Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

(Büttner [FDP]: Hallo?)

Es bedeutet auch: bezahlbarer Wohnraum in Hochschulnähe, Beratungsangebote und Unterstützung bei der Studienwahl statt Druck und Zwangsexmatrikulation.

(Beifall DIE LINKE)

Das alles sind Themen, Herr Büttner, bei denen die FDP als Regierungspartei im Bund und in den Ländern, in denen sie regieren durften oder noch dürfen, versagt hat.

Jetzt erkläre ich Ihnen das Alternativmodell: Unter Rot-Rot und auch unter dem Druck der Sozialdemokratie, als Sie noch mit der CDU regiert hat, wurden in Brandenburg keine allgemeinen Studiengebühren eingeführt. Wir haben stattdessen die Zahl der Wohnheimplätze für Studierende im Land erhöht und sind damit bundesweit spitze. Wir haben die Beratungsangebote an Hochschulen verbessert, und wir als Land kritisieren seit langem, dass der Bund das BAföG immer weniger bedarfsgerecht ausgestaltet. Wir haben im Gegenzug ermöglicht, dass mehr junge Menschen an Hochschulen studieren können, indem wir zum Beispiel die sozialen Bedingungen für ein Abitur mit einem Schüler-BAföG, das Sie hier mehrmals abgelehnt haben, verbessert haben.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn es nach der Linken geht, dann werden mit der neuen Hochschulgesetzesnovelle auch Rückmeldegebühren und Zwangsexmatrikulation abgeschafft, da sind wir im Gespräch.

Zu Ihren Forderungen im Antrag im Einzelnen.

Erstens: Sie wollen, dass die Landesregierung eine Studienverlaufsstatistik zum Studienabbruchverhalten erstellt. Herr Büttner, wir würden auch sehr gerne wissen, warum jemand im Einzelnen sein Studium abbricht - ob er das tut, weil er erkrankt ist, weil er die Hochschule wechselt, weil er das Studienfach wechselt, weil er kranke Angehörige pflegen muss, weil sich seine Familienplanung geändert hat, weil sich sein Berufswunsch ändert oder was auch immer. Oder eben, weil er nicht zurande kommt, weil er schlichtweg seinen eigenen Lebensunterhalt sichern muss. Wir wissen es aber nicht. Frau Melior hat zu Recht darauf hingewiesen: Wir werden dies auch nicht erfragen können. Selbst wenn wir es könnten: Wer sagt uns denn, dass wir an den Hochschulen ehrliche Antworten bekommen, wenn wir die Studierenden fragen, warum sie abbrechen?

Zweitens: Die FDP will Projekte der Fachhochschule Brandenburg und Wildau auf das ganze Land übertragen. Dabei verschweigen sie jedoch, dass das Projekt an der Fachhochschule Brandenburg 2012 eingestellt wurde, und man hört, auch weitgehend erfolglos. Das Projekt in Wildau läuft erst im März an, die suchen noch die zuständige Mitarbeiterin, zumindest ist die Stellenausschreibung gestern noch online gewesen. Es ist völlig unseriös, daraus Schlussfolgerungen für das Land ziehen zu wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Der FDP-Antrag hilft also jungen Menschen in Brandenburg überhaupt nicht weiter.

Worum es aber sehr viel mehr geht, lieber Herr Büttner und liebe FDP, ist, die duale Ausbildung attraktiver zu machen. Hier besteht tatsächlich Handlungsbedarf, wie uns der Ausbildungsreport der DGB-Jugend Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2013 eindrucksvoll zeigt. Qualität der Ausbildung und Wertschätzung Auszubildender lässt häufig zu wünschen übrig. Zahlen zeigen eine hohe Unzufriedenheit; hier haben wir ernsthafte Aufgaben zu bearbeiten.

Gleichzeitig wird in Brandenburg immer weniger betrieblich ausgebildet, da sind wir im bundesweiten Vergleich ziemlich Schlusslicht. Auszubildende wollen gebildet werden, und es darf nicht sein, dass Auszubildende am Ende als billige Arbeitskräfte mit einem Hungerlohn abgespeist werden.

