Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

Vielen Dank, Herr Innenminister, Sie haben sehr ausführlich geantwortet. Ich möchte eine Nachfrage dazu stellen. Der Chef der Polizeigewerkschaft - GdP - hatte vermutet - pressenöffentlich vermutet -, dass ähnliche Vorgänge in anderen Polizeibehörden vorgekommen sein könnten. Sie haben das jetzt negiert. Inwieweit haben Sie landesweit überprüft, ob solche Vorgänge vorgekommen sind?

Ich sagte ja: Es hat eine Abfrage des Präsidiums in allen Inspektionen gegeben, und es ist dort mitgeteilt worden, dass in allen anderen die Dienstanweisungen beachtet werden.

Man muss sich noch einmal die Größenordnung vor Augen führen: Es geht hier in Cottbus in der fraglichen Zeit, im Dezember, um insgesamt zwölf Vorgänge. In der Tat ist der Regelfall nun einmal - das wissen, glaube ich, alle, die mit der Polizei in Kontakt treten -, dass man 110 wählt, wenn man einen Notfall melden will. Nur in besonderen Ausnahmefällen wird bei der

Inspektion direkt angerufen, sodass es also auch die Statistik nicht wesentlich beeinflusst. Aber falsch war es, und es darf sich nicht wiederholen. Das ist - wohlgemerkt nach Information des Präsidenten - in keiner anderen Inspektion vergleichbar gehandhabt worden.

Vielen Dank. Herr Goetz hat noch Fragen.

Herr Minister, ich hatte Anfang Januar 2014 das erste Mal von diesen Manipulationen gehört. Ich habe aus diesem Grunde im Innenausschuss am 9. Januar 2014 nachgefragt und gesagt: Die Berechnung und Erfassung der Zeiten seien geändert worden. Es sei ein Unterschied, ob ab dem Zeitpunkt des Anrufs des betroffenen Bürgers in der Zentrale gemessen werde oder ab dem Zeitpunkt der Alarmierung des Fahrzeugs und der zuständigen Beamten über die Leitstelle. - Ich wollte von Ihnen wissen, was dran ist. Sie haben geantwortet, die Statistiken würden nicht geändert, auch wenn die Erfassung in der Vergangenheit nicht logisch gewesen sei. Aber es habe keine Änderung der Statistik gegeben. - Diese Antwort war falsch, wie wir jetzt feststellen. In zwölf Fällen, sagen Sie, aber sie war falsch.

Nein, Herr Goetz, die Antwort war richtig!

Ich bin mit meinen Fragen noch nicht fertig; lassen Sie mich erst meine Fragen zu Ende bringen.

Und wenn Sie jetzt hier sagen, das war im Dezember 2013 was stimmt -, und sagen, das ist sofort beendet worden - was auch stimmt -, dann frage ich Sie mit der nachdrücklichen Nachfrage, was dort an Manipulation gewesen ist: Wann wussten Sie von diesen Vorfällen? Und: Wenn Sie schon im Dezember oder Anfang Januar davon wussten, warum haben Sie dann im Innenausschuss falsch geantwortet?

Also, Herr Goetz, da muss ich mich schon wundern, wie Sie das hier formulieren.

(Frau Vogdt [FDP]: Wir müssen uns wundern!)

Ich habe gesagt: Es gab keine Veränderung, und es gibt keine Veränderung, es darf keine Veränderung der Dienstanweisung geben. Und wenn sich Einzelne vor Ort nicht daran halten, dann ist das möglicherweise dienstrechtlich zu untersuchen.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Ja!)

Aber es ändert nichts daran, dass die Erfassung - so wie sie in den vergangenen Jahren war - auch in Zukunft erfolgen soll. Das genau habe ich Ihnen gesagt, nichts weiter, und dazu stehe ich auch.

(Goetz [FDP]: Also, ab wann wussten Sie davon?)

Vielen Dank. - Die zweite Dringliche Anfrage, die Dringliche Anfrage 88 (Manipulation der Interventionszeiten bei der Poli- zei), bezieht sich auf denselben Sachverhalt, wenn auch mit ganz leicht geänderter Fragestellung. Bitte sehr, Herr Abgeordneter Wichmann, Sie haben das Wort.

