(Beifall SPD, DIE LINKE und des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE] - Senftleben [CDU]: Das gilt also für immer?)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lipsdorf, im Kleinen hapert es. Das hängt oftmals an Personen oder an der Struktur, auch in einem befreundeten Nachbarland, das - leider ein Zentralstaat ist und wo vieles über Warschau laufen muss, was im Kleinen wahrscheinlich viel besser funktionieren würde.
Der Landkreis Elbe-Elster - auch ich persönlich - hat 1999 einen Partnerschaftsvertrag mit dem Landkreis Naklo nad Noteciä unterschrieben. Nach jeder Kommunalwahl in Polen ist aber dort der Landrat - inklusive Sekretärin und Dolmetscher weg. Dort wird ein ganzes System ausgetauscht, und man fängt mit der Kleinarbeit immer wieder von vorn an. Das sind die kleinen Hürden, die man einfach kennen muss. Dennoch klappt es viel besser, als wir es manchmal verkaufen. Es klappt vor allem deshalb besser, weil Menschen auf beiden Seiten Interesse an einer solchen Partnerschaft zeigen.
Vorhin stand die Frage im Raum, wie wir der deutschen Wirtschaft vor Ort bei der Ansiedlung helfen können. Ich kann mitteilen: Der Wirtschaftsausschuss war in der letzten Wahlperiode in Warschau. An jedem Donnerstag treffen sich dort interessierte Wirtschaftsunternehmen aus der ganzen Welt; sie werden durch die Außenhandelskammer vor Ort unterstützt. Es funktioniert oft mehr, als in den Zeitungen steht; es funktioniert mehr, als wir hier wahrnehmen.
„Europa gestalten, Partnerschaft stärken“ - das ist eine Aufgabe, die nicht nur in der Ferne, weit weg, in Brüssel zu erledigen
ist, sondern wir müssen auch bei uns, vor Ort aktiv werden. Da können wir Brandenburger vieles in die Wege leiten. Wir haben aber auch schon Erfolgreiches geleistet und können auf eine gutnachbarschaftliche Zusammenarbeit mit Polen zurückblicken.
Nein, im Moment nicht. - Von einer Möglichkeit hat Ministerpräsident Dietmar Woidke anschaulich berichtet. Ja, es geht um die Stärkung des Deutsch-Polnischen Jugendwerks. Auch ich kann dieses Anliegen nur unterstützen. Der Ansatz, die Jugend miteinander in Begegnung zu bringen, damit aus Nachbarn Freunde werden, funktioniert, wie man am Deutsch-Französischen Jugendwerk sieht.
Bevor ich sagen konnte: „Ich bin eine Deutsche“ - in einem Diskurs mit einem Schulfreund meines Vaters, der mich nach der politischen Wende immer wieder darauf angesprochen hat -, konnte ich viel eher sagen: „Ich bin stolz, eine Europäerin zu sein.“ Warum? Weil ich ab 1963 - ich mache keinen Hehl daraus, ich war acht Jahre alt - eine Brieffreundschaft mit einem polnischen Bürger pflegte, der älter als mein Vater war, aber mit dem ich sehr viel Austausch hatte. Er durfte als polnischer Reiseleiter nach Japan fahren. Ich fand es total spannend, diese Welt einmal durch die Augen einer Person, die ich kannte, zu sehen. Im Jahr 1971 kam die Brieffreundschaft zu einer slowakischen jungen Frau gleichen Alters dazu. So habe ich die Geschichte dieser Länder begleitet.
Ich weiß noch wie heute, wie ich 1971 in Warschau im Ghetto stand und die Söhne meines Briefpartners mir ihre polnische Geschichte - anders als in unserem Geschichtsunterricht, also nicht verklärt - dargestellt haben. So war ich, später, auch an Solidarno´s´c interessiert. Noch heute hängt das Bild vom Kniefall Willy Brandts in Warschau in meinem Büro. Der Kniefall als Entschuldigung - zwar ohne Worte, aber mit einer ausdrucksstarken Geste. Da wusste ich, dass es richtig war, dass ich eher Europäerin war als Deutsche.