Wenn Sie von Fachkräftemangel unter anderem in Handwerksbetrieben reden, dann gucken Sie sich an, wie die Ausbildungsbedingungen dort sind, warum möglicherweise junge Menschen dort keine Ausbildung anfangen wollen und versuchen, an Hochschulen zu kommen, um einen höheren Abschluss zu erreichen. Das hat etwas mit schlechten Ausbildungsvergütungen und schlechten Ausbildungsbedingungen zu tun sowie damit, dass ein Drittel der Ausbildungsbetriebe bis heute noch nicht einmal einen richtigen Ausbildungsplan haben. Ihnen geht es am Ende um billige Arbeitskräfte.

Herr Abgeordneter Müller, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, die lasse ich jetzt nicht zu.

Zu dem Fachkräftemangel im MINT-Bereich: Noch nie hatten wir so viele Absolventen an den Hochschulen im MINT-Bereich. Sie führen gleichzeitig eine Debatte, die wir schon einmal in den 90er-Jahren mit den Informatikern hatten. - Dann komme ich zum Schluss.

Herr Abgeordneter Müller, dazu haben Sie keine Gelegenheit mehr, Ihre Redezeit ist beendet.

(Zuruf von der CDU: Das ist auch gut so!)

Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Müller. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete von Halem hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich eine Bergtour plane, sollte ich vielleicht nicht damit beginnen, mir zu überlegen, was ich mache, wenn ich auf dem ersten Gipfel stehe. Ob ich dann weiter wandere, mich nach neuen Gipfeln umsehe, ins Tal zurückkehre oder mich vielleicht auf der Alm in der Berghütte als Kellnerin oder Zimmermädchen verdinge? Nein, ich sollte bei der Bergtour damit anfangen, mir zu überlegen, welche Route ich wähle, ob ich die richtige Ausrüstung für den Weg habe und warum ich eigentlich auf diesen oder jenen Berg will.

So etwa kommt mir dieser Antrag der FDP vor. Hier wird an den zweiten Schritt gedacht, aber wir haben den ersten noch nicht richtig gelöst. Richtig ist, dass die Zahl der Studienabbrecher und -abbrecherinnen insbesondere in den MINT-Fächern erschreckend hoch ist. Das ist eine finanzielle Belastung für das Land, für die Hochschulen. Und es ist für die Studierenden - nicht immer, aber oft - eine frustrierende Erfahrung; manchmal ist es auch eine Bereicherung.

Deshalb muss aus unserer Sicht der erste Schritt sein, den Übergang von der Schule zum Beruf besser zu begleiten. Was können wir besser machen - und es gibt so viele Ansatzpunkte -, damit junge Leute die richtige Wahl treffen und nicht in die Situation kommen, ihr Studium abzubrechen? Dazu gehört erst einmal eine bessere Berufsorientierung schon während der Schulzeit und dann eine qualitativ gute und zeitgemäß vermittelte Information über Studiengänge bzw. auch über die duale Ausbildung.

Im Studium selbst müssen die Studienbedingungen verbessert und die Kontakte zu den Studierenden intensiviert werden. Das betrifft vor allem die Frage der Betreuungsrelation zwischen Lehrenden und Studierenden. In Brandenburg tummeln sich etwa 50 000 Studierende auf etwa 30 000 ausfinanzierten Studienplätzen. Für eine qualitativ bessere Betreuung der Brandenburger Studierenden - unser ceterum censeo - benötigen wir eine bessere Grundfinanzierung der Hochschulen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Mit dem neu entworfenen Hochschulgesetz stehen die Hochschulen zudem vor zusätzlichen Aufgaben, die helfen sollen, einen Studienabbruch zu vermeiden, deren Finanzierung aber noch viele offene Fragen aufwirft, wie die Anhörung zum Hochschulgesetz in der letzten Woche deutlich gezeigt hat. Was ist zum Beispiel mit der Studienbegleitung, die wir wegen des erweiterten Hochschulzugangs - den wir übrigens super finden - brauchen? Was ist mit der obligatorischen Studienberatung bzw. Studienverlaufsvereinbarung? Wo sind denn

eigentlich die Personalressourcen dafür? Das wissen die Hochschulen auch nicht.

