Protokoll der Sitzung vom 20.11.2013

(Beifall der Abgeordneten Melior [SPD])

Die Diskussion, die wir heute führen, ist in der Tat nicht neu, und die Forderung, befristete Beschäftigung im Hochschulbereich zurückzufahren, wird von verschiedenen Seiten eingebracht.

Genauso hört man aber natürlich, dass die Hochschulen dann weniger Flexibilität hätten. Wenn Sie sich an die Situation der Anfangszeit der Brandenburger Hochschullandschaft erinnern: Damals gab es Bindungsgrade mit unbefristet beschäftigten Mitarbeitern bis an 90 %. Sie betragen in manchen Fakultäten heute noch über 80 %. Das muss man auch dazu wissen.

Im Rahmen meines kurzen Redebeitrags kann ich natürlich nicht auf alle 73 Fragen der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingehen, möchte aber vorweg etwas Grundsätzliches sagen: Die Frage der Befristung muss man vor dem Hintergrund sehen, dass die Hochschule selbst für viele Nachwuchskräfte nicht der dauerhafte Arbeitsplatz sein soll und auch nicht sein kann. Gleichwohl ist es uns ganz wichtig, für eine gewisse Zeit Berufstätigkeit in der Wissenschaft zu verbessern und die Möglichkeit der Qualifizierung gut abzusichern.

Ich will das am konkreten Beispiel verdeutlichen. Wenn jemand nach dem Abschluss seines Studiums promovieren möchte, gibt es die Möglichkeit, in der Qualifikationsphase durch einen Arbeitsvertrag mit der Hochschule auch materiell abgesichert zu sein. Es ist aber nicht sicher, dass der oder die Promovierende dann auch in der Hochschule arbeiten kann. So bleibt er oder sie in die Wissenschaft - in die Forschung und die Lehre - eingebunden, unabhängig davon, ob befristet oder unbefristet. Diese Beschäftigung kann naturgemäß nur einen befristeten Charakter haben, denn wäre sie dauerhaft besetzt, würde das dazu führen, dass auch für die nachkommenden Absolventinnen und Absolventen der Weg blockiert wäre. Es ist eine Rolle der Hochschulen, diesbezüglich in einer gewissen Weise ein Durchlauferhitzer zu sein.

Es kann nun nicht wirklich gewollt sein, an dieser Stelle wieder massiv auch neue unbefristete Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Es führt aber kein Weg daran vorbei, in der Zukunft dennoch einen wesentlichen Teil der Stellen weiter unbefristet zu gestalten, um den Nachwuchswissenschaftlern auch Sicherheit zu bieten.

Die Beschäftigungsdauer an den Brandenburger Hochschulen liegt - um vom Allgemeinen wegzukommen - im Durchschnitt bei über zwei Jahren. Bei drittmittelbeschäftigten akademischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern richten sich die Ver

tragslaufzeiten naturgemäß nach der Verfügbarkeit der Drittmittel, sodass sie zwischen wenigen Monaten und mehreren Jahren variieren können.

Ein zweiter Punkt: Ein Teil der Stellen in Hochschulen ist naturgemäß in befristet laufenden Projekten verankert, gerade auch bei den sehr stark auf Forschung fokussierten Bereichen. Einige der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die keine unmittelbare wissenschaftliche Karriere anstreben, entscheiden sich für Perspektiven außerhalb der Hochschulen. Dieser Austausch ist nicht nur notwendig, sondern auch sehr sinnvoll. Denn so entsteht die Innovation, die in der Gesellschaft und der Wirtschaft gebraucht wird.

Drittens: Wir hören immer wieder, die Ausstattung der Hochschulen in Brandenburg sei so schlecht. Die Hochschulen hätten also keine andere Möglichkeit, als befristet zu beschäftigen. Es ist aber nicht wahr, dass Haushalt und Befristung von Stellen unbedingt in einem ganz engen Zusammenhang stehen. Wenn es um das Thema Personal geht, ist für die Hochschulen die Planungssicherheit besonders wichtig. Dafür müssen sie wissen, mit welchen Zuschüssen sie zu rechnen haben. Genau das machen wir: Das Land garantiert stabile Zuschüsse für die Hochschulen über einen Zeitraum von 5 Jahren. Das ist quasi auf der Zielgeraden. Somit ist das Dringendste gewährleistet.

