Lassen Sie mich doch! Mein Gott! Es ist meine vorletzte Rede für die Runde in diesem stattlichen Haus. - Wir fordern Sie auf, das Vergabegesetz von sämtlichen vergabefremden Kriterien zu befreien. Wir lehnen die vorliegende Gesetzesänderung ab. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - OECD - feiert in wenigen Tagen, am 14. Dezember, ihren 53. Geburtstag. Sie vereinigt mittlerweile 34 Mitgliedsländer auf der ganzen Welt, die sich zur Demokratie und Marktwirtschaft bekennen, und widmet sich, wie Sie sicherlich wissen, den Zielen der Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums, höherer Beschäftigung, Sicherung finanzieller Stabilität, der Unterstützung der Entwicklung anderer Länder und leistet einen Beitrag zum Wachstum des Welthandels.
Der Deutschland-Experte der OECD, Andrés Fuentes, äußerte sich gestern mit Blick auf die Bundesrepublik gegenüber der Presse wie folgt:
„Wir meinen, dass ein allgemeinverbindlicher Mindestlohn, festgesetzt von einer unabhängigen Kommission, besser ist als das jetzige Verfahren.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die OECD nimmt sich also Brandenburg zum Vorbild - nur mit dem Unterschied, dass es uns leider aufgrund der fehlenden gesetzgeberischen Befugnis nicht möglich ist, allgemeinverbindliche Mindestlöhne festzulegen. Daher sprechen wir hier nur von einer Lohnuntergrenze bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Die durch den Landtag eingesetzte unabhängige Kommission hat empfohlen, das Mindestarbeitsentgelt ab dem kommenden Jahr auf 8,50 Euro je Arbeitsstunde zu erhöhen. Gemessen am mittleren Einkommen liegt Deutschland hierbei im internationalen Mittelfeld.
Die Linke begrüßt es, dass sich der Landtag heute auf den Weg macht, der Empfehlung dieser Kommission zu folgen. Ein Dank gilt an dieser Stelle auch den Fraktionen von CDU und FDP, die sich grundsätzlich bereiterklärt hatten, Herr Senftleben, den Gesetzentwurf in einem verkürzten Verfahren durch den Landtag zu bringen.
Nun, das Inkrafttreten zum 1. Januar werden wir aufgrund der noch notwendigen Anhörungen nicht schaffen. Aber besser, wir erhöhen im Februar 2014 als erst im Januar 2016, wie offensichtlich auf Bundesebene geplant.
Da ich erst kürzlich die Funktion als wirtschaftspolitischer Sprecher meiner Fraktion übernommen habe, schaue ich mir natürlich auch die Vorschläge der politischen Konkurrenz an. So fordert beispielsweise die CDU in ihrem Papier „Starke Wirtschaft - starker Mittelstand - starkes Brandenburg“ auf Seite 25 nebulös:
„Vergabegesetz und Kommunalverfassung nach Evaluierung im Sinne der Brandenburger Wirtschaft ändern!“
Herr Kollege, Sie haben die OECD-Mitglieder angesprochen. Ich habe einmal im Internet geschaut: Das sind solche Länder wie Griechenland, Spanien, Ungarn.
(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE - Frau Lehmann [SPD]: Länder wie Großbritannien haben auch einen Mindestlohn!)
Ist das Ziel Ihrer Politik und der Fraktion DIE LINKE, dass wir die wirtschaftlichen Verhältnisse in den eben genannten Ländern auch hier in Deutschland und in Brandenburg haben?
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass sich der vorgeschlagene Mindestlohn, über den wir heute reden, im Mittelfeld des europäischen Durchschnitts bewegt und daher ein äußerst realistischer ist.
Ich war stehengeblieben beim Mittelstandspapier der CDU, „Vergabegesetz und Kommunalverfassung nach Evaluierung
im Sinne der Brandenburger Wirtschaft ändern“. Was genau im Sinne der Brandenburger Wirtschaft ist und ob die CDU hierfür einen Alleinvertretungsanspruch hat, sei an dieser Stelle dahingestellt.
