Der Verzicht auf die Ausübung dieses Rechts mag in der persönlichen Bescheidenheit derjenigen liegen, die der Landtag in den letzten Jahren an die Spitze des Landesrechnungshofes be
rufen hat. Es wird aber hoffentlich niemand anzweifeln, dass die Bedeutung des Präsidenten des Landesrechnungshofes, Herrn Weiser, auf einer Ebene mit der von Staatssekretären, der Datenschutzbeauftragten oder der Aufarbeitungsbeauftragten anzusiedeln ist. Insofern darf ich es bedauern, dass der Präsident des Landesrechnungshofes seinen Jahresbericht vor der Presse, aber nicht im Plenum vorstellt. Ich darf es auch bedauern, dass er auch zum heutigen Abschluss der Beratungen nicht das Wort ergreift.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über den Jahresbericht reden, dann sprechen wir nicht jedes Jahr aufs Neue über einen vergangenheitsbezogenen Akt bürokratischer Pflichterfüllung, sondern über einen eminent politischen Bericht mit mitunter weit in die Zukunft reichenden Auswirkungen - wohlgemerkt: „eminent politisch“, nicht „parteipolitisch“.
Das Besondere an der Arbeit des Landesrechnungshofes und das, was unseren Haushaltskontrollausschuss auszeichnet - das ist auch in den vorangegangenen Redebeiträgen deutlich geworden -, ist diese überparteiliche Sichtweise, das überparteiliche Ziehen politischer Schlussfolgerungen.
Der Haushaltskontrollausschuss legt Ihnen Jahr für Jahr eine im Ausschuss einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung mit weitreichenden Anregungen vor. Es ist nur bedauerlich, dass diese Beschlussempfehlungen hier im Plenum zwar meistens auch einstimmig verabschiedet werden, aber häufig danach vergessen werden oder gar auf taube Ohren stoßen.
So wird von uns seit Jahren und Jahr für Jahr aufs Neue angemahnt, dass das Eintrittsalter der Beamten endlich an die für Angestellte geltenden Regeln angepasst wird, dass der Stellenbedarfsplanung eine Aufgabenkritik zugrunde gelegt wird, die ihren Namen verdient, oder dass in Erfüllung der Schuldenbremse ein Handlungskonzept der Landesregierung zur Haushaltskonsolidierung vorgelegt wird.
Denn ungeachtet aller freudigen Botschaften unseres Finanzministers, dass Brandenburg im Jahr 2012 das zweite Jahr in Folge ohne Nettoneuverschuldung ausgekommen sei, steht die unerbittliche und mithin politische Feststellung des Landesrechnungshofes, dass wir unvermindert mit einem strukturellen Defizit im Landeshaushalt in Höhe von 1 Milliarde Euro zu kämpfen haben.
- Anscheinend diskutiert die SPD gerade, ob sie anschließend zustimmt oder nicht. - Frau Präsidentin, ich finde es ein bisschen zu laut. - Danke.
Die hoffentlich weiter steigenden Steuereinnahmen allein reichen nicht aus, um dieses Defizit auf null zu drücken. Wir kommen um weitere Konsolidierungsanstrengungen - das heißt nun einmal leider Stellenabbau, Reduzierung der Investitionen und Kürzungen im Fördermittelgeschäft - nicht herum. Einstimmig - das betone ich - ist der Haushaltskontrollausschuss daher der Auffassung, dass eingesparte Zinsen in die Schuldentilgung gesteckt und nicht für neue Wohltaten verwendet werden sollen.
Die Investitionsquote zur heiligen Kuh der Finanzplanung zu erklären, liebe Frau Vogdt, hilft uns allen auch nicht weiter. Dem Landesrechnungshof ist es zu verdanken, dass im Falle der Millionenverschwendung für in Mecklenburg eingesetzte Luxusboote die Reißleine gezogen und ein unsinniges Förderprogramm beendet wurde. Dem Landesrechnungshof ist auch zu verdanken, dass bei der Kostenexplosion in Millionenhöhe für die Überleiter 11 und 12 bereits vor deren Inbetriebnahme Alarm geschlagen wurde. Geholfen hat dies für diese beiden Projekte zwar nichts mehr, aber in Zukunft wird solchen Planungsfehlern hoffentlich ein Riegel vorgeschoben sein.
