Protokoll der Sitzung vom 27.02.2013

(Allgemeiner Beifall)

Nehmen Sie sich bitte nicht ein Beispiel an dem, was Sie hier nach der Mittagspause sehen.

Ich eröffne Tagesordnungspunkt 4:

Gesetz über die Verleihung von Gemeinde- und Landkreisbezeichnungen

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/6367

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Wichmann erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute die Chance, auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses in 2. Lesung und nach einem sehr kurzen, von partei- und fraktionsübergreifender Übereinstimmung geprägten Diskussionsprozess ein Gesetz zu verabschieden, das mit der Verkündung durch unseren Präsidenten zeitnah in Kraft treten kann. Es bedeutet für die Kommunen in unserem Land einen großen Fortschritt. Mit diesem Gesetz erhalten unsere Städte und Gemeinden die Möglichkeit, unbürokratisch und schnell beim Innenministerium den Antrag zu stellen, den

Ortsnamen um einen Zusatz zu ergänzen, der für die jeweilige Stadt bzw. Gemeinde charakteristisch ist, unabhängig davon, ob der Zusatz einen kulturellen oder historischen Hintergrund hat.

Im Spreewald wird demnächst sicherlich die eine oder andere Gemeinde die Bedeutung des Themas „Gurke“ für sich erkennen, auch um es noch stärker touristisch zu vermarkten. Im Namenszusatz von Neustadt/Dosse werden wohl die Pferde eine Rolle spielen. Auch die Flößerstädte unseres Landes möchte ich nicht vergessen. Ich könnte viele weitere Beispiele dafür nennen, dass lokale Besonderheiten im Ortsnamen und damit auf dem Ortseingangsschild stärker zum Ausdruck gebracht werden können.

Das Gesetz eröffnet eine großartige Möglichkeit für die vielen wunderschönen kleinen und größeren Städte in unserem Land, die auch vom Tourismus leben. Wir waren uns in diesem Punkt im Innenausschuss einig. - Britta Stark nickt. Ich denke, die Empfehlung des Ausschusses ist eindeutig. Wir können das heute so beschließen. Mir war es wichtig, dass wir dennoch hier und heute noch einmal darüber sprechen, damit alle unsere Bürgermeister, Kommunalpolitiker und Ehrenamtler vor Ort wirklich mitbekommen, dass es schon so schnell so weit ist, dass wir das Gesetz heute verabschieden können.

Das Stadtparlament bzw. die Gemeindevertreterversammlung muss mit Dreiviertelmehrheit für den neuen Namenszusatz stimmen. Eine Mehrheit von zwei Dritteln war uns zu wenig; denn wenn man einen Ortsnamen, der vielleicht Jahrhunderte alt ist, ändern oder ergänzen will, muss ein sehr großer Teil der Bürgerschaft, der Bevölkerung dahinter stehen; sonst gibt es ständig ein Hin und Her.

Das weitere Verfahren ist einfach: Nachdem die Stadtverordnetenversammlung bzw. Gemeindevertretung den Beschluss gefasst hat, wird beim Innenministerium gemeldet, dass in Zukunft ein - neuer - Ortsnamenszusatz geführt werden soll. Wenn unser Innenministerium nicht innerhalb eines Monats widerspricht, gilt der Wunsch der Gemeinde als genehmigt und der Name kann entsprechend ergänzt werden.

Ich wünschte mir, dass wir auch in anderen Bereichen so schnell und unbürokratisch Gesetzesänderungen hinbekämen. An dieser Stelle geht mein herzlicher Dank an das Innenministerium, das die Empfehlung des Landtages schnell und gut aufgegriffen hat. Das Anliegen geht auf einen Antrag der FDP-Fraktion zurück, den wir damals einstimmig im Plenum beschlossen haben. Heute liegt der Gesetzentwurf zur 2. Lesung vor. Ich kann Sie alle nur ermuntern, ihm zuzustimmen.

Jetzt beginnt quasi der 100-m-Lauf; wir werden sehen, welche Kommune zuerst mit einem Antrag durchs Ziel kommt. Doppelungen in dem Sinne, dass zwei Orte denselben Namenszusatz tragen, darf es natürlich nicht geben. Auch hier gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst! Wir werden sehen, welche Stadtverordneten- bzw. Gemeindevertreterversammlungen ganz schnell sind, Vorschläge einreichen und genehmigt bekommen.

Mehr gibt es von meiner Seite erst einmal nicht zu sagen. Britta Stark kann jetzt ergänzen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wichmann, für die ermunternden Worte.

