Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler! Ich freue mich, dass uns der Antrag der CDU-Fraktion zum Thema Bildung die Möglichkeit gibt, hier noch einmal einiges klar- und richtigzustellen. Aber ausgesprochen bedauerlich finde ich, dass die Basis dieses Antrags auf einer Summe von falschen Analysen, Halbwahrheiten und Falschheiten beruht, sodass ich mich angesichts der Schülerinnen und Schüler fast schon ein wenig für die Einstellung schäme, die offensichtlich viele Politiker gegenüber den Schulen und Schülern in unserem Land haben.
Wir haben in Brandenburg keine Bildungsmisere. Da muss ich Ihnen vehement widersprechen. Sie kommen auf Grundlage falscher Analysen und falscher Interpretationen zu einem Schluss, der durch die ständige Wiederholung nicht richtiger wird.
Man kann das ganz leicht feststellen, wenn man versucht, sich die Zahlen anzuschauen. Dabei muss man sich die Mühe geben, Zahlen auch einmal zu hinterfragen. Sie haben zum wiederholten Male behauptet, dass die Zahl der Schüler ohne Abschluss bei 10 % liegt. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Real liegt die Zahl bei 8,6 %, wobei drei Viertel dieser immer noch viel zu hohen Zahl von Schülern ohne Abschluss auf das Konto der Förderschulen gehen. Wir diskutieren deshalb seit Jahren darüber, wie wir versuchen können, die Förderschüler zu integrieren, um ihnen bessere Chancen zu geben, damit ein großer Teil von ihnen auch einen Abschluss erreicht. Auch das ist Teil der Wahrheit.
Zum Unterrichtsausfall: Das viel gepriesene Land Bayern erhebt im Gegensatz zu Brandenburg keine systematische Ausfallstatistik. Wir sind so ehrlich, täglich den Ausfall zu erheben, und wir wissen aufgrund dieser Ehrlichkeit, dass wir bundesweit eines der Länder sind, die den geringsten Unterrichtsausfall haben. Wir haben über Jahre hinweg in allen Schulformen 1,7 % absoluten Ausfall zu verzeichnen. In Bayern erreicht diesen Wert gerade einmal die Grundschule, während der absolute Ausfall in den Realschulen schon bei fast 4 % liegt. Auch das müssen wir einmal zur Kenntnis nehmen. Ich bin weit davon entfernt, den Unterrichtsausfall schönzureden der macht mir genauso Sorgen wie Ihnen -, aber wir müssen die Kirche im Dorf lassen und die Leistungen der Schulen anerkennen, die mit allen Mitteln versuchen, den Ausfall zu verhindern und auch sehr gut durchdachte Vertretungskonzepte haben.
Lassen Sie mich Folgendes zum kürzlich veröffentlichten Ländervergleich der KMK ausführen: Hier haben Sie auch wieder gesagt, Brandenburg sei das Schlusslicht. Das ist nicht wahr. Richtig ist, dass wir drei Punkte unter dem Durchschnitt liegen und dass die Forscher - die Wissenschaftler, die diese Studien publizieren und kommentieren - zu Recht sagen: Man gruppiert Ländergruppen wegen der Stichproben in unterschiedliche Bereiche. - Brandenburg gehört zu den Ländern, die hier
durchschnittlich abschneiden, das gilt für das Hörverstehen Deutsch und die Lesekompetenz genauso wie für den Bereich Mathematik.
Jetzt kann man sich fragen, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist. Ich gehe nicht davon aus, dass das Glas halbleer ist, sondern ich sehe eine Verbesserung im Vergleich zu den letzten Jahren. Ich denke, angesichts dessen, was wir hier an schwierigen Voraussetzungen haben, ist das eine Basis, auf der wir aufbauen können und selbstverständlich weitere Maßnahmen ergreifen werden. Selbstverständlich werden wir weitere Anstrengungen unternehmen, aber zur Wahrheit gehört, dass man die Dinge differenziert betrachtet. Das erwarten wir im Übrigen auch von unseren Schülern und Lehrern.
In der Sekundarstufe I sind die Ergebnisse ebenfalls nicht pauschal negativ. Wir haben im letzten Leistungsvergleich PISA 2006 in Mathematik und in den Naturwissenschaften sogar überdurchschnittlich abgeschnitten. Das unterschlagen Sie jedoch, weil die Leistungen im Bereich Lesen und Englisch nicht zufriedenstellend waren. Deswegen haben wir auch umfangreiche Maßnahmen eingeleitet.