Willy Brandt - da sehe ich auch eine Verpflichtung. Wir alle tun gut daran, über das Gute immer wieder zu berichten. Ich glaube, über 100 verbindliche Städte- und Kreispartnerschaften sowie viele Schülerprojekte verdeutlichen, dass wir Interesse haben. Am Rande der diesjährigen Landesausstellung in Doberlug-Kirchhain wird auch ein Partnerschaftsvertrag unterzeichnet. Das Gymnasium Elsterwerda arbeitet gemeinsam mit polnischen Schülerinnen und Schülern und in Begleitung von Dr. Gustav Becker, der Ehrenbürger der polnischen Stadt Potulice geworden ist, die Geschichte des dortigen Lagers auf. Das sind Beispiele, die wir publizieren müssen. Ein weiteres Beispiel ist die Jugendolympiade, die am 30.06.2014 im Süden Brandenburgs - in Lauchhammer - Jugendliche aus vielen europäischen Ländern miteinander in Begegnung bringt. Solche Projekte sind wichtig, dort sind immer schon polnische Vertreterinnen und Vertreter dabei. Ich glaube, es ist sinnvoll, mehr Jugendaustausch, mehr Klassenfahrten und generell mehr Begegnung zu ermöglichen. Wir haben viele Möglichkeiten, diese Freundschaft auszubauen.
Nicht zu vergessen sind die polnischen Familien, die in die Grenzregion nach Brandenburg ziehen und damit brandenburgische Kommunen stabilisieren. In den dortigen Kitas und Grundschulen gibt es Zweisprachigkeit. Die Kinder wachsen gemeinsam auf, sie leben ohne Vorurteile die Begegnung. Das halte ich für sehr wichtig.
An der schon erwähnten Jugendolympiade nehmen junge Menschen teil, die im Arbeits- oder Ausbildungsprozess sind. Das ist die zweite Stufe, die Freizügigkeit, die wir in Europa haben, tatsächlich zu leben. Ich bin der festen Überzeugung, dass damit auch interkulturelle Kompetenz auf einem ganz anderen Niveau, nämlich auf freundschaftlicher Ebene, entwickelt wird. Jede Person ist von sich aus bereit, Sprachbarrieren abzubauen. Es ist wichtig, auf der Basis solch niederschwelliger Angebote ein stabiles Europa zu bauen. - Danke.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich möchte das Stichwort „Weimarer Dreieck“ aufnehmen, das Sie genannt haben. Ja, es war ein Zeichen, dass die Außenminister Frankreichs, Deutschlands und Polens in der Ukraine waren. Es wäre ein noch besseres Zeichen gewesen, wenn das „Weimarer Dreieck“ in den letzten Jahren nicht ein wenig eingeschlafen wäre. Deswegen bitte ich Sie: Setzen Sie ein Zeichen! Zeigen Sie nicht nur nach Berlin oder nach Brüssel! Setzen Sie ein Zeichen dafür, dass das „Weimarer Dreieck“ wiederbelebt wird!
Wir in Brandenburg haben am Standort Genshagen ideale Voraussetzungen, um uns als Akteur darzustellen. Herr Ministerpräsident, Sie sind jetzt als Beauftragter für die deutsch-polnische Zusammenarbeit in doppelter Verantwortung und können nicht - wie es SPD und Linke in der Vergangenheit gern getan haben - mit dem Finger nach Berlin oder Brüssel zeigen. Es reicht nicht mehr, „Macht mal!“ zu rufen, sondern Sie müssen jetzt derjenige sein, der macht.
Damit bin ich schon bei dem Antrag der Regierungsfraktionen. Die CDU-Fraktion wird sich zu diesem Antrag der Stimme enthalten.
Wir enthalten uns deswegen, weil wieder einmal viel Prosa auf den Tisch gelegt worden ist, ohne dass konkrete Handlungsempfehlungen oder Handlungsforderungen niedergelegt worden wären.
Wir wären mit Ihnen mitgegangen, wenn Sie nicht nur allgemein davon gesprochen hätten, was man alles tun müsse, sondern wenn Sie den Finger in die Wunde gelegt und konkret dargelegt hätten, wo es hapert.
Wo viel Sonne ist, ist leider auch Schatten. So gut die deutschpolnische Zusammenarbeit funktioniert, so müssen wir doch feststellen, dass in einigen Bereichen vieles im Argen liegt. Das ist heute mehrfach angesprochen worden. Das ist zwar nicht das Grundthema dieser Aktuellen Stunde, aber wenn ich mir den momentanen Zustand der inneren Sicherheit im deutsch-polnischen Grenzgebiet anschaue, dann wird mir angst und bange. Ich bin eine große Befürworterin der Freizügigkeit in Europa. Aber wir müssen auch endlich den Fakten in die Augen schauen und Handlungsempfehlungen nicht nur anmahnen, sondern wirklich umsetzen, um die Sicherheit und das Eigentum unserer Bürger in Brandenburg tatsächlich schützen zu können.
