Protokoll der Sitzung vom 05.06.2013

Auf der Innenministerkonferenz im Mai 2013 hat der Bundesinnenminister mit den Innenministern der Länder über Veränderungen im Umgang mit V-Leuten des Verfassungsschutzes diskutiert sowie für eine Verschärfung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum geworben.

Ich frage die Landesregierung: Welche Positionen hat der brandenburgische Innenminister dazu eingenommen?

Die Antwort bekommen wir von Herrn Staatssekretär Zeeb.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Scharfenberg, es wird Sie nicht überraschen, dass ich in meiner Antwort nichts Überraschendes berichten kann. Der Innenminister des Landes Brandenburg hat auf der Innenministerkonferenz in der vorvergangenen Woche genau die Position vertreten, die er auch in diesem Hohen Hause und in den zuständigen Ausschüssen immer vertritt und wo er auch - diese Wertung erlaube ich mir - grundsätzlich auf breiten Konsens stößt.

Erstens, zum Einsatz von V-Leuten: Der Verfassungsschutz, das ist Grundthese in diesem Hause, kann als Frühwarnsystem auf den Einsatz von V-Personen auch künftig nicht verzichten. Wie wir alle wissen, kommunizieren und koordinieren Extremisten und Terroristen eben nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch im Verborgenen. Zu diesen Informationen braucht ein freiheitlicher Staat Zugang. Mit dem Beschluss - jetzt komme ich auf die konkrete Beschlussfassung der Innenministerkonferenz zu sprechen - über verbindliche und einheitliche Standards für das Gewinnen und den Einsatz von V-Personen haben die Minister und Senatoren der Länder auf ihrer diesjährigen Frühjahrssitzung den eingeschlagenen Reformkurs zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes auch beim Einsatz von V-Leuten fortgesetzt.

Die zuvor in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Konsens entwickelten Vorschläge zu einer verbindlichen Festlegung von gemeinsamen Standards und von Ausschlusskriterien für die Werbung und den Einsatz von V-Personen haben übrigens in Brandenburg bereits in der von Herrn Minister Woidke im April in Kraft gesetzten Neufassung der für alle Mitarbeiter in unserem Hause im Verfassungsschutz geltenden Dienstanweisung zur „Regelung der operativen Informationsbeschaffung zur Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde“ Niederschlag gefunden. Einzelheiten - das kann ich hier erwähnen - sind in der Parlamentarischen Kontrollkommission in der vergangenen Woche ausführlich dargelegt worden.

Zum Thema Ausbau der Videoüberwachung nehmen Sie Bezug auf Äußerungen des Bundesinnenministers. Ich möchte Äußerungen und Wertungen des Bundesinnenministers oder des Kollegen aus Bayern, der diesen Punkt zur Diskussion angemeldet hat, nicht kommentieren. Für die brandenburgische politische Spitze des Innenministeriums war auch bei diesem Thema klar, dass, wie in unserem Gesetz geregelt, die Videoüberwachung auch im ÖPNV, welche der Schwerpunkt der Anmeldung war, ein integrativer Bestandteil polizeilicher Gesamtkonzepte zur Gefahrenabwehr und zur Verhütung und Bekämpfung von Straftaten im öffentlichen Bereich sein kann. Videoüberwachung ist also ein zur präventiven und repressiven Kriminalitätsbekämpfung grundsätzlich geeignetes Instrument.

Die Rechtslage in unserem Land ist ebenfalls seit Jahren klar. Nach § 31 Abs. 2 des Polizeigesetzes kann die Polizei Videoüberwachungsmaßnahmen betreiben, wenn und solange durch Lageerkenntnisse davon ausgegangen werden kann, dass an diesen Orten, die überwacht werden, vermehrt Straftaten drohen. In Brandenburg existiert polizeiliche Videoüberwachung aus diesen gesetzlich vorgesehenen Gründen in Erkner, Potsdam und seit drei Jahren auch in Guben und Frankfurt (Oder). Wie Sie wissen, wird auch hierüber dem Ausschuss für Inneres jährlich detailliert berichtet. Der letzte Bericht stammt aus dem vorigen Jahr. Ich kann aber zusagen, dass der Bericht für das vergangene Jahr in den nächsten Tagen unser Haus in Richtung Landtag verlassen wird.

Vielen Dank. - Es gibt Nachfragen. Frau Kaiser, bitte.

