Meine Damen und Herren, ich darf sagen, was wir abgeräumt haben. Das will ich ganz kurz machen: Es gab Vorschläge des damaligen SPD-Generalsekretärs, fünf oder sechs Landkreise plus Landeshauptstadt zu bilden. - Ich habe es nur gelesen, Sie haben es mir nicht persönlich gesagt. Diese Aussage ist Ihnen zugeschrieben worden. - Das ist abgeräumt; das ist heute kein Diskussionsstand mehr. Es gab Vorschläge des damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden und heutigen Innenministers, die Abschaffung der Landkreise zu diskutieren. Das ist abgeräumt, es spielt keine Rolle mehr.
- In der Enquete haben wir es nicht diskutiert. Ich habe es angesprochen, die SPD-Kollegen haben es nicht gemacht.
Damit komme ich schon zu den Übereinstimmungen, die die CDU-Fraktion mit der beschriebenen Zweidrittelmehrheit hat. Erstens: Wir erkennen den Reformbedarf in Brandenburg an. Das ist etwas, wo ich auch insbesondere den Kollegen der Fraktion DIE LINKE Respekt zolle. Denn ich kann mich an die letzte Legislaturperiode erinnern, wo der Reformbedarf in Brandenburg durch die Linke in allen Bereichen durchaus gänzlich infrage gestellt wurde.
Als Zweites möchte ich hervorheben, dass das Modell der Amtsgemeinde ein wirklich qualitativer Durchbruch für die berlinfernen Regionen im Land ist. Wir haben in der Enquete etwas auf den Weg gebracht - und das ist meine feste Überzeugung -, was sich in Brandenburg in den nächsten Jahrzehnten in der Amtsgemeinde bewähren wird. Besonders stolz - das sage ich ganz deutlich, auch aus der Erfahrung der gemeinsamen Regierung mit der SPD - bin ich auf die wissenschaftlich fundierte und dann politisch abgesegnete Feststellung durch die Enquetekommission, dass in Brandenburg die Aufgabenübertragung vom Land auf die Kommunen möglich ist.
Das haben wir in den letzten Jahren nicht geschafft, die Regierung hatte dazu Kommissionen eingesetzt. Ich will die Gründe gar nicht referieren. Aber wir haben es jetzt schwarz auf weiß und wissenschaftlich unterlegt, dass es für die Menschen in Brandenburg von Vorteil sein kann, wenn wir Aufgaben vom Land auf die kommunale Ebene übertragen, also die klassische Subsidiarität.
Meine Damen und Herren, es gibt auch eine Übereinstimmung, was das Landesverwaltungsamt betrifft. In dem Mehrheitsbeschluss heißt es ein wenig anders, aber die CDU ist der Meinung, dass der Reformbedarf natürlich nicht allein auf die kommunale Ebene beschränkt werden darf, sondern sich auch
auf der Landesebene widerspiegeln muss. Denn die ist ja genauso von der demografischen Entwicklung betroffen.
Was sind die Unterschiede? Ich muss es einfach zuspitzen: Kollege Schippel, wer die 5 000 von Schönbohm infrage stellt, stellt auch infrage, dass sie sich in der Praxis nicht nur bewährt haben.
- In Teilen ja. Deswegen gibt es an diesen Stellen Veränderungsbedarf. Aber die 5 000 haben sich erstens politisch und zweitens verfassungsrechtlich bewährt.
Es hat eine Reihe von Verfassungsgerichtsentscheidungen gegeben. Wir sind der berechtigten Annahme, dass sich die Einwohnerzahl im Land 2030 verstetigt und wir nicht mehr das Auf und Ab - oder insbesondere das Ab - der letzten zwei Jahrzehnte haben werden. Mit Blick darauf tun wir gut daran, die 5 000 in der Diskussion beizubehalten.
Die 10 000 würden dazu führen, dass wir in der Prignitz eine Flächeneinheit einer Gemeinde schaffen würden, die 2,7 % der Landesfläche beinhaltet.