Diese Erkenntnisse im Falle der beiden Überleiter verdanken wir speziell der Tatsache, dass der Landesrechnungshof hier die Bücher der im Auftrag des Landes tätigen bundeseigenen LMBV überprüfen durfte - eine Möglichkeit, die ihm im Falle der auch landeseigenen Flughafengesellschaft FBB versagt bleibt. Ich bin überzeugt davon, dass eine frühzeitige Prüfung und eine Berichterstattung des Landesrechnungshofs über die größte Investition des Landes, den BER, das jetzt entstandene Chaos verhindert hätte. Leider haben sich die drei Rechnungshöfe bislang nicht auf ein Prüfungsverfahren verständigen können. Aber immerhin verdanken wir dem Landesrechnungshof die ebenfalls eminent politische Erkenntnis, dass jede Bank die Kredite an ihre Handwerksbetriebe umfassender kontrolliert als der Bund und die beteiligten Länder die Bürgschaften für ihre Flughafengesellschaft.
Wir verdanken dem LRH die Aufdeckung, dass in den letzten Jahren ohne hinreichende Rechtsgrundlagen Derivatgeschäfte in Höhe von über 15 Milliarden Euro eingegangen wurden. Wir verdanken den investigativen Leistungen der Mitarbeiter des Landesrechnungshofs die Erkenntnis, dass Thylander nicht Thylander war und damit der Startschuss für den Krampnitz-Untersuchungsausschuss gegeben wurde. Wir verdanken, wir verdanken, wir verdanken. Die Zeit reicht nicht aus, alle Erkenntnisse des Landesrechnungshofs in fünf Minuten zusammenzufassen. Deswegen heißer Lesetipp für die Sommerferien: Jahresbericht 2012 lesen! Insbesondere die Ausführungen zur Roadshow des MdF in Asien lesen sich wie der Beginn eines guten Krimis. Hoffen wir, dass es zu einem guten Ende kommt. - Danke sehr.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. Ihre Redezeit war zuzüglich der Zeit, in der Sie sich gestört gefühlt haben.
Ich möchte wirklich bitten, dass der Geräuschpegel ein bisschen nach unten gefahren wird. Wir haben heute - warum auch immer - eine merkwürdige akustische Situation. Im Raum wird schlecht verstanden, was Rednerinnen und Redner sagen, und hier oben kommen massive Geräusche an.
- Ja, es ist leise. Das Mikrofon am Rednerpult ist sehr leise. Das wurde heute Morgen schon bemängelt.
Vielen Dank. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Markov, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Anfang ist für alle gleich, egal, ob Parlamentsvertreter oder Regierung. Ein großer Dank gilt nämlich denjenigen, die diese hier jetzt vorliegenden Berichte erstellt haben, für die Art und Weise, wie sie erstellt wurden. Ganz herzlich möchte ich mich natürlich an den Ausschussvorsitzenden, Herrn Ziel, wenden: solide, in Ruhe, ohne Hektik, ohne übermäßig überschäumende Emotionen Bearbeitung von ganz wichtigen und notwendigen Papieren. Der gleiche Dank geht auch an den Landesrechnungshof und die Abgeordneten. Ich könnte jetzt referieren, wie viel unterschiedlichste Punkte abgearbeitet wurden, die einen Bezug zum MdF haben. Das kann ich mir aber zeitlich nicht leisten, und deswegen würde ich gern auf ein paar Gesichtspunkte eingehen, die hier genannt worden sind.
Letztlich war das gar nicht so sehr eine Debatte um die Berichte, sondern um die Haushaltspolitik des Landes Brandenburg. Da möchte ich Ihnen einfach einmal Folgendes sagen. Sie sagen immer: Wir sind auf dem Weg der Konsolidierung, aber wir müssten längst tilgen; die Steuereinnahmen sind so hoch, und diese rot-rote Landesregierung ist unfähig, das zu machen.
