Protokoll der Sitzung vom 26.02.2014

(Lachen der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

- Ja, so ist es, liebe Margitta Mächtig. Denn bis in die 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts war es selbstverständlich möglich, den Rehbock auch im Winter zu jagen. Erst in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es dann mit dem damaligen Reichsjagdgesetz - heute heißt es Bundesjagdgesetz - eine Bestimmung, mit der das nicht mehr möglich war. Und so ist es bis zum heutigen Tage in Brandenburg, mit den Böcken ist am 15. Oktober Schluss.

Jetzt könnte der eine oder andere von Ihnen fragen: Warum ist das so? - Da muss ich Sie enttäuschen: Ich weiß es nicht. Es kann Ihnen auch niemand aus wildbiologischer Sicht beantworten, warum das so ist. Im Gegensatz zum weiblichen Wild da ist es anders - ist es beim männlichen Wild völlig wurscht,

wann Sie es erlegen. Der einzige Grund, der vorstellbar wäre das haben auch schon einige Kollegen gesagt -, ist, dass jener Rehbock im Winter dummerweise kein Gehörn mehr auf dem Kopf hat. Damit eignet er sich natürlich nicht besonders,

(Zuruf: Als Trophäe!)

- genau -, um ihn vielleicht an die Wand zu hängen. Das wäre der einzige Grund, den man noch finden könnte, aber das ist natürlich kein inhaltlicher Grund.

Es ist in der Tat aus einer Reihe von Gründen sinnvoll, sowohl das männliche als auch das weibliche Rehwild im Winter zu jagen, ohne es erst - wie es der Jäger so schön sagt - „ansprechen“ zu müssen, um festzustellen, um welches Stück es sich handelt. Das ist aus vielerlei Gründen sinnvoll. Das ist aus ökonomischen Gründen sinnvoll, weil damit eine effizientere Jagd möglich wird. Das ist übrigens auch aus ökologischen Gründen sinnvoll, weil mit der Reduzierung der Wildbestände mehr Vielfalt in die Wälder kommt. Von daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, macht diese Regelung Sinn.

Ich will zudem auf eines hinweisen: Niemand ist wegen dieses Gesetzes verpflichtet, einen Rehbock im Winter zu schießen. Man kann den Finger auch einfach gerade lassen; das sei für alle gesagt, die vielleicht ein Problem damit haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will ergänzend sagen, warum ich es für so wichtig halte, dass wir zu dieser Gesetzesänderung kommen, über die man seit den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts immer wieder - teils heftigst - diskutiert. Es ist auch deshalb so wichtig, weil wir hier nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch der Vertreter des größten Waldeigentümers - nämlich des Landeswaldes - in Brandenburg sind. Wenn wir dem Landeswald - was ich für richtig halte - ehrgeizige ökonomische und ökologische Ziele setzen, dann müssen wir auch die Voraussetzungen schaffen, effizient zu jagen, denn die Jagd hat im waldbaulichen Kontext eine dienende Funktion, und das ist richtig und wichtig.

Auf einen Punkt möchte ich abschließend noch kritisch hinweisen. Lieber Herr Minister, den Halbsatz im Gesetz, der beinhaltet, diese Regelung von der Jagdart abhängig zu machen, halte ich für falsch. Darüber sollten wir im Rahmen der Anhörung noch einmal reden, weil ich glaube, dass diese Differenzierung keinen Sinn macht.

Und so will ich mit einem jagdlichen Vergleich enden: Die rotrote Landesregierung ist auf der Nachsuche nach einem angeschossenen Keiler. Sie ist auf der richtigen Fährte. Nun könnte es passieren - und das ist gefährlich, ich habe es schon selbst erlebt -: Man kommt im dichten Unterholz bei dem weidwund geschossenen Keiler an und stellt fest, man hat die großkalibrige Büchse auf dem Rücken und die kleinkalibrige Munition in der Tasche. Das ist dann eine ganz blöde Situation.

(Lachen der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

Deshalb ist mein Appell: Sorgen Sie dafür, dass der eine Halbsatz herauskommt. Dann ist das die vollendete Vernunft des Ministers Vogelsänger. - Vielen Dank.

(Beifall FDP sowie Heiterkeit bei der SPD und der Frak- tion DIE LINKE)

Herr Jungclaus, nun haben Sie das Wort.

Herr Präsident, bei dem Vergleich hätte mich natürlich noch interessiert, wer von der Regierung bei der Nachsuche den Schweißhund spielt.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der FDP)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Gäste! Wenn man sich unser reichlich mit Wald gesegnetes Land anschaut, fällt vor allem eines auf: Die Kiefer dominiert, eine Strauchschicht mit jungen Bäumen ist meist nur spärlich ausgeprägt und gezielte Waldumbaumaßnahmen scheinen eher die Seltenheit als die Regel zu sein.