Sehr geehrter Herr Homeyer - er ist leider nicht anwesend -, da sind mir die klaren Worte von Ihnen als wirtschaftspolitischer Sprecher doch viel lieber.
„Das Vergabegesetz von dieser Koalition ist so schlecht gemacht, dass nicht nur Unternehmer darüber stöhnen.“
Sie wollen also die Lohnuntergrenze abschaffen und setzen sich weiterhin für Dumpinglöhne ein. Sie wollen, dass bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen der billigste Anbieter den Auftrag erhält, und Sie kämpfen nach wie vor gegen die Einführung von Mindestlöhnen und machen Stimmung mit der angeblichen Vernichtung von Arbeitsplätzen.
Ich sage es hier für die Linksfraktion in aller Deutlichkeit: Arbeitsplätze, die auf Ausbeutung von Menschen beruhen und somit ordentlich bezahlte Arbeitsplätze bedrohen, gehören abgeschafft.
Steuermillionen zur Subventionierung von Dumpinglöhnen sind Misswirtschaft und widersprechen der volkswirtschaftlichen Logik.
Aktuelle Zahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren, belegen, dass in Brandenburg über 64 000 Menschen trotz Arbeit auf aufstockende Sozialleistungen angewiesen sind. Ein Grund für diese Zahl sind die Dumpinglöhne. Die Kosten hierfür betragen auf Bundesebene 10 Milliarden Euro - pro Jahr, wohlgemerkt.
Das ist die Summe, die der Staat aufbringt, um niedrige Löhne durch Hartz-IV-Leistungen aufzubessern. Die genannten Zahlen können Sie übrigens im „Handelsblatt“ nachlesen - ein Blatt, das nach meiner Einschätzung linksrevolutionären Ideen eher unverdächtig ist.
Ich komme zum Schluss. Die Linke in Brandenburg sagt einerseits diesen Dumpinglöhnen den Kampf an und wird andererseits weiterhin die CDU politisch hart bekämpfen, solange sie nicht begreift, dass es entwürdigend ist, wenn man nach der Arbeit noch aufs Jobcenter muss. - Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Er kommt zwar spät, doch er kommt. - Das wollte ich bei der Vorlage des Gesetzentwurfs zur Anpassung des Mindestarbeitsentgelts bei öffentlichen Aufträgen auf 8,50 Euro ausrufen. Allerdings musste ich heute die erstaunliche Erkenntnis gewinnen, dass auch derjenige, der zu spät kommt, für manche immer noch zu schnell kommt.
Dabei gilt: Hätte sich das MASF mehr Mühe mit der Berufung der Entgeltkommission gegeben, hätte dieser neue Mindestsatz schon ein Jahr früher in Kraft treten können. Jetzt aber muss man sich beeilen, damit die Bundesregierung mit einem bundesweiten Mindestlohn dem Land nicht zuvorkommt. Dennoch sage ich: Diese Regelung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht überflüssig. Wie der Widerstand des Präsidiums des Städteund Gemeindebundes - Pressemitteilung vom 22. Oktober - gegen die Anhebung der Lohnuntergrenze zum jetzigen Zeitpunkt zeigt, war diese Regelung dringend nötig. Denn noch haben nicht alle kommunalen Verantwortungsträger, wie auch einige heute hier nicht begriffen, dass es kein besonderes Zeichen von Verantwortungsübernahme ist, durch die Inkaufnahme von Dumpinglöhnen die öffentlichen Haushalte sanieren zu wollen.
Dies gilt übrigens genauso für die wissenschaftlichen Mitarbeiter und studentischen Hilfskräfte im öffentlichen Dienst, die insbesondere an den Hochschulen des Landes nicht nur in prekären befristeten Arbeitsverhältnissen sitzen, sondern darüber hinaus auch mit Minilöhnen von weit unter 8,50 Euro pro Stunde ihr Leben fristen. Das wird uns beim nächsten Tagesordnungspunkt beschäftigen.