Viertgrößte Stadt und 2,7 % der Landesfläche, vereinigt in einer Gemeinde: Das kann durchaus ein Unterschied sein. Ich denke, das ist nicht steuerbar - nicht nur unter Demokratiegesichtspunkten, sondern es ist verwaltungsmäßig nicht in den Griff zu bekommen.
Ich habe den Abend in Neuhausen angesprochen; natürlich habe ich auch einen persönlichen Lernprozess durchgemacht. Ich habe in der Gemeindegebietsreform 2003 - fast immer mit dem Kollegen Schippel gemeinsam - über hundert Veranstaltungen durchgeführt. Ich bin nirgendwo mit Brot und Salz empfangen worden. Alle Veranstaltungen waren schwierig. Wir haben damals sechs Gesetze verabschiedet und ein siebtes nachgelegt. Ich möchte es dem Land und dem Landtag ersparen, zum zweiten Mal in eine solch kritische und strittige Situation zu kommen.
Deswegen und weil aus der letzten Gemeindegebietsreform die Aufgabenübertragung liegengeblieben ist - das war ja eine Säule, die wir nicht umgesetzt haben -, wollen wir erst sehen, inwieweit der Landtag und die Landesregierung wirklich die Bereitschaft haben, Aufgaben auf die kommunale Ebene zu übertragen. Dann werden wir mit der gemeindlichen Ebene, der kommunalen Struktur, ins Gespräch kommen, was dortige Veränderungen betrifft. Das ist eine Lehre aus 2003. Ich denke, es wäre für das Land und die Menschen nicht von Vorteil, wenn
wir in der nächsten Legislaturperiode, die 2014 beginnt und bis 2019 geht, noch einmal solch eine politische Auseinandersetzung haben, wie wir sie bei der Gemeindegebietsreform unter der Führung von Innenminister Schönbohm zur damaligen Zeit hatten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der nächsten Legislatur haben wir, weil dann bestimmte zeitliche Parallelen zu den Wahlen auf der kommunalen Ebene bestehen, die Chance, die kommunale Struktur in Brandenburg den demografischen und anderen Entwicklungen anzupassen. Der Bericht der Enquetekommission insgesamt, das Votum der CDU-Fraktion, aber auch Äußerungen der anderen bieten eine gute Grundlage, dies entsprechend zu gestalten.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Petke. - Das Wort hat jetzt die Fraktion DIE LINKE. Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg wird es ergreifen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Petke, Ihre letzten Worte habe ich mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen. Sie waren nicht nur sprachlich, sondern auch in Ihrem Herangehen deutlich verändert. Ich habe mich gewundert, wie detailliert Sie sich angesichts Ihrer mangelnden Präsenz in den Sitzungen geäußert haben.
Ich denke, die 2011 vom Landtag eingesetzte Enquetekommission hat einen guten Abschlussbericht vorgelegt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Mittel der Enquetekommission war es möglich, transparent und unter direkter Einbeziehung von Experten die Situation in Brandenburg zu analysieren und fraktionsübergreifend Schlussfolgerungen für die weitere Entwicklung der Landes- und der Kommunalverwaltungen zu ziehen.
Ich möchte auch Dank aussprechen und dabei insbesondere Prof. Gebhardt hervorheben, der als Chef der AG Aufgabenverteilung wichtige Vorarbeit für die Kommission geleistet und großen Anteil am Zustandekommen des Abschlussberichtes hat.
Die Atmosphäre in der Kommission war offen, konstruktiv und schöpferisch, wozu letztlich alle beigetragen haben.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse? Erstens sind wir uns darin einig geworden - und das ist keine Selbstverständlichkeit -, dass Reformbedarf besteht. Die Gründe sind genannt worden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die aus bisherigen Reformen gewonnenen Erfahrungen unterschiedlich sind. Insbesondere die Gemeindegebietsreform von 2003 - da stimme ich mit Ihnen überein, Herr Petke - mit zahlreichen zwangsweisen Zusammenschlüssen von Gemeinden hat offene Wunden hinterlassen. Deshalb war es nicht überraschend, dass von kommunalen Vertretern vielfach geäußert worden ist, dass sie keinen neuen Reformbedarf sehen. Für die Linksfraktion war von vornherein klar, dass bei den anstehenden Veränderungen das Prinzip der Freiwilligkeit einen hohen Stellenwert haben muss.