Also, ich sage Ihnen einmal: Schauen Sie sich die Länder an! Das Land Brandenburg hat die erfolgreichste Finanzpolitik aller Bundesländer, die vorher eine Verschuldung und eine Nettokreditaufnahme hatten. - Ich nehme davon Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen aus, weil die schon lange keine Nettokreditaufnahme mehr haben.
Dann Tilgung! - Ich kann mich noch erinnern: Als das Land Brandenburg, als diese Koalition im Jahr 2010 vorgeschlagen hat, wir werden 2014 keine Kredite mehr aufnehmen,
da haben Sie gelacht. Da haben Sie sich aufgeführt wie Rumpelstilzchen überm Feuer. Und wenn Sie sich das anschauen, das Resultat ist: Wir haben 2011 keine Nettokreditaufnahme gebraucht, wir haben einen Überschuss erzielt; wir haben 2012 keine Nettokreditaufnahme gebraucht, wir haben einen Überschuss erzielt. Und wir werden - das ist das Finanzkonzept 2014 planmäßig das erste Mal - das kennen Sie; wir haben einen beschlossenen Haushalt 2013/2014; darin steht das - keine Nettokreditaufnahme mehr tätigen.
Im Übrigen haben wir auch eine mittelfristige Finanzplanung. Vielleicht sollte man in die ab und zu einmal hineinschauen. Wenn man das tut, kann man sehr wohl sehen, wie die Deckungslücken abnehmen. Ich gebe zu - das ist so -: Die wirtschaftliche Entwicklung ist immer ein Verdienst von vielen Komponenten, und das ist dann natürlich auch ein gemeinsamer Verdienst - aber eben nur mit und nicht ausschließlich; bei Ihnen ist das immer so, dass der Erfolg nur eine Mutter hat, das ist Frau Merkel, und den Misserfolg kriegen alle anderen ab. Das heißt - ja - das Land Brandenburg hat eine Verschuldung in Höhe von 18,6 Milliarden Euro. Eigentlich müssten Sie wis
sen, dass zu dieser Größenordnung das Land Brandenburg unter Rot-Rot, wenn ich die Finanzkrise herausrechne, mit 150 Millionen Euro beigetragen hat. Die Hauptnettokreditaufnahme, die Hauptverschuldung war - das sage ich Ihnen jedes Mal wieder, weil Sie es immer wieder vergessen - unter der SPD, BÜNDNIS 90 und den Liberalen mit 7,7 Milliarden Euro in der 1. Legislaturperiode. In der 1. Legislaturperiode unter SchwarzRot war die Nettokreditaufnahme 4,4 Milliarden Euro - 4,4 Milliarden Euro!
Wenn Sie sich anschauen, dass für diese 18,6 Milliarden Euro Verschuldung, die wahnsinnig hoch ist - und daran leidet dieses Land -, noch vor vier Jahren ungefähr 800 Millionen Euro Zinsen gezahlt worden sind, so zahlen wir jetzt rund 600 Millionen Euro Zinsen - dank einer erstens guten Zinsentwicklung auf dem Markt, aber - zweitens - die müssen Sie auch nutzen können. Das heißt, Sie müssen auch vernünftig umschulden, und das heißt, Sie müssen ein hervorragendes Schuldenmanagement haben, und das hat dieses Land Brandenburg.
Deswegen sind die Zinsbelastungen gesunken. Die Zinsbelastungen sind so gesunken, dass sie fast 50 % der Ansätze des gesamten Haushalts der Bildungsministerin und auch der Forschungsministerin ausmachen, wenn ich die Löhne und Gehälter für die Lehrer herausrechne. Das ist eine ganz solide Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser rot-roten Regierung.
Das erste Ziel ist immer, dass man erst einmal keine neuen Kredite aufnimmt. Darüber haben wir jetzt gesprochen.
