Protokoll der Sitzung vom 26.02.2014

und das ist der falsche Weg für unser Land.

(Beifall FDP und CDU)

Dieses Gesetz ist von vorn bis hinten ein Fehler, meine Damen und Herren. Deswegen müssen wir es ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und B90/GRÜNE)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau von Halem spricht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! „Alternativlos“ - das war das Unwort des Jahres 2010. Die Begründung der Unwort-Jury dazu: Das Wort erstickt den politischen Diskurs. Der Sprecher der Unwort-Jury, Horst-Dieter Schlosser, sagte noch:

„Behauptungen dieser Art sind 2010 zu oft aufgestellt worden, sie drohen die Politik-Verdrossenheit in der Bevölkerung zu verstärken.“

„Alternativlos“ haben Sie, Frau Ministerin Dr. Münch, die Schulbehördenreform in der abschließenden Ausschusssitzung genannt, obwohl alle Beteiligten dagegen Sturm laufen. Es ist mitnichten so, dass sie sich aufgeschlossen zeigen, wie der Kollege Günther vorhin gesagt hat. Vielmehr laufen sie Sturm dagegen, und es gibt Unterschriftensammlungen. Zudem haben uns alle in den letzten Monaten unzählige Briefe erreicht.

Damit wird nach der Auflösung des Landesjugendamtes und dessen Eingliederung in das MBJS ein weiteres dieser sogenannten Modernisierungsvorhaben der Regierung gegen den Einspruch der Betroffenen durchgesetzt. Eines dieser Vorhaben, das die Landesregierung als „Modernisierung“ - welch abgedroschener Begriff - verkauft und mit blumigen und völlig substanzlosen Begriffen wie „Synergieeffekte“ und „Optimierung von Geschäftsabläufen“ begründet. Eine Modernisierung, hinter der sich aber nichts anderes verbirgt als Personaleinsparung. Da das so ist, sollten wir genau darüber - auch das teile ich- offen sprechen. Einmal an die Fassade geklopft, und der Lack blättert von dieser „Modernisierung“ ab.

Ich teile die Einschätzung, dass mit den Schulämtern nicht alles rund lief. Sie haben unterschiedlich und aneinander vorbei agiert. Dass dies so war, lag aber allein an der mangelnden Koordination durch das Ministerium. Einen Schulrat für Gesundheit zum Beispiel könnten wir auch ohne Reform haben. Das hat damit überhaupt nichts zu tun.

Wenn jetzt eine weitere Verwaltungsebene eingezogen wird, mag dies das Versäumnis des Ministeriums kaschieren, macht es jedoch nicht wett. Die Regionalstellen zu verringern er

schwert die Beratung und den persönlichen Kontakt. Dass dieser so wichtig ist, zeigt, liebe Gerrit, das Oranienburger Beispiel. Das ist ein Beispiel, das gegen die Reform spricht und nicht dafür.

(Beifall des Abgeordneten Büttner [FDP])

Denn freuen sich die Oranienburger, dass das Schulamt künftig nah ist, dann heißt das: Genau das wollen die Menschen, sie wollen, dass die Schulräte nah dran sind.

Die Anzahl und die Verortung dieser künftigen Regionalstellen stehen nicht im Gesetz. Das heißt, das Ministerium kann damit künftig nach seinem Gusto verfahren.

Warum etwas in Zukunft effektiver bearbeitet werden könnte, wenn Landesschulamt und LaLeb zusammengeführt werden, versteht von den Beteiligten - das ist in der Anhörung deutlich geworden - niemand. Aber Sie, Frau Ministerin, nennen es „alternativlos“.

Zumindest diejenigen Anzuhörenden, die aus Brandenburg kamen - neun der zehn -, können für das Vorhaben keinerlei Notwendigkeit erkennen. Mehr noch: Es ist ihnen vollkommen unklar, was eigentlich inhaltlich besser werden soll. Das wurde mehrfach genau so gesagt.

Die Rede war von inhaltsleerem Aktionismus - allein bezogen auf Strukturen. Für die Versäumnisse des Ministeriums muss nach den Schulämtern jetzt auch noch das LaLeb als Kollateralschaden büßen. Zudem kommt die Reform zu einer Unzeit. Es gibt wirklich keinen Grund, nicht abzuwarten, wie in der nächsten Legislaturperiode mit den Ergebnissen der Enquete zur Funktional- und Kommunalreform umgegangen wird. Das ist alles andere als alternativlos.