Wir vertrauen auf die Kraft der kommunalen Selbstverwaltung. Der Reformprozess soll von den Kommunen getragen sein, die in eigener Verantwortung tätig werden. Das Land muss mobilisieren, fördern und entsprechende Rahmenbedingungen setzen. Dazu gehört vor allem die Funktionalreform, bei der es im Kern um die Verlagerung von Aufgaben vom Land auf die Kommunen geht. Langjährige Erfahrungen belegen, wie schwierig dieser Prozess umzusetzen ist. Mancher Anlauf ist in der Vergangenheit gescheitert.
Die Kommission hat ein umfangreiches Tableau von Landesaufgaben auf ihre Übertragbarkeit geprüft. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Von etwa 60 Aufgaben wird ein Drittel zur Übertragung auf die Kommunen empfohlen, ein weiteres reichliches Drittel für eine vertiefte Prüfung vorgeschlagen. Die Kommission empfiehlt, den Rest der Aufgaben nicht zu kommunalisieren, weil sie auf Landesebene besser aufgehoben sind. Dazu hat es heftige Diskussionen gegeben. Die Linksfraktion hat sich die Abwägung zwischen dem Grundsatz einer orts- und bürgernahen Aufgabenwahrnehmung und fachlichen Gesichtspunkten aus Sicht der Landesverwaltung nicht leicht gemacht. Auch für die Aufgabenübertragung von den Kreisen auf die Gemeinden gibt es klare Empfehlungen, zu denen zwischen Landkreistag und Städte- und Gemeindebund im Wesentlichen Einigkeit hergestellt werden konnte.
In einem mit großer Mehrheit getragenen Grundsatzbeschluss formulierte die Kommission anspruchsvolle Anforderungen, die Grundlage für die Umsetzung der Funktionalreform in der nächsten Wahlperiode sein sollen. Dazu gehört der Grundsatz, dass Aufgaben in einer konsequenten Kommunalisierung möglichst als Selbstverwaltungsaufgaben auf die Gemeindeebene übertragen werden sollen. So weit waren wir noch nie.
Schrittweise hat sich die Kommission der Frage genähert, welche strukturellen Veränderungen vorgenommen werden sollen, um die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung zu erhöhen und die öffentliche Daseinsvorsorge zu sichern - landesweit und dauerhaft; das ist der entscheidende Punkt.
Die Kreise werden auch künftig als Zwischenebene gebraucht; sie nehmen überörtliche Aufgaben und Ausgleichs- und Ergänzungsfunktionen wahr. Bei unseren Betrachtungen konnten wir auf die Erfahrungen aus der Gebietsreform in MecklenburgVorpommern zurückgreifen. Wir waren uns einig, dass Mammutkreise wie in Mecklenburg-Vorpommern für uns nicht anstrebenswert sind. Wir wollen keine verkappten Regierungs
präsidien, sondern den Erhalt und die Stärkung der Landkreise in ihrem Charakter als kommunale Einheiten.
Zugleich ist klar, dass - gemessen an den Maßstäben der Kreisgebietsreform von 1993 - Handlungsbedarf besteht. Ich denke, darüber müssen wir nicht diskutieren.
In einem ausführlichen Gutachten zur Übertragung von Landesaufgaben auf die Kommunen hat Prof. Bogumil vier Modelle für die Landkreisstruktur vorgeschlagen. Aus unserer Sicht fiel sowohl das Modell mit weiterhin 14 Landkreisen als auch das Modell mit künftig nur noch 5 Landkreisen aus. Die Linke hat sich dafür stark gemacht, dass sich die Kommission nicht auf ein Modell festlegt, sondern einen Korridor fixiert. Wir wollten, dass künftig 12 bis 8 Landkreise existieren. Letztlich empfiehlt die Kommission, dass sich das Land perspektivisch in 7 bis 10 Landkreise unterteilen soll. Damit können wir leben.
Wir setzen uns dafür ein, dass die anstehende Kreisreform nach dem Prinzip der Freiwilligkeit mit entsprechenden Lösungen von unten umgesetzt wird.