Protokoll der Sitzung vom 26.02.2014

Das werden Sie heute hier beschließen.

Wir haben seit 2009 jedes Jahr in den Haushaltsberatungen gefordert, die 1,5%ige Dynamisierung an die Träger des öffentlichen Personennahverkehrs weiterzugeben. Sie haben sich geweigert, stattdessen ist es zu dem Aufwuchs von 12 % bei Energie und Tarifen gekommen.

Auch die schon angesprochene Erhöhung der Mittel von 83 auf 85 Millionen Euro reicht bei weitem nicht aus. Wären sie seit 2009 dynamisiert worden, wären wir jetzt bei 90 Millionen Euro. Auch für die Zukunft lässt das Böses erahnen, weil wir wieder eine starre Zahl ins Gespräch bringen, statt unseren Unternehmen vor Ort in den Landkreisen zu sagen: Ihr könnt mit einer zumindest 1,5%igen Dynamisierung rechnen, was euch ein wenig Planungssicherheit für den Nahverkehr gibt.

Sie sprechen ja auch immer von Taktverkehren, die wollen Sie ja auch haben. Da muss ich Ihnen sagen: Taktverkehre werden so in Brandenburg nicht möglich sein, schon gar keine Verkehrsbeziehungen zwischen Nahverkehr und Schienenpersonennahverkehr. Das alles erfordert ein Stück weit auch finanzielle Mittel, und die begrenzen wir an dieser Stelle. Im Grunde ändert sich also von dem alten Gesetz zu dem neuen gar nichts. Sie hatten ja einmal vor, die Dynamisierung weiterzugeben; das bleiben Sie hier völlig schuldig.

Wir haben auch einen Antrag gestellt, den Nahverkehr etwas weiter nach außen zu bringen. „Nach außen“ heißt in dem Fall: vor allem nach Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen - unsere benachbarten Bundesländer -, aber eben auch nach Polen. Wir hatten heute Morgen eine Aktuelle Stunde zu Polen. Polen kommt in Ihrem Entschließungsantrag und in Ihrem Gesetz gar nicht vor. Sie fordern sehr wohl vom Bund, er solle irgendwelche Trassen neu verlegen, aber die Antwort auf die Frage, wie wir die Trasse „bespielen“, sprich: mit Nahverkehr bestellen, bleiben Sie natürlich schuldig. Das ist keine ehrliche Verkehrspolitik.

(Beifall CDU)

Ein italienischer Komponist, Toscanini, hat einmal gesagt: Jeder Esel kann den Takt schlagen, aber Musik machen, das ist schwierig.

(Beifall CDU)

Das haben Sie heute bewiesen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Genilke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Herr Abgeordneter Kretzschmar hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Herr Genilke, ich hör‘ die Worte wohl, allein mir fehlt der Glaube. Man muss sich die Geschichte einfach noch einmal zu Gemüte ziehen. Bei der letzten Reform des ÖPNV-Gesetzes haben Sie in Verantwortung mit der SPD dazu beigetragen, dass der öffentliche Personennahverkehr zu einer freiwilli

gen Aufgabe der Kommunen gemacht wird. Heute stellen Sie sich hier hin und fordern wer weiß wie viel mehr Geld, ansonsten breche das ganze System zusammen. Ganz so wird es wohl nicht sein.

Jeder kann sicher mehr oder weniger amüsante Geschichten erzählen über Erlebnisse mit dem ÖPNV - eigene Erlebnisse oder solche, die ihm zugetragen wurden -, über Anschlussbeziehungen, die nicht funktionieren. All dies ist wahr. All dies muss auch verbessert werden. Und genau dies haben wir auch in unseren Entschließungsantrag aufgenommen: dass die Landesregierung sich gegenüber dem VBB noch stärker dafür einsetzt, die Anschlussbeziehungen und Taktungen weiter zu verzahnen.

