Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

Missachtung des Parlaments. Ich möchte mich trotzdem dafür noch einmal entschuldigen. Es war nicht anders möglich.

Meine Damen und Herren, ich bin froh darüber, dass es gelungen ist, in dem Europateil des Einzelplans 08 eine finanzielle Sicherstellung unserer Aufgaben zu definieren - sowohl was die Landesvertretung als auch was alle weiteren Aufgaben betrifft, die im Bereich Europa auf uns zukommen. Das ist nicht nur eine institutionelle Angelegenheit, sondern es geht auch darum, deutlich zu machen, wie nahe Europa Brandenburg ist. Es soll verdeutlicht werden, dass das Europa-Thema nicht nur durch die Finanz- und Eurokrise besetzt werden darf, sondern vor allem mithilfe unserer Möglichkeiten die Wertedebatte über ein zukünftiges Europa geführt wird bzw. die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Das geschieht zum Beispiel durch Europawochen, durch unser Zugehen auf Schulen und unsere Debatten mit Vertretern von Initiativen, die sich mit diesen Fragen beschäftigen. Alles das ist finanziell sichergestellt. Darüber bin ich froh.

Weil Sie Szczecin angesprochen haben, Herr Homeyer, möchte ich betonen - ich habe das hier im Landtag, wie ich glaube, schon dreimal gesagt; ich sage es gern ein viertes Mal -: Szczecin ist das natürliche Oberzentrum für Teile Mecklenburg-Vorpommerns und für Brandenburg. Wir haben auf Brandenburger Seite bereits eine ausgeprägte kommunale Zusammenarbeit mit Szczecin, samt Verträgen. Szczecin hat die einzige Universität im Norden, die uns mit zugänglich ist. Von Szczecin aus werden wir uns im Rahmen der Ostseeraumstrategie den baltischen Staaten und Skandinavien auf eine andere Art und Weise zuwenden, als das bisher der Fall ist.

(Beifall der Abgeordneten Hackenschmidt [SPD])

Ich bin Ihnen dankbar für Ihren Einsatz für das Büro in Warschau. Sie wissen aber auch, warum wir es nicht weiter fördern konnten. Sie wissen genauso gut wie ich, dass es nach dreimaliger Förderung ausgeschlossen war, diese noch einmal zu verlängern. Insofern sollte man Warschau und Szczecin nicht gegeneinander ausspielen. Noch einmal: Ich bin Ihnen dankbar für Ihren Einsatz für das Büro in Warschau. Wir werden die Vertretung in Szczecin eröffnen, aber auch mit Warschau weiterhin im Gespräch bzw. dort präsent sein. Da bin ich mir sicher. Über die Form werden wir uns in den Jahren 2013 und 2014 verständigen.

Meine Damen und Herren, bei aller notwendigen Kritik, bei aller notwendigen Diskussion über den Einzelplan 08 kann ich sagen: Wir können unsere Aufgaben mit dem Doppelhaushalt erfüllen. Ich bitte Sie um Zustimmung zum vorliegenden Haushaltsentwurf. - Danke.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Christoffers. - Wir setzen die Aussprache nunmehr mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Bommert erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Büchel ist jetzt gar nicht mehr da?

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE: Doch, doch!)

- Doch. - Herr Büchel, Sie haben viel erzählt, viel Theorie. Sie sprachen von Bürgernähe. Von Unternehmensnähe habe ich in Ihrem Redebeitrag nichts gehört. Wahrscheinlich liegt es daran, dass Sie erst einmal „umswitchen“ müssen; Sie sind ja jetzt wirtschaftspolitischer Sprecher. Bei so viel Theorieergüssen, Herr Büchel, würde ich Sie gern einladen: Kommen Sie einmal in mein Unternehmen. Da können Sie sich richtig angucken, wie praktisch gearbeitet wird und welche Sorgen und Probleme Unternehmer haben.

