Ich möchte nur, weil Herr Dombrowski es angesprochen hat, etwas richtigstellen - bitte geben Sie mir die Möglichkeit, Herr Präsident -: Ich habe mit einem Augenzwinkern auf die Aufschrift des Schlosses „Dies ist kein Schloss“ und auf den Lebensraum sowie das Verbindende an der Oder verwiesen und vorgeschlagen, dort Schilder aufzustellen mit der Aufschrift „Dies ist keine Grenze.“ Sehr geehrter Herr Dombrowski, nehmen Sie dies bitte nicht als Ansage neuer Grenzstreitigkeiten. Ich beantrage dann die Aufnahme der Klammerbemerkung „Augenzwinkern“ ins Protokoll. - Vielen Dank.
Wir kommen jetzt zur Restredezeit der Landesregierung; da sind noch eineinhalb Minuten übrig. Diese erhält Herr Minister Christoffers.
Zunächst einmal bedanke ich mich, dass alle Fraktionen, alle Parteien sich zur Zusammenarbeit mit Polen bekannt haben. Sehen Sie es mir nach: Wenn jeder einen Wettstreit darum führt, wer der Beste ist, dann kann das der Zusammenarbeit nur nutzen, und es hilft uns allen. Insofern ist sowohl Zustimmung als auch Kritik der Zusammenarbeit sehr zuträglich.
Zweitens: Die gegenwärtige und zukünftige Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Polen fällt natürlich auch in eine Zeit, wo wir grundlegende Entscheidungen zur Integration im europäischen Prozess treffen werden. Insofern ist es vielleicht auch im Zusammenhang mit dem Weimarer Dreieck zu sehen, dass hier Geschichte, Wettbewerb, Konkurrenz und gemeinsame Interessenlagen von Staaten wie Frankreich, Deutschland und Polen eine Rolle spielen, die zu gemeinsamen inner- wie außereuropäischen Aktionen fähig sind. Dies ist ein Beispiel dafür, wie wir gemeinsam auch den Integrationsprozess in Europa vorantreiben können. Insofern gehe ich davon aus, dass das Weimarer Dreieck nicht nur weitere Akzente setzen wird, sondern es ist im Integrationsprozess von Europa dringend notwendig und wird sich weiter ausprägen. Dabei spielt die grenzüberschreitende Kooperation zwischen Brandenburg und Polen natürlich eine herausragende Rolle.
Meine Damen und Herren, am 10. April tagt die Deutsch-Polnische Regierungskommission. Dort wird eine Reihe von Fra
gen behandelt werden, die heute aufgeworfen worden sind von Verkehrsabkommen bis hin zu weiteren Infrastrukturprojekten.
Ich darf aber an einen Punkt erinnern: Brandenburg und Deutschland insgesamt ist immer nur ein Partner. Wir können nicht von der Gleichberechtigung von Interessenslagen reden, wenn wir selbst nicht bereit sind, zu akzeptieren, dass auch andere Partner zum Finden bzw. Definieren von eigenen Interessen Zeit brauchen, was wir nicht beschleunigen können. Insofern wünschen auch wir uns eine beschleunigte Arbeit der Deutsch-Polnischen Regierungskommission. Ich gehe davon aus, dass diese - hoffentlich - in der nächsten Zeit zu einer Reihe von grundlegenden Entscheidungen kommen wird.
Projekte im Rahmen der Oder-Partnerschaft finden auch im 1. Halbjahr dieses Jahres statt. Das erste Vorbereitungstreffen dazu beginnt morgen. Ich gehe davon aus, dass sich der politische Rahmen der Zusammenarbeit in diesem Bereich weiter bewähren wird. Denn neben unmittelbaren, konkreten Projekten bleibt der politische Austausch im Rahmen der Oder-Partnerschaft eine Klammer, die zwingend notwendig ist.
Frau Niels, wenn Sie gestatten, noch eine Bemerkung: Nach meiner Kenntnis ist die Tagesordnung im Europaausschuss zu rund 95 % durch Informationen des MWE geprägt. Wenn das nicht ausreichend sein sollte, bin ich gerne bereit, das weiter auszuprägen. Sofern es da noch Informationsbedarf gibt, werden wir dem gern nachkommen.
Zweitens: Wir haben im Rahmen der Gestaltung der INTERREG-Programme die Abstimmung mit Polen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern so gut wie beendet. Im Mai wird dieses Programm auch den Abgeordneten zugeleitet werden. Sie werden dann erkennen, dass all das, was wir auf regionaler Ebene grenzüberschreitend wahrgenommen haben, dort im Rahmen der Möglichkeiten mit aufgenommen worden ist und dass versucht wird, es umzusetzen.