Entscheidend für unsere Zustimmung zum ÖPNV-Gesetz ist aber die Erhöhung der Finanzmittel von 83 auf 85 Millionen Euro jährlich für den ÖPNV. Darüber sind wir froh. In Zeiten sinkender Zuwendungen an das Land sprechen wir an dieser Stelle von einem Aufwuchs für die Kommunen und deren ÖPNV. Das ist heutzutage nicht überall selbstverständlich, und wir diskutieren anderes an dieser Stelle auch immer. Dass dies immer noch zu wenig ist, kann man in fast allen Bereichen feststellen. Es ist aber ein maßgeblicher Punkt in dem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, dass es den nächsten Landeshaushalten und den Diskussionen darüber vorbehalten sein wird, darüber zu entscheiden, ob mehr Finanzmittel für den ÖPNV zur Verfügung stehen oder nicht. Nach meiner festen Überzeugung ist das auch notwendig, gerade wenn man betrachtet, dass seit 2013 klar ist, dass die Aufgabenträger bis zum Jahr 2022 dafür Sorgen müssen, die komplette Barrierefreiheit im ÖPNV zu finanzieren. Das ist eine riesige Herausforderung, die in ihrer Gesamtheit finanziell und materiell sicherlich noch nicht komplett umrissen ist. Deshalb möchten wir, dass die Landesregierung gemeinsam mit den Aufgabenträgern Kostenschätzungen vornimmt und dort Unterstützung leistet.

Das hängt aber - wie schon mehrfach erwähnt - nicht allein vom Land ab. Wir sind ebenfalls abhängig vom Finanzierungsrahmen des Bundes. Brandenburg wird sicherlich alles dafür tun, um gegenüber dem Bund für eine ordentliche Finanzausstattung im Verkehrsbereich zu sorgen. Ähnliches gilt für die Ausstattung im investiven Bereich für die Straßenbahnen und O-Busse. Das Gesetz schreibt hier 5 Millionen Euro fest. An dieser Stelle wurden ebenfalls höhere Wünsche und Forderungen angemeldet. Das ist, wenn man sich die Investitionsintervalle der Verkehrsbetriebe anschaut, auch nachvollziehbar. Aber auch dies muss kommenden Landeshaushalten vorbehalten bleiben.

Als kommunaler Abgeordneter aus Brandenburg an der Havel habe ich da auch meine Vorstellungen; denn auch die Kommunen bewegen sich in engen Schneisen und müssen oft zu unkonventionellen Lösungen greifen. Es wird aber an die Aufgabenträger in den kommenden Tagen eine schriftliche Klarstellung vom Ministerium ergehen, in der klargestellt wird, wie Ansparmöglichkeiten genutzt und dadurch größere Investitionen gestemmt werden können.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt aus dem Entschließungsantrag aufgreifen. Die Linke setzt sich seit Jahr und Tag für Tariftreue ein. Die Forderung der Gewerkschaften, den im ÖPNV-Beirat gefassten Beschluss zu den repräsentativen Tarif

verträgen in die Praxis umzusetzen, ist daher für uns selbstverständlich. Deshalb ist das ein wichtiger Punkt in unserem Entschließungsantrag.

Mein Fazit lautet: Uns liegen ein solides Gesetz und ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, der wichtige Punkte benennt, vor. Ich bitte Sie um Zustimmung zu beidem. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kretzschmar. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Beyer hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Solides Gesetz“ ist schon als Stichwort gefallen. Dann wollen wir uns mit diesem soliden Gesetz mal ein klein wenig auseinandersetzen.

Es geht, wie Sie alle wissen, um das Vierte Gesetz zur Änderung des ÖPNV-Gesetzes vom 06.11.2013. Worum geht es letzten Endes? Eine für das Jahr 2012 empfohlene und durchgeführte Evaluierung des ÖPNV-Gesetzes kam zu dem Ergebnis, dass die pauschalierten Zuweisungen in Höhe von 83 Millionen Euro - das ist auch schon gefallen - per anno an das novellierte und seit dem 1. Januar 2013 geltende Personenbeförderungsgesetz angepasst werden müssen.

Im ersten Schritt hätte man vermuten können - vor der Ausschussbefassung, sage ich ausdrücklich -, dass das ein Schritt in die richtige Richtung sei und dass das Problem vom Grundsatz her erkannt worden sei. Allerdings sieht das parlamentarische Verfahren der Gesetzgebung aus gutem Grund mehrere Lesungen und auch eine Ausschussbefassung vor. Und im Rahmen dieser Ausschussbefassung hatten wir auch, wie sich das gehört, eine entsprechende Anhörung, zu der verschiedene Vertreter von Verbänden - der VBB war beispielsweise da, der Landesbezirk Berlin-Brandenburg von ver.di, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Vertreter von Landkreisen und weitere - eingeladen waren. Ziel war es, zu reflektieren, wie diese Erhöhung, also von 83 Millionen auf 85 Millionen Euro, zu bewerten ist, und im Weiteren, Anreize für die Verbesserung des Gesetzes zu reflektieren und gegebenenfalls zu identifizieren. Der Grundtenor der Anhörung war eindeutig. Es gab gar keinen Dissens in irgendeiner Form zwischen den Anzuhörenden. Es wurde festgestellt, dass die 85 Millionen Euro als nicht ausreichend angesehen werden.

