Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Die Frage, ob es weiterhin militärisch genutzt wird, ist offen. Insofern ist die Forderung, keinen großen Truppenübungsplatz für welche Zwecke auch immer - zu errichten, legitim. Würde das Areal als Truppenübungsplatz genutzt, wären mitnichten dort nur drei Feuerwerker zugange, sondern es fänden Übungen der ganz anderen Art statt, die wir uns alle vorstellen können.

Insofern ist die Frage der weiteren Nutzung eine Grundsatzfrage. Zunächst einmal geht das Vermögen des Verteidigungsministeriums in das allgemeine Bundesvermögen über. Dann ist der Bund zuständig zu entscheiden, wie damit weiter umzugehen ist. Die Eigentumsfrage ist nicht von der Landesregierung

zu klären. Eigentum verpflichtet, und der Eigentümer muss über den weiteren Umgang eine Entscheidung treffen.

Wir sagen bloß: Es soll irgendwie in das Konzept der Gesamtentwicklung der Region passen, für die wir uns einen sanften Tourismus vorstellen. Dazu passt eine abgestufte Naturschutzvorstellung für das Areal. Sie geht auch einher mit der Überlegung, dass man das Gebiet nicht auf einen Schlag entmunitionieren kann. Wie auf dem Gebiet der Döberitzer Heide, wo über Jahre Schritt für Schritt einzelne Wanderwege und Reitwege entstehen, wird es auch in der Kyritz-Ruppiner Heide vonstattengehen können.

Das passiert aber nicht von ungefähr, sondern es muss zunächst die Grundsatzentscheidung getroffen werden: Was passiert? Wird die militärische Nutzung aufgegeben? Das ist nicht entschieden. Deswegen fordern wir vom Bund, dass er diese Entscheidung trifft und erst einmal eine klare Zukunftsoption eröffnet. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt angekommen. Ich stelle den Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion GRÜNE/B90 zum Verzicht auf militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide, Drucksache 5/135, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist diesem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden. Wir verlassen Tagesordnungspunkt 13.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Weltweiter Klimawandel: global lenken - global handeln Kopenhagen darf nicht scheitern!

Antrag der Fraktion GRÜNE/B90

Drucksache 5/137

Der Abgeordneter Vogel wird für die antragstellende Fraktion sprechen und uns sagen, ob er schon gescheitert ist.

Ich hoffe, noch nicht!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wissenschaft und die Weltgemeinschaft sind sich einig:

Erstens: Wir beobachten einen weltweiten Temperaturanstieg. Zweitens: Dieser Temperaturanstieg ist menschengemacht. Drittens: Die Ursache ist die Verbrennung fossiler Energieträger. Viertens: Wenn wir den Temperaturanstieg um 2°C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzen wollen, muss der weltweite CO2-Ausstoß bis 2050 halbiert, das heißt, auf weniger als 2 t pro Mensch gesenkt werden. Diese 2 t sind die Menge, die wir in Deutschland jährlich allein mit unseren Autos verfahren. Das ist die Menge, die wir allein für die Produktion unserer Nahrungsmittel aufwenden.

Für Brandenburg bedeutet die Zielsetzung einer CO2-Minderung um 95 % eine unglaubliche Größenordnung. Mit unserem Antrag wollen wir die Landesregierung auffordern, hierzu ein über die Energiestrategie 2020 hinausgehendes Klimaschutzprogramm für das Jahr 2050 zu erarbeiten.

Um das 2%-Ziel zu erreichen, steht der Menschheit bis 2050 noch eine CO2-Speicherkapazität der Atmosphäre von 700 bis 750 Milliarden t CO2 zur Verfügung. Das ist eine ungeheure Menge. Wenn wir es aber auf die Menschen umverteilen, heißt das: Für jeden lebenden Menschen stehen noch 100 t Pufferkapazität bis zum Jahr 2050 zur Verfügung. Das ist eine Menge, die für die Inder für die nächsten 40 Jahre ausreicht, weil auf einen Inder lediglich 1,1 t entfallen. Die Brandenburger verbrauchen ihren Puffer allerdings schon innerhalb von vier Jahren, weil auf jeden Brandenburger 23 t CO2 entfallen. Herr Abgeordneter Woidke, ich weiß ja, was dann immer kommt. Deswegen sage ich es auch gleich: nach den Zahlen des Landesumweltamtes gilt: Wenn man den Exportanteil abzieht, den Stromexport aus Braunkohle, dann entfallen auf uns immer noch 14 t. Das heißt, wir müssen immer noch um die 90 % sparen.

Zu Recht kritisieren die Entwicklungsländer, dass das bisherige Wohlstandsmodell der Industrienationen weitgehend auf der kostenlosen Inanspruchnahme der Atmosphäre als Deponie für Treibhausgase und Luftschadstoffe beruht.

Die Drittweltländer sind bislang die Hauptbetroffenen des Klimawandels. Wir denken da nicht nur an sich ausdehnende Wüsten. Wir denken nicht nur an Afrika. Wir denken auch an die dem Untergang geweihten Südseeinseln.

