Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

(Beifall CDU und FDP)

Danke schön. - Wir setzen mit dem Beitrag der Abgeordneten Große für die Linksfraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! - Ich musste nicht nachschauen, was E-Learning ist.

(Beifall DIE LINKE - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Oh!)

Ich habe im Jahr 2001 meine letzte Unterrichtsstunde im Fach Musik in Velten am Gymnasium gehalten. Wir haben dort mit den Schülerinnen und Schülern und der damals schon vorhandenen Technik Fugen komponiert, Fugen wie im Barock. Dank E-Learning ging das auch schon 2001. Die Schülerinnen und Schüler mussten erkennen: Welche war eine technisch, mithilfe des Internets hergestellte Fuge, und welche hat Bach komponiert? Das war gar nicht so leicht für die Schüler zu erkennen. Sie kamen dem richtigen Ergebnis ziemlich nahe und stellten fest: Es fehlt ein wenig die Seele bei diesen technisch komponierten Stücken.

Ich sage: Ja, Kollege Büttner, wir brauchen solche Methoden ergänzend; das haben Sie uns mit Ihrem Antrag sehr deutlich gesagt. Und wir brauchen natürlich, da alle Pädagogik vor allem Bindungsarbeit ist, trotz alledem die Menschen dabei. Insofern gibt es nichts, was man hundertprozentig umsetzen muss. Darauf zielt Ihr Antrag auch nicht, sondern er zielt auf Modellversuche.

In diesen 13 Jahren, seitdem ich aus der Schule heraus bin, ist eine Menge passiert. Ich habe mich, wie Thomas Günther, auf dem Bildungsserver getummelt und rate Ihnen, das ebenfalls zu tun. Sie werden sehen, was an Angeboten alles vorhanden ist und auch schon modellhaft erprobt wurde. Im Elbe-Elster-Kreis ist entschieden worden, sogar die Variante Distance-Learning zu erproben. Wir in der Demografiekommission haben aber gesagt: Das ist schwierig. An Grundschulen können wir uns das gar nicht so gut vorstellen.

Aber irgendwann wird es angesichts des demografischen Echos vielleicht sogar so sein, dass wir auch auf solche Methoden zurückgreifen müssen. Diese wollen Sie erst einmal noch gar nicht, sondern Sie wollen alles andere modellhaft erproben. Dazu empfehle ich Ihnen, an die Förderschulen in Ihrem Landkreis zu gehen, Herr Kollege Büttner. Auch dort gibt es schon E-Learning-Projekte für Kinder mit Förderbedarf beim Lernen, wunderbar durchgestylte Methoden, wie sogar Kinder mit Förderbedarf lernen und mit Unterstützung des Internet zu besserer Lesekompetenz, zu besserer mathematischer Kompetenz sowie sogar zum Lernen von Natur kommen. Gerade auch in Ihrem Landkreis passiert da eine Menge.

Ich zähle jetzt nicht auf, dass es schon für das Fach Latein, bei dem wir Probleme haben, Lehrkräfte zu gewinnen, ein komplettes E-Learning-Angebot gibt, das das kleine Latinum erreicht. Aber in Bad Freienwalde, so erzählte mir mein Kollege Büchel, ist es an der Hardware gescheitert. Die Breitbandversorgung war noch nicht ausreichend vorhanden, sodass es dort noch nicht genutzt werden konnte. Es ist natürlich - auch damit haben Sie in Ihrem Antrag Recht - eine Herausforderung, dies zu gewährleisten, damit wir in allen Landesteilen eine gleichwertige Bildung auf diesem Gebiet erreichen können.

Insofern ist der Anspruch in Ihrem Antrag ein richtiger; aber die Methode, die Sie vorschlagen, das mit Modellversuchen zu probieren, halten wir für nicht notwendig. Denn es passiert schon sehr viel mehr an unseren selbstständiger gewordenen Schulen, Herr Kollege Büttner. Im Übrigen: Sagen Sie einmal an irgendeiner Schule etwas von einem Modellversuch. Da geht sofort das Visier herunter.

(Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Ness [SPD])

Das will hier niemand noch einmal haben, auch angesichts von Erfahrungen, die aus vergangenen Jahren kommen. Die Kolleginnen und Kollegen brauchen Unterstützung mit Fortbildung. Sie brauchen natürlich auch in der technischen Version Unterstützung. Wir brauchen Systemadministratoren an den Schulen, denn sonst müssen dies die Schulträger leisten usw.

Dabei hilft Ihr Antrag nicht weiter, gleichwohl ist die Intention richtig. Schule hat sich auf den Weg gemacht - in Ihrem Sinne, Herr Büttner. Das sollten Sie anerkennen. Insofern kann man dem Antrag jetzt zwar nicht zustimmen und trotzdem Ihr Anliegen richtig finden.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Frau von Halem setzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant zu hören, wie unterschiedlich die Perspektiven sind. Die einen sagen, wir haben noch gar nichts, und die anderen sagen, wir machen doch schon ganz viel. Ich habe schon das Gefühl, dass wir hier im weitesten Sinne von Neuland sprechen in der besten märkischen Interpretation dieses Begriffes.

In der „Märkischen Oderzeitung“ vom 15. Januar 2014 war von Rainer Willer zu lesen. Das ist ein Fürstenwalder Informatiklehrer, er hat 2005 mit einem Informatiklehrbuch angefangen, das er selbst gebastelt hat, komplett online auf der Basis der kostenlosen und weltweit genutzten Internetplattform Moodle. Er fühlt sich als ein Vorreiter für E-Learning und nutzt damit Lernmethoden, die im Studium, an der Hochschule und auch im Beruf längst selbstverständlich sind, aber in der Schule an sehr vielen Orten leider wirklich Neuland im märkischen Sinne.

Wenn wir hier vorschlagen, E-Learning modellhaft zu erproben, dann hat das mehrere Gründe:

Es gibt Internetplattformen, auf denen Lernmittel zur Verfügung gestellt werden, die Unterricht auf eine Art und Weise abwechslungsreich, spannend und bereichernd machen, wie ihn ein einzelner Lehrer gar nicht allein gestalten kann. Das allein macht schon deutlich, dass sich die Qualität des Unterrichtes durch die Nutzung von E-Learning sehr verbessern könnte. Davon kann sich die Schule eine Scheibe abschneiden, denn die Zukunft gehört schon lange nicht mehr denen, die in der Schule gelerntes Wissen abspulen können, sondern denjenigen, die imstande sind, Erkenntnisse zu kombinieren und sich die entsprechenden fachlichen Hintergründe im Netz zu besorgen.

(Beifall der Abgeordneten Große [DIE LINKE])

Herr Günther, wenn Sie Ihre Verwirrung angesichts des umfangreichen Aufklärungsangebotes im Internet über E-Learning schildern, dann heißt das genau, dass Sie zu wenig davon gehabt haben, weil Sie das verwirrt. Aber das ist die Zukunft. Damit müssen die Kinder umgehen können. Sie können das vielleicht nicht; es ist schon zu lange her, dass Sie in der Schule waren. Aber die Kinder von morgen müssen das alles lernen, und dafür ist die Schule da. Der Unterricht könnte abwechslungsreicher gestaltet werden, und auch das Thema von heute Nachmittag, Unterrichtsvertretung, hat etwas damit zu tun. E-Learning könnte tatsächlich bei Unterrichtsvertretung ebenfalls eine wertvolle Hilfe leisten.

Rainer Willer beschreibt zum Beispiel in der MOZ, dass er immer wieder für ein, zwei Stunden die Präsenzpflicht aufhebt und Schülerinnen und Schüler selbstständig Stoff abarbeiten lässt.

(Frau Große [DIE LINKE]: Genau!)

Auch mit kranken Schülern, sagt er, habe er hervorragende Erfahrungen gemacht, sodass sie sich zu Hause über Unterrichtsstoff informieren und Dinge nachholen können.