Damit peitschen Sie, Frau Ministerin Münch, eine Reform durch, die jeglicher fachlicher Begründung entbehrt. Zudem tun Sie das zu einer Zeit, in der alle Energien der Menschen, der Schulräte und derjenigen, die mit Lehrerbildung beschäftigt sind, auf die beiden großen Herausforderungen gerichtet sein sollten, nämlich auf die Gewinnung von Lehrkräften und die Umsetzung der Inklusion.

(Beifall B90/GRÜNE)

Wir brauchen bis zum Sommer tausend neue Lehrkräfte. Sie lassen aber die Schulämter und das LaLeb vielmehr in einer Umstrukturierung laufen, anstatt sich um den Nachwuchs zu kümmern.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Klar interessiert das die Menschen, die vielleicht zu uns kommen können. Sie kommen zwar nicht wegen einer Struktur bzw. weil eine Struktur anders ist. Nichtsdestotrotz muss in den Schulämtern dafür gesorgt werden, dass die Ansprache attraktiv ist. Das können nicht Menschen tun, die selbst völlig aufgelöst sind, weil sie nicht wissen, wie sie ihren Laden neu strukturieren sollen und warum sie das eigentlich tun.

Damit passiert genau das, was die Unwort-Jury formuliert hat: Die Politik-Verdrossenheit in der Bevölkerung wird verstärkt, und die Verdrossenheit derer, die wir so dringend im System

Schule brauchen, gleich noch dazu. Insofern haben wir im Ausschuss beantragt, die Reform der Schulämter auszusetzen. Das halten wir weiterhin für richtig.

Wer in der Politik - wohlgemerkt: in der Demokratie, nicht in der Diktatur - von „Alternativlosigkeit“ spricht, hört entweder nicht zu, hat keine Fantasie oder frisst anderen Menschen unreflektiert aus der Hand. Nichts auf dieser Welt ist alternativlos.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Das Wort erhält nun die Landesregierung. Frau Ministerin Münch spricht.

(Lakenmacher [CDU]: Vorleserin!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss mich schon sehr über die Töne wundern, die in dieser Debatte angeschlagen werden.

Meine Herren von der CDU und von der FDP, Sie lassen im Grunde nichts aus, um gute Schulen schlechtzureden.

(Lachen bei der FDP - Prof. Dr. Schierack [CDU]: Das ist völliger Blödsinn!)

Wenn Sie bei der Verleihung des Lehrerpreises gewesen wären ich denke nicht, dass Sie dort waren, Herr Schierack -, hätten Sie erlebt, was gute Schulen im Land leisten. Ich habe den Eindruck, Sie freuen sich nicht wirklich über unsere guten Ergebnisse, die letztlich ein Ergebnis von sinnvollen Reformen sind.

(Widerspruch bei der CDU)

- Ich würde gern fortsetzen. - Liebe Frau von Halem, ich wundere mich sehr, dass Sie über den Begriff „Modernisierung“ herziehen. Wenn man Ihnen folgen würde, bedeutete das, wir müssten zurück zu 18 Schulämtern bzw. nur Stillstand produzieren, um keine Politik-Verdrossenheit auszulösen.

Letzten Endes sind wir alle in die Politik gewählt worden, um Dinge zu bewegen. Wir wissen, unsere Gesellschaft entwickelt sich weiter. Es entwickeln sich Strukturen, und wir sind gezwungen, uns dem anzupassen, uns diesen Herausforderungen zu stellen und aus sinnvollen Analysen politisches Handeln abzuleiten.

(Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Das ist der Punkt!)

Genau das haben wir getan. Wir hatten eine Reihe von Alternativen und haben uns für die beste Alternative entschieden. Genau deshalb stehen wir heute hier.

Es sind noch einmal zwei wichtige Dinge deutlich geworden: „Zukunft gestalten“ heißt eben nicht nur nachdenken, sondern auch „vorausdenken“. Das gilt auch in den gesellschaftlichen Wandlungsprozessen, wie wir sie im Land Brandenburg derzeit erleben. Deshalb ist die Reform der Schulaufsicht zielführend. Zudem ist sie notwendig, und sie kommt auch zum richtigen Zeitpunkt.