Meine Damen und Herren, ich wünsche uns bei der Ausgestaltung der so wichtigen polnisch-brandenburgischen Beziehungen weiter gemeinsam viel Erfolg. Ich gehe davon aus, dass das auch in Zukunft ein Schwerpunkt der politischen Gestaltung von Landesregierung und Parlament ist. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Da uns das Thema offensichtlich weiter begleiten wird, geht das Schlusswort zur heutigen Debatte jetzt noch einmal an die Abgeordnete Frau Hackenschmidt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, ich bin der Überzeugung, dass wir alle gemeinsam die Chancen, die sich uns bieten, am Schopfe packen müssen. Es geht darum, bei uns in der Region - hier - anzufangen, damit wir gemeinsam mit unseren Nachbarn Lösungen für regionale und grenzüberschreitende Schlüsselprobleme finden, und zwar konkret für die Menschen in der ganzen Region - sowohl auf unserer wie auch auf polnischer Seite.
Ich möchte noch einmal explizit auf die europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit und das damit verbundene Themenspektrum kommen. Es ist wichtig, ausländische Berufsabschlüsse möglichst einfach und realitätsnah anzuerkennen. Insoweit ist bei uns im Land schon einiges auf den Weg gebracht worden; in der Anwendung sind natürlich weitere Verbesserungen möglich. Es geht auch darum, die Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung zu verbessern. Ich denke da an die schon bestehende Zusammenarbeit von Verwaltung, Industrie- und Handelskammern sowie Bildungseinrichtungen in beiden Ländern.
Zu Ihnen, Herr Senftleben: Ja, ich war schon des Öfteren in Polen unterwegs, um genau dieses Know-how, beispielsweise aus der Hotel- und Gastronomiebranche, zu transportieren, um Fremdsprachenkompetenz und internationale Kompetenz hier noch weiter einbringen zu können.
Wir müssen noch stärker die Chance nutzen, die wir in der Grenzregion haben, wenn es darum geht, Jugendlichen bei Ausbildung und Beschäftigung Perspektiven zu bieten. Es geht auch darum, Erfahrungen zu sammeln. Ich denke an den Austausch von Auszubildenden, Ausbildern und Berufsschullehrern in den Grenzregionen über EU-Programme. Auch das hilft, dass die Grenzregionen noch stärker zusammenwachsen.
Ich glaube, für dieses wichtige Zusammenwachsen ist die erste Voraussetzung immer das Verstehen. Dazu ist es notwendig, die Geschichte gemeinsam aufzuarbeiten. Ich kann Sie nur darin bestärken, das Friedenszentrum Kreisau zu nutzen. Denn im polnischen Grenzgebiet zu Brandenburg befinden sich Familien aus anderen Regionen, die ebenfalls vertrieben wurden. Das verbindet uns. Unsere deutschen Familien sind damals vertrieben worden und andere, polnische sind dort eingesetzt worden. Nachdem mein Vater den Krieg überlebt hatte, war ich 1991 in Deutsch Krone. Die Leute dort vor Ort konnten mit dem Kriegsgeschehen nichts anfangen, weil sie erst danach dort hingekommen sind. Sie können daher auch die Geschichte dieser Orte nicht aufarbeiten. Viele sind heutzutage dazu bereit, darüber zu reden. Das war 40 Jahre lang nicht der Fall.
Sie sind dankbar, dass man hier Gesprächsangebote macht. Ich kann Sie nur ermutigen, diese Chancen zu nutzen. Ich bin immer wieder überrascht, mit welcher Offenheit dort vor Ort Probleme angesprochen werden.
