Das Betreuungsgeld ist sowohl familien- als auch bildungspolitisch ein Schritt in die falsche Richtung. In allen Teilen Deutschlands muss anerkannt werden, dass gute Erziehung auch in Kindertagesstätten stattfinden kann. Dem steht das Betreuungsgeld entgegen. Das Betreuungsgeld setzt auch ökonomisch die falschen Ansätze. Statt ihr Kind in eine öffentliche Bildungseinrichtung zu geben und ihm zusätzliche Entwicklungschancen zu eröffnen, könnten wirtschaftlich benachteiligte Eltern es vorziehen, die 150 Euro Betreuungsgeld in Anspruch zu nehmen. Dabei nehmen sie dem Kind häufig die Möglichkeit, sich in die Gesellschaft zu integrieren, denn Abschottung hat noch niemanden geholfen.
Meine Damen und Herren, das Betreuungsgeld ist das falsche Signal für die Familienpolitik in Brandenburg und in Deutschland. Das hatten, mit Ausnahme der CDU, die hier konsequent - völlig respektabel - eine andere politische Vorstellung hat, alle Fraktionen in diesem Landtag 2012 erkannt. Das Betreuungsgeld geht von einem Familienbild aus, das der Vielfalt des Zusammenlebens in unserem Land einfach nicht mehr gerecht wird. Profiteure sind im Übrigen nur Familie, in denen der Vater arbeiten geht und die Mutter durch das Familiensplitting animiert wird, nicht wieder voll in den Job einzusteigen. Wollen wir, wollen Sie tatsächlich eine Familie manifestieren, in der der Frau die Rolle der Hausfrau zukommt?
Ich will das nicht, und ich hoffe, dass Sie das auch nicht wollen und unserem Antrag, Ihrem Antrag von 2012 wieder zustimmen. Das Betreuungsgeld hält Kinder von den Kitas fern. Es kann sein, dass die Kollegen in NRW oder Bayern das gut finden. Hier in Brandenburg sollte Konsens herrschen, dass wir dies nicht gut finden. Wir haben in weiten Teilen Brandenburgs keinen Mangel an Kitaplätzen, anders als zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen oder Bayern. Und auch dort, wo Kitaplätze knapp sind, wie in Potsdam, sollten wir das Problem durch Errichtung neuer Kitas lösen und nicht durch eine Prämie fürs Fernbleiben.
Deswegen, meine Damen und Herren, sage ich es noch einmal: 2012 haben wir uns gemeinsam - ich betone es noch einmal, auch wir als Brandenburger FDP, entgegen der Position unserer Bundestagsfraktion - gegen das Betreuungsgeld und für die Verwendung dieser Mittel für die frühkindliche Bildung ausgesprochen. Lassen Sie uns auch unter veränderten Vorzeichen weiter gemeinsam gegen die fehlgeleitete familienpolitische Maßnahme Betreuungsgeld kämpfen. Zeigen Sie den Bürgerinnen und Bürgern in Brandenburg, dass Sie zu Ihrem Wort stehen und dies nicht von Koalitionsverhandlungen oder Vereinbarungen auf anderen politischen Ebenen abhängig machen. Das Thema ist heute genauso aktuell und das Betreuungsgeld genauso falsch wie am 6. Juni 2012. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie unserem vorliegenden Antrag mit einem klaren Nein zum Betreuungsgeld aus Brandenburg zu! - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Lieske hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kollegen! Lieber und wertgeschätzter Kollege Andreas Büttner, die anderen Punkte in eurem Antrag hast du einfach einmal leicht unter den Tisch fallen lassen. Die kann ich alle relativ gut mittragen, da gibt es gar keine Frage, wenn es zum Beispiel darum geht, einmal die Situation in der Bundesrepublik zu analysieren. Was das Thema der Kitaplätze betrifft, gehört Brandenburg zu den drei Ersten; wir haben die höchste Quote. Die Länder, die das Betreuungsgeld umgesetzt und schon eingeführt haben - wie Bayern,
Baden-Württemberg, leider auch Nordrhein-Westfalen - sind diejenigen mit den höchsten Fallzahlen beim Betreuungsgeld bis 25 000 Anträge. Bayern hat mittels einer großen Medieninitiative noch einmal alle im Lande wachgerüttelt, dass sie den entsprechenden Antrag stellen.
Wir müssen einmal in die Geschichte des Betreuungsgeldes zurückgehen. Ich gehe erst einmal nur bis 2009 zurück, und da möchte ich aus dem Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb zitieren:
„Um Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen, soll ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro, gegebenenfalls als Gutschein, für Kinder unter drei Jahren als Bundesleistung eingeführt werden.“
Im April 2012 gab es die heiße Debatte, die du auch angesprochen hast, im Zuge derer auch wir uns im Landtag Brandenburg - andernorts - zu diesem Thema verständigt haben. All deine Argumente, die du gegen das Betreuungsgeld hier angeführt hast, trage ich weiterhin voll mit. Ich bin immer noch keine Freundin des Betreuungsgeldes, sondern sage: Das Geld wäre sicherlich besser für den Ausbau von Plätzen für die Betreuung von Kindern von null bis sechs Jahren genutzt, keine Frage.