Viertens: Wir stärken ganz aktuell die Eigenständigkeit der Hochschulen hinsichtlich ihrer Personalstruktur, denn die Hochschulen erhalten ab 2014 im Rahmen der Hochschulverträge zusätzliche Möglichkeiten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unbefristet als Tarifangestellte einzustellen. Dazu werden die Stellenpläne aller Hochschulen sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch der Wertigkeit teilweise flexibilisiert.

Fünftens - ich habe es bereits angesprochen: Wir sind derzeit dabei, uns noch einmal intensiv mit dem Thema „gute Arbeit in der Wissenschaft“ zu beschäftigen. Ich habe erklärt, dass viele Gründe dafür sprechen, befristete Arbeitsverhältnisse zu wollen und zu rechtfertigen. Aber ich sage auch ganz klar: Es muss selbstverständlich hinterfragt werden, ob jede Befristung, die es derzeit gibt oder die neu eingeführt wird, berechtigt ist. Das Gleiche gilt für die Dauer der Beschäftigung, sodass es nicht zwangsläufig ist, jeweils die kürzest mögliche Dauer zu vereinbaren. Es ist mir wichtig, dass wir einerseits an der richtigen Stelle Schutz aufbauen und andererseits auch Flexibilität in den Hochschulen erhalten. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Gelegenheit für ein Schlusswort erhält für 1 Minute Frau von Halem.

(Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Nein, danke!)

Damit sind wir am Ende der Debatte und Sie haben die Antwort auf die Große Anfrage zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 15 und rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Freiwilligendienste fördern - Gutes unterstützen, Perspektiven aufzeigen

Antrag der Fraktion der CDU der Fraktion der FDP der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/8166

Des Weiteren liegt Ihnen in der Drucksache 5/8217 ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen vor.

Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Hoffmann spricht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Geschichte der Freiwilligendienste im Land Brandenburg ist eine lange und sie ist eine Erfolgsgeschichte. Keine Angst, ich erzähle nicht die ganze Geschichte, ich will nur sagen: Sie ist sehr lang.

(Allgemeine Heiterkeit - Zuruf von der SPD: Schade eigentlich!)

In dieser Geschichte konnten viele junge Menschen durch ihr freiwilliges Engagement wichtige Erfahrungen machen, Kompetenzen entwickeln und vertiefen und sich auch in verschiedensten Bereichen ausprobieren. Mit dem Freiwilligen Ökologischen Jahr, dem Freiwilligen Jahr in der Kultur, in der Denkmalpflege und natürlich auch mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr haben wir ein sehr breites Spektrum für gesellschaftliches Engagement in unserem Land. Es wird immer wieder sehr gern von den Jugendlichen in Anspruch genommen, regelmäßig so gern, dass die Nachfrage die Zahl der Plätze deutlich übersteigt.

Unser gemeinsames Anliegen ist es daher, diese Erfolgsgeschichte auch in der neuen EU-Förderperiode fortzuschreiben. Daher habe ich mich auch sehr gefreut, dass wir im Bildungsausschuss die Idee hatten, die Grundlagen für die Fortführung in einem gemeinsamen Antrag zu legen. Wir haben diesen Antrag im Bildungsausschuss gemeinsam besprochen, haben uns darauf verständigt, der Vorsitzende hat sogar einen tollen Entwurf geschrieben und verschickt. Allerdings war es dann in der letzten Sitzung des Ausschusses so, dass nicht etwa ein gemeinsamer Antrag verabschiedet wurde, sondern die Koalition den Tagesordnungspunkt kurzfristig abgesetzt hat und wir statt des Antrags die Gäste verabschiedet haben, die teilweise extra zu diesem Tagesordnungspunkt nach Potsdam gekommen sind.

(Zuruf von der SPD: Das gibt’s doch nicht!)

