Protokoll der Sitzung vom 21.11.2013

Vielen Dank, Herr Minister Holzschuher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Lakenmacher hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Innenminister, das Abschiebungshaftvollzugsgesetz in der gegenwärtigen Fassung hat sich - das kann man so sagen - durchaus bewährt. Es ist jedoch notwendig, dass das Gesetz den Vorgaben der Rückführungsrichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates entspricht. Zudem müssen die in der Praxis gewonnenen Erfahrungen und bedeutsamen Erkenntnisse aufgenommen und entsprechend in Gesetzesform gegossen werden, so zum Beispiel die Erkenntnis, dass sich Tbc-Schnelltests als unzuverlässig erwiesen haben und deshalb eine Rechtsgrundlage für Röntgenuntersuchungen der Lunge erforderlich ist oder dass die Rechtsgrundlage der Anwendung des unmittelbaren Zwangs nicht hinreichend bestimmt ist.

Die im Gesetzentwurf normierte Unterbringung von erkrankten Abschiebungshäftlingen, die stationär behandelt werden müssen, in der Krankenabteilung einer Justizvollzugsanstalt halte ich für erforderlich und sinnvoll, das will ich klar sagen. Dem steht meines Erachtens das EU-rechtlich normierte Trennungsgebot nicht entgegen; es schreibt vor, dass Abschiebungshaft nicht zusammen mit Untersuchungs- oder Strafhaft vollzogen werden darf. Da der bloße Umstand, ausreisepflichtig zu sein, keine Straftat ist, will das EU-Recht eine gemeinsame Inhaftierung mit Straftätern verhindern. Das ist die Intention dieser Norm bzw. dieses Gebotes. Die Inhaftierung in einer JVA zum Zweck der Abschiebung ist damit klar rechtswidrig. Hier geht es gerade nicht um Inhaftierung, und Brandenburg gehört zu den Bundesländern, in denen die Abschiebehaft gerade nicht in den Justizvollzugsanstalten vollzogen wird. Es soll keine Unterbringung in derselben Etage oder sogar der

selben Zelle stattfinden. Genau das würde einen Verstoß gegen die Rückführungsrichtlinie bedeuten.

Nach dem vorliegenden Entwurf sollen die Krankenabteilungen der Justizvollzugsanstalten nur genutzt werden können, um erkrankte Abschiebungshäftlinge unterzubringen, und dies auch nur für den Zeitraum der stationären Behandlung. In der Justizvollzugsanstalt ist eine Überwachung der Abschiebungshäftlinge ohne weiteren personellen Aufwand - da sind wir uns wohl einig - gewährleistet; nur darum geht es hier im Prinzip.

Die inhaltliche Diskussion werden wir im Innenausschuss weiter führen. Insgesamt kann man sagen: Das Abschiebungshaftvollzugsgesetz muss geändert, muss angepasst werden. Es bedarf einer Neuregelung, um hier durchaus bestehende Regelungslücken zu schließen und Rechtsunsicherheiten entgegenzuwirken und auch, um den Vorgaben der von mir erwähnten Rückführungsrichtlinie zu entsprechen. Wir werden deshalb der Überweisung in den Ausschuss zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lakenmacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Stark spricht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch bei diesem Gesetzentwurf ist es so, dass meine beiden Vorredner eigentlich schon die Notwendigkeit belegt und die Argumente benannt haben, warum es sinnvoll ist, ihn heute zu beraten. Es ist eine 1. Lesung und es ist ein erster Änderungsgesetzentwurf zum Abschiebungshaftvollzugsgesetz.

Die Stichpunkte sind gefallen, es geht im Großen und Ganzen darum, nachzusteuern. Wir wollen die Durchführung der Röntgenuntersuchung ermöglichen, wir wollen im Ausnahmefall bei drohender oder eingetretener Selbst- oder Fremdverletzung - eine Handlungsgrundlage haben. Genannt worden ist auch, dass in der Abschiebungshaft die Behandlung in der Krankenhausabteilung einer Justizvollzugsanstalt ermöglicht werden soll. Das sind die Kernpunkte.

Was, glaube ich, noch keiner gesagt hat: Mit diesem Gesetzentwurf wird die von vielen erhobene Forderung nach Einrichtung eines externen Beirats ermöglicht. Und - nicht ganz unwichtig - redaktionell packt dieses Gesetz die Gleichstellung von Mann und Frau insofern an, als eine dahin gehende sprachliche Anpassung erfolgt.