Sie sagen, in Bayern ginge es sozial gerechter zu, weil genauso viele Kinder im Bildungssystem auf- wie absteigen. Hierzu gibt es eine aktuelle Studie; wenn man die Ergebnisse genau anschaut, sieht man, dass es um die Durchlässigkeit nicht gut bestellt ist. Die Unterschiede kommen dadurch zustande, dass beispielsweise in Bayern nach dem vierten Grundschuljahr extrem selektiv entschieden wird, welches Kind das Gymnasium besucht und welches nicht. In der fünften Klasse besteht die Möglichkeit, dass Realschüler auf das Gymnasium wechseln mit dem Ergebnis, dass sie in diesem Fall sogar eine Klasse wiederholen müssen. Was das mit sozialer Gerechtigkeit und Durchlässigkeit zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Die Übergangsquote liegt in Bayern derzeit bei 32 %. Wir in Brandenburg geben fast 50 % aller Kinder die Möglichkeit, nach der Grundschule den Weg zum Abitur einzuschlagen.
Zur Kenntnis nehmen müssen Sie auch - und das sind Zahlen, die aus dem IQB-Ländervergleich 2010 stammen -, dass ein bayrisches Kind - diese Zahl sollten Sie sich wirklich merken mit mindestens einem Elternteil aus der oberen Dienstklasse eine fast 14-mal höhere Chance hat, das Gymnasium zu besuchen. In Brandenburg liegt der entsprechende Wert bei 3,8. Der ist immer noch nicht gut; ich denke, dass Kinder aus sozial schwachen Schichten genauso intelligent sind wie Kinder aus Schichten, in denen beide Eltern einen akademischen Abschluss haben.
Sie wissen, dass die familiäre Herkunft in Brandenburg eine deutlich geringere Rolle für den schulischen Erfolg als etwa in Bayern oder Baden-Württemberg spielt. Das ist eine riesige Leistung, wenn man bedenkt, dass auch unsere soziale Struktur eine andere ist. Es ist eben ein Unterschied, ob ich eine Sozialstruktur mit einem großen Anteil von Familien habe, die aus sozial schwierigen Verhältnissen kommen, oder ob ich eine Struktur wie in Bayern habe. Sie behaupten beispielsweise auch, man solle den Kindern einfach mehr Unterricht erteilen, und dann gäbe es bessere Lösungen. Mein Vorredner Thomas Günther hat schon dargestellt, dass der tatsächlich erteilte Unterricht …
Der Anteil des tatsächlich erteilten Unterrichts in den Grundschulen in Bayern liegt niedriger als der des Unterrichts in Brandenburg. Egal, ob das dem Ausfall geschuldet ist oder was auch immer, aber diese Realität, Herr Hoffmann, müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Die Falschheit, die Sie hier behaupten, wird durch Wiederholung nicht besser.
Sie blenden damit auch aus, dass die schwächeren Leistungen unserer Schülerinnen und Schüler - ich bin weit davon entfernt, diese Ergebnisse zu preisen oder schönzureden - nicht nur etwas mit Schule zu tun haben, sondern gerade in der Grundschule stark durch die sozialen Verhältnisse, in denen die Kinder leben, beeinflusst werden. Es ist ein Unterschied, ob ich den Vergleich in einem Land mit einem Anteil von 5 % an Familien, die von Transferleistungen leben, anstelle - wie in Bayern -, oder eben 12 %. Dafür können diese Kinder nichts, und wir sind gehalten, in der Kita und der Grundschule genau diese Nachteile auszugleichen. Die Zahlen belegen, dass uns das gelingt. Deswegen bin ich stolz auf dieses Abschneiden, was soziale Gerechtigkeit betrifft.
Was können wir tun, um den Unterricht zu verbessern? Es geht nicht darum, den verpflichtenden Unterricht einfach quantitativ auszuweiten, sondern es geht um einen qualitativ guten und individualisierten Unterricht, und zwar für alle Schülerinnen und Schüler; darum bemühen wir uns intensiv. Es geht auch um gute Ganztagsangebote, um Unterstützung und Entlastung der Familien durch entsprechende Förder- und Beratungsangebote. Selbstverständlich haben unsere Schülerinnen und Schüler ein qualitativ hochwertiges und leistungsorientiertes Bildungssystem verdient. Wir haben Ihnen schon mehrfach ausführlich beschrieben, was wir alles tun. Wir werden noch in dieser Legislatur insgesamt 2 000 neue Lehrer einstellen. Wenn Sie schauen, wie schwer sich - auch CDU-regierte - Nachbarländer bei dem Versuch, überhaupt die ausscheidenden Lehrer zu ersetzen, tun, wissen Sie, was das für eine große Leistung ist.
Wir haben den verbindlichen Grundwortschatz in der Grundschule eingeführt, wir haben die Basiskompetenzen durch verbindliche Orientierungsarbeiten in den Jahrgangsstufen 2, 4 und 8 präzisiert. Wir haben die Stundenzahl in den Jahrgangsstufen 1 und 2 sowie die Lesekompetenzförderung erhöht. Das ist sehr viel, und das entspricht genau den richtigen Konsequenzen aus den Ergebnissen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass diese Veränderungen Zeit brauchen, um zu wirken - Zeit auch für die Lehrerinnen und Lehrer, sich entsprechend weiterzubilden, und ich bin absolut auf Ihrer Seite, dass es entsprechend wichtig ist, dass Lehrer Zeit haben, sich weiterzubilden und diese Dinge umzusetzen.
