Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wie lange?)

- So lange, bis wir zum Ergebnis gekommen sind.

(Ludwig [DIE LINKE]: Gute Idee!)

Ich will hier auch begründen, warum wir das leider nicht tun können.

(Zuruf: Schade!)

- Na, so klar war das gar nicht. Wir unterscheiden uns: Wir wollen das Konzept bis 1. Juli 2010, Sie wollen es bis zum September 2010. Aber an diesen wenigen Monaten soll es nun wirklich nicht liegen.

Der Punkt ist allerdings, dass in Ihrem Antrag die Formulierung gebraucht wird:

„Der Landtag Brandenburg sieht es als eine wichtige Aufgabe an, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in allen Regionen des Landes gewährleistet ist. Das setzt eine handlungsfähige Polizei voraus.“

Es ist heute Morgen schon diskutiert worden: Dass Sie so tun, als wäre die Polizei nicht handlungsfähig, dass das sozusagen in den Raum gestellt wird, finden wir nicht sachgerecht. Es ist offensichtlich auf Ihrer Seite eher eine Befürchtung, mit den kommenden Diskussionen über den beabsichtigten großen Personalabbau bei der Polizei in die Öffentlichkeit treten zu müssen. Es besteht zum Zweiten, glaube ich, eine Unsicherheit insgesamt bezüglich des Umgangs mit der Stellensituation des öffentlichen Dienstes. Es ist in der Debatte um die Bildungsanträge bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass offensichtlich innerhalb der Landesregierung ein großer Konflikt bezüglich der Frage herrscht, wie der Koalitionsvertrag auszulegen ist. Da geht es nicht um zwei oder drei Stellen, sondern da geht es um Hunderte, und das in einem so wichtigen Bereich wie der Bildungspolitik. Daran hängt natürlich ein ganzer Rattenschwanz von Problemen.

Wir haben uns die Frage gestellt, weshalb Sie in der heutigen Aktuellen Stunde überhaupt auf die Innenpolitik eingegangen sind. Sie hätten besser daran getan, der Linie des Innenministers zu folgen und eher nebulös zu bleiben bzw. dieses Thema gar nicht zu diskutieren. Wir konnten in der Presse verfolgen, wie der Innenminister seine ersten Vor-Ort-Termine wahrnahm und die Ausführungen der Polizeibediensteten mehr oder weniger gelangweilt - jedenfalls wenn man der Presse glauben darf, und an der Stelle darf man es dann glauben - zur Kenntnis genommen hat. Insofern wäre es von Ihrer Seite angebracht gewesen, auf die Aktuelle Stunde zu verzichten.

Im Ergebnis muss man leider feststellen, dass die Aktuelle Stunde, was den Informations- und Neuigkeitswert betrifft Sie bemühen sich in dieser Regierung, aus dem Sumpf der Stasi heraus zur Sachpolitik zu kommen, das sagen viele Kollegen draußen beim Kaffee, das ist keine Neuigkeit von mir -, nicht dazu beigetragen hat, dass wir jetzt klüger sind, als wir das heute Morgen um 10 Uhr waren. Das Einzige, was bestätigt wird: Sie haben etwas vor, was mit Stellenkürzungen in großem Stil zu tun hat. Aber dass die Regierung Platzeck einen Plan bzw. konkrete Vorstellungen hätte, wie sie das Ganze denn umsetzen will, ist heute überhaupt nicht deutlich geworden.

So nehme ich dann auch die Bemühungen Ihrerseits zur Kenntnis, dass wir das Ganze hier ohne Debatte über die Bühne gehen lassen. Das wollten wir vor diesem Hintergrund gerade nicht. Dem hätten wir uns anschließen können, denn es geht ja auch um unsere Lebenszeit, wenn...

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte, Herr Ludwig.

Herr Kollege, Sie sagten, es gebe nichts Neues. Würden Sie dem Hohen Haus bestätigen, dass die einzigen bereits jetzt feststehenden Stellenkürzungen bei der Polizei von Innenminister Schönbohm a. D. zu tragen sind?

Nein, das kann ich überhaupt nicht bestätigen. Die Stellenkürzungen, die in der Vergangenheit vorgenommen wurden, gehen

auf das gemeinsame Konto der Koalitionsregierungen von SPD und CDU in den vergangenen zehn Jahren.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Damit haben Sie nichts zu tun?)