(Oh! bei der SPD - Beifall CDU)

Das einmal gesehen zu haben ist vielleicht besser, als es aus irgendwelchen Büchern zu kennen.

Meine Damen und Herren, der brandenburgische Mittelstand und das Handwerk sind das Rückgrat unserer einheimischen Wirtschaft. Wenn sie ins Strudeln geraten, wankt das ganze Land: vorbei Sozialticket, vorbei Schüler-BAföG, vorbei Ideen des öffentlichen Beschäftigungssektors, vorbei die sozialen Errungenschaften dieser Koalition. Auch wenn Sie es selbst nicht immer wahrhaben wollen: Diese sind nur zu finanzieren, wenn Unternehmen und Arbeitnehmer Steuern zahlen und Steuern zahlen können.

(Beifall CDU)

„Von nichts kommt nichts“, ist hier das Motto. Das kann man übrigens auch über diese Landesregierung sagen.

Lassen Sie mich einige grundsätzliche Dinge zu diesem Einzelplan sagen. Mein Kollege Homeyer hat es schon angesprochen: Dieser Haushalt ist wahrlich kein Katalysator für eine künftige - positive - Wirtschaftsentwicklung in Brandenburg. Nicht nur, dass in den kommenden zwei Jahren 45 Millionen Euro weniger für die Wirtschaftsförderung bereitgestellt werden. Der Betrag verdoppelt sich, da der Bund dieselbe Summe zugeben würde. Wenn man die Förderquote aus den letzten Jahren zugrunde legt, so gefährdet dieser Haushalt etwa 180 Millionen Euro an Investitionen. Das ist angesichts des stotternden Wirtschaftsmotors einfach unverantwortlich.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Wir vermissen hier auch eine grundlegende Idee für eine echte Zukunftsperspektive - für Unternehmer und für Arbeitnehmer. Mit den vorgestellten Konzepten „ProIndustrie“ oder „Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg“ wurde zwar viel Papier beschrieben, man hat aber leider vergessen, den Unternehmen die Übersetzungshilfe mit an die Hand zu geben.

(Beifall des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Eindeutig ist dabei nur die Tatsache, dass mit viel sprachlichem Hokuspokus der Rückgang der Fördermittel in Brandenburg kaschiert werden soll.

(Frau Hackenschmidt [SPD]: Wieso kaschieren? Das ver- stehe ich nicht!)

Wie in vielen anderen Fragen der Landespolitik wurde auch in diesem Bereich der Wirtschaft die Verantwortung auf den Bund geschoben. Nur ein Beispiel: Natürlich ist es ärgerlich, dass der Bund die Mittel für den Gründungszuschuss gekürzt hat. Dieser war für das Land eine angenehme Angelegenheit. Das Geld

kam aus Berlin, die Lorbeeren konnten im Land eingestrichen werden. Statt zu jammern und die Verantwortung wieder auf den Bund zu schieben, sollten sich die zuständigen Minister Baaske und Christoffers vielleicht einmal an die eigene Nase fassen und den Gründungszuschuss selbst aus Mitteln des Landes finanzieren. Das ist mittlerweile auch eine Forderung der Kammern. Das Geld wäre ohne Weiteres da; Kollege Homeyer hat es schon dargestellt. Das ist nur ein Beispiel der verfehlten Wirtschaftspolitik.

(Beifall CDU)

Die Themen Vergabegesetz und wirtschaftliche Betätigung von Kommunen möchte ich hier nur erwähnen. Aber auch hier wurde von der Landesregierung alles andere als unternehmerfreundlich agiert.

