Dass ich mir die Briefe, die mir meine Tochter am Ende der vierten Klasse geschrieben hat, aufhebe und einrahme, da könnt ihr sicher sein. Das ist wohl klar. Es ist aber nicht so, dass die Fehler, die sie macht, sich von ganz allein geben. Ich kann Ihnen auch sagen, warum nicht. Wir haben die Diagnostik der Kinderpsychologin schriftlich: Wesentliche Rechtschreibregeln, wie das Dehnungs-h, die Doppelkonsonanten, die Groß- und Kleinschreibung sind nicht automatisiert, weil sie in der 2. Klasse nie unterrichtet wurden, weil mit einem Lehrbuch gearbeitet wurde, in dem kein einziger Text steht und das als Lehrbuch nicht zugelassen ist, weil Rechtschreibregeln gar nicht vermittelt werden, weil man meint, es sei heute nicht mehr so wichtig. All dies habe ich von Lehrern sogar schriftlich bekommen, die sagen, der Erfolg hänge nicht davon ab, ob die Kinder richtig schreiben lernen, viele Eltern würden auch falsch schreiben. Das habe ich schriftlich von der Klassenlehrerin meiner Tochter einer staatlichen Schule. Ich muss sagen: Das ist ungeheuerlich.
Gerrit Große, Sie haben es hier gesagt. Es wäre schön, wenn es ein Methodengemisch gäbe. Wir in Lychen haben aber kein
Methodengemisch. Wir haben in beiden 1. Klassen die Methode „Lesen durch Schreiben“. Wir haben in beiden 2. Klassen die Methode „Lesen durch Schreiben“. Dann kommen die Kinder in die 3. Klasse, erhalten zum ersten Mal ordentlichen Unterricht und zum ersten Mal Noten, schreiben zum ersten Mal ein Diktat und stehen alle auf vier, weil sie es in den ersten beiden Jahren nicht gelernt haben. Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Das muss ich an dieser Stelle einmal sagen.
Sie sagen, die Eltern sollen es retten, die Eltern sollen sich kümmern. Ich habe mit Eltern alles versucht. Die Elterngremien sind gar nicht dafür zuständig, zu entscheiden, welche Lernmethode an der Schule eingesetzt wird. Darüber entscheidet ausschließlich die Lehrerkonferenz. Das müssten Sie als ehemalige Lehrerin und Schulleiterin wissen. - Herzlichen Dank.
Lieber Henryk Wichmann, ich bitte Sie einfach: Entspannen Sie. In dieser 1. Klasse und in dieser 2. Klasse hat auch ein guter, ordentlicher Unterricht stattgefunden,
auch wenn es dort noch keine Noten gab, auch wenn da nicht die roten Striche unter die fehlenden Dehnungs-h’s gemacht wurden. In dieser 1. und 2. Klasse haben Lehrerinnen und Lehrer an der Lychener Grundschule - davon gehe ich aus - versucht,
am Umgang mit Worten beizubringen. Schauen Sie sich die Freude an, die die Kinder in diesen ersten beiden Jahren entwickeln! Schauen Sie sich das in den Grundschulen in Ihren Wahlkreisen an! Sprechen Sie mit den Lehrerinnen und Lehrern, die diese unterschiedlichen Methoden anwenden! Wir alle sind durch eine DDR-sozialisierte Fibelschule gegangen,
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es eine super Debatte. Diese Debatte, die hier stattfindet, die in den letzten Wochen schon stattgefunden hat, auch diese ganze mediale Berichterstattung, die es dazu gegeben hat, das ist eine super Diskussion, weil sie dazu führt, dass Eltern anfangen, mit den Lehrerinnen und Lehrern zu reden und sich Gedanken zu machen und zu gucken, was da eigentlich passiert, und gleichzeitig Lehrerinnen und Lehrer in eine Situation geraten, wo sie mit den Eltern reden müssen
Trotzdem halten wir diesen Antrag nicht für zielführend. Und zwar erstens deshalb - das ist eher ein technischer Grund -, weil es laut KMK-Beschluss gar nicht zulässig ist, die Ergebnisse von VERA 3 als Bundesvergleich zu erfassen. Es nehmen auch gar nicht alle Länder am Orthografietest teil. Das heißt, diese Vergleichbarkeit, die da konstatiert wird, gibt es gar nicht.