Ich will auf Potulice zurückkommen: Als wir das erste Mal mit Landkreisvertretern dort waren, wollte die Dorfgemeinschaft nicht darüber sprechen. Dort gab es ein Lager, und später hat man den Ort, an dem die Leichen lagen, als Mülldeponie benutzt, um nicht darüber reden zu müssen. Ein Pole und ein Deutscher, Dr. Gustav Bekker, die beide als Jungen dort inhaftiert waren, haben gemeinsam das Thema Widerstand mithilfe der Jugendlichen aufgebrochen und diese Geschichte aufgearbeitet. Dort gibt es nun ein Kreuz auf einem Acker, auch ein Gedenkstein ist aufgestellt worden. Es gab zuvor schon einen Gedenkstein auf dem Friedhof, den auch unser früherer Landtagspräsident besucht hat - mit Herbert Knoblich war ich dort. Dieses Projekt ist auf Initiative zweier früher inhaftierter junger Männer, die ihre Geschichte heute dort mit Jugendlichen aufarbeiten, entstanden. Das sind Projekte, die erwähnenswert sind. Auch daran wird deutlich, dass wir auf dem Weg zur Ver
söhnung sind und dann auch die alltäglichen Probleme dort gemeinsam bearbeiten können. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Damit ist die Redeliste erschöpft, und wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag, Drucksache 5/8593. - Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? Bei einer merklichen Anzahl von Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich angenommen worden.
Wir beginnen mit zwei Fragen, die sich mit dem gleichen Thema beschäftigen und deshalb gemeinsam beantwortet werden sollen. Als Erstes stellt die Abgeordnete Lehmann die Frage 1508 (Bezahlbare Haftpflichtversicherung für Hebam- men sichern).
Aktuellen Medienberichten ist zu entnehmen, dass ab dem Sommer 2015 freiberuflich tätige Hebammen in Deutschland keine Haftpflichtversicherung mehr haben. Die Nürnberger Versicherung hat verkündet, dass sie zum 1. Juli 2015 aus den beiden letzten verbliebenen Versicherungskonsortien für Hebammen aussteigen will. Sowohl beim Deutschen Hebammenverband (DHV) als auch beim Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD) ist offen, wer die Hebammen dann noch versichern wird.
Nach einer Information des Deutschen Hebammenverbandes e. V. blieben zahlreiche Anfragen bei alternativen Versicherungsunternehmen im In- und Ausland bisher erfolglos. Für die Hebammen würde dies das berufliche Aus bedeuten, denn ohne Versicherung dürfen sie nicht arbeiten.
Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, um eine bezahlbare Haftpflichtversicherung für die Hebammen zu sichern?
Zum gleichen Thema stellt der Abgeordnete Büchel die Frage 1509 (Haftpflichtversicherung für Hebammen).
Frau Kollegin Lehmann hat den Sachverhalt schon geschildert. In diesem Kontext möchte ich deutlich machen, dass im Koalitionsvertrag der Bundesregierung die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe sowie eine angemessene Vergütung der Hebammen benannt sind.
Daher frage ich die Landesregierung, wie sie sich - unter Berücksichtigung der beiden Problematiken - dazu positioniert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Sylvia Lehmann und Marco Büchel, für die Fragen. Es ist wirklich so - die Presse hat es schon ausführlich widergespiegelt -: Der Ausstieg der Nürnberger Versicherung aus den Konsortien, bei denen sich Hebammen versichern können, hat dramatische Folgen. Insbesondere geht es da - man muss es ganz klar sagen - um die Existenz bzw. den Fortbestand der Berufsgruppe freiberuflicher Hebammen.
Was ist passiert? In Deutschland gab es in den vergangenen Jahren nicht mehr Geburtsschäden als früher - die Zahl ist nicht angewachsen -, aber Behandlung und Pflege nach schweren Komplikationen werden vielfältiger, andauernder und damit kostenintensiver. In der Geburtshilfe entstehen verhältnismäßig wenige, aber dafür große Schäden: 90 % der Schäden haben ein Schadensvolumen von über 100 000 Euro. - Das sind die Fakten. Es ist schon bedauerlich, dass wir hier über das Geld reden müssen; denn es stecken immer persönliche Schicksale dahinter. Aber genau darum geht es. Von 2003 bis 2012 sind die Kosten für schwere Geburtsschäden um fast 80 % gestiegen. Unterläuft bei einer Geburt ein Fehler, wodurch das Kind schwer geschädigt wird, leistet der Versicherer heute im Durchschnitt 2,6 Millionen Euro. Hier muss eine Lösung her, und - da sind wir uns einig, die Rahmenbedingungen sind so - das muss eine bundesweite Lösung sein.