Da viele Vorredner über die Frage hinweggegangen sind, was das genau bedeutet, folgt ein kleines Beispiel: Das Gesetz wurde 2005 beschlossen. Wir reden also über einen Zeitraum von mittlerweile acht Jahren; darauf können wir es verkürzen. Der für diese acht Jahre vorgesehene Ausgleich entspricht 2,41 % und soll als Inflationsausgleich dienen. Laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg lag - bezogen auf diesen Zeitraum - die Inflationsrate aber bei 10 %. Bei Kraftstoffen betrug der Preisanstieg 34,4 %, die Verkehrskosten stiegen um 15,7 %. Diese Zahlen sprechen für sich. 2,41 % und 34,4 % - das ist nun einmal eine erhebliche Diskrepanz.

Im Ausschuss wurden dann komischerweise alle Anträge auch die zur Dynamisierung um 1,5 %; darüber ist schon gesprochen worden - kategorisch abgelehnt. Angesichts dessen muss man sich fragen: Welchen Sinn haben eine Ausschussbefassung und eine Anhörung, wenn von dem, was in aller Deutlichkeit einstimmig von den Anzuhörenden dargelegt worden ist, nichts in das Gesetz eingeflochten wird?

Ich bin ganz bei meiner Kollegin Gregor Ness, die zu Recht darauf hingewiesen hat, dass wir für die Umsetzung einen Nachtragshaushalt brauchten. Das ist richtig, das bestreitet niemand. Deshalb habe ich für meine Fraktion gern angeboten, über einen solchen Nachtragshaushalt zu reden. Das ist offensichtlich nicht gewünscht.

Was ist das Ergebnis? Ich zitiere nur ungern das „Neue Deutschland“.

(Minister Dr. Markov: Gutes Blatt!)

- Na gut, das können wir nachher noch im Detail bereden.

Auf alle Fälle hat es am 14. Februar 2014 als erstes Blatt dargestellt, was die Folgen sein werden: „Ende Februar berät der Aufsichtsrat des VBB über Tariferhöhungen im Nahverkehr.“ Genau darum wird es gehen. Die Landesregierung ist nicht in der Lage, das finanziell nachzubilden. Daher werden die Kosten über entsprechende Erhöhungen am Schluss wiederum auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Ihrem Entschließungsantrag haben Sie in gewisser Weise den Vogel abgeschossen.

(Heiterkeit)

- Nicht den Kollegen Vogel, sondern den Vogel ganz allgemein. - Man kann sich wirklich fragen, ob Sie den Sinn des Gesetzgebungsverfahrens verstanden haben; ich muss leider daran zweifeln. In dem Entschließungsantrag wird eine Reihe von Plattitüden festgestellt. In Bezug auf die Umsetzung folgt aber das, was zu erwarten war: Es werden zwar sieben Punkte genannt; schaut man sich diese jedoch an, stellt man fest, dass wieder auf den Bund verwiesen wird. Dieser soll wieder einmal etwas tun. Am Schluss verweisen Sie auf die Kommunen. Mit Ihrem Vorhaben belasten Sie letzten Endes wieder die Kommunen. Mehr tun Sie nicht. Ihrer eigenen Verantwortung als Haushaltsgesetzgeber werden Sie nicht gerecht.

Wir haben die Fragen, die sich uns gestellt haben, beantwortet. Unsere Änderungsanträge reichen wir nicht noch einmal ein. Das Votum des Ausschusses war eindeutig; das müssen wir uns hier nicht noch einmal antun.

Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Jungclaus hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Wir haben in dieser Legislatur bei abschließenden Beratungen über Gesetzentwürfe in den Ausschüssen schon so einiges erlebt. Die sogenannte „Beratung“ zum ÖPNV-Gesetz im Infrastrukturausschuss in der vergangenen Woche war aber schon ein ziemliches Highlight - in negativer Hinsicht. Trotz nahezu einhelliger Meinung der Experten, dass noch wesentlicher Änderungsbedarf am Gesetzentwurf bestehe, legten SPD und Linke die Hände in den Schoß und erklärten das Gesetz für perfekt. Kein einziger Änderungsantrag von Rot-Rot!