Aber es geht natürlich nicht nur um die praktischen Erwägungen, sondern auch darum, dass E-Learning Selbstständigkeit fordert und Kinder ermutigt, selbstständig nach neuen Wissensquellen zu suchen. Darum geht es. Aber leider fährt dieser Zug an der Schule in Brandenburg weitgehend vorbei. Es gibt eine Menge Schulen, die nicht einmal internetfähig sind, und es gibt Regionen, die keine Breitbandversorgung haben. Darüber wird wahrscheinlich Rainald Grebe sein nächstes Lied schreiben.

Wir greifen damit auch eine Empfehlung aus der Demografiekommission auf, in der das ausdrücklich so formuliert worden

ist, auch deshalb - darin waren wir uns in der Demografiekommission einig -, weil es noch keine ausreichenden Erfahrungen in Brandenburg damit gibt. Angesichts dessen, dass wir damit rechnen müssen, dass in den Randregionen angesichts des Geburtenrückgangs die Zahl der Schülerinnen und Schüler um bis zu 65 % zurückgehen wird, müssen wir tatsächlich über deutlich innovativere Schritte nachdenken, und dazu kann E-Learning gehören. Wir werden unser Schulsystem neu stricken müssen, und manches davon können wir durchaus jetzt schon ausprobieren und vorbereiten.

Brandenburgs Schulen sind in Sachen E-Learning schlecht aufgestellt. Wenn man auf die Internetseite des LISUM guckt, findet man dort zum Beispiel einen Leitfaden, der acht Jahre alt ist und eins zu eins aus Österreich übernommen wurde.

Rainer Willer berichtet, er fühle sich schon als Einzelkämpfer, und sagt dann - ganz ohne Resignation -, es sei nun einmal so, dass die meisten Lehrerinnen und Lehrer nicht bereit seien, sich mit „Moodle“ oder anderen Lernprogrammen zu beschäftigen. Deshalb denke ich: Doch, wir sollten es machen, wir sollten ein solches Modellprojekt durchführen.

Wenn wir jetzt hören, dass es Schulen gibt, die sagen „Hört mir bloß mit Modellversuchen auf!“, dann muss man eigentlich konstatieren: Was ist da in den letzten Jahren alles falsch gemacht worden, dass Leute keine Lust haben, etwas Neues auszuprobieren? Das sollte uns nicht davon abhalten. Es geht nur darum, Menschen deutlich zu machen, dass das, was wir ihnen im Rahmen eines solchen Modellprojekts anbieten, spannend ist, dass es innovativ ist und letztendlich auch ihr Leben und das, was sie tun, bereichert. Deshalb: Lassen Sie uns das Neuland betreten!

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Das Schlusswort auf dieser Redeliste hat Frau Ministerin Münch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau von Halem, ich sehe, dass Sie heute mit großem Schwung hier für Innovation in der Bildungslandschaft sorgen wollen. Ich denke, das Thema, das Sie ansprechen, ist auch völlig berechtigt, denn Medienkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation.

(Das Rednerpult bewegt sich nach unten.)

- Herr Präsident, warum stufen Sie mich eigentlich immer so weit herunter? Lassen Sie das Pult bitte oben!

Ich bin es nicht. Sie haben es selbst in der Hand.

Gut. - Wie gesagt, Medienkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation unserer Informations- und Wissensgesellschaft, und deswegen müssen wir mit den Chancen der digitalen Welt umge

hen. Aber es wachsen natürlich auch Herausforderungen für Jugendliche, diese Chancen souverän und vor allen Dingen auch verantwortungsbewusst zu nutzen. Deswegen wird Medienkompetenz für Schülerinnen und Schüler immer wichtiger. Auch die Teilnahme am Safer Internet Day vor wenigen Tagen hat bestätigt, wie interessiert junge Menschen daran sind, sich diese Medienkompetenz anzueignen. Aber ein Modellprojekt E-Learning brauchen wir deshalb noch lange nicht, denn die Brandenburgische Landesregierung begleitet die Schulen seit über 15 Jahren auf ihrem Weg in die Medien- und Wissensgesellschaft. Initiativen wie m.a.u.s. haben bereits in den Jahren 2000 bis 2006 - sehr früh - den Grundstein dafür gelegt.