Doch damit nicht genug. Erst jüngst wurde in den Medien eine Studie der OECD mehrfach erwähnt, die Brandenburg trotz des Geburtenrückgangs und der Abwanderung Stärken im Bereich Fachkräfte bescheinigt. Als Ursachen sehen die Forscher eine hohe Dichte wissenschaftlicher Einrichtungen mit guten Lernbedingungen. Der Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam, René Kohl, brachte einen weiteren Standortfaktor ins Gespräch, nämlich eine gute Verkehrsinfrastruktur. Beides sind Bereiche, in denen Sie, meine Damen und Herren von der rot-roten Landesregierung, positive Akzente für unser Land setzen können. Doch was machen Sie? Das Gegenteil! Sie kürzen bei den Hochschulen, ergehen sich in konzeptionslosen Fusionsplänen und streichen die Mittel für den Straßenbau zusammen. Nur ein Beispiel: Für die B96 in Oberhavel werden nicht einmal die nötigen Mittel für die Planung eingestellt. Das ist keine Wirtschaftspolitik. Das ist rot-rote Verhinderungspolitik.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, ich komme auf das Handwerk zu sprechen, der Wirtschaftsmacht von nebenan: immer gern erwähnt, immer gern besucht, aber leider sehr stiefmütterlich behandelt.

„Das Handwerk leistet einen wichtigen Beitrag zur Stabilität unserer brandenburgischen Wirtschaft. Die fast 40 000 Handwerksbetriebe im Land liefern hochwertige Produkte und Dienstleistungen, sind innovativ, bilden aus und bieten Arbeitsplätze in der Region. Ob es um unser derzeit größtes Infrastrukturprojekt, den neuen Flughafen in Schönefeld, oder um den privaten Wohnungsbau geht: Ohne Handwerker ginge nichts voran. Jeder greift tagtäglich auf unzählige Leistungen des Handwerks zurück. Dafür gebührt dem Handwerk unser besonderer Dank.“

(Beifall CDU)

Diese schönen und warmen Worte, Herr Minister, stammen aus einer Pressemitteilung von Ihnen. Nur, warme Worte nützen dem Handwerker in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zu wenig. Das stellten sowohl der Präsident der Handwerkskammer Potsdam, Jürgen Rose, als auch der Hauptgeschäftsführer, Ralph Bührig, am Montag bei der Vollversammlung der Potsdamer Handwerkskammer fest.

Bürokratieabbau, vereinfachte Förderverfahren, effiziente und punktgenaue Förderpolitik sind Prämissen, die wir Handwer

ker von der Politik verlangen. Ich empfehle deshalb dringend: weniger Theorie und mehr Pragmatismus.

(Beifall CDU)

Frau Hackenschmidt, da Sie hier heute so lautstark agieren, möchte ich Ihnen sagen: Wenn Sie an dem Papier von Ulrich Junghanns Kritik üben wollen, dann hätten Sie diese vor fünf Jahren äußern sollen, nicht aber hier heute im Nachgang.

(Beifall CDU)

Zum Thema Breitband: Wenn Sie sagen, dafür werde jetzt Förderung eingestellt, weise ich darauf hin: Wären die Worte Ihres Ministerpräsidenten aufgegangen, hätten wir alle schon 2009 Breitbandanschlüsse und brauchten heute diese Mittel dafür nicht mehr auszugeben.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Bommert, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Hackenschmidt zu?