Im Gegensatz zu Ihnen bin ich der Überzeugung, dass wir hier die richtigen Schritte eingeleitet haben und dass diese Schritte dazu beitragen werden, dass sich die Bildungserfolge in Brandenburg weiterhin verbessern werden.
Wir sollten aufhören, Herr Hoffmann und auch meine Damen und Herren von der Opposition, die Leistungen der Schulen schlechtzureden. Wir sollten aufhören, die Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer, die tagtäglich unter nicht leichten Bedingungen einen guten Job machen, schlechtzureden; denn die Anerkennung und Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer in unserer Gesellschaft ist einer der zentralen Punkte, die dazu beitragen, dass eine Schule selbstbewusst und geradlinig ihren Weg gehen kann.
Wir sollten aufhören, mit den vorgeblich so schlechten Schulleistungen die Leistungen der zigtausend verantwortungsbewussten Eltern schlechtzureden, die sich um eine gute Schulbildung ihrer Kinder kümmern. Nicht zuletzt sollten wir aufhören, die Leistungen unserer Schülerinnen und Schüler schlechtzureden, die genauso wie wir alle in der Pubertät Krisen durchleben - das ist kein einfacher Lebensabschnitt -, die sich aber in der überwältigenden Mehrzahl anstrengen und an Leistungen orientieren, und die sich als ganzer Mensch entfalten und entwickeln sollen. Und das tun sie - da sind wir in Brandenburg auf einem guten Weg. - Vielen Dank.
Werte Frau Ministerin Dr. Münch, ich möchte hier eines klarstellen: Ich möchte nicht, dass das, was Sie gerade behauptet haben, im Raume stehen bleibt. Die Opposition insgesamt - ich spreche hier allerdings vor allem für mich - hat mit keinem Wort in dieser Debatte die Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern in diesem Land schlechtgeredet.
Und, Frau Ministerin, wir haben mit keinem Wort die Anstrengungen kritisiert, welche die Bildungskräfte in diesem Land unternehmen.
Das haben Sie hier behauptet; ich weise diese Behauptung entschieden zurück. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass es uns als FDP-Fraktion, dass es uns als Opposition darum geht, für eine bessere Bildungsqualität in diesem Land zu sorgen,
dass es uns darum geht, die Probleme, die in diesem Land vorhanden sind, mit einem hohen Unterrichtsausfall, mit einer hohen Quote - ob 8,6 oder 10 %,
sie ist zu hoch - von Schülerinnen und Schülern, die die Schule ohne Abschluss verlassen - die meisten Studien sprechen übrigens von 10 %, insofern wäre ich daran interessiert, dass Sie Ihre Zahlen noch einmal im Ausschuss vorstellen -, zur Kennt
Ich wundere mich darüber, Herr Kollege Bischoff, dass Sie hier dazwischenrufen, denn eigentlich, Herr Kollege Bischoff, sollten Sie es besser wissen, da Sie aus dem Schulamtsbezirk Eberswalde kommen. Wenn dort - von Ihrer nachgeordneten Behörde, Frau Ministerin - gesagt wird, dass nicht eine einzige Schule mit dem, was vorgesehen ist, ausgestattet ist, dann haben wir ein Problem in diesem Land. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis: Es geht uns hier um die Probleme. Unterstellen Sie uns nicht, wir würden Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler in diesem Land wegen schlechter Arbeit angreifen. Das ist nicht so. Und das sollten Sie auch besser wissen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Büttner, wir haben ein Problem, nämlich, dass Sie die Realität offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Ich freue mich, dass Sie gerade ausdrücklich bestätigt haben, dass Sie die Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer und Schüler wertschätzen. Davon habe ich vorhin in Ihrer Rede nichts gehört.
Ich kann Ihnen aber auch sagen: Ich lege großen Wert darauf, dass wir bei dem wichtigen Thema Bildung versuchen, über Parteigrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Wir haben einen Runden Tisch zur Inklusion eingerichtet. Wir haben eine Demografiekommission eingerichtet. Dort sind, das musste ich leider zur Kenntnis nehmen, die Damen und Herren der Opposition in der Regel nicht anwesend. Das finde ich sehr bedauerlich.
Das finde ich sehr bedauerlich, Herr Büttner, und ich gehe davon aus, dass wir hier die Probleme, die wir haben, gemeinsam angehen.
Ich wäre auch sehr froh, wenn die Damen und Herren der Opposition auf ihre Bundesparteien einwirken würden, sodass eine gesamtstaatliche Verantwortung
- nein, das diskutieren wir im Moment ganz real - für die großen bildungspolitischen Themen wie Inklusion, wie Ganztag, wie Sprachförderung tatsächlich auch gesamtstaatlich gesehen wird.