- Ich kann mich sehr wohl erinnern, dass ich dabei war. Und ich kann mich daran erinnern, dass es gemeinsame Gesetze und Haushaltspläne waren - was auch immer dazu notwendig war -, die da beschlossen worden sind. Heute Morgen bei der Demonstration der Gewerkschaft der Polizei ein paar Meter vor der Einfahrt des Landtagsgeländes ist Ihrem Kollegen Dr. Scharfenberg von einem ranghohen Funktionär der GdP gesagt worden: Ihr - gemeint ist die Linke - spart in der Hälfte der Zeit doppelt so viele Stellen, wie die große Koalition in den Jahren zuvor gespart hat. - Da ist ja auch was dran. Ich hätte aber eben erwartet, dass man, wenn man dieses Thema schon zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde macht, nicht versucht, den Menschen Sand in die Augen zu streuen nach dem Motto: Es wird schon nicht wehtun!“, sondern dass man tatsächlich hergeht und die Pläne auf den Tisch legt. Das ist nicht passiert. Hier eine Kommission von elf Leuten zu präsentieren, von denen neun dem Innenminister direkt unterstehen und weisungsgebunden sind, und das als großen Wurf zu präsentieren, kann es - jedenfalls aus unserer Sicht - nicht sein, dazu ist der Gegenstand zu ernst. Noch eine Frage?

Das geht nicht, sonst hätten Sie ein Zwiegespräch, und das lässt der Präsident nicht zu. Bitte setzen Sie fort.

Oh ja, der Präsident ist ja für seine Strenge bekannt.

(Zuruf - Beifall des Abgeordneten Bommert [CDU])

Um es zusammenzufassen: Es besteht bei diesem Tagesordnungspunkt auch für den Minister noch die Chance, deutlich zu machen, worum es denn geht. Es geht bei der ganzen Diskussion um einen Kernbereich der Landesregierung Brandenburg, es geht um die innere Sicherheit. Er hat heute Morgen selbst deutlich gemacht, dass das der zweitgrößte Personalkörper ist. Niemand wird bestreiten, dass innere Sicherheit nur mit den Frauen und Männern zu gewährleisten ist, die nun mal den Dienst tun. Ich erinnere mich wiederum an eine Debatte, die wir am Anfang der neuen Legislaturperiode geführt haben, bei der der Innenminister ausgeführt hat, er habe einen Laden nur mit Baustellen übernommen, da sei nichts vorzufinden gewesen.

Nun wissen wir, dass das so nicht stimmen kann. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, nachdem ich heute die Debatte verfolgt habe, dass der ehemalige Finanzminister, der aus dieser Rolle offensichtlich noch nicht richtig herausgeschlüpft ist, nun überhaupt keine Pläne hat, wie es im Bereich der Polizei weitergeht. Fakt ist: Ihre Aktuelle Stunde hat mehr zur Verunsicherung beigetragen als zur Klarheit. Nun könnten wir als Opposition sagen: Das ist gut so. Dann sind eben die Probleme nach wie vor vorhanden. - Nun will ich aber auch deutlich machen, dass das nicht unser Ansatz ist. Hier geht es um die innere Sicherheit. Wir haben wohl vernommen, dass dabei auch ein gewisses Mittun eingefordert und angemahnt wird.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

- Frau Kollegin, mittun kann man ja nur, wenn man etwas hat außer Seifenblasen -, worüber man reden kann. Bisher haben wir hier nichts vernommen, worum es wirklich geht. Da ist, wie gesagt, eine Kommission mit einem verdienten, alternden Genossen der SPD an der Spitze eingerichtet worden,

(Lachen bei der CDU)

der die Verwaltungsstruktur im Innenministerium schon im letzten Jahrhundert mitgestaltet hat,

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

- so jung bin ich ja nun auch nicht mehr -, jedenfalls unter der Alleinregierung der SPD, als sie noch in Verantwortung war.

Wir haben heute leider keine Information bekommen. Jetzt besteht die Chance, diesbezüglich vielleicht nachzulegen. Ansonsten wird das für Sie sicherlich ein quälender Prozess in der Öffentlichkeit. Dem sehen wir relativ gelassen entgegen. Nur, die Brandenburgerinnen und Brandenburger können das nicht tun, weil es um das hohe Gut der inneren Sicherheit im Land geht. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Stark.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Petke, wir haben uns heute Morgen im Rahmen der Aktuellen Stunde schon allumfassend über die Thematik ausgetauscht. Ich wundere mich darüber, dass Sie den aus meiner Sicht ziemlich langen Redebeitrag für den Kleinen Antrag nicht schon heute Morgen gebracht haben. Dort wäre er angemessener gewesen.