Herr Staatssekretär, im Zusammenhang mit der Innenministerkonferenz waren umfangreiche Gesetzesänderungen als Schlussfolgerung aus dem NSU-Skandal im Gespräch. Durch die Innenminister ist auch ein Vorschlag von Friedrich abgelehnt worden, der den Einsatz der Bundesbehörde ohne Einverständnis der Länder auf ihrem Territorium ermöglichen sollte.

Interessant ist aus meiner Sicht die Position des ehemaligen Verfassungsschützers Geiger, der sagt, dass das Problem bei den NSU-Ermittlungen gar nicht war, dass die vorhandenen Bestimmungen nicht ausgereicht hätten, sondern dass Informationen „aus Geheimniskrämerei, Schludrigkeit oder anderen Gründen nicht weitergegeben wurden“.

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: In welchem Zeitraum rechnen Sie mit Gesetzesänderungen, die wir dann umsetzen müssen? Welche Änderungen sind aus Brandenburger Sicht Ihrer Meinung nach vordringlich?

Herr Präsident! Auch wenn die Fragestellung über das gestellte Thema hinausgeht, denke ich …

Wir sind da sehr großzügig, und spannend genug ist es.

Vielen Dank. - Ich darf zunächst auf den Anfang Ihrer Frage zurückkommen: In der Tat gab es in der Innenministerkonfe

renz keine Einigkeit über diesen Gesetzentwurf, den der Bundesinnenminister ausdrücklich als Referentenentwurf/Vorentwurf bezeichnet hat.

Ich möchte nicht den ehemaligen Kollegen Geiger bewerten. Die Bewertung der Versäumnisse im Zusammenhang mit der sogenannten NSU-Affäre steht noch aus, und dafür gibt es einen Untersuchungsausschuss. Aber es gibt selbstverständlich Diskussionen. Wir - ich persönlich und auch Minister Dr. Woidke teilen die Auffassung nicht, dass es keinerlei gesetzlicher Änderungen bedarf, sondern im Gegenteil: Wir sollten auch in diesem Bereich die Lehren, die noch endgültig festgestellt werden sollen, beachten und gegebenenfalls - insbesondere, was die Zusammenarbeit der Landes- und der Bundesbehörden anbelangt - gesetzlich nachsteuern. Ich möchte jetzt nicht philosophieren, aber möglicherweise folgt auch aus dem Verfassungsgerichtsurteil über die sogenannte Bestandsdatenabfrage der eine oder andere gesetzliche Nachsteuerungsbedarf.

Zusammengefasst heißt das: Die Meinung, dass wir nichts regeln müssen, halte ich für falsch. Ich erwarte in nächster Zeit auch einen Gesetzentwurf, möglicherweise nicht mehr vor der Bundestagswahl - in der Prognose sind wir uns sicherlich einig -; wir sollten denkbare und verfassungsrechtlich notwendige Gesetzesänderungen zu gegebener Zeit offen diskutieren.

Vielen Dank. - Wir sind damit bei der Frage 1312 (Verbindli- ches Ergebnis der Gespräche zur Übertragung des Tarifab- schlusses für die Angestellten im öffentlichen Dienst auf die Besoldung der Beamten des Landes Brandenburg), die der Abgeordnete Lakenmacher stellt.

Der Tarifabschluss der Tarifgemeinschaft deutscher Länder mit den Gewerkschaften vom 9. März 2013 sieht für die Angestellten der Länder Einkommenserhöhungen von 2,65 % zum 1. Januar 2013 und weiteren 2,95 % zum 1. Januar 2014 vor. Seither wird in den Bundesländern - auch in Brandenburg - über die Übernahme des Ergebnisses für die Landesbeamten verhandelt. Die Landesabteilung Brandenburg des Deutschen Beamtenbundes strebt das klare Ziel einer 1:1-Übernahme für die Brandenburger Landesbeamten an.

Ich frage die Landesregierung vor diesem Hintergrund: Mit welchen ursprünglichen Zielen, Positionen und konkreten Angeboten hinsichtlich der drei Verhandlungspakete - 1. TarifabschlussÜbernahme, 2. Sonderzahlungen und 3. lebensphasengerechtes Arbeiten - ist die Landesregierung in die Verhandlungen eingetreten, und wie haben sich diese Ziele und Positionen im Laufe der Verhandlungen entwickelt?

Diese Frage beantwortet Finanzminister Markov.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte auf einen Punkt aufmerksam machen: Wir führen keine Verhandlungen, sondern Gespräche. Dieser Unterschied ist sehr wichtig, weil sich daraus bestimmte gesetzliche Mitwirkungsund Einflussmöglichkeiten ergeben - oder auch nicht.