Sie ist zielführend, weil sie die Schulaufsicht nachhaltig verändert, nachhaltig gestaltet, an zukünftigen Aufgaben ausrichtet und weil sie die Qualität verbessern wird. Sie wird adäquate Strukturen für die Erfüllung dieser Aufgaben schaffen. Deshalb ist dieses Gesetz ein gutes Gesetz. Es ist ein notwendiges Gesetz zum richtigen Zeitpunkt.

Wenn wir die Schulqualität weiterentwickeln wollen, verändern sich auch die Aufgaben von Schulaufsicht. Neben der Kontrollfunktion, die Schulaufsicht hat, gewinnen zugleich Beratung und Unterstützung der Schulen an Bedeutung. Durch die Schulbehördenreform werden Schulrätinnen und Schulräte für diese wichtigen Kernaufgaben mehr Zeit haben, denn sie werden durch diese Verwaltungsveränderung von Verwaltungsaufgaben entlastet.

Führung, Steuerung und Verwaltung werden gebündelt. Die Beratung durch die Schulrätinnen und Schulräte und ihre Präsenz vor Ort, an den Schulen, werden gesichert. Das Lob für Schulrätinnen und Schulräte und die Mitarbeiter der bisherigen Schulämter bezieht sich auf ihre Tätigkeit und nicht auf den Ort, an dem sie arbeiten. Sie loben doch nicht das Gebäude, sondern Sie loben die Tätigkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Schon jetzt ist es so, dass Schulrätinnen und Schulräte ihre Arbeitsstellen - ihre Schulen - auch von ihren Wohnorten aus aufsuchen. Genau das wird weiterhin in den Regionen und an den Schulen passieren. Die 52 Stellen für Schulräte bleiben erhalten. Es ist sogar möglich, durch die strukturellen Veränderungen vier zusätzliche Stellen zu schaffen und damit diese wichtige Aufgabe zu verstärken.

Die Integration des Landesinstituts für Lehrerbildung - es tut mir sehr leid, wenn Sie immer noch nicht begriffen haben, warum es sinnvoll ist, Zuständigkeiten zu bündeln und zu vereinheitlichen - ist ein schulfachlich gut begründeter Schritt für die Zukunft der Lehrerbildung und auch für die Lehrergewinnung. Denn genau darum geht es: diese Dinge aus einer Hand zu steuern, gerade vor den Herausforderungen, die wir haben.

Notwendig ist die Reform, weil sich Arbeitsstrukturen an Arbeitsaufgaben und Ressourcen ausrichten müssen und weil wir uns für eine effiziente und bürgernahe Verwaltung im Land Brandenburg entschieden haben. Dazu gehört es, dass Verwaltungsabläufe und Organisationsstrukturen kontinuierlich überprüft und verbessert werden. Denn nichts bleibt so, wie es ist. Es ist notwendig, die Dinge den Menschen und den Entwicklungen anzupassen und nicht um der Strukturen willen auf den Dingen zu beharren.

Die Reform kommt zum richtigen Zeitpunkt, weil ich nicht bis zur neuen Legislaturperiode das vor mir herschieben kann, was längst entscheidungsreif und notwendig ist. Es gibt auch keinen Grund, auf eine Funktional- oder Kreisgebietsreform zu warten. Denn wir schaffen mit dem Landesschulamt und vier Regionalstellen schon jetzt eine Landesoberbehörde, die unabhängig von Kreisstrukturen arbeitet. Ich kann doch nicht mit jeder neuen Kommunalstruktur die Schulamtsstruktur verändern. Es handelt sich auch um ein zentrales Vorhaben der Landesregierung zur Verwaltungsmodernisierung. Ich wüsste nicht, was daran verkehrt sein sollte.

Wir gehen mit dem Schulbehördenreformgesetz einen notwendigen Schritt zur richtigen Zeit und schaffen zukunftssichere Arbeitsstrukturen für die Schulaufsicht, für die Lehrerbildung und damit für die Weiterentwicklung von Schulqualität im Land Brandenburg. Wir sind heute am Endpunkt eines Prozesses, der schon 2010 begonnen hat. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei den vielen Beteiligten zu bedanken.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Ministerin?

Nein, ich spreche jetzt zu Ende.

(Oh! bei der CDU)