Allerdings handelt es sich bei der Zielsetzung einer Begrenzung des Klimawandels nicht allein um eine Solidaritätsaktion für die Dritte Welt. Das zweite Opfer werden wir, die Mitverursacher, sein.

Der für 2100 prognostizierte Meeresspiegelanstieg um zwei Meter wird auch für Brandenburg gravierende Folgen haben, und das ist noch ohne die Abschmelzung des grönländischen Inlandeises gerechnet. Es ergibt sich allein durch die temperaturbedingte Wasserkörperausdehnung.

Das Odermittelwasser - Herr Bischoff, Sie wissen das - liegt an der Schwedter Querfahrt bei 10 cm über Normalnull, der Wasserspiegel der alten Oder bei Bad Freienwalde bei 1,10 m, die Ortslage Rüdnitzer Ausbau im Oderbruch bei 1,60 m. Schwedt an der Ostsee, da bekommen die Schwedter Ausbauwünsche, die Westoder für Küstenmotorschiffe gängig zu machen, gleich eine ganz andere Bedeutung. Unser Gangesdelta heißt dann Niederoderbruch.

(Beifall GRÜNE/B90 - Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Doch der Klimawandel ist ja auch heute schon spürbar. Die Wetterstation Angermünde zeigt in den letzten 100 Jahren einen Temperaturanstieg um 2 °C in den Sommermonaten. Wir haben Grundwasserrückgänge in der Uckermark um zwei Meter, im Wesentlichen durch die erhöhte Sonneneinstrahlung bedingt. Wir haben einen Rückgang der mittleren Jahresabflüsse der Brandenburger Flüsse seit 1980 um mehr als 50 %. Das hat nichts mit den Braunkohlesumpfungswässern zu tun. Die Wet

terextremereignisse haben spürbar zugenommen. Da reden wir nicht nur über Elbe und Oder, da reden wir auch über den April 2007 oder den April 2009, die so knochentrocken waren, dass kein Millimeter Regen mehr gefallen ist. Wir beobachten neue invasive Tier- und Pflanzenarten.

All diese Beobachtungen sollten Ansporn zum Handeln genug sein. „Global denken - lokal handeln“ ist die Devise, oder um das Erich-Kästner-Zitat aus der Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten zu wiederholen:

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Wer Verantwortung hat, muss seiner Verantwortung gerecht werden. Dies kann er natürlich nur dort, wo er auch Entscheidungen zu treffen hat. Diese Entscheidungen fällt jeder bei seinen täglichen Einkäufen, bei der täglichen Verkehrsmittelwahl.

Auf kommunaler Ebene wurde dies in Brandenburg auch vielfach genutzt: der Landkreis Barnim beispielsweise mit seiner Null-Emissionsstrategie, die Landkreise Uckermark und Teltow-Fläming, die auf vollständige Energieversorgung aus erneuerbaren Energien oder die ersten Bioenergiedörfer, die auf vollständige Energieautarkie setzen. Aber allein die kommunale Ebene und das private Engagement reichen nicht. Entscheidend ist, welchen Beitrag das Land zum Klimaschutz leisten kann und auch leisten will.

Entscheidend ist, dass dieses Land über eine integrierte Klimaund Energiepolitik verfügt, aus der die Ausbauziele für erneuerbare Energien, Energieeinsparziele ebenso wie Instrumente zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Minderung des CO2-Ausstoßes zweifelsfrei und nachprüfbar hervorgehen.

Was wir nicht mehr brauchen, sind Energiestrategien wie das alte Kyoto-Protokoll oder auch die Energiestrategie 2010, die zwar Ziele vorgeben, wo aber dann kurz vor Laufzeitende festgestellt wird, dass sie scheitern, dass die Ziele nicht erreichbar sind und dann durch neue Papiere ersetzt werden.

Deswegen fordern wir auch die Formulierung zweijährlich nachprüfbarer Teilziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien, wie dies übrigens auch von der EU gefordert wird.

Die CO2-Minderungsziele der letzten Landesregierung - 40 % bis 2020 gegenüber 1990 - mögen sich gut anhören. Sie sind bei Betrachtung der absoluten Größen jedoch lächerlich. So entspricht das Ziel, die CO2-Emission bis 2020 auf 54,6 Millionen t CO2 zu senken, gerade einmal dem nach Abwicklung der DDR-Industrie erreichten Emissionsstand von 1995. 25 Jahre Zeit, um den Emissionsstand von 1995 wieder zu erreichen, das ist zu wenig ambitioniert.

(Beifall GRÜNE/B90)

Wie sind denn diese Minizahlen erklärbar, wenn die Landesregierung zugleich durchaus respektable Ausbauziele für die erneuerbaren Energien formuliert? Ein Windertrag von 55 Petajoule entspricht ziemlich genau dem prognostizierten Stromverbrauch Brandenburgs im Jahre 2020. Hinzu kommen dann noch Solarstrom, Strom aus Geothermie, Klärgas, Biomasse. Auch ohne Berücksichtigung der KWK-Vorgaben des Bundes reichen diese Strommengen aus, um den gesamten Strombedarf Brandenburgs und den Stromimportbedarf Berlins zu de

cken. Trotzdem werden diese Riesenmengen an erneuerbaren Energien ohne flankierende Maßnahmen keine Tonne Braunkohle ersetzen.

