Protokoll der Sitzung vom 28.02.2013

Im Land Brandenburg stehen in den nächsten Jahren 15 000 Unternehmungen vor dem Betriebsübergang.

Es stellen sich weitere Fragen: Wie gehen wir mit Gründungen in den Bereichen Kreativwirtschaft, Innovation und IKT um? Wie gestalten wir das Wechselverhältnis von Zuschuss und Darlehen? Was können wir unter Einsatz von Instrumenten wie Bürgschaften und Beteiligungen leisten? Die entsprechenden Fonds sind alle vorhanden.

Es ist richtig, dass sich entlang der Prioritätsachse des ESF eine strukturfondspolitische Möglichkeit ergibt. Ob wir sie nutzen können, hängt nicht zuletzt davon ab - ich habe gestern versucht, das zu verdeutlichen -, in welchem Umfang wir überhaupt finanzielle Mittel zur Verfügung haben werden.

Im Land Brandenburg wurde von 1997 bis 2001 eine Meisterprämie gezahlt. Ich rate dazu, sich im Ausschuss noch einmal den Evaluationsbericht anzuschauen, damit allen die Gründe deutlich werden, aus denen die Prämie damals abgeschafft worden ist. Das ist ein Punkt, über den man sehr offen reden muss.

Herr Bommert, um auch das klar zu sagen: Wir werden mit Beginn der neuen Strukturfondsförderperiode ab dem 1. Januar 2014 die Existenzgründungsunterstützung, aber auch die Unter

stützung bestehender Unternehmen, was den Zugang zum Kapitalmarkt betrifft, neu definieren müssen.

In diesen Gesamtkontext ordne ich auch diesen Antrag ein. Insofern freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss.

Ich möchte aber noch eine Bitte äußern. Wir sind gegenwärtig dabei, die Ausgestaltung der Operationellen Programme sowie von ESF und EFRE zu konfigurieren. Geben Sie uns bitte die Zeit, bis wir klare Aussagen dazu treffen können, in welchem Umfang wir finanzielle Mittel zu erwarten haben, damit wir über die Perspektive der Förderung von Existenzgründungen in Brandenburg und damit in der Hauptstadtregion sachgerecht im Ausschuss miteinander beraten können. Ich glaube, das Grundanliegen, Existenzgründungen und insbesondere den Weg in die Selbstständigkeit durch Betriebsübergang zu unterstützen, teilen wir alle. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der Abgeordnete Bommert erhält die Gelegenheit zu einem Schlusswort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich natürlich, dass es fast allgemeine Zustimmung zu unserem Anliegen gibt, auch wenn der Weg vielleicht noch nicht ganz klar ist.

Kollege Kosanke, wie am Ende der Name lautet, ist mir egal, ob „Gründungsprämie“ oder wie auch immer.

Nochmals zu einem inhaltlichen Punkt: Wer eine Gründung in Angriff nimmt, der braucht auch etwas Startkapital. Die Zahlen der Handwerkskammern besagen, dass angesichts von Existenzängsten bei vielen Leuten die Risikobereitschaft nicht mehr so groß ist. Man hat Angst, Geld in die Hand zu nehmen oder, wenn kein Geld da ist, einen Kredit aufzunehmen, um sich selbstständig zu machen. Deshalb haben wir den Wunsch nach Unterstützung formuliert. Wenn Sie zu einer Bank gehen und einen Kredit haben wollen, werden Sie meist nach Eigenmitteln gefragt; 20 % sollte man schon mitbringen.

Wie bei allen Fachkräften macht sich auch bei den Meistern der Bevölkerungsrückgang bemerkbar. Das ist einfach so. Da es insgesamt weniger Menschen sind, betätigen sich auch immer weniger im Handwerk, um auf diese Weise, also mit ihrer Hände Arbeit, ihr Geld zu verdienen. Der Rückgang ist riesig; das merken wir an allen Stellen. Auch dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden.

Herr Büchel, ich finde es zunächst einmal gut, dass auch Sie erkannt haben, dass der Hauptträger unserer Wirtschaftsstruktur das Handwerk ist. Das gefällt mir. Den Hinweis auf die Selbstständigenquote halte ich jedoch für fragwürdig. Ich will jetzt nicht mit zu vielen Zahlen kommen, weiß aber aus dem Landkreis Oberhavel, dass es viele Selbstständige gibt - ich würde jetzt nicht von „Scheinselbstständigen“ sprechen -, die Aufstocker sind. Das sind Menschen, die sich aus irgendwelchen Gründen selbstständig gemacht haben, aber trotzdem mit ihrem Betrieb - übrigens sind nicht alle Selbstständigen Hand

werker - nicht genug Geld verdienen und sich vom Amt Geld dazuholen müssen.