Aber Herr Kubicki - er ist auch heute noch, glaube ich, ein sehr anerkanntes Mitglied eurer Partei - hat noch einmal darum geworben, diese Verpflichtung, die man im Koalitionsvertrag eingegangen ist, auch zu erfüllen. Und man darf dann auch nicht das Thema der Verfassungsmäßigkeit noch einmal infrage stellen. So etwas muss einem früher einfallen, so O-Ton von Herrn Kubicki.
Am 6. Juni 2012, lieber Andreas, haben wir uns dann auf dem Brauhausberg dazu verständigt. Ich möchte dich auch noch einmal zitieren, weil du dir ja treu geblieben bist.
„Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach Überzeugung meiner Fraktion ist das Betreuungsgeld verzichtbar, und wenn man es einführen will, dann soll man es bitte im Freistaat Bayern einführen. Millionen Familien und Steuerzahler für eine krude Familienpolitik der CSU in Haftung zu nehmen ist das Letzte, was unser gesamtes Land und was auch Brandenburg benötigt.“
Am 09.11.2013 war die Überschrift zu lesen: „Schwarz-Gelb drückt Betreuungsgeld durch“. Die Entscheidung im Bundestag wurde getroffen mit 91,4 % der Stimmen aller FDPBundestagsabgeordneten und mit 100 % Stimmenanteil der Brandenburger Abgeordneten der FDP.
CDU/CSU und FDP führten das Betreuungsgeld ein. Mittlerweile liegen 100 000 Anträge vor. Nun kommt die FDP mal
schnell von hinten durch die Brust ins Auge und sagt: Jetzt seid ihr gefordert! Schafft es jetzt ab!
Wir können ja in den Koalitionsvertrag schauen. Du hast sicherlich jede Seite gelesen und - genauso wie ich - nicht ganz so viel zu dem Thema gefunden, außer im Vorwort. Aber im Vorwort steht genau das Entscheidende: Wir wollen 6 Milliarden Euro mehr ausgeben, um die Kommunen zu entlasten und um Wissenschaft, Kita und Ganztag in der Schule zu fördern. Das sind genau die Dinge, die du sonst einforderst, aber hier gar nicht mehr erwähnt hast. Du hast nur noch über das Betreuungsgeld gewettert, das ihr mit eingeführt habt. Ganz traurig!
Wenn wir uns die Bilanz der Kita-Entwicklung in Brandenburg ansehen, stellen wir fest: Qualitäts- und Quantitätsentwicklung können sich sehen lassen. Was das Thema Qualitätsverbesserung angeht, so ist das noch nicht der Weisheit letzter Schluss gar keine Frage. Aber dieser Antrag, der uns hier zu später Stunde am heutigen Tag vorliegt, ist so etwas von durchsichtig und scheinheilig, wenn es um die Beteiligung Ihrer eigenen Partei, der FDP, auf Bundesebene geht.
Es tut mir leid, aber wir können dem Antrag damit nicht zustimmen, obwohl wir alle anderen Punkte, die du beschrieben hast, natürlich genauso sehen. Wir wollen eine moderne Familienpolitik, und wir wollen die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Beruf. Daran arbeiten wir weiterhin. Auch mit dem Programm, das jetzt vereinbart worden ist, ist das möglich.
Es wird voraussichtlich ein drittes Ausbauprogramm geben. Wir werden entsprechend Geld in die Hand nehmen, um die frühkindliche Bildung genau dort zu stärken, wo wir es für besonders wichtig halten: in den Kitas.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Lieske. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der CDU-Fraktion. Frau Abgeordnete Blechinger hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Haltung der CDU-Fraktion zu dem vorliegenden Antrag hat die Abgeordnete Frau Schulz-Höpfner in der Plenardebatte am 6. Juni 2012 ausführlich dargelegt, nachzulesen im Plenarprotokoll. Ich habe ebenfalls - im Rahmen einer Kurzintervention meine Auffassung dazu dargelegt. Der Antrag wurde damals von anderen Fraktionen eingereicht, heute von der FDP-Fraktion. Was hat sich seitdem geändert? Die FDP ist nicht mehr im Bundestag vertreten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP, was bezwecken Sie mit diesem Antrag? Wollen Sie jetzt der SPD ihren vermeintlichen Gesinnungswandel vorhalten, sie öffentlich vorführen? Brauchen Sie eine Belehrung, eine Lehrstunde, was das Wesen der parlamentarischen Demokratie ist? Dass das auch heißt, Kompromisse zu schließen? Und dass dazu in einer Koalition vielleicht auch gehört, das mitzutragen, was man vorher kritisiert hat? Ich muss sagen: Das kann es doch nicht sein.
Dazu stehen auch wir. Das bedeutet, dass man in einer Koalition Dinge mitträgt, die man sonst vielleicht nicht mittragen würde. Der FDP passiert natürlich so etwas nicht - oder sagen wir: in Brandenburg nicht.
Noch eine Bemerkung an die Damen und Herren von den Linken zum gestrigen Tag: Vor 25 Jahren war das Singen der Nationalhymne verboten. Heute ist es erlaubt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrter Kollege Büttner, erst einmal sage ich - das ist positiv -, dass es in diesem Land eine FDP gibt, die auch gegen das Betreuungsgeld ist. Sie reihen sich damit in die Fraktionen ein, die das schon immer gesagt und gemeinsam einen Entschließungsantrag mit der schon erwähnten Drucksachennummer 5/5457 eingereicht haben.