Wenn dennoch Menschen ihr Studium abbrechen wollen - ja, dann brauchen sie eine bessere Beratung; da liegt der Antrag richtig. Es gibt vielfältige Gründe für Studienabbruch: Zwangsexmatrikulation - die gibt es ja noch -, fehlendes Interesse am Studienfach, fachliche Schwierigkeiten, fachliche oder persönliche Unsicherheiten, falsche Studiengangwahl - ganz viele verschiedene Gründe. Das heißt, wünschenswert wäre natürlich ein mehrstufiger und auch individualisierter Beratungsprozess für potenzielle Studienabbrecher mit dem Ziel, jedem und jeder einen qualifizierten Abschluss zu ermöglichen, sei es in einem Hochschulstudium oder einem beruflichen Ausbildungsgang. Da enthält der Antrag grundsätzlich mehrere gute Punkte.

Das Thema Studienverlaufsstatistik wurde ja schon mehrfach angesprochen. Das ist nicht so einfach. Nichtsdestotrotz wäre es natürlich wünschenswert, bessere Informationen zu bekommen. Allein die Tatsache, dass man auf freiwilliger Basis bislang noch nicht ausreichend Informationen bekommen hat, könnte auch bedeuten: Man muss dafür besser werben, es besser einfädeln, weil ich glaube, dass diejenigen, die ihr Studium abbrechen, sehr wohl verstehen, dass es im allgemeinen Interesse liegt, besser darüber Bescheid zu wissen.

Wenn einfach nur gesagt wird, es habe sich niemand zurückgemeldet, reicht mir das nicht.

Die IHK, andere Hochschulen, die Agentur für Arbeit und die Unternehmen in die Diskussion über die Chancen verschiedener Karrierewege einzubeziehen, wie es im Rahmen des INNOPUNKT-Projektes „Weitersehen - Weiterbilden - Weiterkommen“ an der FH Brandenburg praktiziert wurde, halten wir für einen ausgesprochen guten Ansatz. Auch der Runde Tisch „Studienabbruch“ der Agentur für Arbeit in Potsdam ist ein richtiges Projekt. Natürlich kann - und sollte - die Evaluation der Arbeit dieses Runden Tisches auch als Ansatz für weitere, vergleichbare Projekte dienen.

Im Sinne der Durchlässigkeit in beide Richtungen, sowohl aus der Berufsbildung in die Hochschule als auch aus der Hochschule in die Berufsbildung, unterstützen wir das Anliegen, die Entwicklung verschiedener Modelle zur Anerkennung von Studienleistungen in der Berufsausbildung bzw. von Leistungen, die in der dualen Berufsausbildung erbracht worden sind, an der Hochschule zu fördern und auszuweiten. Das sind viele Schritte, über die wir noch intensiver nachdenken sollten. Das alles halten auch wir für richtig.

Nur: Die Fragen nach dem ersten Schritt bei der Planung der Bergtour und danach, welche Route es sein soll, was die richtige Ausrüstung ist, ob man vorher vielleicht doch ein Fitnesstraining braucht und welcher der richtige Gipfel ist, sollten wir dabei nicht aus den Augen verlieren.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Wir kommen nun zum Beitrag der Landesregierung. Frau Ministerin Prof. Dr. Kunst hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich nutze zum Ende der Debatte gern die Gelegenheit, noch einmal darzustellen, was wir für die Fachkräftesicherung und für die Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung im Land Brandenburg tun.