Was ist an unserer Herangehensweise also neu? Wir sind dabei, die vielen Einzelprojekte, die vom Innenministerium in all den Jahren organisiert worden sind, zusammenzufassen und - wenn man so will - zu einem großen Projekt

(Petke [CDU]: Oh!)

eine Kommission einzusetzen, die das einmal ordnet. Wir haben vorhin schon gesagt: Projektgruppe, Projektgruppe und nochmals Projektgruppe, Tragschrauber und all die schönen Dinge - das ist einfach einmal zu ordnen und zu überprüfen, was wir uns davon in Zukunft noch leisten wollen und können. Alles andere, Aufgaben, Prävention, Kriminalitätsbekämpfung und Strafverfolgung

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

in allen Landesteilen zu gewährleisten, dazu ist vorhin etwas gesagt worden. Wie gesagt, Ihr Innenminister hat ja auch vorgelegt, welche Wachen geschlossen und welche kleinteiligen Strukturen abgeschafft werden müssen. Das muss man alles im Gesamtbild betrachten.

Deshalb empfehlen wir, Ihren Antrag abzulehnen. Darin geht es nur um Wachen und Strukturkonzept für die Polizei in einem sehr kurzen Zeitraum. Das ist aus unserer Sicht nicht seriös.

Wir haben, eingebettet in die Aktuelle Stunde, heute Morgen schon gesagt: Bis September soll eine komplette Konzeption vorgelegt werden. Dabei bleiben wir auch. Deshalb, glaube ich, ist unser Antrag der weitergehende bzw. der allumfassende. Das müssen Sie einfach so zur Kenntnis nehmen. - Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Goetz spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Deutlich wird auch aus diesem neuen Antrag, der vorliegt, ebenso wie aus der Aktuellen Stunde heute früh, dass Sie sich als Regierungskoalition mit den Vorhaben Ihrer eigenen Regierung offensichtlich nicht wohlfühlen. Das kann ich verstehen. Dass man das aufgreift und die eigene Regierung vor sich hertreiben muss, ist dann auch richtig. Ich denke, dass Zusammenarbeit anders funktioniert.

Ein kurzes Thema ist heute Vormittag hängen geblieben. Es wurde davon gesprochen, dass neue Technik innere Sicherheit gewährleisten solle, dass veränderte Organisationsstrukturen die innere Sicherheit gewährleisten sollten. Ich möchte nur darauf hinweisen: Es sind eben nicht Technik und Organisationsstrukturen, die die innere Sicherheit gewährleisten, sondern Menschen, im Einzelnen Beamte, die ihren Dienst tun und die Technik bedienen bzw. diese Strukturen ausfüllen. Die sind es, die uns die Sicherheit bringen, und die sind es auch, die wir brauchen.

Ob die Konzepte weiterhelfen, die bis zur Mitte des Jahres oder zum frühen Herbst vorgelegt werden sollen, vermag ich an dieser Stelle nicht zu beurteilen. Im Grunde wird wieder vom Ende her gedacht. Es bestehen Vorgaben für Personaleinsparungen, und die Kommission, die jetzt gebildet worden ist, scheint vom Auftrag her Apologetik betreiben zu sollen. Das heißt, sie sollen berichten, sollen bestätigen, warum das so gemacht werden kann, wie es vorgegeben ist.

Das ist nicht der Ansatz, den wir wählen. Wir brauchen eine Aufgabenkritik als Einstieg. Eine Kritik, die sagt, welche Kriterien von unserer Polizei erfüllt, welche Leistungen erbracht werden sollen, wie es im Land weitergehen soll. Wenn die Kriterien dann feststehen, wenn man sagt, was man leisten will, dann kann man über Konzepte nachdenken, weil diese Leistungen erbracht werden sollen. Der Weg, der hier gegangen wird, ist der gleiche, wie er heute früh angesprochen wurde: Sie zäumen das Pferd vom Schwanz her auf. Das findet unsere Zustimmung so nicht.

(Beifall FDP)

Die Abgeordnete Nonnemacher spricht für die Fraktion GRÜNE/B90.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Landtagsdebatten gewinnen nicht an Feurigkeit, indem sattsam bekannte Positio

nen immer wieder repetiert werden. Ich hoffe, ich habe Ihnen heute Morgen in der Aktuellen Stunde die Position meiner Fraktion verständlich darlegen können, sodass ich mich hier auf einige wenige Worte konzentrieren möchte.

Wir haben erläutert, warum wir die Einrichtung einer Kommission zur Polizeistruktur 2020 prinzipiell richtig finden. Ich hatte auch unsere Bedenken erläutert, dass wir fürchten, es würde eine reine Sparkommission geben, und es würde wenig inhaltlich gearbeitet. Darüber hinaus hatten wir unsere Bedenken gegen die Zusammensetzung der Kommission dargelegt, speziell gegen die Nichtbeteiligung relevanter Gewerkschaftsgruppen.