Sie wissen, dass wir 2011 als eines der wenigen Länder in der Bundesrepublik Deutschland den Tarifvertrag 1:1 zeit- und wirkungsgleich auf die Beamten des Landes Brandenburg übertragen haben, nachdem das von den Vorgängerregierungen in Brandenburg nicht so getan worden ist; das ist mit Rot-Rot erstmalig passiert.

Die Gespräche, die wir führen, werden seitens des Landes von Vertretern des Ministeriums des Innern, des Finanzministeriums, des MBJS - des Bildungsministeriums - und des Ministeriums für Infrastruktur geführt. Gesprächspartner sind der DGB, ver.di, GEW, GDP, IG Bau, DBB und der Deutsche Richterbund. Daran sehen Sie, wie vielfältig das ist. Daran können Sie auch nachvollziehen, dass die Interessenslagen auch bei den Gewerkschaften sehr differenziert sind. Deswegen - das haben Sie richtigerweise genannt - ist es ein Fragenkomplex, der besprochen wird.

Es hat bisher nach einem Eröffnungsgespräch unter Führung der Minister des MI und des MdF weitere vier Gespräche gegeben: zwei auf Arbeitsebene und zwei unter Teilnahme der Staatssekretäre Trochowski, Jungkamp und Zeeb. Am 14.06. wird es die nächste Minister-Runde geben.

Es herrschte Einigkeit, dass man sich über Langzeitarbeitskonten unterhält, darüber, welche Ermäßigungsstunden man möglicherweise für ältere Arbeitnehmer - insbesondere im Lehrerbereich - organisieren kann, welche Möglichkeiten es gibt, freiwillige Lebensarbeitszeitverlängerungen vorzunehmen, ob man Pflichtstundenabsenkungen vornehmen kann. Es wurde und wird auch darüber gesprochen, in welchem Maße die Übernahme des Tarifabschlusses vollzogen werden kann, und es wurde wie auch in den vergangenen Jahren - über Sonderzahlungsleistungen gesprochenen.

Es gibt bisher kein abgeschlossenes komplexes Paket. Ziel war dies bisher auch nicht, sondern es war der gemeinsame Austausch, um festzulegen, welche Gesamtnotwendigkeiten bestehen und wie man dieses Gesamtpaket für alle Beteiligten möglichst optimal gestalten kann, nämlich so, dass jeder seine Interessen bis zu einem gewissen Maße umsetzen kann.

Wie gesagt, die nächste Runde ist am 14.06., und Sie haben bestimmt Verständnis dafür, dass ich jetzt nicht konkret darüber ausführen werde, zu welcher Problematik welcher Stand erreicht worden ist.

Es gibt Nachfragen. - Herr Lakenmacher.

Vielen Dank für die Beantwortung, Herr Finanzminister. Folgende Nachfrage: Schließen Sie die Übernahme des Tarifergebnisses für die Brandenburger Landesbeamten per se aus - ja oder nein?

Sie müssten mich eigentlich kennen. Ich schließe nie etwas aus, denn alles ist möglich. Ich weiß nur eines mit hundertprozentiger Sicherheit - die Antwort kennen Sie -: Ich muss irgendwann sterben. Das ist hundertprozentig sicher. Alles andere obliegt unterschiedlichen subjektiven und objektiven Notwendigkeiten.

Möge es Ihnen bis dahin objektiv gut gehen.

(Heiterkeit)

Wir sind bei der Frage 1313 (Blockade von Rot-Rot-Grün bei der Kalten Progression), die von der Abgeordneten Vogdt gestellt wird.

Die von SPD und Grünen regierten Bundesländer haben den Abbau der sogenannten kalten Progression über Monate im Bundesrat blockiert und am 11. Mai 2012 abgelehnt. Damit bleibt eine der größten Ungerechtigkeiten gegen kleine und mittlere Einkommen im Steuersystem vorerst bestehen. Dem deutschen Steuerzahler gehen durch die rot-rot-grüne Blockade im Bundesrat jährlich rund 3 Milliarden Euro verloren.

Ich frage die Landesregierung: Wie viel kostet den Steuerzahler im Land Brandenburg die Blockade von Rot-Rot-Grün bei der Kalten Progression im Jahr 2013?