Herr Minister, ich hoffe, dass wir im Ausschuss einen guten Austausch haben werden. Ich wünschte mir zwar, dass Sie dem Antrag heute schon zustimmen könnten; habe da jedoch „leichte“ Bedenken. Es wäre gut, wenn wir im Ausschuss eine gute Einigung hinbekämen.

Ich betone: Wir sollten das Handwerk besonders unterstützen, und das nicht nur, weil es so beständig ist. Aus den Ausschussberatungen kommen wir hoffentlich mit einem guten Ergebnis heraus.

Am Schluss möchte ich den Schusterpoeten Hans Sachs aus der Oper von Richard Wagner zitieren:

(Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE: Oh!)

„Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst!“

In diesem Sinne, meine Damen und Herren! - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Nach diesem Schluss ist mir bei der Abstimmung gar nicht bange. - Die Fraktionen von SPD, DIE LINKE und CDU beantragen die Überweisung des Antrags in der Drucksache 5/6868 an den Ausschuss für Wirtschaft. Wer dem Überweisungsantrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist dem Antrag zugestimmt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Intelligente Bildungskooperation über Ländergrenzen hinweg ermöglichen - Bildungsstaatsvertrag unterstützen!

Antrag der Fraktion der CDU der Fraktion FDP

Der Abgeordnete Büttner beginnt die Debatte für die FDPFraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 1948 wurde die Kultusministerkonferenz gegründet.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE)

- Ja, man glaubt es gar nicht. - In der Gründungsurkunde der Kultusministerkonferenz wurde festgelegt, dass die Kultusministerkonferenz die Aufgabe hat, die Vergleichbarkeit und gegenseitige Anerkennung der Bildungsabschlüsse, aber auch der

Lehramtsabschlüsse herzustellen und zu gewährleisten. Ich glaube, wenn wir die Zeit von 1948 bis heute betrachten, können wir feststellen: Die Kultusministerkonferenz ist mit diesem Auftrag gescheitert.

Deswegen gilt es, dass wir in der Umsetzung dessen, was die Kultusministerkonferenz nicht zustande bringt, einen anderen Weg gehen, nämlich, dass wir zur Bewältigung der Problemlagen, die wir im Bereich der Mobilität zwischen Bundesländern, im Bereich der gegenseitigen Anerkennung von Lehramtsabschlüssen haben, einen neuen Weg gehen müssen.

Am 9. Januar 2013 stellten die für Kultus zuständigen Minister aus Sachsen, Niedersachsen und Bayern Eckpunkte für einen Bildungsstaatsvertrag vor. Ziel und Inhalt dieses Bildungsstaatsvertrages sind Handlungsfelder, die in den Ländern umgesetzt werden müssen. Es geht um Verbesserung der Vergleichbarkeit von Abschlüssen, nämlich bundesweit geltende Bildungsstandards, die in der Kultusministerkonferenz entwickelt werden, konsequent auch in den Schulen zu implementieren. Es geht um die Entwicklung länderspezifischer Abituraufgaben auf der Basis der bundesweit geltenden Bildungsstandards. Es geht um die Unterstützung der dauerhaften Entwicklung eines ländergemeinsamen Aufgabenpools für Orientierungs- und Prüfungsaufgaben für die Abiturprüfung.

Es soll im Ergebnis - ich bin davon überzeugt: es wird -, wenn es zu diesem Staatsvertrag kommt, auch zu einer Verbesserung der Mobilität von Schülerinnen und Schülern kommen.

Gleichzeitig, meine Damen und Herren, geht es um die Förderung der Mobilität von Lehrkräften. Wir alle wissen, dass wir gegenwärtig schon in der Situation sind - aber in den vor uns liegenden Jahren noch deutlich stärker in die Situation kommen werden -, dass wir auch um Lehrkräfte ringen werden. Es wird einen Wettbewerb um Lehrkräfte geben. Wir erleben das gegenwärtig schon. Das Land Baden-Württemberg hatte vor einiger Zeit auch eine Kampagne aufgelegt, um Lehrkräfte abzuwerben.

Es geht aber eben auch darum, dass die Lehramtsausbildung gegenseitig anerkannt wird. Anliegen des Bildungsstaatsvertrags ist es, die Qualität der Lehrerausbildung in der gesamten Bundesrepublik zu sichern und konkrete Regelungen zur Anerkennung von Lehramtsabschlüssen zu gewährleisten.

Abschlüsse in der Lehrerausbildung, die gemäß den Vorgaben der Kultusministerkonferenz erworben wurden, werden als Zugangsvoraussetzung für den Vorbereitungsdienst bzw. für den staatlichen Schuldienst anerkannt. Das ist die Grundlage dann auch für die Mobilität von Lehramtsabsolventen und Lehrkräften.