Seit 2008 unterstützt das Konzept „Medienentwicklungsplanung“ Schulen dabei, verlässliche Brücken zwischen Schulen und Schulträgern, aber auch zwischen Schulleitern, Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und Schülern zu bauen. Wichtig ist auch das Konzept „Medienkompetenz stärkt Brandenburg“, das den Schulen die Möglichkeit bietet, sich mit Partnern zu vernetzen, um Medienkompetenz im Unterricht und auch im Schulleben weiterzuentwickeln.

Wir erleben gerade einen tiefgreifenden kulturellen Veränderungsprozess. Kommunikationsprozesse werden digitalisiert, und die Konvergenz der Medien ist umfassend - mit allen Chancen und Risiken, die damit verbunden sind, und wir wissen, es sind erhebliche Risiken.

Ich begrüße es, dass in dem Antrag der FDP-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht von einer Ablösung des Präsenzunterrichts durch virtuelle Medien die Rede ist. Das hat auch Frau Große noch einmal verdeutlicht. Sie sprechen von einer Integration in den Schulalltag und einer Ergänzung des herkömmlichen Unterrichts. In dieser Hinsicht sprechen wir eigentlich vom sogenannten Blended Learning.

Wichtig ist immer das richtige Mischungsverhältnis zwischen den klassischen Methoden, den klassischen Lehr- und Lernmitteln und den neuartigen digitalen Formen. Dieses Mischungsverhältnis ist nach Schulstandort und Schulprofil und auch je nach Lerngruppe und Fach sehr unterschiedlich.

Damit Schulen in diesem kulturellen Veränderungsprozess weiterkommen, benötigen sie in der Breite unseres Flächenlandes natürlich eine funktionierende Ausstattung. Sie benötigen einen guten Service durch die Schulträger und eine verlässliche Infrastruktur auch im Hinblick auf die Breitbandentwicklung. Die Landesregierung fördert deshalb auch die Entwicklung einer flächendeckenden glasfaserbasierten Breitbandinfrastruktur auf der Grundlage des Entwicklungskonzepts „Brandenburg Glasfaser 2020“ und nimmt insoweit bundesweit eine Spitzenposition ein.

Die Schulen brauchen gleichzeitig qualitativ hochwertige und rechtlich einwandfreie Unterrichtsmedien und den Zugang zu pädagogisch sinnvollen Lernplattformen. All das muss alltagstauglich und hochgradig funktional sein und natürlich Datenschutz genauso berücksichtigen wie Jugendschutz. Wir brauchen allerdings keine weiteren Insellösungen, sondern landesweite Standards.

Ich bin mir bewusst, dass dies eine Herausforderung für uns alle ist. Es ist auch nicht so, dass an den Schulen im Land Brandenburg kein E-Learning stattfindet, ganz im Gegenteil: Immer mehr Schulen betreiben Lernplattformen, seien es offene Lernplattformen wie Moodle oder Produkte von gewerblichen Anbietern. Fachspezifisch gibt es Angebote für die gymnasiale Oberstufe, zum Beispiel in Recht oder Latein.

Das Internet ist aus den heutigen, modernen Unterricht nicht mehr wegzudenken. Wir stehen deshalb überhaupt nicht am Anfang, wie es in Ihrem Antrag suggeriert wird, und das LEADER-Projekt im Landkreis Elbe-Elster, von dem Sie sprechen, wird von meinem Haus bereits fachlich begleitet. Vertreter des MBJS und des LISUM sind dort im Beirat vertreten.

Sie sehen also, E-Learning wird in Brandenburger Schulen mehr als modellhaft schon jetzt ermöglicht. Deshalb brauchen wir keine weiteren Modellversuche, sondern einen Einstieg in die nachhaltige Nutzung auch in der Fläche. Deswegen werden wir dem Antrag nicht zustimmen. - Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Danke sehr. - Damit sind die Redebeiträge erschöpft. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der FDP-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/8546 - Neudruck. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 10 und die heutige Jubiläumssitzung - es war nämlich die 90. Sie haben sie ja ausführlich genossen.

(Zurufe: Genau! - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Da ken- nen wir nichts, Genossen!)