Wir sind zurzeit also alles andere als auf einem guten Weg, unsere Wälder fit für den Klimawandel zu machen. Das Ergebnis verwundert aber nicht, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Brandenburg eines der wildreichsten deutschen Bundesländer ist und den Anstieg der Population etlicher Wildtiere kaum in den Griff bekommt.

Die Landesregierung schreibt in ihrem Gesetzentwurf selbst, dass eine Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Schutzmaßnahmen an vielen Stellen nicht mehr möglich ist. Es wird vom Wild schlichtweg alles weggeknabbert.

Die Problematik des hohen Wildbestandes für den Naturschutz insgesamt, aber auch für die Landwirtschaft bleibt allerdings weitgehend unerwähnt bzw. im Entwurf etwas unterbelichtet. Uns verwundert es schon, dass der vorliegende Gesetzentwurf angesichts der vielfältigen Problematik, die darin steckt, so dünn ausfällt. Wenn ich allerdings die Argumentation in der heutigen Diskussion zum Klimaschutzgesetz noch einmal aufgreife, sind wir ja froh, dass da überhaupt noch Initiativen in Richtung Gesetzentwürfe gehen, weil die Zeit ja angeblich schon zu knapp ist.

Der vorliegende Entwurf steuert im Wesentlichen nur in einem Punkt nach: bei der Bejagungsintensität des Rehwildes. Die hier vorgesehene Möglichkeit der Verlängerung der Jagdzeiten für Rehwild, besonders Rehböcke, wird von uns begrüßt, können doch hiermit Unsicherheiten und Ordnungswidrigkeiten der Jägerschaft aus dem Weg geräumt werden. Eine herbstliche Bejagung des Rehwildes wurde in der Vergangenheit durch die Schonzeit für Rehböcke ab dem 15. Oktober erschwert. Dass sich die Befürchtungen von Teilen der Jägerschaft, dass jetzt zu viele Rehböcke geschossen würden, nicht bestätigt haben, zeigen die Erfahrungen, die bei einzelfallbezogenen Schonzeitaufhebungen im Land Brandenburg gesammelt wurden. Hier sollten wir über Vor- und Nachteile einer weiteren Synchronisierung der Jagdzeiten für männliches und weibliches Rehwild diskutieren, natürlich mit dem Ziel, den Rehbestand zu verringern.

Die Rehwildstrecke hat sich innerhalb der letzten 40 Jahre nahezu verdoppelt. Demnach erscheint uns auch die neue Regelung, für Rehe Mindestabschusspläne zu erstellen, mehr als geboten. Dass jedoch diese beiden Änderungen allein den zu hohen Wildbestand einzudämmen vermögen, bezweifle ich.

Wir begrüßen es, das Thema im Rahmen einer Anhörung im Ausschuss näher zu beleuchten und die Positionen von Jägerschaft, Forst- und Landwirtschaft sowie Naturschutz kennen zu lernen.

Allein hätten wir Schwierigkeiten gehabt, diese Anhörung zu beantragen. Insofern freue ich mich über die Ankündigung, dass das seitens der CDU genauso gesehen wird. In der Anhörung sollten wir dann beispielsweise auch über verstärkte Drückjagden statt Einzeljagd, Kirrung und auch Nachwuchsförderung von Jungjägern diskutieren.

Die vorgesehenen Änderungen des Waldgesetzes hinsichtlich der Klassifikation der Waldbrandstufen sind eher redaktioneller Art. Ich denke, dass es zu diesem Punkt kaum Diskussionsbedarf geben wird. Allerdings würden wir eine umfänglichere Diskussion zum Waldgesetz als Ganzes im Ausschuss begrüßen.

Zum Änderungsvorhaben bezüglich des Landesentwicklungsgesetzes sehen wir keinen großen Diskussionsbedarf und begrüßen die vorgeschlagene Regelung, dass Widersprüche bei Flurbereinigungsverfahren künftig auch schriftlich eingereicht werden.

Ich freue mich auf eine weitergehende Diskussion, insbesondere zur Wald-Wild-Problematik, in den Ausschüssen. Einer Überweisung stimmen wir selbstverständlich zu.

(Beifall B90/DIE GRÜNEN)

Herr Luthardt macht den Abschluss für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich schleiche mich hier durchs Unterholz an und werde zum Schluss auch noch meine Gedanken zu diesem Thema präsentieren. Wir haben es schon gesehen: Die Jagd ist ein Thema, bei dem die Emotionen ziemlich hochkochen und es rationale Argumente oft schwer haben. Doch lassen Sie mich jetzt versuchen, die Änderungen des Jagdgesetzes - das diskutieren wir jetzt hier im Wesentlichen - noch einmal ganz rational zu betrachten. Den Versuch ist es immerhin wert.