Das zweite Ziel - das teile ich -: Ja, man muss sich auch an die Tilgung machen. Ich nenne Ihnen die Zahlen, damit jeder noch einmal weiß, was das bedeutet. - 18,6 Milliarden Euro Verschuldung. Wenn wir jedes Jahr ab dem Zeitpunkt, an dem wir keine Kredite mehr aufnehmen, einmal rund 186 Millionen Euro jährlich tilgen würden - 186 Millionen Euro jedes Jahr! -, brauchten wir 100 Jahre, um von diesem Schuldenberg herunterzukommen.
Ich sage das, damit man sich einfach einmal die Dimension vorstellt, die in 20 Jahren Politik „angesammelt“ worden ist. Das heißt, wir haben enorme Aufgaben vor uns.
So zu tun, als könnte man das einmal locker bei 40 Grad Fieber mit links dank vernünftiger Zinsen innerhalb kürzester Zeit erreichen, ist absurd. - Im Übrigen: Dem Bund ist es bei derselben Zinsentwicklung nicht einmal gelungen, einen Haushaltsüberschuss zu erwirtschaften. Hat er nicht hingekriegt. Der nimmt nämlich weiter ordentlich Kredite auf. Ich finde, zur politischen Ehrlichkeit gehört das einfach dazu.
Deswegen werden wir trotzdem unterschiedliche Auffassungen haben, ja. Ich habe mir diese Berichte natürlich auch sehr exakt angeguckt. Es ist doch völlig logisch: Wenn man ein Schulden
management macht oder wenn man einen Pensionsfonds hat, dann sagt der eine, ihr müsst mehr riskieren, damit ihr weniger Geld ausgebt, und der andere sagt, nein, ich muss weniger riskieren. Das heißt dann aber auch, mein Ertrag ist nicht so groß. Je höher der Ertrag, desto größer das Risiko. Das ist eine Milchmädchenrechnung; die ist bekannt.
Dazwischen liegen sozusagen die Spielmöglichkeiten, und dass permanent darüber politisch debattiert wird, ist doch vollkommen normal. Das ist das Normalste auf der Welt. Aber so zu tun, Herr Vogel - das finde ich schon ziemlich heftig -, als wenn wir Derivathandlungen ohne rechtliche Grundlage vornähmen und keine Anlagerichtlinie hätten - das haben Sie gesagt, das habe ich notiert und Sie können es hinterher im Protokoll nachlesen -, ist eine Unverschämtheit; das will ich hier festhalten.
Das Land richtet sich selbstverständlich nach den ihm vorgegebenen Notwendigkeiten. Dass man sich über die Notwendigkeiten unterhalten muss und sie auch ändern kann, wie viel Prozent wir über der Inflationsrate liegen sollen, ist eine andere Sache, und das wird auch permanent angepasst.
Letzte Bemerkung: Wenn man sich die gesamten Entwicklungen anschaut, die gegenwärtig laufen, dann stimmt das: Kein Mensch kann mit Sicherheit vorhersagen, ob die Zinssituation so bleibt. Das weiß kein Mensch exakt. Da wir jährlich rund 3,6 Milliarden Euro umschulden, kann sich das jeder ausrechnen. Wenn der Zinssatz pro Jahr für die Umschuldung in diesem Maße um 1 % steigt, hieße das 36 Millionen Euro mehr Zinsbelastung. Wenn ich das über fünf Jahre rechne - 3,6 Milliarden mal 5 -, dann bin ich bei 18 Milliarden Euro. Wenn ich das komplett umschulde, dann hätten wir, wenn in jedem Jahr die Zinsen steigen würden, eine Mehrbelastung von 180 Millionen Euro - richtig, und genau deshalb müssen wir diesen Weg weiter vorangehen. Wir müssen die Konsolidierung fortschreiben. Das ist natürlich kompliziert, da es auch bedeutet, Einsparungen vorzunehmen. Und so zu tun, als wenn dieses Land nicht konsolidiert hätte, ist genauso aberwitzig. Sie wissen es besser. Sie wissen, wie viele Einsparungen wir in den Haushalten vorgenommen haben.
Damit wirkt irgendwann diese permanente Kritik einfach nur noch unsolide. Man muss kritisieren. Das gehört sich so, dazu ist Opposition da.