Darauf möchte ich auch Wert legen. Aber ich möchte zunächst auch im Namen der CDU-Fraktion - noch einmal zum Ausdruck bringen, dass wir es schon ein Stück weit missbilligen, dass der Ministerpräsident und ehemalige Innenminister beim Aufruf dieser beiden Dringlichen Anfragen sofort den Raum verlassen hat.

(Beifall CDU - Unmut bei der Fraktion DIE LINKE)

Es ist ja doch ein wichtiger Vorgang, der uns als Parlament heute in der Fragestunde beschäftigt.

Von 2008 bis 2013 - ich kann es Ihnen nicht ersparen - ist die durchschnittliche Interventionszeit um ca. 5 Minuten auf über 28 Minuten und 17 Sekunden im Jahr 2013 angestiegen. In der Presse konnten wir alle lesen - „Märkische Oderzeitung“ vom 21. Februar 2014 zum Bespiel -: „Polizei trickste bei Einsatzzeiten“.

Seitens der Polizeigewerkschaft wird berichtet, dass Polizeibeamte per Dienstanweisung verpflichtet wurden, bei Einsätzen, welche nicht unmittelbar mit einem verfügbaren Funkstreifenwagen untersetzt werden konnten, eine verzögerte Einsatzeröffnung vorzunehmen. Der Einsatz sollte durch die Einsatzbearbeiter gemäß der Dienstanweisung erst dann im dafür vorgesehenen Erfassungssystem eröffnet werden, wenn ein verfügbarer Funkstreifenwagen zum Einsatzort fährt.

Deshalb frage ich die Landesregierung: Welche Maßnahmen hat sie jetzt konkret als Konsequenz aus dieser Manipulation der Erfassung der Interventionszeiten in der Polizei eingeleitet?

Wir haben von Ihnen bisher nur gehört, Herr Innenminister, wie die Theorie dazu sein sollte, aber die Praxis war offensichtlich anders. Und wenn wir eine andere Praxis hatten, dann denke ich schon - haben die Bürgerinnen und Bürger und auch wir als Parlament den Anspruch, dass daraus handfeste Konsequenzen gezogen werden. Die möchte ich jetzt von Ihnen gern noch einmal hören.

Herr Abgeordneter Wichmann, Sie haben ja zugehört, was ich auf die sehr ähnliche Frage der Abgeordneten Nonnemacher geantwortet habe. Ich gehe davon aus, dass Sie das auch soweit nachvollziehen konnten.

Was die Maßnahmen angeht, habe ich Ihnen ganz klar gesagt: Durch das Polizeipräsidium bzw. den Polizeipräsidenten ist ein Führungsgespräch mit allen Verantwortlichen in den Inspektionen geführt worden,

(Jürgens [DIE LINKE]: Er hört nicht einmal zu!)

dass die Dienstanweisung gilt. - Ja, Sie sollten zuhören, das finde ich allerdings auch.

(Frau Richstein [CDU]: Er hat zwei Ohren!)

Ich wundere mich über Ihr Polizeibild, dass Sie nämlich meinen, Maßnahmen ergreifen zu müssen, um Polizeibeamte dazu anzuhalten, Dienstanweisungen einzuhalten. Mehr ist nicht erforderlich, denn Polizeibeamte im Land Brandenburg halten sich an die Vorschriften - Punkt!

Herr Wichmann hat Nachfragen.

Aber das haben sie in Einzelfällen offensichtlich nicht. Das haben Sie heute auch bestätigt.

(Zurufe der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

Meine erste Nachfrage - ich habe mehrere - wäre: Ab wann hatten der jetzige und der vorherige Innenminister von diesem Vorfall Kenntnis?

Meine zweite Nachfrage: In welchen Polizeidirektionen und inspektionen galten vergleichbare Dienstanweisungen, die entweder schriftlich oder mündlich erteilt wurden?

Meine letzte Nachfrage - die ist natürlich auch im Zusammenhang mit dem Abbau der Zahl der Funkstreifenwagen zu sehen -: Wie bewertet die Landesregierung die an die Einsatzbearbeiter ergangene interne Dienstanweisung zur Manipulation bei der Erfassung der Interventionszeiten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Absinken der Anzahl der landesweit verfügbaren Funkstreifenwagen von 123 im Jahr 2012 auf 100 Funkstreifenwagen im 2013 eine unmittelbare Folge der von der Landesregierung umgesetzten Polizeistrukturreform samt Polizeiabbau ist?