Der Grund liegt in der bisherigen Staatsräson Brandenburger Energiepolitik, die sich seit Gründung des Landes durch die Politik aller Landesregierungen zieht. So lautet dann auch der erste Satz im Kapitel Energieerzeugung in der Energiestrategie 2020:

„Zielsetzung ist der Erhalt der Braunkohleverstromung an den Energiestandorten Jänschwalde und Schwarze Pumpe“.

Zielsetzung Brandenburger Energiepolitik ist also mitnichten die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien oder die Selbstversorgung mit CO2-armen Energieträgern. Hieran - und nicht am Klimaschutz - richtet sich die Klimapolitik des Landes aus. So ist auch nirgendwo infrage gestellt, dass für Schwarze Pumpe bis zum Ende der Nutzungsdauer im Jahre 2040 keine CCS-Nachrüstung erfolgen soll und die zur Verstromung aus den geplanten neuen Tagebauen vorgesehene Kohle ohne Restriktionen verheizt werden kann.

Das CCS-Versuchskraftwerk Jänschwalde soll dafür sorgen, dass von den bis 2020 bei der Elektrizitätsgewinnung im Land anfallenden 514 Millionen t CO2 ab 2015 2 Millionen t pro Jahr - also insgesamt 12 Millionen t - eingespart werden. So sieht also die klimaschonende Nutzung von Braunkohle im Land Brandenburg aus.

(Beifall GRÜNE/B90)

Konsequent wird nach der Energiestrategie die Stromproduktion bis 2020 weiter ansteigen. Das bedeutet, dass Brandenburg in zehn Jahren vier mal mehr Strom exportieren als selbst verbrauchen wird. Obwohl in der Energiestrategie 2020 die richtige Aussage enthalten ist „Durch verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien kann eine spürbare Senkung der CO2-Emission erreicht werden, wenn dadurch Energieerzeugung auf Basis fossiler Energieträger substituiert wird“, wird jedoch an keiner Stelle irgendein Ansatz aufgezeigt, wie dies umgesetzt werden soll.

Diesen Gedanken wollen wir mit dem von uns gewünschten Umstiegsszenario ausgefüllt sehen. Gleiches gilt für den von uns geforderten Plan B, der aufzeigen soll, wie bei einem Auslaufen der Braunkohleverstromung, sei es durch den Emissionshandel bedingt, sei es durch eine veränderte Geschäftspolitik Vattenfalls, neuer Vorgaben Schwedens, der Bundesregierung oder der EU, eine Stromversorgung Brandenburgs und Berlins gewährleistet werden kann.

Ein Ergebnis von Kopenhagen steht schon fest - darüber werden sich die Landesregierung und Vattenfall Gedanken machen müssen -: dass nämlich CO2-Verpressung nicht als clean development mechanism, nicht als anrechenbare CO2-Minderungsmaßnahme eingestuft wird. Das ist das Ergebnis des zuständigen Facharbeitskreises. Das heißt also, dass eine CO2-Versenkung nicht als Minderung angerechnet wird.

Mit unserem Antrag ist uns nicht an einem Vorführen der Landesregierung gelegen. Das Thema ist viel zu ernst. Wir wollen vielmehr unseren Beitrag leisten, dass die Landesregierung ihre in der Energiestrategie 2020 formulierten Ausbauziele für die erneuerbaren Energien auch umsetzt und darüber hinausge

hende Einsparungen bei CO2-Emissionen erreichbar werden. Wir wollen, dass die Brandenburger Energieversorgung zukunftssicher wird, und das heißt 100 % erneuerbar. Wir wollen diesen Landtag zu einem Ort des intensiven Energiedialogs machen. Deshalb bitten wir um Überweisung an die zuständigen Ausschüsse. Kopenhagen hat eine Chance, wenn jetzt von unten her angepackt wird. Geben wir diese Chance. - Danke.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt DIE LINKE sowie des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Die Abgeordnete Hackenschmidt setzt für die SPD-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke der Fraktion der Grünen, dass wir recht zügig zu dem Thema Energie kommen. Aber Sie haben das Thema nun nicht durch diesen einen Antrag für die Koalition „aufs Trapez“ gebracht.

Sicherlich ist Ihnen beim Lesen des Koalitionsvertrages eindeutig aufgefallen, wie viele Punkte dort konkret benannt sind. Das heißt, wir sind in der Arbeit. Wir haben uns dem Thema gestellt.

Ich kann Ihnen versichern: In den letzten fünf Jahren war es nicht ganz so einfach, dieses Thema in der Koalition zu bereden. Da waren wir dem jetzigen Koalitionspartner immer etwas näher. Das MW war an vielen Ecken und Kanten nicht hilfreich, um unsere Ideen einfließen zu lassen.