An dieser Stelle sind zunächst das Hochschulmarketing und die Studienberatung zu erwähnen. Dabei geht es nicht nur um Werbung, sondern vor allem darum, im Gespräch mit den Schulabgängern herauszuarbeiten, welcher Studiengang jeweils passt. Das geschieht mittlerweile vermehrt überregional, auf Messen, aber auch regional mit dem Programm „Studium lohnt!“

Zweiter Punkt: Wer sich für ein Studium entscheidet, benötigt gerade in der Anfangszeit Unterstützung. Ein besonders zu erwähnendes Beispiel ist das College der BTU Cottbus-Senftenberg. Weitere brandenburgische Hochschulen wollen ähnliche Angebote entwickeln. Dies ist Gegenstand der Hochschulverträge. Dieses College dient auch der Verbesserung der Durchlässigkeit. Das erfordert aber auch in konzeptioneller Hinsicht sehr viel Arbeit, Herr Schierack, die durchaus nicht leicht zu bewerkstelligen ist.

Der nächste Punkt betrifft die Studienqualität, die sich ganz wesentlich am Studienerfolg zeigt. Es ist sichtbar, dass in Brandenburg in der Zeit von 2007 bis 2012 die Zahl der erzielten Abschlüsse um 62 % - und damit deutlich stärker als im Bundesdurchschnitt - auf 9 000 anstieg.

Die Sicherung der Qualität der Lehre ist eine Daueraufgabe, der wir uns in dieser Legislaturperiode besonders zugewandt haben - mit Erfolg. Gleich zwei Hochschulen waren in dem Wettbewerb „Exzellenz in der Lehre“ erfolgreich. Im „Qualitätspakt Lehre“, der von Bund und Ländern gemeinsam getragen wird, haben sogar alle Hochschulen Brandenburgs Berücksichtigung gefunden - als einziges Land der Republik.

Meine Damen und Herren von der FDP! Ja, es stimmt: Es gibt noch immer zu viele Studienabbrecher, auch an brandenburgischen Hochschulen. Aus diesem Grund sind wir Ihrem heutigen Antrag schon an vielen Stellen zuvorgekommen.

(Büttner [FDP]: Natürlich!)

In der Hochschulentwicklungsplanung des Landes haben wir die Empfehlung der Hochschulstrukturkommission für ein deutlich besseres Monitoring von Daten zum Studienerfolg und zum Studienverlauf umgesetzt. Sie können unsere Schlussfolgerungen in der Hochschulentwicklungsplanung nachlesen. Die Forderung nach einem wirksamen Monitoring qualitätsrelevanter Daten hat auch Eingang in die Hochschulverträge gefunden.

Was die Anfertigung einer überregionalen Studienverlaufsstatistik angeht, so gibt es - das klang mehrfach an - erhebliche Datenschutzprobleme. Die KMK denkt, die Köpfe rauchen.

Klar ist auch, dass diese Daten, wenn sie denn erhoben werden, zwar den Verlauf des Studiums beschreiben, aber über die Gründe für den Abbruch des Studiums keine Auskunft geben. Das ist tatsächlich ein Dilemma. Andere Elemente werden

immer wichtiger, unter anderem die Studienfachberatung nach dem neuen Hochschulgesetz. Es geht in erster Linie darum, ein Studium um Abschluss zu bringen, sodass diese Beratung auch ein wichtiger Ansatzpunkt ist, um Studierenden früh genug Alternativen aufzuzeigen, wenn sie in dem ursprünglich gewählten Studium nicht klarkommen.

Dafür gibt es bereits gute Beispiele in Brandenburg. Das Aufzeigen von Alternativen ist eine Stärke. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die von der Fachhochschule Brandenburg im Rahmen der INNOPUNKT-Kampagne initiierten Projekte, unter anderem „Plan B“. Selbst wenn dieses Projekt ausgelaufen ist, war der Erfolg für uns doch Anlass, ein ähnliches Projekt an der Technischen Hochschule Wildau zu befördern.

Wesentliches Ziel beider Projekte ist es, erworbene Kompetenzen auch im nächsten Ausbildungsabschnitt nutzen zu können. Das ist genau das, was auch Sie fordern. Wenn dies gelingt, können aus Studienabbrechern beruflich Qualifizierte werden. Man muss allerdings wissen, wie man das handwerklich sauber hinbekommt. Von daher gilt an dieser Stelle: Gemach! Denn es sollen auch weiterhin Erfolge erzielt werden.