Neben der weiteren Anpassung der Hebammenvergütung mit Blick auf steigende Prämien müssen auch andere Finanzierungsoptionen in Betracht gezogen und entwickelt werden. Ich glaube, das herkömmliche System ist so nicht weiter zu tragen. Mehrere Vorschläge sind in der Diskussion, unter anderem ist der Regressverzicht der Sozialversicherungsträger bei Personengroßschäden angesprochen worden. Die Hebammenverbände haben vorgeschlagen, eine gesetzliche Haftungsobergrenze für die Forderung der Sozialversicherungsträger einzusetzen, also zu kappen und ab einer bestimmten Größenordnung sozusagen eine Staatshaftung einzuführen. Die Hebammenverbände haben ferner vorgeschlagen, einen Fonds einzurichten, der entweder über Steuergelder oder über Zahlungen der Sozialversicherungsträger finanziert wird. Es gibt also eine Reihe von Finanzierungsvorschlägen, und eine staatliche Kofinanzierung - da sind wir uns in der Beantwortung der Frage, was zu tun ist, sicher - sollte in der weiteren Diskussion und Beratung dazu kein Tabu mehr sein. Am Freitag der vergangenen Woche haben sich SPD-, Grünen- und Linke-Gesundheitsminister getroffen und darauf aufmerksam gemacht, dass genau hier Handlungsbedarf besteht - somit war der Verweis auf die Koalitionsvereinbarung durchaus berechtigt.
Im Bundesgesundheitsministerium arbeitet seit mehreren Jahren die interministerielle Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe“, und just in dieser Woche will Herr Gröhe einen Bericht vorlegen, in dem steht, was er vorschlägt. In dieser Arbeitsgruppe haben unter seiner Federführung auch die Hebammenverbände, die Versicherungswirtschaft und die zuständigen Bundesministerien mitgearbeitet.
Der Abschlussbericht wird uns erreichen, und dann können wir gemeinsam eine Bundesratsinitiative, eine gesetzliche Regelung oder etwas anderes ins Auge fassen. Das wird noch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen. Ich denke, dass die Interessenlagen da unterschiedlich sind. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich mit den Frauen vom Brandenburger Landesverband der Hebammen seit Jahren in Kontakt stehe und demnächst wieder ein Gespräch mit der Landesvorsitzenden führen werde, dann auch in Meinungsbildung über den Bericht des Bundesministers. - Vielen Dank.
Frau Ministerin, die Hebammen bestätigen übrigens, dass sie sich bei Ihrem Ministerium wirklich gut aufgehoben fühlen. Ich möchte zwei Fragen nachschieben.
Die erste: Dieser jetzige Zustand ist ja politisch gemacht - und deshalb umso peinlicher. Die Hebammen wurden 2007 aus der bundesweiten Gebührenordnung in die Selbstverwaltung entlassen, und ihnen wurde zugesagt, dass sie auch bei der Aushandlung einer gerechteren und angemessenen Gebührenvereinbarung mit den gesetzlichen und den privaten Krankenkassen politische Unterstützung erhalten. Ist das im Rahmen dieser Debatte für Sie ein Thema? Verfolgen Sie das weiter, und sehen Sie da auch die Möglichkeit zu Verbesserungen? Denn ganz klar ist: Die Arbeit, die die Hebammen - schlecht bezahlt - machen, können Gynäkologen und immer weniger werdende Kinderärzte nicht leisten. Außerdem brauchen die Mütter die Hebammen.
Die zweite Frage: Können Sie sagen, bis wann dieses akute Versicherungsproblem möglicherweise entschieden sein kann? Denn den Ängsten muss begegnet werden; die Frauen können nicht gut arbeiten, wenn sie nicht sicher sein können, dass sie das künftig noch können.
Die Ängste sind groß, keine Frage. Wenn die Situation eintreten sollte, die ich gerade beschrieben habe, wird es dramatisch. Deshalb müssen wir vorbeugen.
Frau Kaiser, Sie verstehen, dass ich jetzt nicht auf eine einzelne Lösung des Problems eingehe. Es geht ja schon über viele Jahre. Wir haben zum Beispiel in der Gesundheitsministerkonferenz 2012 Beschlüsse dazu gefasst, die dem Bundesgesundheitsminister zugeleitet wurden. Der - damalige - Minister hat dann die Arbeitsgruppe noch einmal mit Leben erfüllt, damit sie ihre Arbeit nicht schon vorzeitig beendet. Wir sind uns aber alle einig: Die herkömmlichen Finanzierungsstrukturen mit der Selbstversicherung in dieser Größenordnung werden das Problem in der Zukunft nicht lösen. Deshalb müssen wir über viele neue Facetten nachdenken, die ich gerade darzustellen versucht habe, und auch Staatshaftung und öffentliche Mittel - Steuergelder oder wie auch immer - mit in Betracht