Die Aussprache wird mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fortgesetzt. Frau Abgeordnete Stark hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Gäste! Charakteristische Namenszusätze auf Ortsschildern und auch für Landkreise zuzulassen - das ist gewissermaßen der Sinn des Gesetzentwurfs. Mein Kollege Wichmann von der CDU hat schon gelobt, dass die Beschlussempfehlung des Innenausschusses einstimmig gefasst worden ist. Einstimmigkeit kommt sehr selten vor. Sie wissen, dass wir hier Opposition und Regierung haben; aber an dieser Stelle waren sich alle einig.

Es ist auch nicht so, dass es ein rot-roter Gesetzentwurf war, sondern die Idee, charakteristische Namenszusätze auf Ortsschildern zuzulassen, geht auf einen Antrag der FDP-Fraktion zurück, der in den Innenausschuss überwiesen worden war.

Wir haben schon orakelt, welche neuen Namenszusätze es geben könnte: Chemiearbeiterstadt Schwedt, Fontanestadt Rheinsberg, Rübchenstadt Teltow, Hussitenstadt Bernau. Alles ist möglich, wenn sich die Gemeindevertretung bzw. Stadtverordnetenversammlung mit Dreiviertelmehrheit ihrer Mitglieder auf einen charakteristischen Namenszusatz einigt. Dann hat der Innenminister vier Wochen Zeit, um Einwendungen vorzubringen. Geschieht dies nicht, gilt der Namenszusatz als genehmigt.

Ja, das ist, wenn man so will, ein vorwiegend emotionaler Gesetzentwurf - Sie haben es beschrieben -, aber es macht natürlich auch sehr viel aus. Man kann Regionen touristisch aufwerten, und diese Namenszusätze können auch den Leuten, die dort leben, zur eigenen Identifikation nutzen. Man kann damit sehr viel ausdrücken.

Ich sehe das genauso wie mein Kollege: Wir müssen noch ein wenig Werbung machen, denn die Idee, dass das jetzt möglich ist, ist im Land Brandenburg noch nicht allzu verbreitet. Vielleicht ist es auch eine Idee, dass wir einmal gemeinsam, und zwar alle Fraktionen dieses Landtags, eine Pressemitteilung dazu machen. So etwas hat es auch noch nicht gegeben: Wir alle informieren alle und rufen dazu auf - warum eigentlich nicht? -, weil wir es, wie gesagt, einhellig für einen sehr guten Gesetzentwurf und eine sehr gute Idee halten.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Verbindlich vor- schreiben!)

- Verbindlich vorschreiben können wir auch; alles ist möglich.

Namenszusätze in anderen Bundesländern gibt es schon; wir haben es in gewisser Weise nachgemacht. Trotzdem freue ich mich darauf, dass wir diesen Gesetzentwurf heute - denke ich mit großem Einvernehmen verabschieden werden.

Einen Satz noch: Sie sprachen die Ortsteile an. In der Anhörung ist auch gefragt worden, warum nicht auch Ortsteile sich solche Namenszusätze geben können. Dagegen spricht eine

rein juristische Erklärung. Es gibt eine Bundesverordnung, eine VV zur Straßenverkehrsordnung. Darin ist festgeschrieben, dass diese Zusätze für Orte, also Gebietskörperschaften, verwendet werden können. Ortsteile gehören eben nicht dazu. Sollte der Wunsch weiterhin bestehen, Herr Wichmann, dann müssen Sie das an die Kanzlerin herantragen. Die ist für solche emotionalen Dinge immer sehr offen. Dann kann man die bundesgesetzliche Verordnung ändern, und dann wäre es rein theoretisch auch möglich, dass Ortsteile Namenszusätze tragen. Ob es am Ende aber zu verwirrend sein könnte, wenn zu viele Zusatznamen kursierten, müsste man sich auch einmal überlegen.

In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und gutes Abstimmen!

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stark. - Für die FDP-Fraktion setzt Herr Abgeordneter Goetz die Aussprache fort.

(Unruhe im Saal)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich schlüpfe ungern in die Lehrerrolle zurück, aber das Dauerrauschen aus dem Saal ist heute so laut, dass wir hier oben die Rede nicht mehr wahrnehmen können. Ich bitte um etwas Zurückhaltung bei den Gesprächen.

(Zuruf von der CDU: Nur auf der linken Seite!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Die Wahlperiode schreitet voran. Und wie das so ist, wenn sie voranschreitet, wiederholt sich manches, und manches kommt auch zu einem vorläufigen Abschluss.

Das jetzt zu behandelnde Thema - Namenszusätze auf Ortsschildern - haben wir vor über einem Jahr erstmals im Plenum behandelt. Ich danke meinen beiden Vorrednern dafür, die Urheberschaft der FDP an dieser Stelle anzuerkennen; genauso war es ja auch.

