Denn wer von einer guten Bilanz der Brandenburger Landwirtschaft reden will und nicht nur in klassischer Fortsetzung der „DDR-Tonnenideologie“ von dem Ernteergebnis des Jahres, mein lieber Kollege Dr. Luthardt,
der muss andere Bewertungskriterien anlegen. Ganz im Gegenteil zu der hier positiv verbreiteten Botschaft gibt es eine ganze Reihe von Kennzahlen, die der These von einer guten Bilanz mehr als deutlich widersprechen.
Nehmen wir nur einmal die geringe Wertschöpfung und die sinkende Wertschöpfung. Der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt sinkt kontinuierlich. Im Jahr 2000 war es noch ein Anteil von 2,4 % in Brandenburg. Jetzt ist es noch ein Anteil von 1,7 % - und das trotz Subventionen in Höhe von rund 400 Millionen Euro im Jahr.
Obwohl in Brandenburg Grenzertragsböden aus der Nutzung genommen wurden, hat Brandenburg im Jahr 2010 bei der landwirtschaftlichen Flächenproduktivität den niedrigsten Wert in Ostdeutschland und gerade einmal zwei Drittel des deutschen Durchschnittswertes erreicht. Hintergrund hierfür ist die eklatante Angebotsschwäche bei landwirtschaftlichen Hochpreisprodukten wie Obst, Ökoprodukten, Qualitätsfleisch und vielen Gemüsesorten.
Das ist insofern erstaunlich, als mit Berlin eine der größten Nachfrageregionen für solche Erzeugnisse in der Landesmitte liegt. Sogar mit Kartoffeln kann sich Berlin-Brandenburg nicht mehr selbst versorgen. Stattdessen wird Maisanbau betrieben, obwohl hierzulande nur 74 % des bundesweiten Durchschnittsertrages zu erzielen sind.
Wir haben einen geringen Arbeitskräftebesatz. Wir haben immer weniger Arbeitsplätze in immer weniger Betrieben mit niedriger Entlohnung. Eine der Folgen ist, dass mit diesem geringen Arbeitsbesatz von 1,7 Arbeitsplätzen je 100 ha - das ist übrigens die Hälfte des bundesdeutschen Durchschnitts - arbeitsintensive Kulturen gar nicht mehr betrieben werden können. Besonders niedrig ist der Personaleinsatz in den Großbetrieben von mehr als 500 ha, die in Brandenburg 69 % - also über zwei Drittel - der Nutzfläche einnehmen. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen sind es lediglich 1,6 %. Dieser Wert ist in Brandenburg kontinuierlich gesunken, wobei die 1,7 % Arbeitsplätze je 100 ha noch dadurch „verhübscht“ werden, dass die Gartenbaubetriebe in Brandenburg 55 Arbeitskräfte je 100 ha beschäftigen und die Dauerkulturen wie Obstanbau 14 Arbeitskräfte je 100 ha, der reine Ackerbau lediglich 1,2 Arbeitskräfte je 100 ha. Das heißt: Ein 1 000-ha-Betrieb beschäftigt nicht mehr als zwölf Arbeitskräfte.
Wir haben in den letzten fünf Jahren 2 600 Arbeitskräfte in der Landwirtschaft verloren. Wir haben 1 400 Betriebe in den letzten zehn Jahren in der Landwirtschaft verloren.
Wir haben ein Durchschnittseinkommen von gerade einmal 1 772 Euro in der Landwirtschaft. Das ist viel zu wenig. Michael Luthardt, du führst ja auch Gespräche mit Landwirtschaftsbetrieben. Wenn man mit Betriebsleitern redet, stellt man fest, dass sie sich mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde - obwohl sie im Jahr 400 Millionen Euro Fördermittel einkassieren - überfordert sehen. „Die Landwirtschaft“ und das ist ein Ergebnis des Gutachters Klüter aus der Enquetekommission - „fällt damit als Partner für ländliche Entwicklung weitgehend aus“.
Das ist keine Dramatisierung, sondern die zugrunde liegenden Zahlen sind dem Agrarbericht 2011/2012 und dem BonnEvalGutachten zum ELER-Einsatz in der nächsten Förderperiode zu entnehmen. Ich möchte den „Zahlensalat“ hier nicht weiter vertiefen; die Zahlen sprechen für sich.
Ich möchte nur einen Punkt noch hervorheben, der besonders eklatant ist, nämlich die Ausweitung der Massentierhaltung. Während die Menschen in Bayern bereits auf die Barrikaden gehen, wenn sich ein Schweinemäster mit 2 000 Tieren im Dorf ansiedeln will, liegt der Brandenburger Durchschnitt bei 3 695 Tieren pro Anlage. Mit 0,3 Arbeitskräften je 100 Sauen - das ist der Brandenburger Durchschnitt - schafft eine Anlage wie in Hassleben gerade einmal zehn bis zwölf Arbeitsplätze statt 60 Arbeitsplätze, wie versprochen. Der Bundesdurchschnitt liegt übrigens bei zwei Arbeitskräften pro 100 Sauen, also beim Siebenfachen.
Wir denken, wir müssen von diesem Leitbild weg. Wir müssen dafür sorgen, dass wir hier zu einer bäuerlichen, ökologischen und regional verankerten Landwirtschaft kommen. Leider hat sich die Brandenburger Landesregierung, hat sich der Landwirtschaftsminister hier nicht besonders hervorgetan. Ganz im Gegensatz zu den fünf grünen Landwirtschaftsministern hat er alles unternommen, damit alles so bleibt, wie es ist. Die Kappung wurde verhindert, eine größenabhängige Degression der Fördermittel de facto ausgehebelt, das Greening beschränkt. So kann man zwar Landwirtschaftspolitik machen, die Herausforderungen der Zukunft wird man damit aber nicht meistern. Recht herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich will mich herzlich bei der Fraktion DIE LINKE für die Aktuelle Stunde bedanken. Wir können die gute Landwirt
Und es tut der Landwirtschaft und dem ländlichen Raum gut, dass wir grundsätzliche Übereinstimmung bei vier Fraktionen haben. Sicherlich gibt es Unterschiede - das ist so -, aber wir haben eine grundsätzliche Übereinstimmung. Herr Vogel, Sie schaffen es sogar, das Dorf- und Erntefest schlechtzureden. Das ist eine Leistung.
