbst. Wir appellieren an sie, bei der Antragstellung und Ausgestaltung ihrer Tarifsysteme die wirtschaftliche Betätigung von Musikveranstaltungen nicht in einer Weise zu beeinträchtigen, dass eine wirtschaftliche Betätigung für die Veranstalter gar nicht mehr infrage kommt.

Daneben sollen in der neuen Tarifstruktur die finanziellen Rahmenbedingungen auch für Ehrenamtler verbessert werden. Ich kann mir vorstellen, Rabattsysteme oder Freistellungsregelungen für Veranstaltungen mit gemeinnützigen Zwecken so zu etablieren, dass sie nicht mehr kosten, als Einnahmen möglich sind.

Nicht zuletzt ist der Antrag auch ein Appell an die GEMA, zu sehr viel transparenteren und gerechteren Tarifstrukturen zu kommen. Ich meine, gerade Letzteres kann zur Entspannung in den sehr aufgewühlten Debatten beitragen.

Verehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Uns als CDU ist bewusst, dass ein Appell an die GEMA den Erfolg nicht garantiert. Wenn dieser Appell aber von vielen unterstützt wird, werden wir nicht nur die Wertschätzung des Künstlerhandwerkes wahren, sondern auch ein realistisches Gebührensystem der GEMA erreichen. Es wäre ein unmissverständlicher Appell an die GEMA, die Vereine, Musikveranstalter und Musikschaffenden, wenn nicht gleichlautende Entschließungsanträge Raum für Spekulationen lassen würden.

Die CDU wirbt ganz offensiv dafür, dieses Anliegen als ein gemeinsames zu betrachten. Sie wird sich deutlich für eine gerechtere Tarifstruktur stark machen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Der Abgeordnete Kosanke spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Heinrich, wir hätten es ja gerne so gemacht, dass wir sagen: Wunderbar, Sie haben völlig Recht. - In Ihrer Beschreibung der Situation haben Sie nämlich völlig Recht. Es ist nicht hinzunehmen, dass die GEMA einseitig, willkürlich die Tarife heraufsetzt und damit Gastronomen, Diskotheken und Vereine vor Probleme stellt, denen sie einfach nicht gewachsen sind. Da sind wir völlig auf einer Linie mit Ihnen, und darüber diskutieren wir an dieser Stelle auch gar nicht. Schade ist nur, dass es nicht wie in anderen Landtagen möglich war, eine gemeinsame Beschlussfassung herbeizuführen. Schade ist, dass die CDU versucht hat - im vermeintlichen Wahn, die Ersten zu sein -, das Thema für sich zu beanspruchen. Gut, bei der Einreichung der Drucksache waren sie es tatsächlich.

(Unmut bei der CDU)

Meine Güte, der kürzere Weg zur Poststelle war es nicht. Auch das ist zugegeben. Aber es wäre vermessen, anzunehmen, dass Sie es waren, die die anderen Fraktionen in diesem Haus auf dieses Problem aufmerksam gemacht haben. Das wäre wirklich vermessen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir haben Ihnen geboten, diesen Antrag gemeinsam zu stellen, gemeinsam zu verabschieden, wie es auch andere Landtage in dieser Republik getan haben, um die Gastronomen, die Diskotheken, die betroffenen Verbände zu unterstützen. Das wäre schön und sinnvoll gewesen. Aber dazu hätten Sie ein paar kleine Änderungen mit aufnehmen müssen.

(Zuruf von der CDU: Genau das wäre das Problem!)

Sie hätten die Belange von soziokulturellen Akteuren, Musikveranstaltern und Klubbetreibern ernst nehmen müssen und sollten nicht nur das einmal vorgefertigte Pamphlet von irgendwo übernehmen und sagen: Jetzt ist es so, wir als CDU haben die Weisheit mit dem großen Löffel gegessen. Mehr passt anscheinend nicht auf diesen Löffel. Das ist ärgerlich. Insofern müssen wir hier korrigieren. Sie haben einem gemeinsamen Antrag nicht zugestimmt. Daher kann ich nur dafür werben, den besseren Antrag zu unterstützen, der den Gastronomen, den Diskotheken in diesem Land eher helfen wird. Ich kann auch ankündigen, dass auch wir über diesen Antrag hinausgehende Aktivitäten unternehmen und unterstützen werden, um zu einem fairen Ausgleich zwischen den Kulturschaffenden und den Konsumenten zu kommen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Herr Abgeordneter Tomczak spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDUFraktion greift im vorliegenden Antrag das Thema der Neufestsetzung der GEMA-Tarife auf, das seit der einseitigen Neufestsetzung durch die GEMA im März dieses Jahres bereits auf vielen Ebenen debattiert wurde.