Wir haben damals den Antrag eingebracht - der auch einstimmig angenommen worden ist -, die Landesregierung zu beauftragen, den heute zu behandelnden Gesetzentwurf vorzulegen. Herzlichen Dank an die Landesregierung. Sie haben unsere damaligen Intentionen und die Begründung, die ich hier gegeben hatte, recht ordentlich übernommen. Wir haben einen Gesetzentwurf auf dem Tisch, der dem entspricht, dem gerecht wird, was wir damals erreichen wollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben eine Reihe an Themen, die wir im kommunalen Bereich behandeln. Dies ist eine gute Idee, die übernommen worden ist. Bei anderen Ideen gelingt das leider nicht in gleicher Weise. Ich erinnere daran, dass wir uns beim Dienstalter von Bürgermeistern gewünscht hätten, es zu senken. Wir in der FDP-Fraktion sind weiterhin der Auffassung, dass, wenn jemand mit 70 Jahren Ministerpräsident oder Bundeskanzler sein kann, er durchaus auch Bürgermeister einer märkischen Kleinstadt sein kann. Wir wissen aber auch: Manche Ideen brauchen etwas Zeit zum Rei

fen. Wir bringen diesen Antrag in der nächsten Wahlperiode wieder ein und befassen uns dann erneut mit diesem Thema.

Bei unseren Intentionen gab es eine Änderung. Wir wollten ursprünglich ein Zweidrittelquorum haben, um die Namenszusätze auf Ortsschildern einzuführen. Die rot-rote Regierungskoalition wünschte sich eine Dreiviertelmehrheit. Das war völlig in Ordnung. Sie werden sich erinnern, dass ich das sofort mit Begeisterung übernommen habe.

Hintergrund meines ursprünglichen Zweidrittelquorums war, dass auch die Landesverfassung mit zwei Dritteln geändert werden kann und ich mir sagte: Was für die Landesverfassung reicht, sollte auch für einen Namenszusatz auf Ortsschildern reichen. Ich habe dann gelernt, mich damit zu befassen: Was ist schon die Landesverfassung im Vergleich zu einem Namenszusatz wie „Rübchenstadt“, „Gurkenstadt“, „Spreewaldstadt“, „Rosenstadt“, „Stadt der Dichter“, „Fontanestadt“, „Kleiststadt“, „Stadt der Melioration“? Was da alles möglich ist, ist erörtert worden. Insofern sehe ich es als besondere Wertschätzung, dass eine solche Entscheidung ein größeres Quorum erfordert als eine Änderung der Landesverfassung. Das freut uns in besonderer Weise.

Wenn gesagt wird, manche müssten sich ein wenig beeilen, dann sage ich: In Teltow ist die Diskussion bereits geführt. Das Thema „Rübchenstadt“ - allein die Möglichkeit, diesen Begriff einzuführen - hat zu einer breiten Diskussion in unserer Stadt geführt. Es haben sich Wissenschaftler von Weltrang geäußert. Es haben sich Unternehmen geäußert, die Weltmarktführer sind. Mehrere Verbände haben bei mir um Termine gebeten, um dieses Gespräch fortzuführen, mit dem Ergebnis, dass am Ende selbst der „Rübchenförderverein“ in Teltow, dessen Vorsitzender der Kollege Kosanke ist, sagte: Na gut, dann eben nicht.

Teltow wird den Titel „Rübchenstadt“ nicht führen. Wir haben uns unserer selbst vergewissert und festgestellt, dass wir als am stärksten wachsende Stadt in ganz Brandenburg, die wir jedes Jahr neue Kitaplätze schaffen, die wir Tausende von Einpendlern haben, die ihrem Job in Teltow nachgehen, dort auch gut bezahlt werden, die wir viele andere Qualitäten haben, mit dem Begriff „Rübchenstadt“ unter unseren Möglichkeiten bleiben würden, da er nicht ganz dem entspricht, was Teltow ausmacht.

Nun gut, für Teltow ist die Diskussion vorläufig beendet. Die anderen Städte und Gemeinden können sie jetzt führen. Ich freue mich darauf, dass wir eine bunte Vielfalt auf unsere Ortsschilder bekommen, dass das den Tourismus fördert, dass wir uns unserer selbst vergewissern.

Für uns in Teltow, kann ich sagen, hat die Vergewisserung, die bereits erfolgt ist, auch dazu geführt, dass man sich bewusst wurde, was man alles an Vorteilen hat, dass Teltow, auch wenn man es nicht immer sieht, durchaus auch schön ist, dass wir eine Stadt sind, die prosperiert, in der man gut leben kann und auf die man im Ergebnis auch einer solchen Befassung durchaus ein wenig stolz sein kann.

Diese Idee, über die wir jetzt reden, war ursprünglich eine Idee der FDP-Fraktion; mehrere haben es gesagt. Wir haben weitere gute Ideen. Falls also der Landesregierung in absehbarer Zeit die guten Ideen ausgehen sollten: Wir helfen gern weiter. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fortgesetzt. Herr Abgeordneter Ludwig hat das Wort.