Ich glaube, es besteht große Einigkeit. Die Grünen - sie haben im August dazu eine Veranstaltung durchgeführt - werden das, soweit ich die Situation einschätzen kann, eher kritisch betrachten, aber dazu wird Frau Nonnemacher sicherlich gleich in ihren Ausführungen kommen. - Ich bedanke mich und freue mich, dass Sie - hoffentlich - dieser Ausschussüberweisung zustimmen.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stark. - Wir kommen nun zum Beitrag der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Goetz hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir haben Beratungsbedarf. Dem entsprechen wir im Innenausschuss und in der 2. Lesung. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Das waren fünf Sekunden. Ich glaube, das war der kürzeste Redebeitrag bisher, zumindest in dieser Sitzung. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Fortunato hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Heute Vormittag haben wir in der Aktuellen Stunde festgestellt, dass Brandenburg alles daran setzen wird, Menschen, die Zuflucht in unserem Land suchen, menschwürdig unterzubringen, ihre Anliegen zu begleiten, sie zu betreuen. Nach § 62 des Aufenthaltsgesetzes des Bundes können Ausländerinnen und Ausländer auf richterliche Anordnung zur Sicherung der Abschiebung in Haft genommen werden. Mir ist es wichtig, festzustellen, dass sich von Abschiebehaft Betroffene im strafrechtlichen Sinne nicht schuldig gemacht haben. Deswegen ist Haft auf das absolut notwendige Minimum zu begrenzen - wenn sie denn überhaupt angewendet werden muss. Die Abschiebehaft darf - als letztes Mittel! - nur dann angeordnet werden, wenn eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht.

Durch Aufklärung und Weiterbildung entscheidender Stellen sollte auf Alternativen zur Abschiebehaft hingewirkt werden. Richterinnen und Richter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in öffentlichen Verwaltungen sollten für dieses Problem sensibilisiert werden. Das fordern wir seit langem.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die Abschiebungshaft - die entsprechende Einrichtung befindet sich in Eisenhüttenstadt - neu geregelt werden. Diese Einrichtung ist seit einiger Zeit umstritten, da nur wenige Flüchtlinge dort untergebracht sind und zudem die Bundespolizei für einen großen Teil der Insassen verantwortlich ist.

Die aus unserer Sicht wichtigste Änderung ist die Einrichtung eines externen Beirates. Damit wurde einer lange Jahre erhobenen Forderung nachgekommen. Der Beirat kann bei der Gestaltung des Vollzugs und der Betreuung der Abschiebehäftlinge mitwirken, die Leitung beraten und sich für die Interessen der Abschiebehäftlinge einsetzen.

Abschiebungshaft hat meiner Meinung nach gravierende negative Auswirkungen auf die Betroffenen; da sind manchmal schon kleine Schritte hilfreich. Besser wäre es jedoch, wenn sie sich vermeiden ließe. Klarstellend soll nunmehr der Vollzug

der Abschiebungshaft in den Justizvollzugsanstalten im Wege der Amtshilfe gestrichen werden. Ich möchte anmerken, dass in Brandenburg seit Jahren eine klare Trennung zu Vollzugseinrichtungen vorliegt. Ich denke aber, dass auch die seltenen Fälle - auch der vorübergehenden Unterbringung in Krankenabteilungen einer Justiz - nicht unbedingt sein müssen.

Ich freue mich auf eine konstruktive Beratung im Innenausschuss. - Ich danke Ihnen.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Fortunato. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Es spricht Frau Abgeordnete Nonnemacher.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Stark hat meinen Redebeitrag schon angekündigt. - Ja, wir haben nicht ohne Grund am 6. August ein Fachgespräch über die Zukunft der Abschiebehaft in Brandenburg durchgeführt. Der Einladung sind damals erfreulicherweise Abgeordnete fast aller Fraktionen gefolgt. In diesem Fachgespräch mit Expertinnen und Experten der Kirchen, des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereines und des Flüchtlingsrates Brandenburg wurde nicht nur die Abschiebehaft an sich in Frage gestellt, sondern auch die jetzige Ausgestaltung.

Während sich verschiedene Bundesländer intensiv mit Schritten in Richtung Abschaffung der Abschiebehaft oder zumindest ihrer Vermeidung auseinandersetzen, setzt ausgerechnet die einzige rot-rote Landesregierung zur Rolle rückwärts an. Offenbar wird nicht nur darüber nachgedacht, die schlecht ausgelastete Abschiebehafteinrichtung in Eisenhüttenstadt durch Übernahme von Abschiebehäftlingen anderer Länder quasi rentabler zu machen - sie legt jetzt zudem einen Gesetzentwurf für restriktivere Änderungen des Haftvollzugs vor.

Erkrankte werden bisher in normalen Krankenhäusern versorgt; jetzt sollen sie in Strafvollzugsanstalten verlegt werden. Da wir Bündnisgrünen Abschiebehaft generell für hochproblematisch halten, wird es Sie nicht überraschen, dass wir dem vorliegenden Gesetzentwurf kritisch gegenüberstehen.

Doch konkret zum vorliegenden Gesetzentwurf: Positiv zu bewerten ist sicherlich die Einrichtung eines externen Beirates, der bei der Gestaltung des Vollzuges und der Betreuung der Abschiebehäftlinge mitwirken soll. Schön, dass im Vergleich zum ersten Entwurf nun die wesentlichen Aufgaben und Befugnisse im Gesetz festgelegt werden sollen. Schade finde ich, dass nicht klar genannt wird, wer in den Beirat berufen wird, und dass der Innenminister alles Weitere durch Verwaltungsvorschriften regeln kann. Zumindest eine Rechtsverordnung wäre angebracht.