Eine meiner ersten Aktionen als Mitglied der Landtagsfraktion DIE LINKE war folgende: Ich habe meinen Kolleginnen und Kollegen am Döllnsee in der Schorfheide gezeigt, welchen Einfluss das Rehwild auf die Waldvegetation und speziell die Baumartenverjüngung hat. Ich weiß nicht, wer sich daran erinnert; es waren ja einige dabei. Wir sahen: Fast alle kleinen Eichen, die dort unter den Kiefern standen, waren verbissen.

Der Schaden, den wir in diesem Fall in unserem Landeswald sahen, war tatsächlich unübersehbar. Davon können natürlich auch viele Waldeigentümer ein Lied singen.

Wenn unsere Hauptbaumarten nur hinter Maschendraht eine Chance zum Wachsen haben, dann ist etwas faul im Staate Brandenburg. Die volkswirtschaftlichen Schäden gehen in die Millionen.

Auch die Jagdstrecken - das heißt, die Zahl der erlegten Tiere sprechen eine eigene Sprache. Waren es im Jahr 1990 noch 41 300 Stück Rehwild, so sind es im Jahr 2013 bereits 73 900, was nahezu eine Verdopplung seit 1990 ist. Das lässt erahnen, wie viel Rehwild es wirklich im Wald gibt.

Wie können wir dieses Problem nun lösen? Das, was wir jetzt mit diesem Gesetz diskutieren, ist natürlich nur eine Möglichkeit - Michael Jungclaus sagte es schon -, aber eine sehr wichtige, denke ich.

Wir müssen eine Vereinbarung treffen. Zudem muss die Ausräumung von bürokratischen Hindernissen auf jeden Fall umgesetzt werden. Und die obere Jagdbehörde muss in die Lage versetzt sein, die Jagdzeiten - insbesondere für das Rehwild zu regeln.

Es wurde bereits gesagt, dass der Rehbock im Oktober/November sein Geweih abwirft und sich dann im Grunde genommen nicht mehr von einer Ricke unterscheiden lässt, was immer wieder zu Fehleinschätzungen führt, vor allem bei Bewegungsjagden, bei denen das Wild hoch flüchtig ist, sodass man nicht weiß, ob es eine Ricke oder ein Bock ist, und man den Finger lieber gerade lässt. Das ist auf jeden Fall ein richtiger Schritt in diese Richtung.

Die Befürchtung, die diesbezüglich immer wieder auftaucht, dass das Geschlechterverhältnis dadurch zu Ungunsten der Rehböcke verändert werde, kann nicht nachgewiesen werden. Seit mehreren Jahren gibt es im Landeswald ein Projekt - die zielorientierte Jagd -, und anhand der daraus ersichtlichen Zahlen ist erkennbar, dass dem nicht so ist. Diese Befürchtung ist also unbegründet.

Die Aufgabe wäre eventuell durch eine effektivere und effizientere Jagd zu lösen, durch die die Reduktion insbesondere des Rehwildes vorgenommen werden kann. Zudem wollen wir natürlich eine gute Strecke machen; denn Rehwild bzw. das Wildbret ist auch sehr lecker.

(Beifall des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Vor allem ist es frei von all den schlimmen Dingen, die wir zum Teil aus der Tierhaltung kennen. Deshalb kann das alles nur gut sein.

Unsere Fraktion unterstützt natürlich diese Gesetzesänderung und ist auch dafür, dass wir den Entwurf in den Ausschuss überweisen. Dort wird es selbstverständlich noch einige Diskussionen geben, was sicherlich klar ist.

Ich muss hier aber auch noch einmal Folgendes sagen: Eine Verteufelung des Rehwildes, was uns immer wieder als „Schadwild“ genannt wird, ist auf jeden Fall damit nicht gemeint. Schließlich geht es auch um eine gute Rehwildpopulation in unserer Kulturlandschaft. Wir wollen das Rehwild nicht ausrotten oder wegschießen, sondern es geht auch darum, dass wir gutes Rehwild in unserer Landschaft haben.

Auch die Änderung des Waldgesetzes geht klar, selbst wenn damit ein kleines Stück der östlichen Mentalität abhandenkommt; denn einige von uns haben sicherlich noch das kleine Symbol des Eichhörnchens vor dem brennenden Wald mit den

Waldbrandwarnstufen von 0 bis 4 vor Augen. Das kennt wahrscheinlich jeder, zumindest stand es immer vor den Förstereien.

Nun werden wir die Waldbrandgefahrenklassen 1 bis 5 haben, aber diesen Verlust können wir, denke ich, verschmerzen. Zudem können wir darüber, wie gesagt, auch im Ausschuss diskutieren, wobei die Diskussion wahrscheinlich hauptsächlich über die Jagd geführt werden wird. Ich freue mich auf jeden Fall auf die Diskussion in den Ausschüssen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. - Die Redebeiträge sind damit erschöpft und wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 5/8508 an den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft - federführend - sowie an den Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Oder Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf überwiesen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Bericht des Landesrechnungshofes gemäß § 88 Absatz 2 LHO über die Prüfung des Energiemanagements für Landesliegenschaften