Diese Zahl nennt uns wiederum der Finanzminister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Vogdt, Sie haben gesagt, es sei die größte Ungerechtigkeit. Nein, es ist keine Ungerechtigkeit, weil die geringen und die mittleren Einkommen von dieser von Ihnen so gewünschten Veränderung des Tarifverlaufs der Progression überhaupt nicht betroffen sind. Das ist keine dunkelrote Erfindung dieses linken Finanzministers, sondern niedergeschrieben im Jahresgutachten 2011/2012 der Sachverständigen zur Begutachtung der gesamtwirtlichen Entwicklung. Da sind größtenteils andere Parteien mehr Richtung Konservative und Sozialdemokraten - vertreten. Die haben das einstimmig festgestellt.

Das ist auch vollkommen logisch. Es wird durch die Nichtzustimmung zur Tarifverlaufsänderung keine Belastung für die Geringverdiener und Bezieher mittlerer Einkommen geben. Warum wird es das nicht geben? Weil im Zuge der letzten Jahre sehr viele Steuerveränderungen vorgenommen worden sind, die einen erheblichen Einfluss darauf haben, diese Belastungen abzusenken, als da sind: Anhebung des Kindergeldes bzw. Kinderfreibetrags, verbesserte Abzugsfähigkeit von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung und nicht zuletzt die permanente Anpassung des Grundfreibetrags.

Wir haben im Bundesrat zugestimmt, dass der Grundfreibetrag angehoben wird, nämlich von 8 130 Euro auf 8 354 Euro - und das bei einem gleichbleibenden Eingangssteuersatz von 14 %. Im Übrigen hat das auch die Europäische Union gefordert; das kann man nachlesen. Sie hat es uns, der Bundesrepublik Deutschland, nämlich am 29. Mai 2013 aufgegeben. In den Empfehlungen zu dem nationalen Rahmenprogramm sind wir aufgefordert worden, die unteren Einkünfte steuerlich besser zu entlasten. Das machen wir.

Die von Ihnen genannte Zahl - 20 Milliarden Euro über sieben Jahre bei einer Inflationsrate von 2 % - stammt vom IW Köln.

Da wird ganz klar deutlich, dass wir ein unterschiedliches politisches Grundverständnis haben. Wir sagen: Wenn wir diese 20 Milliarden Euro den vorrangig sehr gut Verdienenden weniger abziehen würden - das ist die Konsequenz aus der Progression -, hieße das, wir hätten 20 Milliarden Euro weniger im Steuersäckel und damit zum Umverteilen. Das hieße, dass die öffentliche Hand weniger Schulen bauen und weniger für die Infrastruktur ausgeben könnte. Da sage ich Ihnen, da sagen die Rot-Roten: Nein, das wollen wir nicht. Wir tragen auch für die sozial Schwächeren in dieser Gesellschaft Verantwortung, nicht primär für diejenigen, die eh ein sehr hohes - ausreichendes Einkommen haben.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Auch deswegen hat Rot-Rot im Bundesrat dafür plädiert, dass wir den Einkommensspitzensteuersatz erhöhen, dass wir die Abgeltungssteuer, die Körperschaftssteuer entsprechend anpassen, das Vermögensgesetz ändern. Da sieht man also die Unterschiede. Ich hoffe, dass der Wähler das auch zum Schluss honoriert, dass er diejenigen wählt, die sich für die breite Masse der Bevölkerung einsetzen, damit sie ein gutes, abgesichertes, finanziell gewährleistetes Leben führen kann, nicht diejenigen, die sich vorrangig für die Besserverdienenden engagieren. Danke schön.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Wir sind bei der Frage 1314 (Sprühaktion ge- gen Eichenprozessionsspinner über Kita), die der Abgeordnete Jungclaus stellen wird.

Am 23. Mai ist es in Brandenburg an der Havel zu einem problematischen Zwischenfall bei einem Sprüheinsatz gegen den Eichenprozessionsspinner gekommen. Das Insektizid Dipel ES wurde über einer Kita versprüht, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt ca. 50 Kinder im Außenbereich aufhielten. Einen ähnlichen Vorfall hat es bereits im vergangenen Jahr gegeben.

Nach Erarbeitung eines Maßnahmenkonzepts durch die Landesregierung wurde in den Ausschüssen noch einmal dringlich darauf hingewiesen, dass die Einwohnerinnen und Einwohner vor derartigen Sprühaktionen umfassend informiert werden sollen. Neben einer anscheinend unzureichenden Information der Brandenburger Kita ist auch nicht nachzuvollziehen, warum der verantwortliche Pilot trotz erkennbarer Anwesenheit der Kinder im Außenbereich diese Sprühaktion durchführte.

Daher frage ich die Landesregierung, wie es zu diesem Vorfall kommen konnte.

Minister Vogelsänger antwortet.