Nun zu unseren zwei Hauptkritikpunkten: Erstens widerspricht die Unterbringung von kranken Abschiebehäftlingen in der Krankenabteilung einer Justizvollzugsanstalt dem strikten Trennungsgebot, das in Artikel 16 Abs. 1 der EU-Rückfüh

rungsrichtlinie und in § 62a Aufenthaltsgesetz normiert ist. Abschiebehäftlinge haben keine Straftat begangen - warum sollen sie dann wie verurteilte Straftäter behandelt werden und den Beschränkungen des Strafvollzuges unterliegen? Die freie Arztwahl dürfte auch für Menschen in Abschiebehaft gelten. Mich wundert, dass das Justizministerium dieser Regelung zugestimmt hat.

Zweitens habe ich große Bauchschmerzen, wenn ich die neue Regelung zum unmittelbaren Zwang lese. Bedienstete sollen die Menschen körperlich fixieren können - es handelt sich dabei nicht um Beschäftigte des Landes, sondern solche einer privaten Firma. Außerdem sollen diese Bediensteten die Befugnisse von Justizvollzugsbeamten bekommen - inklusive Waffengebrauch. Wieder kann ich mich nur wundern, mit welcher Härte gegen Menschen vorgegangen wird, die einfach nur ausreisen sollen.

Jetzt zu den Röntgenuntersuchungen: Die Röntgenaufnahme der Lunge in zwei Ebenen ist zum Ausschluss einer offenen Lungentuberkulose zweifellos am besten geeignet. Die heute Morgen diskutierten Fälle von Lungentuberkulose in der Aufnahmeeinrichtung zeigen, dass Infektionsschutz wichtig ist. Da es sich aber auch bei der Röntgenaufnahme um einen zustimmungspflichtigen medizinischen Eingriff handelt, müsste zumindest in der Gesetzesbegründung die Verhältnismäßigkeit abgewogen und begründet werden. Darüber hinaus wird dem Bundesgesetzgeber unterstellt, dass er übersehen habe, die Abschiebungshafteinrichtungen in das Infektionsschutzgesetz aufzunehmen. Meine liebe Landesregierung, die Gesetzesbegründung ist wirklich ein wenig zu schwach.

Die Besuchsregelung hat sich eindeutig verschlechtert: Bisher durften Abschiebehäftlinge uneingeschränkt Besuch empfangen. Nunmehr soll dieses Recht aus Gründen der Sicherheit und Ordnung eingeschränkt werden können. Unter diese dehnbaren Begriffe kann alles Mögliche fallen. Falls eine Übergabe von Gegenständen verhindert werden soll, kann man das auch durch eine nachträgliche Untersuchung machen; das ist nach § 11 bereits möglich.

Wie Sie sehen, haben wir an vielen Stellen dringenden Diskussionsbedarf und können schon jetzt ankündigen, dass wir diese Punkte gerne im Rahmen einer Anhörung besprechen möchten. - Danke.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. - Sie verzichtet jedoch.

Wir sind am Ende der Rednerliste angelangt und kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes in Drucksache 5/8124, Erstes Gesetz zur Änderung des Abschiebungshaftvollzugsgesetzes, an den Ausschuss für Inneres. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist das Gesetz einstimmig überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Gesetz zur Reform der Behördenstruktur in der Schulaufsicht und in der Lehrerbildung im Land Brandenburg (Schulbehördenreformgesetz)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/8125

1. Lesung

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung; Frau Ministerin Dr. Münch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Schulbehördenreformgesetz gestalten wir die Schulaufsicht und die Lehrerfortbildung zukunftssicher, demografiefest und nachhaltig. Wir sorgen dafür, dass wir auch noch in zehn Jahren eine leistungsfähige Struktur für die Qualitätsentwicklung und die Sicherung von Schulaufsicht und Lehrerbildung haben werden. Durch die Zusammenfassung der Aufgaben der sechs staatlichen Schulämter, die wir derzeit noch haben,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

sowie des Landesinstitutes für Lehrerbildung werden Leitungsstrukturen gestrafft, Aufgaben effektiv gebündelt und die Leistungsfähigkeit von Schulaufsicht und Lehrerbildung verbessert.

Die Strukturveränderung ist richtig und notwendig. Ziel der Verwaltungsmodernisierung im Land Brandenburg ist eine moderne, leistungsfähige Verwaltung und ein konsolidierter Haushalt. Mit der Reform der staatlichen Schulämter leistet das MBJS zu beidem einen notwendigen Beitrag.

Die Entscheidung ist das Ergebnis einer gründlichen Analyse über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Die staatlichen Schulämter wurden evaluiert und aufgabenkritisch untersucht. Dabei wurde geprüft, welche Aufgaben zur Sicherung und Entwicklung der Schulqualität in den Regionen weiterhin wahrgenommen werden müssen und welche Aufgaben …

(Unruhe bei der CDU)