Meine Damen und Herren, das ist aus meiner Sicht kein guter Stil, das wird auch dem Anliegen nicht gerecht. Deshalb haben wir, die Oppositionsfraktionen, uns entschieden, diesen Antrag, über den im Ausschuss eigentlich Einigkeit herrschte, hier noch einmal ins Plenum einzubringen. Auch wenn wir nicht wissen, in welcher Höhe dann finanzielle Mittel zur Verfügung stehen und es dadurch noch Unwägbarkeiten gibt, können wir mit diesem Antrag dazu beitragen, dass wir zumindest schon

einmal die landesseitigen Voraussetzungen schaffen, damit diese Programme mindestens in gleicher Höhe auch in der kommenden Förderperiode fortgeführt werden können.

Aus unserer Sicht wäre es allerdings auch zu kurz gegriffen, wenn man jetzt nur sagte: Wir wollen das fortführen. - Wir sind der Meinung, dass das eine gute Gelegenheit ist, die bestehenden Programme um weitere sinnvolle Aspekte zu erweitern. Aus dem Grund fordern wir die Landesregierung dazu auf, auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen, ab 2015 ein FSJ im Sport im Umfang von bis zu 100 Stellen beim Träger, dem Landessportbund, zu schaffen. Und weil wir wissen, dass das auch maßgeblich davon abhängt, was der Haushaltsgesetzgeber sagt, haben wir das gleich dazugeschrieben.

Meine Damen und Herren, über die Bedeutung der Sportvereine und ihrer Arbeit für uns im Land braucht man eigentlich nicht noch viele Worte zu verlieren. Ich glaube, ein FSJ wäre eine Bereicherung für beide Seiten, für die Vereine und für die FSJler.

„Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Freiwilligendienstes im Sport erwerben wichtige soziale und personale Kompetenzen Diese Kompetenzen sind auch als Schlüsselqualifikationen am Arbeitsmarkt gefragt. Damit leisten Freiwillige einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft, aber auch für die eigene Entwicklung. Darüber hinaus führt der Einsatz von Freiwilligen in Sportvereinen zu deren Stärkung. Die Vereine werden besser in die Lage versetzt, ihre Angebotsvielfalt und damit auch ihren Wirkungsradius zu verbessern.“

Das, liebe Kollegen, stammt nicht von mir, sondern aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage meiner Kollegin Barbara Richstein und mir zu den Freiwilligendiensten im Sport. Angesichts dieser Antwort gibt es wohl keine Zweifel daran, dass ein „FSJ im Sport“ eine sinnvolle Sache mit großem Nutzen für Teilnehmer und Vereine - und damit für uns alle - ist.

Weiterhin wollen wir die Chance nutzen, für ein „FSJ in der Demokratie“ zu werben und dies endlich zu ermöglichen. Wir als CDU-Fraktion hatten bereits im Jahr 2010 einen entsprechenden Antrag eingebracht. Auch damals waren wir uns eigentlich einig, dass das eine Bereicherung wäre. Es hieß aber, das sei nicht der richtige Zeitpunkt. Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist.

An dieser Stelle ein paar Worte zu dem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Unter Punkt 1 schreiben Sie: „Der Landtag Brandenburg betont“ - betont! - „gegenüber der Landesregierung die notwendige Fortführung …“ Der Landtag betont also die Notwendigkeit der Fortführung. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber was ist denn das für eine Formulierung? Das ist doch Luft, das ist doch großer Quatsch!

Unter Punkt 2 fordern Sie, „eine Ausweitung der FSJ-Programme … zu prüfen.“ Prüfen können wir viel. Wir könnten sogar sagen, dass wir die Ausweitung beschließen wollen.

Letzten Endes wollen Sie auch noch einen Bericht darüber haben.