Um es gleich zu Beginn meiner Rede deutlich zu machen: Wir Liberale treten für eine lebendige, vielfältige Kulturlandschaft in Brandenburg ein. Gerade lokalen ehrenamtlichen Initiativen wie auch Vereinen kommt neben kommerziellen Anbietern dabei eine große Bedeutung zu. Trotzdem stehen wir dem Ansinnen des Antrags der CDU skeptisch gegenüber. Ohne Zweifel, die vorliegenden Vorschläge der GEMA zur zukünftigen Ausgestaltung der Tarife dürfen nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Dies ist auch naheliegend, denn es handelt sich um einseitig von der GEMA veröffentlichte Tarife. Das ist aber systembedingt; denn um das Schiedsverfahren einleiten zu können, muss die GEMA vorher ihre Tarife veröffentlichen. Die GEMA und die Bundesvereinigung der Musikveranstalter e. V. als Dachverband der Veranstalter, Gastronomie und Brauchtumsverbände befinden sich somit derzeit in einem Tarifstreit. Sie konnten sich in langwierigen Verhandlungen nicht auf eine neue Ausgestaltung der Termine einigen. Aus diesem Grund wird nun der

vorgesehene Weg eines Schiedsstellenverfahrens beim Deutschen Patent- und Markenamt gewählt, um eine Einigung über die Angemessenheit der geplanten Tarife herbeizuführen. Das Verfahren ist - wie uns allen aus den Medien bekannt - bereits eingeleitet worden. Falls keine Einigung im Schiedsstellenverfahren erreicht werden kann, bleibt auch noch der Rechtsweg offen.

Dass wir nun im Landtag Brandenburg die Landesregierung auffordern sollen, auf eine der Tarifparteien, die GEMA, einzuwirken und somit mittelbar in ein laufendes Schiedsstellenverfahren einzugreifen, überzeugt uns als FDP-Fraktion nicht. Politische Einmischung in ein gesetzlich geregeltes Verfahren und somit auch Einmischung in die Verhandlungen der Tarifparteien verbietet sich für uns Liberale von vornherein. Darum ist auch Punkt 2 des Antrags der CDU für uns nicht zustimmungsfähig.

Auch ein Einwirken der Landesregierung auf die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt, wie im ersten Punkt des Antrags gefordert, ist von unserer Seite abzulehnen. Es gibt funktionierende Verfahren zur Ausgestaltung der GEMA-Tarife, und die sollten eingehalten werden. Einmischungen von Landesregierungen sind hier überflüssig.

Wir Brandenburger Liberale gehen davon aus, dass noch in diesem Jahr mit einer Einigung der Tarifpartner zu rechnen ist. Hierfür spricht, dass die GEMA mit einem einzelnen Verband schon für beide Seiten vertretbare Regelungen getroffen hat. Auch macht es Sinn, sich einmal kurz mit einer konkreten Kritik auseinanderzusetzen:

Ein Punkt sind die geplanten Zeitzuschläge. Hier sollen bei einer kurzen Veranstaltung mit Musikuntermalung geringere Gebühren entstehen als in einer Diskothek, wo die ganze Nacht Musik gespielt wird und diese sozusagen eine Hauptrolle der Veranstaltung ist. Eine solche Abwägung erscheint auch mir sinnvoll zu sein. Das Abgehen von der bisher degressiven Tarifstruktur hin zu einer linearen Tarifstruktur hat ebenfalls Vorteile, weil die relative Benachteiligung kleinerer Veranstalter beendet würde. Für größere Veranstaltungen müsste gegebenenfalls über Rabatte nachgedacht werden.

Diese und viele andere Möglichkeiten einer stärkeren Flexibilisierung der künftigen GEMA-Tarife wurden bisher noch nicht berücksichtigt und können nun durch die Tarifpartner unter Einbeziehung der Schiedsstelle verhandelt werden. Dies ist für uns der einzig richtige Weg. Aus diesem Grund werden wir auch den Entschließungsantrag ablehnen. - Danke schön.

(Beifall FDP)