Wir sind nicht gegen die deutsch-polnische Zusammenarbeit, aber gegen die Prosa, die Sie in diesem Antrag vervielfältigen. Deswegen werden wir uns, wie gesagt, der Stimme enthalten. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Richstein, schade, dass Sie nicht zustimmen. Wem der Antrag zu prosaisch ist, der mag sich im Dichten üben; das wollten wir nicht. Wir sehen diesen Antrag als Bekräftigung unserer Vorhaben an. Selbstverständlich haben wir nichts Neues erfunden, aber wir setzen noch einmal Akzente. Deshalb ist das auch eine Selbstverpflichtung. Jeder darf darüber hinaus Initiativen ergreifen. Darüber sollten wir auch im Europaausschuss diskutieren, vielleicht konkreter als bisher.
Frau Kollegin Niels, ich finde, es ist eine gute Idee, über die Rolle der Partnerschaftsbeauftragten - wir haben zwei in Polen und eine in Rumänien - auch im Ausschuss noch einmal konkret zu diskutieren. Dabei muss es auch um die Probleme gehen bzw. um die Möglichkeiten, deren Arbeit besser umzusetzen oder besser wirksam werden zu lassen. Das ist ein Vorschlag, aus dem wir etwas machen sollten. Sie wissen auch, dass wir insoweit gemeinsame Interessen haben.
Einverstanden, solange das nicht von der Redezeit abgezogen wird. - Oh, Herr Petke, von Ihnen? Na, der Tag ist gelaufen! Toll!
Sie sprachen die Akzente des Antrages an, den Herr Ness und Frau Mächtig unterschrieben haben. Ich darf dazu einmal von Seite 5 zitieren und Sie fragen, wo dort der Akzent zu finden ist:
„Weiterhin sind die Bemühungen voranzutreiben, bestehende grenzüberschreitende Präsenz- und gemeinsame Ermittlungsgruppen einzurichten.“
Etwas, was besteht, kann man nicht einrichten! Ich denke Kollegin Richstein hat darauf hingewiesen -, Sie widersprechen sich. Es ist nicht logisch, es ist kein Akzent.
Meine konkrete Frage: Worin besteht der Sinn, wenn Sie bestehende grenzüberschreitende Präsenz und gemeinsame Ermittlungsgruppen einrichten wollen?
Ich bin dafür, dass wir jede Kritik annehmen, die auf Widersprüche hinweist. Lassen Sie uns das besser formulieren. Der Ministerpräsident hat bereits darüber gesprochen, dass bei der Polizei die notwendigen Angelegenheiten geregelt werden. Er war der Meinung, wir wollen das Abkommen endlich.
- Möglicherweise hat er es nicht gelesen. Das mag man ihm verzeihen; er war unterwegs. Aber ich bin froh, dass Sie das so genau lesen. Da bin ich wirklich froh.
Ich bin dann wieder bei meinem Redetext. - Sie von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder Frau Richstein haben gefragt, was die Regierung bzw. die Politik für die grenzüberschreitenden Regionen machen kann. Wir haben Rahmenbedingungen zu setzen. Ich finde, wesentlich eher sowie klarer - auch in inhaltlicher Hinsicht - ist das Parlament in die Vorbereitung auf die EU-Förderperiode und die Erarbeitung der Operationellen Programme einbezogen worden. Da haben wir über die Jahrzehnte auch gelernt und das sollten wir weiter so machen. Ich finde, dass Brandenburg dort gut dasteht und auch die Fristen einhält, ist in Ordnung.
Was die Oder-Partnerschaft betrifft, so ist diese keine UnterAG der Deutsch-Polnischen Regierungskommission, sondern ein Netzwerk.
Da läuft eine Menge. Mit den grenzüberschreitenden Programmen und Fördertatbeständen, die wir behalten wollen, machen
wir bei der Vorbereitung für den Ausbau dieses Netzwerks mit. Was sein weiteres Funktionieren betrifft, sind wir selbst gefragt.
Ich möchte nur, weil Herr Dombrowski es angesprochen hat, etwas richtigstellen - bitte geben Sie mir die Möglichkeit, Herr Präsident -: Ich habe mit einem Augenzwinkern auf die Aufschrift des Schlosses „Dies ist kein Schloss“ und auf den Lebensraum sowie das Verbindende an der Oder verwiesen und vorgeschlagen, dort Schilder aufzustellen mit der Aufschrift „Dies ist keine Grenze.“ Sehr geehrter Herr Dombrowski, nehmen Sie dies bitte nicht als Ansage neuer Grenzstreitigkeiten. Ich beantrage dann die Aufnahme der Klammerbemerkung „Augenzwinkern“ ins Protokoll. - Vielen Dank.