Das ist wirklich eine Leistung. Ich möchte mich bei den Kremmenern bedanken. Es war eine super Veranstaltung. Es waren ja Abgeordnete dabei, Herr Günther, Herr Bommert und Herr Folgart waren dabei, und der Ministerpräsident hat sich bei dieser Veranstaltung sehr viel Zeit genommen.
Es ist wichtig, eine leistungsfähige Landwirtschaft zu haben, dann haben wir auch lebendige Dörfer. Genauso wichtig ist, dass Brandenburg ein Industrieland bleibt. Der Wirtschaftsminister setzt sich dafür ein. Auch damit haben die Grünen ihre Probleme, gerade, was die Energiewirtschaft betrifft. Zukunftsgestaltung in Brandenburg ist eine starke Landwirtschaft und eine starke Industrie. Eine Wertschöpfung findet nicht im Bankensektor statt, sondern in der Landwirtschaft, im Gartenbau, in der Industrie, im Handwerk, und sie findet - das ist auch gut so - für die Menschen in Brandenburg statt.
Zum Hochwasserschutz: Da gibt es große Anstrengungen. Ich habe zweimal in Richtung Hochwasserschutz auf 121 Millionen Euro umgeschichtet. Das ist gut angelegtes Geld. Frau Kollegin Tack sorgt dafür, dass alles kofinanziert wird; das ist auch wichtig. Ich hoffe, dass wir den Hochwasserschutz entsprechend verbessern können. Trotzdem - wir waren viel im Havelland unterwegs, Herr Folgart war dabei, Herr Dombrowski auch war die Polderflutung für die Bauern im Havelland eine Selbstverständlichkeit. Das ist ein Zeichen der Solidarität Brandenburgs mit anderen Bundesländern. Das wird auch hoch anerkannt.
Herr Luthardt hat es schon gesagt, die Strukturen, die wir in Brandenburg haben, sind historisch bedingt, die haben nichts mit DDR-Zeiten zu tun. Sie haben mit den Bodenwertzahlen zu tun, und sie haben damit zu tun, dass man wegen dieser Bodenwertzahlen keine so leistungsfähige Landwirtschaft aufbauen kann, wie es den Strukturen des Allgäus möglich ist.
Das Nächste zu den Grünen: Brandenburg hat Vielfalt, über 5 500 Agrarbetriebe, und zwar - das ist auch gut so -: Nebener
werb, Haupterwerb, kleine Betriebe, Öko-Betriebe. Übrigens sind wir bei Öko spitze. Mit 10 % Öko-Betrieben sind wir spitze in Deutschland. Trotzdem haben wir 100 % gute Produkte. Darauf werden wir auch weiter aufbauen.
Das wird wahrscheinlich in Teilen Brandenburgs schwierig werden. Frau Alter war in Ranzig in der Ferkelaufzuchtstation, hat dort ein Praktikum gemacht,
Ich nenne Ranzig deshalb - und da bin ich wieder bei den Grünen -: Ranzig ist ein Agrarbetrieb mit ca. 80 Beschäftigten. Dieser Agrarbetrieb sorgt für das lebendige Dorf Ranzig. Bei jedem Dorffest ist der Agrarbetrieb Mittelpunkt. Das ist doch gar nicht schlimm. Dieser Agrarbetrieb hat Verkaufsstellen in Fürstenwalde und Frankfurt (Oder) und er hat mobile Verkaufsstellen, also für den ländlichen Raum, wo man diese Möglichkeiten sonst nicht hat. Er hat jetzt wiederum eine Förderung aus meinem Haus für eine Schlachterei bekommen. Es passt also alles zusammen.
Deshalb brauchen wir leistungsfähige Betriebe in Brandenburg, die natürlich auch weiterveredeln. Da ist Ranzig ein gutes Beispiel. Wenn jemand noch Nachfragen hat, einfach bei Frau Alter nachfragen, die kennt den Betrieb sehr gut und sehr genau.
Zur laufenden Förderperiode: Ich habe dem Parlament den Vorschlag gemacht, dass alle Mittel für den ländlichen Raum das sind 1,1 Milliarden Euro EU-Mittel - vollständig kofinanziert werden, und das Parlament ist diesem Vorschlag gefolgt. Sie sind der Souverän; das ist eine kluge und gute Entscheidung.
Es steht der Begriff Bilanz in dem Antrag, Herr Görke. Dann werde ich ein wenig Bilanz ziehen. Ein großer Teil fließt - das sind immerhin 136 Millionen Euro - in die Flurneuordnung. Das hat auch mit Landwirtschaft zu tun, und das werde ich auch in der neuen Förderperiode entsprechend fortsetzen. 123 Millionen Euro fließen in die einzelbetriebliche Förderung. Damit haben wir ca. 600 Millionen Euro bewegt, 600 Millionen Euro Investitionen durch diese Fördermittel und damit Modernisierung der Landwirtschaft.
Ein nächster großer Block sind die Agrarumweltmaßnahmen mit immerhin 232 Millionen Euro. Er wird auch in der neuen Förderperiode mit 30 % der Mittel ein ganz wichtiger Block sein.