- Wollen wir jetzt darüber diskutieren, wie heute Morgen die Dringliche Anfrage beantwortet wurde, dass man sich hier vorne aussuchen könne, an welcher Stelle man gerade steht, Herr Holzschuher?
dass in den 90er Jahren hier keine Aufarbeitung stattgefunden hat. Deshalb haben wir die Probleme heute. Ich kann nachvoll
Der Eindruck konnte sehr wohl entstehen, da Sie sehr aufgebracht waren, dass Sie sich von dieser Diskussion und der Aufarbeitung persönlich betroffen fühlen.
Frau Mächtig, ich glaube, Sie haben von keinem von uns, von der FDP, von den GRÜNEN, von der SPD oder von irgendjemand anderem gehört, dass wir völlig frei wären von denjenigen, die von der Vergangenheit belastet sind oder belastet waren. Nur Fakt ist eines, und das will ich nicht bewerten: Die Fälle der vergangenen Tage sind bei Ihnen aufgetaucht. Sie hätten auch bei uns auftauchen können, selbstverständlich. Das bringt Vergangenheit mit sich. Ich sage ganz deutlich, dass an dieser Stelle die Differenzierung - dieser Ausdruck wird hier immer gerne benutzt -, überhaupt keine Rolle spielt. Nur es ist de facto nicht so.
Zu dem Punkt, den Sie angesprochen haben, dass nur und allein das Wahlvolk bestimme, wer würdig für dieses Parlament sei und wer nicht...
- Ja, Frau Mächtig, deswegen möchte ich Sie an die letzte Legislaturperiode erinnern, auch wenn es Ihnen nicht passt, wie oft gerade Ihre Fraktion die gewählten Mitglieder von der DVU hier in diesem Parlament als unwürdig bezeichnet hat.
- Nein, Frau Kaiser, darum geht es nicht. Es geht nur darum, mit welchem Maß Sie messen und wann Sie welche Argumente anbringen. Nur und ausdrücklich darum geht es.
Dass Sie diejenigen sind, die Maßstäbe setzen wollen und die klar sagen, was hier geht und was hier nicht geht, nicht nur im Landtag, sondern auch in diesem Land, das muss man sehr deutlich sagen.
Insofern sage ich noch einmal: Frau Mächtig, ich kann die persönliche Betroffenheit nachvollziehen. Ich nehme mich davon nicht aus. Deswegen: Aufarbeitung braucht Zeit. Die letzten 20 Jahre waren eben nicht ausreichend. Um nichts anderes geht es übrigens, nur darum, dass die Frist verlängert wird, Akten einzusehen, Herr Speer. Wir wissen, dass Akten, egal, ob man viermal oder fünfmal hineingeguckt hat, immer wieder neue Tatsachen bringen, dass immer wieder Akten neu auftauchen. Wir haben es im Zusammenhang mit Frau Stobrawa gerade intensiv erlebt. Es steht darin, sie habe sich als IM „Marisa“ bekannt, aber sei nie IM gewesen, habe nie als solche gearbeitet. In ihren Akten ist auch nicht wirklich etwas zu finden, aber in den Opferakten durchaus. Wir wissen, dass Akten verschwunden sind. Sie wurden in den 90er Jahren massiv vernichtet.
Gott sei Dank gibt es noch Säcke mit Schnipseln, die peu à peu zusammengefügt werden. Genau diese Zeit und diese Chancen muss man geben, um die Dinge sehr detailliert aufarbeiten zu können.
Insofern freue ich mich, dass eine breite Zustimmung zu dem Fakt als solchem erfolgt. Mit der Bewertung halte ich mich an der Stelle zurück. Die bleibt den Jugendlichen bzw. der nachfolgenden Generation vorbehalten.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Ludwig. - Die Abgeordnete Kaiser hat für eine Kurzintervention um das Wort gebeten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Ludwig, in Übereinstimmung mit Abgeordneten meiner Fraktion möchte ich an dieser Stelle erklären, dass niemals ein Abgeordneter der Linksfraktion oder der vormaligen PDS einen Abgeordneten der DVU für unwürdig erklärt hat. Allerdings, das ist ein Fakt, den ich bestätige, haben wir regelmäßig die Redebeiträge der Abgeordneten der DVU ob der Tatsache kritisiert, dass sie aus unserer Sicht dem Inhalt nach nicht auf dem Boden des Grundgesetzes und der Verfassung dieses Landes basierten und damit dieses Parlaments unwürdig waren. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kaiser. - Wir haben das Ende der Debatte erreicht und kommen zur Abstimmung über den Antrag „Verlängerung der Überprüfungsmöglichkeiten nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz“. Wer diesem Antrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich wird hier die Frage im Raum stehen: Ein Kinderaus
schuss für Brandenburg - warum? Lassen Sie mich dazu drei Punkte herausarbeiten. Erstens: Das Übereinkommen über die Rechte der Kinder ist am 20. November 2009 20 Jahre alt geworden. Das ist, denke ich, ein guter Anlass, daran zu erinnern und sich Gedanken über den Stellenwert unserer Kinder zu machen, über die Wahrung ihrer Rechte und auch die Ausgestaltung der Rechte und über einen Ausschuss, der sich als Interessenvertretung der Kinder hier versteht.