Da Frau Hackenschmidt keine Zwischenfragen zulässt, mache ich das auch nicht. - Vielen Dank.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE - Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bommert. Reden Sie einfach miteinander und nicht so querbeet. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Meier hat das Wort. Angesichts der späten Stunde bitte ich um etwas mehr Disziplin, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Kollegen, lassen Sie mich vorab zwei Worte zu der Unruhe und zu den Reaktionen sagen, die vorhin aus dieser Ecke zu dem Redebeitrag meines Kollegen Marco Büchel kamen: Ich finde es normal und selbstverständlich, dass man im Parlament unterschiedliche Auffassungen zu Themen hat und sich darüber streitet. Ich finde es aber nicht normal - und das ist bislang auch nicht so gewesen -, dass man anfängt, sich über die Art und Weise, wie jemand redet, lustig zu machen. Und nichts anderes haben Sie vorhin gemacht.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Das haben Sie von uns in der Form noch nicht erlebt. Sehr geehrter Herr Bretz - ich sehe Sie zwar gerade nicht -, wenn Sie uns regelmäßig im Ausschuss oder hier im Plenum den Staatsschauspieler geben, dann reagieren wir auch nicht so. Insofern möchte ich bitten, dass wir da zur Sachlichkeit zurückkehren.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Zum Einzelplan 08 gehört auch der Aufgabenbereich Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik. Einmal von den Änderungsanträgen, die Ihnen heute zur 2. Lesung aus diesem Teil des Einzelplans vorliegen und auf die ich später zurückkomme, abgesehen, will ich zunächst eines feststellen: In der rot-roten Regierung und speziell in der Ressortverantwortung für die Europa- und Entwicklungspolitik hat die Linke für die Öffentlichkeit nachvollziehbare Veränderungen vollzogen. Auch wenn es die eine oder andere offene Frage gibt, der wir uns in Zukunft verstärkt widmen müssen - die stärkere Unterstützung des Landes im Bereich des Entwicklungspolitischen Netzwerkes gehört dazu -, ist dies aus unserer Sicht aber das Normalste der Welt. Es ist sozusagen Alltag, wenn man politische Verantwortung trägt. Die müssen wir natürlich wahrnehmen und innerhalb der Koalition darüber reden.

Die in der Europapolitik gegenwärtig zentralste Frage ist die der Vorbereitung der neuen EU-Förderperiode. Der Landtag hat dies auf Antrag der Koalitionsfraktionen im Frühjahr mit seinem Beschluss „Fonds der Europäischen Union - auch in der Förderperiode 2014 bis 2020 Grundlage einer nachhaltigen Entwicklung Brandenburgs!“ deutlich unterstrichen: Der Einsatz der europäischen Strukturfonds und der Finanzierungsinstrumente für die Gemeinsame Agrarpolitik hat in der Vergangenheit einen maßgeblichen Beitrag zur Reduzierung wirtschaftlicher und sozialer Unterschiede zwischen Mitgliedsstaaten und Regionen innerhalb der EU geleistet. Durch die EUFonds wurde die Entwicklung spürbar vorangetrieben, wurden die Rückstände zu den entwickelten europäischen Regionen reduziert. Die Erneuerung der Infrastruktur, die Förderung von Forschung und Entwicklung und ein Großteil der Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - auch in unserem Land wären ohne EU-Mittel nicht möglich gewesen.

Mit diesem Landtagsbeschluss haben wir unterstrichen, dass wir diese Mittel auch in Zukunft benötigen. Dabei ist uns klar, dass es auf jeden Fall Kürzungen der EU-Mittel aufgrund des erreichten Entwicklungsstandes geben wird. Das jedoch, was gegenwärtig in Brüssel hinsichtlich der Finanzplanung von 2014 bis 2020 debattiert wird, würde für Brandenburg kaum verkraftbare Probleme bringen. Eine Reduzierung des Ansatzes der Europäischen Kommission für die Jahre 2014 bis 2020 um 300 oder sogar noch mehr Millionen Euro, wie das einige Mitgliedsstaaten fordern, würde in den gegenwärtigen deutschen Übergangsregionen - in den ostdeutschen Flächenländern genauso wie zum Beispiel im Regierungsbezirk Lüneburg in Niedersachsen - regelrechte Einbrüche bei der Förderung bedeuten.

Dass der Ministerpräsident und der Europaminister in Berlin und Brüssel für unsere Interessen streiten, begrüßen wir ausdrücklich. Zugleich benötigen wir aber auch ein deutliches Signal aus dem Bundestag. Es geht bei dieser Frage nicht nur darum, dass Deutschland so wenig wie möglich zahlt, sondern darum, die erfolgreiche Entwicklung von strukturschwachen Regionen in der Bundesrepublik auch und gerade mit EU-Mitteln weiter zu stützen. Diesbezüglich können wir alle bei unseren Partnerfraktionen im Deutschen Bundestag die Bereitschaft zu einer klareren Positionierung befördern.