Die Sicherstellung der hohen Qualität der schulischen Bildung und der Lehrerbildung ist ein weiteres Anliegen. Deswegen soll es ein Angebot von Fortbildung für die Lehrkräfte für eine kompetenzorientierte Unterrichtsentwicklung geben und auch ein Bildungsmonitoring, nämlich die Teilnahme der Länder - im Zusammenwirken mit dem Bund - an internationalen Vergleichsuntersuchungen wie PISA, IGLU und TIMSS. Die Länder führen Ländervergleiche in der Grundschule und in der Sek I zur Überprüfung des Erreichens der Bildungsstandards und länderspezifische und länderübergreifende Vergleichsarbeiten, zum Beispiel Jahrgangstests, in Anlehnung an die Bildungsstandards zur Qualitätsverbesserung durch.

Meine Damen und Herren, wir sehen das als einen Schritt, der endlich einmal kein Herumdoktern am System ist und der vor allem auch nicht die permanent im Raum stehende Systemfrage stellt, sondern die Qualitätsentwicklung in den Vordergrund dieses Bildungsstaatsvertrages rückt. Die Situation der Lehrer und Schüler und deren Familien wird verbessert. Ich finde, dass diese Bildungskooperation intelligenter und pragmatischer ist, als dass die rückwärtsgewandte Diskussion um Aufhebung des Kooperationsverbots in der Bildung mit Blick auf das Grundgesetz herhalten müsste.

Der Bildungsstaatsvertrag stärkt die freiwillige Zusammenarbeit der Bildungsminister der Länder, wobei die organisatorische und finanzielle Struktur des Bildungswesens im Sinne des Wettbewerbs föderal geregelt bleiben muss. Der Bildungsstaatsvertrag schafft einen gemeinsamen Rahmen für die Schulbildung in allen Ländern. Der Vertrag stellt verbindlichere Regelungen dar als die KMK-Beschlüsse, an die sich am Ende sowieso niemand hält. Ich zitiere dazu den Bundesvorsitzenden des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, der dies in seiner Pressemitteilung vom 9. Januar 2013 ebenso sieht:

„Allerdings steckt hinter einem solchen Vorstoß von Schulministern auch das Eingeständnis, dass die bisherigen Beschlüsse der Kultusministerkonferenz trotz gegenteiliger Beteuerungen wenig Wirkung gezeigt haben bzw. nur unzureichend umgesetzt wurden.“

Ich bin froh, dass die Kultusminister aus Sachsen, Niedersachsen und Bayern das erkannt haben - Ehrlichkeit ist immer noch die beste Politik - und das anpacken. Deswegen wird es zu diesem Bildungsstaatsvertrag kommen.

Der Deutsche Philologenverband begrüßt die Initiative dieser drei Bundesländer ausdrücklich, und er fordert auf, dass „die Familien mit schulpflichtigen Kindern und Lehrkräften in den noch abseits stehenden Bundesländern den entsprechenden politischen Druck entwickeln“.

Wir Liberale fordern schon lange, was nun im Entwurf zum Bildungsstaatsvertrag steht. Wir bekennen uns zu einer Wettbewerbsstruktur, von der alle profitieren, anstatt Rufen nach Zentralismus nachzugeben. Das Ziel muss es sein, so viel Verantwortung wie möglich vor Ort zu übernehmen, dabei aber so viel Koordination und Kooperation zwischen den Ländern wie nötig zu geben, um Lernenden und Lehrenden das Leben zu erleichtern. Das bedeutet, dass auch die Aufgaben der Länder noch weiterhin vorhanden sind, nämlich die Normen für die Bildungsqualität zu besetzen und zu beaufsichtigen, faire Zugangschancen für alle Beteiligten zu gewährleisten und vor allem - in Brandenburg ein wichtiges Thema - die Finanzierung sicherzustellen. Wettbewerb, der durch Transparenz den Vergleich von Ergebnissen möglich macht, schafft Innovationen.

Meine Damen und Herren, die FDP und die CDU legen Ihnen gemeinsam diesen Antrag vor, weil wir der Überzeugung sind, dass Ländergrenzen keine Bildungsbarrieren sein dürfen, weil wir der Überzeugung sind,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

dass diese Kultusministerkonferenz versagt hat und weil wir jetzt einen neuen Weg gehen müssen, und dieser neue Weg ist

die Teilnahme Brandenburgs am Bildungsstaatsvertrag. - Vielen Dank.

(Beifall FDP - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE: Völ- lig wirr! Durcheinander, die FDP!)

Der Abgeordnete Günther setzt die Debatte für die SPD fort.