Ich möchte daran erinnern: 1959 forderten die Vereinten Nationen alle Staaten auf, den besonderen Schutz von Kindern und die Fürsorge für sie zu gewährleisten. Nach einem Vorstoß Polens und einer sich anschließenden zehnjährigen Diskussion wurde 1989 endlich die UN-Kinderrechtskonvention einstimmig verabschiedet. Seitdem gibt es erstmals eine international verbindliche Festschreibung der wichtigsten Kinderrechte, die für die Unterzeichnerstaaten auch völkerrechtlich verbindlich sind. Kinder sind also Träger eigener Rechte.
In 41 von insgesamt 54 Artikeln legt die Konvention fest, welche Rechte Kinder haben: familiär, bürgerlich-politisch, wirtschaftlich, sozial, kulturell. Den Kindern wird umfassender Schutz vor Gewalt, vor Krieg, vor Ausbeutung, vor Missbrauch zugesichert. Kinder haben das Recht auf eine eigene Identität, was bei uns auch ein wichtiger Punkt ist - ich erinnere an die Diskussion um die anonyme Geburt. Auf Gleichbehandlung haben sie ein Recht, auf die eigene Kultur, auf umfassende Fürsorge, auf Gesundheit und auch auf ausreichende Ernährung.
Zieht man nach 20 Jahren Bilanz, lässt sich feststellen, dass es trotz vielfältigster Maßnahmen keine umfassende Kinderpolitik gibt. Kinder werden noch immer nicht von Anfang an in allen Bereichen umfänglich beteiligt. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir bei Gesetzesvorhaben immer auch gefragt haben: Berührt es denn die Rechte der Kinder, wie nehmen wir die Kinder in diesen Gesetzesvorhaben wahr? - Das heißt, 20 Jahre Übereinkommen über die Rechte der Kinder sollten uns Anlass sein, doch noch einmal genauer hinzuschauen, wie dies in Brandenburg umgesetzt ist und welche Konsequenzen daraus gezogen werden können.
Wenn Sie in diesem Zusammenhang wieder auf die Bundesregierung abzielen und auf deren Verantwortung verweisen, kann ich nur daran erinnern, dass im familienpolitischen Programm des Landes Brandenburg formuliert wurde, dass wir nicht nur das familienfreundlichste Land, damit natürlich auch - das impliziere ich - das kinderfreundlichste Land der Bundesrepublik werden wollten, sondern dass einmal formuliert worden ist: Wir wollen sogar das familienfreundlichste Land Europas werden.
Mein zweiter Punkt: Das Jahr 2010 wird von der EU zum europäischen Jahr zur Bekämpfung der Armut und sozialer Ausgrenzung erklärt werden. Das sollte uns als Parlament doppelt ermutigen, genau dieses Thema aufzugreifen, betrifft es doch die Kinder in ihrer Entwicklung insbesondere.
Das heißt, wir setzen in diesem Jahr ein Signal, und wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass es den Kindern besser geht. Was könnte uns da Besseres passieren, als dass wir gerade alle Interessenvertreter - insbesondere möchte ich an die Landesarmutskonferenz erinnern - in die Debatte einbeziehen; denn Ar
mut zu bekämpfen und zu verhindern - nicht nur materielle Armut, sondern auch die Bildungsarmut -, das steht für uns alle an erster Stelle. Darin sind wir uns, glaube ich, alle einig.
Drittens: Lassen Sie uns mit einem eigenen Kinderausschuss auch einmal eigene Akzente setzen, Instrumente für den umfänglichen Schutz entwickeln und für eine gute Entwicklung unserer Kinder sorgen. Wir sollten nicht immer nur mit dem Finger auf andere zeigen - Sie wissen, wie das mit dem Fingerzeigen ist: Drei Finger zeigen immer auf einen selbst zurück -, sondern wir sollten die Erfahrungen und Potenzen der Interessengruppen und vieler Beteiligter - ich denke an die vielen Vereine, an die Netzwerke, die an diesen Themen arbeiten - einbeziehen und als Landesparlament unsere eigenen Akzente entwickeln und setzen.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie den Anspruch formuliert haben, kein Kind zurückzulassen. Um diesen Anspruch zu erfüllen, kann der Ausschuss einen wirklichen Beitrag leisten. Und - dazu werden wir noch im nächsten Beitrag kommen, wenn Herr Wichmann hier spricht - es ist auch kein Widerspruch zur Bestellung eines Kinderschutzbeauftragten, sondern im Gegenteil. Dieser soll gerade das Bindeglied zwischen diesen Ebenen sein, nämlich für die Landesregierung, den Landesjugendhilfeausschuss, die Landesfachstelle und dann zu unserem parlamentarischen Ausschuss.
Wenn wir das alles miteinander betrachten und verknüpft sehen, können wir tatsächlich auch einmal als Landesparlament nicht nur von der Zukunft - oder sagen wir besser: von einer gedeihlichen Zukunft - für unsere Kinder und ihre Wichtigkeit sprechen, sondern wir sollten sie dann auch gemeinsam gestalten. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulz. - Für die Fraktion der SPD erhält die Abgeordnete Lehmann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Der Antrag der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion - Kinderausschuss für Brandenburg wurde von der Kollegin Schulz hier ausführlich begründet. Dennoch empfehlen wir, diesen Antrag hier und heute abzulehnen, und zwar mit der Begründung: Nicht zuständig.