Zweitens sind sich die Fachleute einig, dass ein 30-minütiger Test wie bei diesen VERA-3-Tests überhaupt nicht geeignet ist, die Orthografiekenntnisse ausreichend zu erfassen. Das funktioniert nicht. Diese Korrelation herzustellen geht nicht.
Drittens: Auch das können Sie auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Lesen und Schreiben, auf die haben Sie sich ja schon bezogen, nachlesen. Da gibt es ein Konsenspapier zu dieser Debatte von zwei Professoren, die heißen Bruegelmann und Eichler. Sie stellen sehr deutlich klar, dass es in dieser Debatte nicht in erster Linie um die Methode geht, sondern es geht in erster Linie um die Persönlichkeit der Lehrerinnen und Lehrer und um die Fähigkeiten dieser Lehrkräfte, auch tatsächlich das Für und Wider einzelner Methoden zu kennen, auszuwählen und danach zu unterrichten.
Viertens ist der Antrag deshalb unsinnig, weil sich diese unterschiedlichen Lehrmethoden, die unterrichtet werden, gar nicht erfassen lassen. Auch das haben wir doch jetzt in dieser Be
richterstattung gesehen. Die Lehrer nehmen sich einzelne Bestandteile aus den verschiedenen Methoden heraus und verwenden sie für ihren Unterricht, passen das ihrer eigenen Person und den Kindern an.
Aber man kann es eben nicht erfassen. Nicht alle variieren so stark, das mag sein, aber man kann keine Vergleichbarkeit herstellen, wenn man von nur 10 % redet. Deshalb ist aus unserer Sicht eine Wahlfreiheit der Eltern, wie sie im Antrag der FDP gefordert wird, absurd, das haut nicht hin.
Gucken wir in das Musterland Finnland: Lehrerinnen und Lehrer genießen dort eine sehr hohe Wertschätzung. Für ein Studium wird nur einer von zehn Bewerberinnen und Bewerbern zugelassen. Und sie verdienen im Vergleich schlechter als unsere Lehrerinnen und Lehrer.
Letzte Woche gab es in der „Zeit“ ein Interview mit dem Leiter des Zentrums für Mobilität und Kooperation im finnischen Bildungsministerium, Pasi Sahlberg heißt der. Er berichtet von einer Umfrage unter Lehrern, die er selbst gemacht hat, was sie veranlassen würde, ihren Job aufzugeben. Dabei kam heraus, Geld spielt für sie überhaupt keine Rolle. Aber sie haben gesagt, sie würden ihren Beruf aufgeben, wenn ihre Autonomie eingeschränkt würde, wenn sie in der Autonomie, mit der sie ihren Beruf ausüben können, infrage gestellt würden. Das Fazit dieser Menschen war, dass Wertschätzung und Respekt gegenüber dem Lehrerberuf aus der Verantwortung und aus den Freiheiten, die Lehrerinnen und Lehrer in Finnland haben, kommen.
Jetzt kann man natürlich sagen: Diese Freiheiten und diese Wertschätzung und das Selbstbewusstsein, das daraus erwächst, gibt es bei uns eben einfach nicht, und bei uns ist alles anders. Wenn wir aber Wertschätzung für Lehrerinnen und Lehrer wollen, dann erreichen wir die nicht durch solche Gängelung, wie sie hier vorgeschlagen wird.
Wir erreichen Wertschätzung nicht, indem wir kleinteilig in die Methodenauswahl eingreifen. Wir müssen den Lehrerinnen und Lehrern schon ein bisschen mehr Vertrauen entgegenbringen.
Wenn ich allerdings sehe, wie die Landesregierung das im Rahmen der Novelle des Lehrerbildungsgesetzes getan hat, die Ausbildung für die Primarstufe auf 30 Credit-Points anzuheben und gleichzeitig die Grundschullehrkräfte weiter schlechter zu bezahlen und mehr Stunden unterrichten zu lassen, dann erreicht man das Gegenteil von Wertschätzung. Wenn man sieht, wie wenig Fortbildungsmöglichkeiten Lehrerinnen und Lehrern gegeben werden, wie wenig Zeit sie für den Austausch von schulinternen Konzepten haben und wie eng die Personaldecke gestrickt ist, wie es hier in Brandenburg ist, dann sind das Punkte, die letztendlich der Wertschätzung entgegenstehen. So wird es bei uns nie gelingen, diese Wertschätzung zu erreichen, die wir brauchen. Da liegt der Hase im Pfeffer und nicht bei so kleinteiliger Besserwisserei in Sachen Methodenauswahl. - Danke.