(Bischoff [SPD]: Das hat nichts mit der Frage zu tun - gar nichts!)

Das waren mehrere Fragen. Ich hatte im Januar Kenntnis erlangt, und zwar gab es dort im Vorfeld der Aktuellen Stunde im zeitlichen Vorfeld, nicht im inhaltlichen Zusammenhang im Januar-Plenum bereits eine öffentliche Berichterstattung darüber. Deswegen ist das auch alles nicht so dringlich. Ich glaube, Ihr Kollege Lakenmacher hat genau diesen Sachverhalt in der Aktuellen Stunde auch schon angesprochen. Da war ich darüber informiert.

Wann der jetzige Ministerpräsident darüber informiert wurde, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann auch nicht erkennen, welche Bedeutung das haben sollte.

(Dombrowski [CDU]: Schade, dass er nicht hier ist!)

Sie haben dann generell auf die Entwicklung der Interventionszeiten Bezug genommen. Das ist etwas, womit ich sehr offen umgehe - all die letzten Monate. Das ist ja durch eine - dafür

danke ich noch einmal - Kleine Anfrage auch Ihrer Fraktion hier im Plenum sehr deutlich geworden. Ich bin immer bereit, solche konstruktiven Anfragen zu unterstützen, weil sie mir auch helfen, in der Arbeit voranzukommen. Das tun wir da, indem wir gesagt haben: Das akzeptieren wir nicht. Die Polizei hat den Auftrag durch diesen Landtag, die Interventionszeiten nicht schlechter werden zu lassen.

Sie sind schlechter geworden, das habe ich gesagt - genauso wie Sie das jetzt auch ausführen. Das alles ist öffentlich dokumentiert. Jetzt ist es Aufgabe der Polizei, diese Interventionszeiten mit bestimmten Maßnahmen, die ich mit veranlasst habe, in den nächsten Monaten zu verbessern. Dazu stehe ich. Ich bin auch überzeugt: Wir werden es in den nächsten Monaten erreichen, dass sie sich deutlich verbessern, und zwar - das möchte ich noch einmal betonen - nicht durch Veränderungen bei der Erfassung, durch statistische Tricks, sondern durch reales Handeln: indem die Streifenwagen schneller vor Ort eintreffen werden.

Das ist das Ziel, das ist die Vorgabe, die Sie hier gemacht haben, jedenfalls das Plenum in seiner Mehrheit. Ich weiß nicht, wer damals alles dem Entschließungsantrag zugestimmt hat. Aber die Fraktionen, die das unterstützt haben, können zu Recht erwarten, dass die Polizei des Landes, dass die Landesregierung diesen Beschluss umsetzt. - Sie haben noch irgendetwas gefragt.

Die nächste Nachfrage kommt von Herrn Goetz.

Ich bitte Sie, Ihre Frage zu wiederholen, Herr Wichmann. - Es war noch eine Frage offen, Herr Präsident.

Die zweite Frage meiner drei Nachfragen lautete: In welchen Polizeidirektionen und -inspektionen galten vergleichbare Dienstanweisungen, entweder schriftlich oder mündlich? Haben Sie das schon nachgefragt und aufgearbeitet oder nicht? Das ist die Frage, die im Raum steht.

Entschuldigung, ich dachte, Sie hatten zugehört.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Nein, das hat er nicht! - Unruhe)

Offenbar nicht. Ich kann Ihnen das alles, was ich hier vorgetragen habe, gern noch einmal vorlesen. Es gibt eine Dienstanweisung, die auf einem Text beruht, den der damalige Innenminister Schönbohm - den kennen Sie auch - 2008 mit veranlasst hatte. Diese Dienstanweisung ist, was die fragliche Interventionszeit angeht, nicht verändert worden. Es gibt eine neue Dienstanweisung vom Februar 2013, die aber inhaltlich in diesem Punkt völlig gleich ist. Diese Dienstanweisung zur Erfassung der Interventionszeiten gilt im gesamten Bereich des Landes Brandenburg seit vielen Jahren unverändert fort. Alle Direk

tionen haben diese Dienstanweisung nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern beachten sie auch.

(Wichmann [CDU]: Sie haben die Frage nicht verstan- den! - Unruhe)