Man vergleiche diesen Entschließungsantrag bitte mit dem vorliegenden Antrag der Oppositionsfraktionen. Letzterer war im

Prinzip im Ausschuss bereits vereinbart und ist in weiten Teilen als Entwurf vom Vorsitzenden bereits verschickt worden. Im Vergleich dazu ist dieser Entschließungsantrag nichts anderes als Gelaber. Deshalb bitten wir darum, dem eigentlichen Antrag zuzustimmen - im Interesse der vielen Jugendlichen, die auch in den kommenden Jahren gern einen Freiwilligendienst absolvieren wollen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP und B90/GRÜNE)

Die Abgeordnete Muhß setzt für die SPD-Fraktion fort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Werte Gäste! Es gibt in diesem Haus wohl nur wenige Themen, bei denen wir uns im Grundsatz so einig sind wie in diesem Fall. Natürlich sind das Freiwillige Soziale Jahr, das Freiwillige Ökologische Jahr, das Freiwillige Jahr in der Kultur und das Freiwillige Jahr in der Denkmalpflege sehr sinnvoll. Deswegen ist die Nachfrage so groß. Sie sind also erfolgreich. Das war im Ausschuss unstrittig, und das ist auch hier und heute unstrittig.

Die Vorteile der Freiwilligendienste liegen auf der Hand - für den oder die Freiwillige, für die Einsatzstelle, für uns alle. Kollege Hoffmann hat es schon sehr weit ausgebreitet; dennoch möchte ich noch einmal darlegen, worin die Vorteile im Einzelnen bestehen: Die jungen Menschen können sich ausprobieren. Sie können Erfahrungen sammeln, Gelerntes anwenden und Neues lernen. Die Einsatzstellen profitieren natürlich auch. Letzten Endes sind es Freiwillige im besten Sinne des Wortes.

Aber - jetzt kommt das Aber, auf das Herr Hoffmann wahrscheinlich wartet -: Auch die sinnvollste Einrichtung will finanziert sein. Die bisherige Finanzierung ruht auf mehreren Säulen: Fördermittel des Bundes, Fördermittel der Europäischen Union, Mittel des jeweiligen Trägers. Der hohe Anteil an Förderung macht das System anfällig für neue Förderstrategien, aber auch für geringere Fördersummen.

Liebe Abgeordnete! Mit dem kommenden Jahr beginnt eine neue Förderperiode der Europäischen Union. Auf EU-Ebene besteht immer eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass es zu Veränderungen kommt, und zwar schon deswegen, weil es eine Vielzahl von Regionen gibt, die ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben und verschiedene Entwicklungen nehmen. Wir müssen uns zwar nicht freuen, wenn wir weniger Geld bekommen; aber wir sollten den Gedanken der europäischen Solidarität immer im Hinterkopf behalten. Schließlich fallen die Fördersummen ab dem Jahr 2014 unter Umständen auch deswegen geringer aus, weil es Regionen gibt, die weitaus umfangreicherer Hilfen bedürfen als wir. Anders formuliert: weil Brandenburg in der Gesamtschau der Regionen innerhalb der EU weiter nach vorn gerückt ist. Ich erwähne das vorsorglich, weil es mir ein Anliegen ist, dass hier niemand mit dem Finger nach Brüssel zeigt. Gerade dann, wenn es weniger Geld gibt, kommt es darauf an, das verbliebene Geld sinnvoll einzusetzen.

Wir als Koalitionsfraktionen halten die Förderung der Freiwilligendienste für eine sehr sinnvolle Investition. Ich spreche bewusst von „investieren“, denn die Freiwilligendienste sind im Endeffekt genau das: Investitionen in Köpfe zum Wohle aller.

Aber wir haben uns bewusst dagegen entschieden, hier und heute Entscheidungen über den nächsten Haushalt zu treffen. Wir halten es für richtig, die Förderung fortzuführen - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das soll unser Entschließungsantrag auch verdeutlichen. Ja, wir möchten, dass es so bleibt, wie es ist. Nein, wir können nicht hier und heute bestimmen, dass das Geld dafür ausgegeben wird; denn wir wissen gar nicht, wie viel Geld da sein wird.

(Bretz [CDU]: Das wissen Sie beim Flughafen auch nicht! - Heiterkeit bei der CDU und der FDP)

Weil wir das nicht wissen, haben wir …

(Bretz [CDU]: Frau Muhß, ich will Sie nicht beim Verle- sen Ihres Redeskripts stören!)

- Ich versuche mich trotz Ihrer Einwürfe zu konzentrieren.