Stattdessen kam die Ankündigung eines Entschließungsantrags. Dieser liegt uns heute vor; zur abschließenden Beratung im Ausschuss lag er allerdings noch nicht vor. Das ist kein guter parlamentarischer Stil. Die vielen Nutzerinnen und Nutzer von Bussen und Bahnen in Brandenburg haben definitiv mehr politisches Engagement verdient.

(Beifall B90/GRÜNE und des Abgeordneten Goetz [FDP])

Dass der öffentliche Personennahverkehr für SPD und Linke nicht oberste Priorität hat, zeigt schon der alljährliche Haushaltsplan des Infrastrukturministers, der keinerlei planmäßige Landesmittel für den ÖPNV vorsieht. Bei den sogenannten Regionalisierungsmitteln, die wir vom Bund erhalten, sind Sie noch nicht einmal so fair, die jährliche Steigerung von derzeit 1,5 % an die Kommunen weiterzureichen. Im bisherigen ÖPNV-Gesetz war dafür eine fixe Geldsumme festgelegt. Dabei wird es bleiben. Da nützen auch keine wohlfeilen Worte in Entschließungsanträgen. Wenn Sie das wirklich wollen, dann schreiben Sie es in das Gesetz!

Nach sieben Jahren sollen die kommunalen Aufgabenträger nun gerade einmal 2,4 % mehr Geld erhalten - klägliche 0,3 % pro Jahr, also nicht einmal den Inflationsausgleich. Das ist geradezu lächerlich.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

Die kommunalen Aufgabenträger werden somit gezwungen, Mittel, die eigentlich für Investitionen gedacht sind, nun für die Deckung von Betriebskosten einzusetzen. Gleichzeitig gibt es erheblichen Investitionsbedarf. Es existiert beispielsweise die gesetzliche Vorschrift, bis zum Jahr 2022 vollkommene Barrierefreiheit auch für die Fahrzeuge herzustellen. Wie soll das bezahlt werden? Durch erhöhte Ticketpreise? Durch eine Reduzierung des Angebots? Auch hierzu hat die Landesregierung keinerlei Plan.

Unsere Fraktion setzt sich daher für mehr Mittel im ÖPNV ein. Wir fordern in unseren Änderungsanträgen unter anderem, dass Sie die jährliche Erhöhung der Finanzmittel für die kommunalen Aufgabenträger nachholen und statt der vorgesehenen 85 Millionen Euro 90 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Falls Ihnen die Regionalisierungsmittel dann an anderer Stelle fehlen, dann sorgen Sie doch einfach dafür, dass auch Landesmittel für den ÖPNV bereitgestellt werden.

(Beifall B90/GRÜNE)

Neben der Erhöhung der festen Summe im ÖPNV-Gesetz wollen wir aber auch die Weitergabe der erhöhten Zuweisung vom Bund festschreiben lassen. Das Abstimmungsverhalten von SPD und Linken in der sogenannten „Ausschussberatung“ hat aber schon verdeutlicht, dass Sie hierbei nicht mitgehen. Ich kann nur sagen: Armes Brandenburg! Mit SPD und Linken ist eine Verschlechterung des kommunalen ÖPNV programmiert - keine gute Nachricht, vor allem nicht für die ländlichen Regionen.

Ein weiterer Änderungsvorschlag betrifft die verpflichtende Erstellung von kommunalen Nahverkehrsplänen. Doch auch in diesem Punkt stellt Rot-Rot die Weichen falsch. Sie streben in Brandenburg einen einheitlichen Verkehrsverbund mit integralem Taktfahrplan an. Sie wollen kurze Anschlusszeiten und eine bessere Abstimmung zwischen den kommunalen Aufgabenträgern erreichen. Vielleicht können Sie uns berichten, wie Sie das ohne kommunale Nahverkehrspläne anstellen wollen.

Wir sehen es auch als selbstverständlich an, dass Berlin und Brandenburg - mit einem gemeinsamen Verkehrsverbund - zusammen einen Ländernahverkehrsplan aufstellen, und finden es bedauerlich, dass Sie auf diesem Weg ebenfalls nicht mitgehen.